Die Strafbarkeiten der Abtreibung in der Kaiserzeit und in der Weimarer ZeitEine Analyse der Reformdiskussion und der Straftatbestände in den Reformentwürfen (1908-1931)
Berliner Wissenschaftsverlag (BWV), Berlin
2003
ISBN
9783830505860, Gebunden, 410Seiten, 60,00
EUR
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2004
Mehr eine "fastenzeitliche Bußübung" denn eine intellektuelles Vergnügen sei es, behauptet Michael Pawlik unwirsch, die historische Arbeit von Sabine Putzke zur Abtreibungsdebatte Anfang des 20. Jahrhunderts zu lesen. Eine Fleißarbeit, äußert er anderer Stelle, die ihrem wissenschaftlichen Anspruch, eine Analyse der Abtreibungsdebatten nach Ende des Kaiserreiches vorzulegen, nicht gerecht werde, da sie über den Charakter einer bloßen Materialsammlung kaum hinauskomme. Ohne Rücksicht auf mögliche Wiederholungen (und auf Leser und Rezensenten) würde da ausnahmslos jede Stellungnahme dokumentiert und hölzern zusammengefasst, beschwert sich Pawlik, was er bissig damit kommentiert, formale Gleichheit möge zwar ein Ziel des Rechtsstaats, aber nicht von Wissenschaftsprosa sein. Im übrigen kommt Putzke zu dem Schluss, teilt er mit, dass zwar die Modelle zur Reformierung - totales Verbot, Indikationen- und Fristenlösung - des überaus harten Abtreibungsparagraphen aus dem Kaiserreich denen der Bundesrepublik durchaus ähnelten, aber die Argumente ganz anders lauteten. Überwiegend wurden bevölkerungspolitische Gründe ins Feld geführt, die dann später gut ins nationalsozialistische Gedankengut sich einfügen ließen, wo man per Abtreibungsverbot die deutsche Volksmasse zu erhalten suchte. Die Position, die heute öfter zu vernehmen ist, einem Fötus käme Personenstatus zu, war einigen wenigen Katholiken vorbehalten, stellt Pawlik erstaunt fest.