An Liebe stirbt man nichtRoman
Secession Verlag, Zürich
2017
ISBN
9783906910161, Gebunden, 250Seiten, 23,00
EUR
Klappentext
Spricht man in Frankreich von der Liebe, kommt man früher oder später auf Jean Racine, den größten Tragödienautor Frankreichs - vor allem wenn man von jener Liebe spricht, der kein glückliches Ende beschert ist. Und doch ist Racine
mehr als all die geflügelten Worte, zu denen viele seiner Verse geworden sind. Zwischen all dem klassisch weißen Marmor lauern die Schatten.
"Eine Trennung ist keine Nichtigkeit", schreibt Racine im Vorwort zu seiner Tragödie Bérénice - und Nathalie Azoulai nimmt ihn beim Wort. Ihre Bérénice, eine Frau des 21. Jahrhunderts, wird verlassen; Titus, ihr Liebhaber, kehrt zurück zu Frau und Familie. Und tatsächlich - die Worte Racines sind ihr ein Trost; sie erkennt sich in ihnen wieder; sie bedient sich wie in einem "Selbstbedienungsladen für Liebeskranke". Doch wie konnte ein Mann des 17. Jahrhunderts so treffend über die Liebe und das Leid und den Schmerz nach deren Ende schreiben - zumal aus der Perspektive einer Frau?
Mit Bérénice taucht Azoulai ein in das Leben Jean Racines, zeigt dessen Aufstieg vom Waisenkind im strengen Kloster Port-Royal zum Günstling Ludwigs XIV., die Zerrissenheit zwischen der jansenistischen Askese und dem Prunk am Hof des
Sonnenkönigs. Und immer sind ihm Sprache und Literatur Anker und Kompass...
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.02.2018
Friedmar Apel lernt was mit Nathalie Azoulais frecher Aneignung urfranzösischer Literaturtradition: Erstens dass eine Romankonstruktion nicht unbedingt schlüssig, ein Ende nicht folgerichtig sein muss, um unterhaltsam zu sein. Und zweitens, dass eine Autorin mit ägyptischen Wurzeln vom Liebeskummer und der Heilung durch die Sprache und Literatur (durch Racine!) erzählen kann, auch wenn sie damit das gesamte Gewicht der französischen Kultur zu stemmen wagt. Als Plädoyer für Leitkultur lässt sich das Buch freilich zu allererst im zerrissenen Frankreich lesen, findet Apel.