Meine dunkle VanessaRoman
C. Bertelsmann Verlag, München
2020
ISBN
9783570104279, Gebunden, 448Seiten, 20,00
EUR
Klappentext
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Thiesmeyer. Vanessa ist gerade fünfzehn, als sie das erste Mal mit ihrem Englisch-Lehrer schläft. Jacob Strane ist der einzige Mensch, der sie wirklich versteht. Und Vanessa ist sich sicher: Es ist Liebe. Alles geschieht mit ihrem Einverständnis. Fast zwanzig Jahre später wird Strane von einer anderen ehemaligen Schülerin wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt. Taylor kontaktiert Vanessa und bittet sie um Unterstützung. Das zwingt Vanessa zu einer erbarmungslosen Entscheidung: Stillschweigen bewahren oder ihrer Beziehung zu Strane auf den Grund gehen. Doch kann es ihr wirklich gelingen, ihre eigene Geschichte umzudeuten - war auch sie nur Stranes Opfer?
Rezensionsnotiz zu
Die Welt, 19.09.2020
Sarah Pines findet Kate Elizabeth Russells Roman über das Verhältnis eines Lehrers zu seiner Schülerin beeindruckend, gerade weil es der Autorin gelingt, die Ambivalenzen einer solchen Beziehung sichtbar zu machen. Der autobiografisch grundierte Text, der auf zwei Zeitebenen spielt, zeugt laut Pines vom Mut der Autorin, die Dunkelzone zwischen Liebe und Missbrauch, Täter und Opfer auszumessen und die Faszination der jungen Frau an ihrer Macht über den älteren Liebhaber nachvollziehbar zu machen. Das Buch wirft so wichtige Fragen an die Gesellschaft und ihre Urteile auf, findet Pines.
Rezensionsnotiz zu
Die Tageszeitung, 05.09.2020
Rezensentin Katharina Schantz hält es für ein Qualitätsmerkmal dieses Romans, dass sie nicht sofort begriffen hat, dass man seiner Erzählerin nicht trauen kann: Wie die Autorin das Vergewaltigungsopfer hartnäckig behaupten lässt, dass es selbst die Täterin war, indem sie als Minderjährige ihren Englischlehrer verführte, zeugt von einem exzellenten Gespür für die psychologischen Folgen eines Traumas, lobt die Kritikerin. Dass nebenbei gezeigt wird, dass die #metoo-Bewegung psychischen Druck auf die Opfer sexueller Gewalt ausüben kann, fand Schantz ebenfalls bedenkswert.
Rezensionsnotiz zu
Deutschlandfunk Kultur, 26.08.2020
Rezensentin Sonja Hartl verfällt keinen Moment dem Glauben, eine Liebesgeschichte zu lesen. Kate Elizabeth Russells retrospektiv erzählter Roman ist eine Geschichte über sexualisierte Gewalt, meint sie. Dass die Autorin nicht einfach die Lolita-Perspektive umdreht und aus Sicht des Opfers erzählt, wie ein Lehrer seine Schülerin missbraucht, findet Hartl gut. Welche Gefahr von der ihrer Meinung nach "romantischen Verklärung" bei Nabokov ausgeht, wird ihr durch die Lektüre, durch die gezeigte Manipulation des Lehrers im Text erst richtig bewusst.