Alma mater antisemiticaAkademisches Milieu, Juden und Antisemitismus an den Universitäten Europas zwischen 1918 und 1939
New Academic Press, Wien
2016
ISBN
9783700319221, Paperback, 300Seiten, 24,90
EUR
Klappentext
Das universitäre Milieu der Zwischenkriegszeit war in Mitteleuropa durch Antisemitismus und antijüdische Ausschreitungen gekennzeichnet: Obwohl die meisten europäischen Staaten jüdischen Studierenden und Professoren die Tore ihrer Universitäten nicht, wie das Deutschland tat, bereits 1933 verschlossen, führten sie verschiedene antisemitische Beschränkungen oder Regelungen ein. Auch judenfeindliche Artikel in der studentischen Presse, die Forderung nach einem Numerus clausus, Krawalle gegen jüdische Hörer und Hörerinnen sowie die Einführung einer antisemitischen Sitzordnung gehörten in den 1930er-Jahren zum universitären Alltag in vielen europäischen Staaten.
Der Workshop des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI) stellte 2012 einerseits die Träger, Formen und Motivlagen des universitären Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit, andererseits aber auch die jüdische und nichtjüdische Gegenwehr ins Zentrum der Diskussionen. Besonderes Augenmerk legte die Tagung, deren Beiträge im vorliegenden Band veröffentlicht werden, auf transnationale Aspekte.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 25.07.2016
Mit Betroffenheit nimmt der hier rezensierende Wiener Historiker Johannes Koll die Ergebnisse dieses Bandes zur Kenntnis: Schon vor 1933 war Antisemitismus in "heute kaum vorstellbarem Ausmaß" Praxis an Hochschulen. Meist gab er sich administrativ: Nach einem "Numerus Clausus" sollte der Anteil der Juden an den Unis nicht ihren Anteil an der Bevölkerung übertreffen - es gab aber auch noch weitaus hässlichere Formen der Diskriminierung. Der Band, so Koll, untersucht nicht nur deutsche und österreichische Institute, sondern auch mittelosteuropäische - überall der gleiche Befund. Deutschland und Österreich waren dabei für die kleineren Länder Vorbild. Dass der Nationalsozialismus mit seinen radikalen Säuberungen eine neue Qualität brachte, steht für Koll dennoch außer Zweifel. Aber der Band macht für ihn deutlich, in welchem Kontext die Nazis später agierten. Koll hofft, dass man daraus auch für heutige Probleme an Universitäten lernen kann.