Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
18.03.2002. In dieser Woche lesen Sie: Warum sich der Buchhandel von Verlagen düpiert sieht. Wie es den buchhandelsnahen Aktien geht. Wer den diesjährigen Glauser erhält. Und warum es künftig keine Hörerscheine mehr geben wird. Von Hubertus Volmer

Börsenblatt

Unter dem Label Spiegel@Klett produzieren der Spiegel und der Klett Verlag künftig "Magazine zu gesellschaftspolitischen und literarischen Themen für den Unterricht". Die ersten Hefte erscheinen im Mai, die ersten Themen sind "Gentechnik, Terrorismus sowie Leben und Werk des Schriftstellers Jurek Becker". Ziel des Kooperationsprojektes ist es, erfuhr das Börsenblatt vom Spiegel, "junge Leser für das Nachrichtenmagazin zu gewinnen."

Bei der Verleihung des Deutschen Bücherpreises erhält Joanne K. Rowling den Publikumspreis. Das gab der Börsenverein unlängst auf einer Pressekonferenz bekannt. Auch der Perlentaucher war dabei. Hier mehr dazu.

Weitere Meldungen und Artikel: Die Verlagsgruppe Random House entlässt sechs der insgesamt 15 Mitarbeiter ihres Luchterhand Literaturverlages. Bei der Umsatzentwicklung im Buchhandel will es nicht so recht klappen: minus zwei Prozent. Die Zeitschrift Via medici hat ihr Online-Angebot erweitert (allerdings nur für die Abonnenten). Auch Belgien bekommt ein Preisbindungsgesetz. Ralf Jaeckel stellt neue Wirtschaftsbücher vor. Und Alfred Grosser hat einen Nachruf auf Marion Gräfin Dönhoff geschrieben (Grosser hatte auch 1971 die Laudatio gehalten, als Dönhoff der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen wurde).

In der Beilage Buchhandelsgeschichte schreibt Marco Schickling über "Hermann Hesses Literaturkritik für 'Bonniers Litterära Magasin'", Oliver Duntze über die "Frankfurter und Leipziger Messkataloge als buchgeschichtliche Quellen", Wolfgang Tripmacker über die Börsenvereins-Ortsgruppe Potsdam und Hansjürgen Koschwitz über die Entstehungsgeschichte des Wortes "Zeitschrift" (der Begriff war dem Deutschen laut Koschwitz bis Ende des 18. Jahrhunderts fremd; einen ersten Beleg fand Koschwitz allerdings schon für das Jahr 1751).
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Der Buchhandel sieht sich "düpiert", berichtet der buchreport: Die CD-Rom "Brockhaus Lexikon 2002", die im Handel 51,10 Euro kostet, ist der neuen Ausgabe der Zeitschrift PC-Welt kostenlos beigelegt (wenn auch ohne 150 Videos und 12 Stunden Tondokumente). Dies sei kein Einzelfall. "Viele andere Nachschlagewerke auf CD-Rom werden derzeit zu Preisen zwischen fünf und 30 Euro verscherbelt, aber auch Bücher sind zu Preisen zu haben, die bisher als unvorstellbar galten". Der Niedrigpreis-Ramsch sei eine Antwort auf die Kaufzurückhaltung vieler Kunden. Sauer sind die Buchhändler, weil die Verlage ihre verbilligten Bücher und CD-Roms über branchenfremde Vertriebswege verramschen.

Zum fünfjährigen Jubiläum des Neuen Marktes bringt der buchreport eine Bestandsaufnahme fünf buchhandelsnaher Aktien. Die Dino Entertainment AG zählte "für kurze Zeit zu den Stars unter den Börsen-Newcomern. Dann geriet das Verhältnis von Kosten und möglichen neuen Kapitalzuflüssen komplett aus den Fugen." Im November 2001 wechselte das Papier an den geregelten Markt. Bei der Baumhaus Medien AG sicherte sich Verleger und Vorstandschef Bodo Horn-Rumhold "mit Rückkauf von 1,5 Millionen Aktien aus den Fonds zweier Venture-Capital-Gesellschaften die operative Sperrminorität und will Baumhaus jetzt in einen 'mittelständischen und unabhängigen Verlag' verwandeln." Buch.de verließ den Neuen Markt erst kürzlich. Mediantis (mittlerweile von Booxtra übernommen) wechselte bereits im Oktober 2001 an den geregelten Markt: "Von den 37,99 Millionen Euro, die dem Unternehmen beim Börsengang in die Kassen gespült wurden, waren bei Booxtra-Übernahme im September 2001 nur noch 11,5 Millionen Euro übrig." Schließlich Libro: Nach der Insolvenz des Unternehmens wurde die Aktie im Verhältnis 1:134 umgetauscht. In der vergangenen Woche erreichte der Wert mit 40 Euro seinen bisherigen Tiefststand.

Der Friedrich-Glauser-Krimipreis geht in diesem Jahr an Thomas Glavinic für seinen Roman "Der Kameramörder". Den Ehrenglauser für sein Gesamtwerk erhält Gerhard Neumann, das beste Debüt des Jahres ist "Die russische Spende" von Christoph Spielberg, der beste Kurzkrimi "Die Burschl aus Tirol" von Nessa Altura. Für "Kommissar Pillermeier und die falschen Weihnachtsmänner" von Lilli Thal gibt es den Kinder- und Jugendkrimipreis.

Schließlich die Bestseller.
Stichwörter: Glavinic, Thomas, Ramsch

Börsenblatt

Studierende bekommen die Bücher ihrer Profs künftig nicht mehr billiger. Mit dem geplanten Preisbindungsgesetz werden Hörerscheinverkäufe ab dem 1. Oktober voraussichtlich nicht mehr zulässig sein, schreibt das Börsenblatt. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. Das Börsenblatt rät den Hochschullehrern, die Novelle zu nutzen: "Der bevorstehende Wegfall der Hörerscheinnachlässe kann von den Dozenten im Sommersemester als zusätzliches Argument für den Kauf ihrer Bücher eingesetzt werden."

Der Übersetzer Frank Heibert plädiert für eine bessere Lektoratsarbeit. Lektoren hätten heute einfach zu wenig Zeit und sollten sich öfter fortbilden: "Der Arbeitsbereich book management, also das Akquirieren, Verhandeln und marktgerechte Platzieren eine Buchs, nimmt immer mehr Raum ein, lässt immer weniger Zeit für den eigentlichen Schwerpunkt des Berufsbilds, nämlich die Arbeit am Text. Dazu kommen das Postenkarussell und der Umstand, dass zunehmend junge Lektoren mit wenig Vorbereitung und unter großem Erfolgsdruck eingestellt werden. (...) Texte, die nicht richtig gut übersetzt worden sind, haben etwas merkwürdig Stumpfes, Mattes, Graues, und sie veralten auch schneller."

80 Prozent der Verlagshäuser folgen der neuen Rechtschreibung, 50 Prozent richten sich ausschließlich nach den neuen Regeln. Von den Leserbriefschreibern folgen 50 Prozent der neuen Schreibung. Dies ergab ein Bericht der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtsschreibung, der offiziell noch vertraulich ist, aus dem Tageszeitungen allerdings bereits von einiger Zeit ausführlich zitierten.

In Großbritannien hat der Online-Buchhandel im vergangenen Jahr nur schwach zugelegt: 5,3 Prozent der verkauften Bücher wurden über das Internet bestellt, das sind 0,3 Prozent mehr als im Jahr 2000. Die großen Buch-Ketten verkauften 42,2 Prozent der Bücher (2000: 40,5 Prozent). In den unabhängigen Buchhandlungen wurden nur 17 Prozent verkauft (2000: 17,1 Prozent).

Weitere Meldungen und Artikel: Die CeBIT hatte einen Ausstellerrückgang zu verzeichnen. Die schwedische Regierung hat einen Astrid-Lindgren-Preis für Kinderliteratur gestiftet (am 8. März 2003 soll der Preis erstmals verliehen werden). Am 23. März wird in Leipzig die Stiftung des Zentrums für Bucherhaltung gegründet. Und Leo Domzalski schreibt einen Nachruf auf den aufgelösten Werner Classen Verlag.
Archiv: Börsenblatt

BuchMarkt

Unter der Überschrift "Ein Menetekel" beschäftigt sich Gerhard Beckmann in einem langen Artikel mit den Gewinnern und Verlierer im Ratgeberbereich. Das Menetekel ist die Schließung der Random-House-Verlage Falken und Mosaik. Für Random House habe es keine Alternative zum Rückzug gegeben, selbst große Titel wie die "Mosaik-Renner des vergangenen Jahres", das Kochbuch von Alfred Biolek und Eckart Witzigmann oder das Maggi-Kochbuch seien "laut Insider-Information" bloß Verlustbringer. Doch auch die "schöngeistige Basis" sei schmaler geworden. Bereits dieser Umstand werde die großen Verlage, selbst Random House, bald dazu bringen, ihre operativen Praktiken auch im belletristischen Bereich zu überprüfen, so Beckmann. "Eine baldige Stilllegung weiterer schöngeistiger Imprints ist wohl nicht zu erwarten; dafür sind die Taschenbuch-Programme der Großen viel zu sehr auf Titelzufuhr aus eigenen Hardcover-Programmen angewiesen. Dass bei Konzern-Verlagen, die allem Glamour zum Trotz bis zu 20 Prozent Verluste einfahren, schon in nächster Zeit Reißleinen gezogen werden, dürfte sich jedoch als ein Gebot der Stunde erweisen."

In einer Reihe über Personalberater in der Buchbranche stellt Petra Rupp zwei Unternehmen vor: die Schweizer Firma Swissconsult (für höhere Positionen) und die Internetbörse Verlagsjobs.de (für alle).

Eine Schule im Saarland hat sich nach Eric Carle benannt, dem Autor der "Raupe Nimmersatt", berichtet Margit Lesemann. Im November eröffnet Carle in seiner Heimatstadt Northampton/Massachusetts ein Bilderbuchmuseum. Mehr zum Museum gibt es hier.

Weitere Artikel: Die Fernsehsendungen des britisches "Kultkochs" Jamie Oliver kommen auch nach Deutschland. Der Reiseführerverlag Michael Müller hat vier Weinführer durch die deutschen Weinbaugebiete in sein Programm genommen. Buchkatalog.de, die Buchhandels-Plattform des Barsortimentes KNO, hat sein Angebot erweitert und ist teurer geworden (dazu gibt es ein Interview mit Markus Hölzlein von KNO). Rüdiger Wischenbart schreibt über die Verlagslandschaft Österreich. Susanna Wengeler stellt die Jugendbuchabteilung der Essener Buchhandlung Baedeker vor, in der die Buchhändlerin Stefanie Perstat erfolgreich innovative Zielgruppenansprache betreibt. Ansonsten haben es Kinderbuchläden nicht leicht, schreibt Margit Lesemann.

Schwerpunkte des Heftes: "Junge Zielgruppe" und "Bewusstes Leben / Spiritualität". Darin (komischerweise der "Spiritualität" zugeordnet) unter anderem ein Artikel über die Jugendweihe, die in Ostdeutschland nach wie vor als rite de passage gefeiert wird. Die Jugendweihe hat eine zweischneidige Tradition: Einerseits ist sie ein Erbe des Kirchenkampfes in der DDR der frühen fünfziger Jahre. Andererseits hat sie ältere Wurzeln im 19. Jahrhundert. Heute ist die Form dieser Jugendweihen und Jugendfeiern "immer noch deutlich geprägt durch die DDR-Tradition, auch wenn auf jegliches Gelöbnis oder ein Bekenntnis zu moralischen oder ethischen Werten verzichtet wird", schreibt Simone Leinkauf. "Und wenn die (...) Jugendlichen dann merken, dass ein besonderer Tag besonders günstige Gelegenheiten bietet, über die Höhe des Taschengeldes oder die Ausgehzeiten neu zu verhandeln, dann haben sie durchaus einen weiteren Schritt in das Leben der Erwachsenen getan. Ansonsten folgt aus der Feier schlechthin nichts." Trotzdem gibt es Bücher über dieses Moral- und Ethik-freie Fest. Der BuchMarkt hat eine Liste mit neun sehr unterschiedlichen Titeln zusammengestellt.
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