TraumadeutungDie Erfahrung der Moderne bei Charles Baudelaire und Paul Celan
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main
2002
ISBN
9783518122532, Taschenbuch, 300Seiten, 11,00
EUR
Klappentext
Aus dem Amerikanischen von Johanna Bodenstab. "Traumadeutung" handelt vom ersten und letzten Dichter der Moderne: von Charles Baudelaire, der als erster den traumatischen Schock als Signatur der Moderne identifizierte, und von Paul Celan, dessen Werk Zeugnis von der Katastrophe ablegt, die das Ende der modernen Traditionen markiert. Beide Autoren bemühen sich in ihren Gedichten um die Darstellung von Erfahrungen, die unabhängig vom Willen oder Bewusstsein als unverarbeitet, schockierend und traumatisch im Gedächtnis haften. Mittels der Analyse von je drei Gedichten Baudelaires und Celans zeigt Ulrich Baer, dass die Beschäftigung mit den ästhetischen Eigengesetzlichkeiten des Gedichts ein Modell für die Mitteilbarkeit von traumatischen Erfahrungen darstellen kann.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 04.12.2002
Während die englischsprachige Wissenschaft seit über einem Jahrzehnt das Thema Trauma intensiv diskutiert, gibt es hierzulande keine entsprechende, historisch informierte Debatte, notiert Tim B. Müller in seiner Besprechung von Ulrich Baers "Traumadeutung". Wie er ausführt, finden sich im amerikanischen trauma discourse zwei konkurrierende Theorien des Traumas, die mimetische und die anti-mimetische: Während nach der mimetischen Theorie die traumatische Erfahrung dem Subjekt grundsätzlich zugänglich sei und also ins Gedächtnis integriert, und schließlich erzählt werden könne, verneine die anti-mimetische Theorie, dass die traumatische Erfahrung jemals ins Gedächtnis eingebunden und so kontrolliert werden könne. Müller sieht darin allerdings keinen Widerspruch, in Wahrheit handle es sich um zwei Dimensionen des Traumas. Für Baers "Traumadeutung" spricht nach Einschätzung Müllers, dass er anfangs zwar die mimetische Traumatheorie vertritt, sich aber im Verlauf seiner Arbeit davon entfernt. Baers Gedankengang stellt Müller "verkürzt" folgendermaßen dar: das Trauma verschlage seinen Opfern die Sprache. "Insofern Lyrik ihre Wahrheit eher 'ausagiert', als sie zu formulieren" (Baer), dabei aber das Bewusstsein nicht ausschließe, ermögliche sie, der traumatischen Erfahrung Ausdruck zu verleihen.