Wir müssen über Kevin redenRoman
List Verlag, Berlin
2006
ISBN
9783471786796, Gebunden, 560Seiten, 19,95
EUR
Klappentext
Aus dem Amerikanischen von Christine Frick-Gerke und Gesine Strempel. Evas Sohn Kevin hat eine furchtbare Gewalttat begangen: in der Schule hat er mehrere Menschen getötet. Von allen verurteilt und von jetzt an sich gestellt findet Eva den Mut, sich in aller Offenheit quälenden Fragen auszusetzen: Hätte sie ihre Ehe retten können? Hätte sie ihr Kind mehr lieben sollen? Hätte sie das Unglück verhindern können?
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 23.11.2006
Ein erschütterndes Dokument fehlgeschlagener Elternliebe sei der Briefroman der Amerikanerin Lionel Shriver, so Verena Mayer. Vom Ende her rekapituliere die mit angeklagte Erzählerin Eva, Mutter des siebzehnjährigen Amokläufers Kevin, das Familienleben seit der Geburt des Sohnes. Inszeniert wie ein Mix aus Psychothriller und Horrorfilm nimmt die herannahende Katastrophe ihren Lauf. Überraschend und provokant ist für Mayer die These der Autorin, das Entstehen von Jugendgewalt nicht in erster Linie auf Computerspiele und unreflektierten Medienkonsum zurückzuführen, sondern das Versagen auf Seiten der selbstgerechten und überforderten Eltern zu suchen, die ein "Kind als Eindrinling behandeln", und zudem dialektisch anspruchsvoll "erst aus Bequemlichkeit keine Kinder wollten, und dann, aus derselben Bequemlichkeit doch welche in die Welt setzten".
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.04.2006
Anna von Münchhausen zeigt sich beeindruckt von diesem nicht gerade bequemen Buch, mit dem Lionel Shriver in den USA und Großbritannien einige Debatten angestoßen hat. Im Zentrum steht die geistige Auseinandersetzung einer Mutter mit ihrem Sohn, der wegen eines Amoklaufs im Gefängnis sitzt. Der Autorin gelinge es, notiert die Rezensentin angetan, mehr als nur deren individuelles Schicksal zu reflektieren. Vielmehr stellt Shriver den Mythos in Frage, der Mutter-Kind-Beziehungen umrankt und damit auch das "Postulat unbedingter Mutterliebe - und das "mit radikaler, manchmal geradezu pathetischer Emphase". Auch wenn die Mutter die Eigenschaften ihres entfremdeten Sohns manchmal überspitzt darstelle, zeichnen sich die dargestellten Situationen und Gefühle durchweg durch eine "gewisse Realitätsnähe" aus, wie Münchhausen lobt.