Vorhof der HölleUndercover in Sing Sing
Rowohlt Verlag, Reinbek
2001
ISBN
9783498009229, Gebunden, 448Seiten, 24,90
EUR
Klappentext
Mit einem Vorwort von Günter Wallraff. Deutsch von Cornelia Holfelder-von der Tann und Sabine Grebing. Fast ein Jahr lang verdingte sich Ted Conover als Wärter im legendären Hochsicherheitsknast Sing-Sing, um die Wirklichkeit des amerikanischen Strafvollzugs zu erkunden - und geriet in eine Art Vorhof der Hölle. Aus der Sicht des Insiders gibt er Einblicke in die fremde, unzugängliche, schockierende und zugleich faszinierende Welt hinter den Mauern dieser stadtgleichen Festung, in der rund 2 300 Gefangene und 750 Bewacher leben. Er schildert eine rohe Männergesellschaft, in der die Atmosphäre von Gewalt allgegenwärtig ist, und in der nicht nur die Häftlinge, sondern auch ihre Wärter seelisch verwahrlosen. Conover versucht, sich auf dem schmalen Grad zwischen Wegsehen und Eingreifen, Nachsicht und Härte zu halten und merkt, wie auch in ihm selbst die Bereitschaft zur Gewalt immer größer wird.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.07.2002
Filme und Literatur über das Leben hinter Gittern gibt es viele, weiß Michael Adrian. Aber Berichte aus der Sicht derjenigen, die Gefangene beaufsichtigen, die Wärter, seien da wesentlich seltener. Der New Yorker Journalist Ted Conover hat sich, berichtet der Rezensent, genau dieser Gruppe angenommen. Nachdem ihm eine öffentliche Recherche hinter den Gefängnismauern nicht gestattet wurde, recherchierte er undercover, und zwar im "berühmt-berüchtigten" Hochsicherheitsgefängnis Sing Sing. Was er dort erlebt hat, erscheint Adrian wie "eine Eschatologie der totalen Institution" und tatsächlich wie "ein Vorhof der Hölle". Was Conover über die stressige Situation der Wärter in einem schier unübersichtlichen Riesengefängnis, das mit Foucaults Panoptikum der totalen Überwachung nur noch wenig gemein habe, schildere, sei, so der Rezensent, "beeindruckend und beklemmend". Äußerst detailreich zeichne Conover außerdem den Arbeitstag eines Wärters sowie die Schwierigkeiten, im Gefängnis Alltäglichkeiten wie Duschen, Essen und Arztbesuche zu bewältigen und sich als Wärter sowohl mit der Insassenhierarchie als auch der Wärterordnung auseinanderzusetzen, nach, staunt Adrian.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.10.2001
"Ein einzigartiger Blick hinter die Kulissen des amerikanischen Strafvollzugs": So bewertet Constanze Krings Ted Conovers Buch über dessen Inkognito-Aufenthalt im berühmten amerikanischen Gefängnis "Sing-Sing". Da Convers bei einer journalistischen Recherche keinen Einblick in Ausbildung und Alltag von Justizbediensteten bekam, entschloss er sich kurzerhand, selbst Gefängnisaufseher zu werden und auf diese Weise den Knastalltag kennen zu lernen, berichtet die Rezensentin. Sein Resümee: Das Hochsicherheitsgefängnis ist eine "Bankrotterklärung des amerikanischen Justizsystems": Zu viele Häftlinge würden von mangelhaft ausgebildeten Bediensteten in einem baufälligen Gefängnis in hasserfüllter Atmosphäre bewacht. Nach Krings zeichnet Conover mit diesem Buch ein "glaubwürdigeres Bild von Sing-Sing als Hollywood." Was man von einem Journalisten wohl auch erwarten darf...
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 10.10.2001
Katharina Rutschky hat sich mit dem Thema "Leben im Gefängnis" beschäftigt. Eine überaus deutliche Kritik übt die Rezensentin an dem Erfahrungsbericht des Journalisten Ted Connover, der sich ein Jahr lang "undercover" als Wärter in Sing Sing verdingt hat. Auch wenn sie den persönlichen Mut des Autors durchaus anerkennt, ist sie nicht gewillt, darüber hinwegzusehen, dass das Buch schnell "langweilig" wird und zudem dem Leser keinerlei Erkenntnisse einbringt, die dieser nicht schon aus dem Fernsehen kennt. Ein vernichtendes Urteil über dieses Buch.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 27.09.2001
Sing Sing ist mit 2369 Insassen das zweitgrößte Gefängnis des Staates New York. Der Journalist Ted Conover hat für seine Recherchen über das berüchtigte Gefängnis eine Ausbildung zum Gefängniswärter gemacht und dort ein Jahr gearbeitet, berichtet der Rezensent mit dem Kürzel "mea". Die vorliegende Langzeitreportage, eine "verdienstvolle Bestandsaufnahme behördlich abgesegneter Verrohung", findet "mea" erschreckender als jede Besorgnis erregende Statistik. Conovers Kritik ist scharf, dabei empirisch belegt und führt dem Leser sämtliche Mängel der berühmten Anstalt vor Augen. Verärgert ist "mea" allerdings über den reißerischen deutschen Titel der Ausgabe, der eher "Trivialschund" als einen fundierten Bericht erwarten lässt. Der englische Titel "Newjack" - ein Slangwort, mit dem Vollzugsbeamte neue Häftlinge bezeichnen - sei da wesentlich seriöser und treffender, denkt "mea".