Die Kehrseite des HimmelsCarl Hanser Verlag, München
2015
ISBN
9783446247284, Gebunden, 224Seiten, 19,90
EUR
Klappentext
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Ljudmila Ulitzkaja gibt mit überraschender Offenheit Auskunft über ihre persönliche Welt. Sie erzählt von ihrer Kindheit und Jugend in Moskau, von den Menschen und Büchern, die sie liebt, von ihrer früheren Tätigkeit als Genetikerin und davon, wie sie zum Schreiben kam. Dabei schlägt sie einen Bogen von der Geschichte ihrer Vorfahren bis zum Tagebuch ihrer Krebserkrankung. Zentral für ihr aktuelles Werk sind Politik und Kultur in Russland und ihr kritisches Verhältnis zu den Entwicklungen unter Putin. So eröffnet Ulitzkaja dem Leser einen Horizont russischer Alltagserfahrung, der auch Fragen der Moral, Ethik und Religion umschließt.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 09.04.2015
Ob es Desillusionierung ist oder Altersweisheit, der sie in Ljudmila Ulitzkajas Essayband begegnet, scheint der Rezensentin Ilma Rakusa nicht eindeutig feststellbar. Lebenszugewandt und wahrhaftig, neugierig und zum Nachdenken bewegend sind die Texte über Putins Russland, Toleranz und Lüge, Geschlechterverhältnisse oder Schlaflosigkeit für Rakusa in jedem Fall. Eine der bedeutendsten russischen Gegenwartsautorinnen zeigt sich laut Rakusa hier von sehr persönlicher Seite, wenn sie über Freunde, ihre jüdischen Großeltern oder über prägende Lektüreerfahrungen schreibt. Zumeist spürt Rakusa in den Texten den Widerstand gegen ideologische Bevormundung, den Wunsch nach moralischer Integrität sowie andererseits die Angst und den produktiven Zweifel der Autorin.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 10.03.2015
Großen Respekt hat Katharina Granzin vor der russischen Autorin Ljudmila Ulitzkaja, deren Essays aus den letzten Jahren in diesem Band versammelt sind. Die Texte sind durchaus von unterschiedlicher Qualität, gibt Granzin zu, mitunter lässt die Autorin einen Hang zur Esoterik erkennen, doch immer zeige sie sich als Frau mit Rückgrat und Kultur. Besonders hervor hebt die Rezensentin Ulitzkajas Hommage auf ihren Ehemann, den Künstler Andrej Krassulin, hervor sowie einen auch im "Spiegel" veröffentlichten, sehr niederschmetternden Essay über Putins Großmachtgebaren und den Abschied Russlands von Europa. Dass Ulitzkaja dabei nicht in die Rolle der politischen Kommentatorin verfällt, sondern von einer menschlichen Warte der Zivilisiertheit und Toleranz argumentiert, imponiert Granzin: "Kulturnost" nenne man diese Haltung in Russland.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.03.2015
Sabine Berking zeigt sich erschüttert von den im russischen Original bereits 2014 erschienenen Essays und Tagebuchaufzeichnungen Ljudmila Ulitzkajas. Die Autorin kennt sie als bekannteste und streitbarste russische Schriftstellerin dieser Tage, eine der wenigen ihrer Zunft, die noch in Russland leben und arbeiten. Wenn Ulitzkaja über den sowjetischen Feminismus schreibt, über die Patriarchen, die aus dem GuLAg wiederkamen, über den Wert von Ehe und Familie und über den russischen Alltag mit all seiner Willkür, Schlamperei und Korruption, geht es für Berking immer um Politik. Die Lebensklugheit der Autorin erstaunt die Rezensentin, und Ulitzkajas Kassandrarufe über die Rückkehr des Stalinismus jagen ihre einen mächtigen Schrecken ein.