Uwe Johnson

'Sofort einsetzendes Geselliges Beisammensein'

Rechenschaft über zwei Reisen
Cover:  'Sofort einsetzendes Geselliges Beisammensein'
Transit Buchverlag, Berlin 2004
ISBN 9783887471989
Gebunden, 120 Seiten, 14,80 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Klaus Baumgärtner. Ende 1972, mehr als 13 Jahre nach seinem "Umzug" von Leipzig nach West-Berlin, und elf Jahre nach dem Bau der Mauer, darf der inzwischen weltweit anerkannte Autor Uwe Johnson zum ersten Mal wieder nach Leipzig reisen: zu seinem Freund, dem Musikwissenschaftler Eberhard Klemm, einem Mitglied des Freundeskreises während Johnsons Leipziger Studentenzeit Mitte bis Ende der fünfziger Jahre. Diese Reise (und eine zweite, etwa ein Jahr später und ebenfalls nach Leipzig) gestaltet sich so bemerkenswert, daß Uwe Johnson zwei weiteren Freunden aus seiner Leipziger Zeit, Klaus und Sabine Baumgärtner (die wie er in den Westen geflohen waren), an deren Stuttgarter Adresse lange Briefe schickt - 15 bzw. 24 dichtbeschriebene Schreibmaschinenseiten nebst jeweils fünf Seiten »Berichtigungen und Nachträge«.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.05.2005

Heinz Ludwig Arnold stellt einen Band mit vier Briefen vor, die Uwe Johnson in den 70er Jahren über zwei Reisen zu seinen Freunden, der Familie Eberhardt Klemms in die DDR, an Sabine und Klaus Baumgärtner geschrieben hat. Wie der Rezensent erklärt, waren Baumgärtner, Klemm und Johnson seit ihren gemeinsamen 50-er Jahren in Leipzig eng befreundet, und so führt auch das Nachwort Baumgärtners zu diesem Band "tief in die Geschichte" dieser Verbindung hinein. Arnold hebt hervor, dass der Kreis von verschiedenen Künstlern, dem Johnson in der DDR der 50er angehörte, sich durch eine ganz "eigene Sprache" auszeichnete, die der Schriftsteller 20 Jahre später in seinen Reisebriefen "ironisch" wieder aufnimmt. Dadurch komme mitunter etwas gewollt "Manieriertes", vor allem aber die spießige DDR "komisch spiegelnde" Ironie in die Briefe, so der Rezensent amüsiert. Da deshalb nicht "jegliche Einzelheit" in den Briefen für den uneingeweihten Leser verständlich wird, begrüßt Arnold das "ausführliche Nachwort", auch wenn dieses selbst manchmal in den "klandestinen" Ton der 50er Jahre rutscht und so der Freundschaft ein "letztes ironisches Denkmal" setzt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.05.2005

1972 und 1973, erklärt Steffen Richter, unternahm Uwe Johnson zwei Reisen nach Leipzig, dem Ort seines Studiums und seiner Entwicklung zum großen Schriftsteller. Dem Ort auch einer "Freundesbande", zu der Werner Klemm - "genannt Bela" - gehörte, den Johnson 13 Jahre nach seiner Übersiedlung besuchte. In diesem Büchlein berichtet er darüber, und weil es eigentlich vier Briefe an andere gemeinsame Freunde, den Linguisten Klaus Baumgärtner und dessen Frau, waren, ist vieles für Außenstehende nicht gleich verständlich. Doch zum Glück, so Richter, gibt es das "fulminanten Nachwort" Baumgärtners, und so kann der Leser die "Rechenschaftsberichte" - so nannte der Autor das selber - Johnsons nachvollziehen: seine "messerscharfen Zustandsbeschreibungen des Staates DDR", seine Lästerei über sozialistische Propaganda und Einkäufe im Intershop. "Groteske Verzerrung?", so Richter, war die von Johnson gewählte Form des literarischen Umgangs mit seiner früheren Heimat. Er war, das spüre man, froh, nicht mehr dort zu Hause zu sein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2005

Richtige "Reiseberichte" darf man bei dem Buch mit zwei Briefen von Uwe Johnson über seine Reisen nach Leipzig 1972 und 1973/74 nicht erwarten, warnt Lothar Müller in seiner kurzen Kritik. Wer sich allerdings durch den Wust von "Anspielungen", Kommentaren und Korrekturen arbeitet, wird durch einen erhellenden Blick in die "ästhetisch-politische Opposition" der DDR der 70er Jahre "belohnt", verspricht der Rezensent, der begeistert auch auf die in dem Band enthaltenden "herrlichen" Fotos einer "Faust-Film-Parodie" hinweist.
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