Harnack, Marcion und das JudentumNebst einer kommentierten Edition des Briefwechsels Adolf von Harnacks mit Houston Stewart Chamberlain
Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig
2004
ISBN
9783374021819, Gebunden, 344Seiten, 38,00
EUR
Klappentext
Das Verhältnis des Kirchenhistorikers und Wissenschaftsorganisators Adolf von Harnack (1855-1930) zum Judentum ist auffällig uneindeutig. So verurteilte er zwar die antisemitischen Ausfälle des Hofpredigers Adolf Stoecker in unmissverständlichem Ton; er wollte aber ebenso das Alte Testament aus dem christlichen Kanon entfernen, er zeichnete das antike Judentum in düsteren Farben und er unterhielt über ein Vierteljahrhundert hinweg einen Briefwechsel mit dem Publizisten und Rassetheoretiker Houston Stewart Chamberlain (1855-1927). Um dieses widersprüchlich scheinende Verhalten besser zu verstehen, untersucht Wolfram Kinzig drei Themenkomplexe im Werk Harnacks: die Entstehung und Eigenart seines Bildes des frühchristlichen Häretikers Marcion, sein Verständnis des Alten Testamentes und seine Sicht des antiken wie des zeitgenössischen Judentums.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 11.01.2005
Recht aufschlussreich findet Rezensent Friedemann Voigt diese Untersuchung über die Stellung des Theologen Adolf Harnack zum Judentum, die der Kirchenhistoriker Wolfram Kinzig nun vorgelegt hat. Ein Thema, das nach Voigts Ansicht nicht ganz einfach ist - schließlich halten Kritiker Harnack vor, in seiner Vorlesung "Das Wesen des Christentums" sowie in seinem Buch über den frühchristlichen Häretiker Marcion antijüdische und antisemitische Stereotypen zu verbreiten. Voigt hebt hervor, dass Kinzig diese "sensible Frage" "betont unaufgeregt und sachlich" behandelt. Dabei folge er der Maxime, Harnacks Stellung zum Judentum nicht "ahistorisch allein aus der Perspektive einer Theologie nach Auschwitz" unter Vernachlässigung ihres historischen Kontextes zu betrachten. Kinzig zeige, dass Harnack an vielen Stellen die religiöse Bedeutung und Schönheit des Alten Testaments betone, den jüdischen Kontext Jesu heraushebe und sowohl Rassentheorien im allgemeinen wie antisemitischen Umtrieben im besonderen entgegen trete. Deutlich werde aber, dass Harnack die jüdische Religion in der christlichen Welt- und Gottesbetrachtung überboten und aufgehoben finde. Eine "interessante Ergänzung" sieht Voigt in der dem Band beigegebenen Edition des Briefwechsels zwischen Harnack und dem Rassentheoretiker Houston Stewart Chamberlain.