Ein wahrer Apfel leuchtete am HimmelszeltRoman
Wallstein Verlag, Göttingen
2020
ISBN
9783835338487, Gebunden, 184Seiten, 20,00
EUR
Klappentext
Sabine Peters` Roman erzählt vom behüteten Aufwachsen mit religiösen und literarischen Prägungen, thematisiert aber auch die Ängste, die vor niemandem haltmachen. Marie lässt im Sandkasten die Welt entstehen. Im Spielzimmer feiert sie mit den Schwestern einen Gottesdienst. Sie wird ein Indianer, ein Auto, ein Esel, eine Glocke. Der Mopp im Besenschrank verwandelt sich zu einem Götzen mit Mähne. Ein Bilderbogen über die profanen und magischen Erlebnisse einer Kindheit der 60er Jahre: Rangeleien unter Geschwistern, Urlaub mit der Familie in Holland, die schönsten Sommertage. Die Idylle ist immer gefährdet oder wird zum Zerrbild, Komik und Schrecken wechseln im Text ab. Sabine Peters beschreibt das behütete Aufwachsen mit religiösen und literarischen Prägungen und erzählt dabei von Angst und Jubel, Zorn und Zuneigung, Autoritätshörigkeit und Widerspruchsgeist. Ein Geschichten- und Geschichtsbuch über die "Wohlstandsjahre" der Bundesrepublik, das schließlich in eine surreale Gegenwart springt; die Bilder reißen, bilden neue Muster und wirbeln davon.
Rezensionsnotiz zu
Die Tageszeitung, 17.11.2020
Rezensent Thomas Schaefer hält den neuen Roman von Sabine Peters für ein Musterstück der Bekenntnisliteratur. Er schätzt die große Verdichtung, Vielschichtigkeit und die verhaltene Komik in der Geschichte einer Kindheit in der BRD der sechziger Jahre. Es geht um Bigotterie und schwindende Autoritäten und wie ein fantasiebegabtes Mädchen die Erwachsenenwelt erlebt, so zwischen Achtung und Angst. Dass Peters auch deutsche Zeitgeschichte schreibt, dass sie sich nicht groß einzufühlen versucht in das Kind, sondern sich einer distanzierenden Kunstsprache bedient, aber zugleich die Kindeshaltung gut trifft, findet Schaefer bemerkenswert.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.09.2020
Rezensent Jochen Schimmang freut sich über ein Wiedersehen mit Marie, der Heldin aus Sabine Peters' Romanen, die zwar autobiografische Züge trägt, aber keineswegs mit der Autorin gleichzusetzen sei, wie der Kritiker hinzufügt. Einmal mehr lässt er sich von Peters ins rheinisch-katholische Milieu der Sechziger und Siebziger mitnehmen, begegnet Priestern, "Frömmlerinnen", kinderlosen Tanten und wohlhabenden Onkeln und spürt das leichte "Unbehagen", das die Erzählerin, die auf ihre Kindheit zurückblickt, oft überkommt. Dass Peters nicht aus kindlicher Perspektive schreibt, sondern wie durch ein Prisma "knappe Szenen" heranzoomt und soziologisch betrachtet, gefällt Schimmang so gut, dass er den Vergleich mit Walter Benjamins "Berliner Kindheit um neunzehnhundert" und Roland Barthes' "Über mich selbst" nicht scheut.
Rezensionsnotiz zu
Deutschlandfunk Kultur, 31.07.2020
Rezensent Helmut Böttiger mag die auf den ersten Blick "unspektakulären" Romane von Sabine Peters. Wenn ihm die deutsche Autorin hier aus den Augen der kleinen Marie vom Aufwachsen in der Bundesrepublik der Sechziger und Siebziger erzählt, exakt, präzise und mit leisen Pointen, spürt der Kritiker nicht nur das "Flirren" jener Jahre der Adoleszenz, sondern erhält auch eine scharfe "Gesellschafts- und Psychodiagnose" des Aufwachsens im katholisch-provinziellen Milieu. Witzig-"groteske" Szenen und brillant gezeichnete Figuren machen den Roman für Böttiger zum Ereignis.