Die Demokratie beim Wort nehmenDer Souverän und der Dissident
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin
2004
ISBN
9783803124968, Kartoniert, 144Seiten, 10,90
EUR
KlappentextDie Demokratie auf dem Prüfstand: Warum erkennt sich der Bürger in seinen parlamentarischen Vertretern nicht wieder? George W. Bush und der Irak-Krieg: Wollen wir, dass Politiker lügen? Wie steht es um die Pressefreiheit und um eine unabhängige Justiz? Fragen, Polemiken und Anregungen aus Italien, wo die demokratischen Werte besonders laut eingefordert werden dürfen. Die Demokratie ernst nehmen heißt, das Individuum mit seiner Fähigkeit, selbständig zu denken, ernst nehmen: auch den Dissidenten. Während der Totalitarismus im Individuum eine Bedrohung sah, im Dissidenten einen Verräter, bildet er für die Demokratie, so Flores d'Arcais, das Fundament. D'Arcais, einer der bedeutendsten Theoretiker der gegenwärtigen italienischen Linken, ruft in seinem politischen Pamphlet den homo democraticus auf, zum gedanklichen Dissidenten zu werden.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 04.09.2004
Paolo Flores d'Arcais ist als Herausgeber der linken italienischen Kulturzeitschrift "MicroMega" einer der Vorkämpfer einer dissidenten Öffentlichkeit, die sich der konzentrierten politischen und Medienmacht des Silvio Berlusconi widersetzt. Mit dem vorliegenden Essay flankiert er diesen Kampf durch weit übers Aktuelle hinausreichende Überlegungen zum Wesen der Demokratie. Die Pointe fürs Tagesgeschehen aber, betont der Rezensent (Kürzel "FHs"), sei dennoch nicht zu übersehen. Zu den Bedingungen für eine "Volksherrschaft" nämlich gehörten, so d'Arcais, neben "Nahrung, einem Dach, Gesundheit, Ausbildung" auch die Information. Sie ist grundlegend, denn: "Wem die Information entzogen wird, der kann keine Wahl treffen."
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 19.07.2004
Nicht alles, so Rezensent Thomas Kreuder, was in diesem vom Verlag als Pamphlet angekündigten Band von Paolo Flores d'Arcais präsentiert werde, sei originell, doch dies schmälere den Wert des Buches nicht. Vielmehr sei es gut, "an die unverzichtbaren Voraussetzungen zum Funktionieren von Demokratie zu erinnern", die "als selbstreferentielles System gerade nicht auf vorgegebene Normierungen bauen" könne. Viel zu lange sind für den italienischen Philosophen d'Arcais, so berichtet Kreuder, die Mängel in der demokratischen Praxis von der Unterdrückung in kommunistischen und anderen diktatorischen Regimen in den Hintergrund gedrängt worden, um nun, nach dem Wegfall der Systemkonkurrenz, umso schärfer hervorzutreten. D'Arcais, so erfährt man, sieht die Demokratie heute vor allem von zwei Seiten bedroht: durch Manipulationen des demokratischen Prozesses von Seiten der Machthaber, insbesondere durch die Unterdrückung von Fakten, die als "dissidente Meinungsäußerungen" relativiert und diffamiert würden; und durch die Gleichgültigkeit der Regierten, die sich zunehmend darauf beschränken würden, in der privaten Sphäre von Produktion, Konsum und Freizeit nach Erfolg zu suchen - der zwar "befriedigend" sein könne, jedoch "nichts mit Freiheit zu tun" habe.