Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
08.04.2002. Heute lesen Sie: Wer noch weniger Zuschauer vor die Bildschirme lockt als "Willkommen im Club". Wie es den Springer-Buchverlagen so geht. Wie viel Geld Bettina Röhl behalten darf. Welches die Knackpunkte des geplanten Preisbindungsgesetzes sind. Und warum Berlin die Verlage angeblich magisch anzieht. Von Hubertus Volmer

buchreport.express

Die Ulrike-Meinhof-Tochter Bettina Röhl muss ihren Vorschuss für das nie veröffentlichte Buch "Sag mir wo du stehst" nicht an Kiepenheuer & Witsch zurückzahlen. Eine entsprechende Klage des Kölner Verlages wurde zurückgewiesen, meldet der buchreport. Kiepenheuer & Witsch hatte den Vertrag mit Röhl gekündigt, nachdem diese ihre Kampagne gegen Joschka Fischer - ebenfalls ein KiWi-Autor - gestartet hatte: "Wir können nicht hinnehmen, dass eine Autorin gegen einen Autor des Verlages einen öffentlichen Vernichtungszug unter ständiger falscher Bezugnahme auf das in unserem Verlag angekündigte Buch führt", erklärte KiWi im Januar 2001. Die bereits gezahlten 321.000 DM kann Röhl nun behalten, der Verlag könnte sogar gezwungen sein, ihr Buch zu veröffentlichen, so der buchreport weiter.

Der buchreport widmet sich wieder einmal den Fernsehsendungen "rund um Bücher" und diagnostiziert magere Quoten: "Marcel Reich-Ranicki Solo" sahen am 12. März 720.000 Zuschauer. Noch weniger Quote macht "Das Philosophische Quartett" mit Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski: Am 24. März schauten nur 270.000 zu. Die Bertelsmann-Sendung "Willkommen im Club" mit Gaby Hauptmann und Lea Rosh lockte am Ostersonntag ganze 60.000 aus dem Bett. Und bei "Bücher, Bücher" im Hessen-Fernsehen waren es am 23. März sogar nur 30.000. Das Fazit des buchreport: Offenbar sei allein eine Sendung wie "Das Literarische Quartett" geeignet gewesen, das Publikum tatsächlich zu mobilisieren.

Drei Knackpunkte hat das geplante Preisbindungsgesetz in seiner derzeitigen Planungsversion: Erstens sollen die Anforderungen für billigere Parallelausgaben gelockert werden: "Nutznießer wären vor allem die beiden großen Wettbewerber Club und Weltbild, die sich bisher schon auf diesem Markt tummeln." Zweitens soll die Preisbindung für Bücher aufgehoben werden, die älter als zwei Jahre sind, wenn der Verlag kein Remissionsrecht gewährt: "Diese Regelung soll den Sortimentern die Möglichkeit geben, ihre Ladenhüter loszuwerden." Tatsächlich betreffe die Vorschrift aber nicht nur Ladenhüter, sondern auch Longseller - allerdings weniger die Spitzen-Longseller als vielmehr Titel von den "hinteren Rängen der Bestsellerlisten". Drittens ist kein Bußgeld für Verstöße gegen das Preisbindungsgesetz vorgesehen.

Bestseller gibt es natürlich auch in diesem Heft.

Börsenblatt

Die neue Leitung des österreichischen Medienunternehmens Libro AG will von den ehemaligen Vorstandsmitgliedern Andre Rettberg und Johann Knöbl jeweils 18 Millionen Euro Schadenersatz fordern, berichtet das Börsenblatt. Libro hatte im vergangenen Sommer Insolvenz anmelden müssen "und befindet sich jetzt in der Sanierungsphase".

Im notorisch klammen Berlin will die rot-rote Koalition die Mittel für das Literaturhaus um 50.000 Euro kürzen - für das Literaturhaus sind dies nach Angaben seines Leiters Herbert Wiesner 15 Prozent des Gesamtetats. Der Haushaltsentwurf des Berliner Senats sieht außerdem vor, das Literaturhaus und das Literarische Colloquium am Wannsee "in eine Verwaltungskooperation zu überführen", so das Börsenblatt. Mehr hier.

Trotz und alledem zieht Berlin "viele Verlage magisch an", will Volkhard Bode beobachtet haben. In den vergangenen Jahren seien zahlreiche neue Dependancen eröffnet worden, schreibt er in einem Überblick über Verlagsbüros in der Hauptstadt. Gründe seien die "Autoren-Dichte" und die "Aufmerksamkeit der Medien" in Berlin. Selbst bei Suhrkamp denke man über ein Büro an der Spree nach. Beispiele für neue und alte Berliner Zweigstellen listet Bode auch auf: Weidle Verlag, S. Fischer, Eichborn Berlin, Hanser, DVA / Koehler & Amelang, C.H. Beck, Walhalla Fachverlag, Wiley-VCH Verlag, Schöffling & Co., Waxmann und Prestel.

Weitere Beiträge: Das Bundesjustizministerium hat Ende März einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vorgelegt (mehr hier und hier); der Börsenverein bereitet eine Stellungnahme vor. Wegen der politischen Situation in Simbabwe veranstalten die Organisatoren der Zimbabwe International Book Fair unmittelbar vor der Buchmesse in Harare eine Messe in Kapstadt. Thalia geht nach Osnabrück und Krefeld. Ralf Klingsieck berichtet vom Pariser Salon du Livre. Und in Hamburg finden vom 11. bis zum 17. April Lesetage an ungewöhnlichen Orten statt.
Archiv: Börsenblatt

Börsenblatt

Ein heftiger Streit ist zwischen dem medizinischen Fachverlag Thieme und der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Sortimentsbuchhändler (AWS) ausgebrochen. Thieme hat ein neues Konditionenmodell eingeführt, das dem Buchhandel überhaupt nicht gefällt. "Nach dem neuen Thieme-Modell sind seit dem 1. April generell nur noch Bestellungen zum Festbezug möglich", erklärt das Börsenblatt. "Damit will der Verlag eine dauerhafte Senkung von Remissionen und Verwaltungskosten erreichen." Die Remissionsquote wurde auf drei Prozent festgelegt, eine Überschreitung führt zu Abzügen bei den Rabatten. Diese wurden neu strukturiert: Auf billige Bücher gibt es höhere Rabatte als auf teure. Wer anders als elektronisch bestellt, muss ebenfalls mit einer Rabattkürzung von zwei Prozent rechnen. Wie gesagt, der Buchhandel ist sauer. Der AWS-Vorsitzende Heinrich Riethmüller hat den Thieme Verlag in einem offenen Brief gebeten, die Einführung des Konditionenmodell zu verschieben und mit den Buchhändlern auf der Arbeitstagung der AWS zu sprechen. Thieme-Geschäftsführer Wolfgang Knüppe bietet in einer Reaktion zwar "direkten Austausch" an, signalisiert ansonsten jedoch kein Entgegenkommen. Brief und Reaktion finden Sie hier.

Es ist mal wieder von der "Konzentration auf das Kerngeschäft" die Rede, diesmal bei der Springer-Verlagsgruppe Ullstein Heyne List. Betroffen ist die Ratgebersparte, darunter die Verlage Südwest, Ludwig und Bucher. Das Börsenblatt fragte Verlagsgruppenchef Christian Strasser, ob er mit dieser Strategie nicht Random House folge. "Sicher nicht", so die Antwort. "Denn wir sperren unsere Ratgeberverlage ja nicht einfach zu." Und sonst so? "Ganz allgemein muss man abwarten, bis sich die Marktlage wieder beruhigt hat. Und ich hoffe sehr, dass wir in ein bis zwei Jahren unsere Titelzahl wieder steigern können." Random House hatte unlängst eine Konzentration auf das Kerngeschäft angekündigt und die Ratgeberverlage Falken und Mosaik geschlossen.

Und jetzt hat Random House den britischen Literaturverlag Harvill gekauft. Die Verlagsgruppe unterstreiche mit der Übernahme ihr erklärtes Ziel, weltweit ihre Kernkompetenzen zu stärken - dazu gehöre neben dem Sachbuch und dem Kinderbuch vor allem die Literatur, schreibt das Börsenblatt.

Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann ist optimistisch, dass sein Verband noch Veränderungen beim geplanten Buchpreisbindungsgesetz wird durchsetzen können. "Das, was dem von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf zu einem guten Gesetz fehlt, lässt sich nach meinem Eindruck (...) im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ohne weiteres noch ergänzen." Strittig sind vor allem Club- und andere Parallelausgaben (siehe oben).

Der bestsellernde Benediktiner-Pater Anselm Grün bekommt ein eigenes Hörbuch-Label: Anselm Grün Hören. Die ersten vier Titel wurden bereits aufgelegt, pro Halbjahr sollen drei dazukommen. Die "inszenierten Lesungen mit Musik richten sich an spirituell und religiös interessierte Menschen", schreibt das Börsenblatt. Im Vier-Türme-Verlag der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach sind nach Angaben des Verlags mehr als 60 Titel von Anselm Grün erschienen; "sie sind in 25 Sprachen übersetzt und mehr als eine Million Mal verkauft worden."

Weitere Meldungen und Artikel: Buch.de hat das vergangenen Jahr mit roten Zahlen abgeschlossen. Die FAZ-Gruppe musste 2001 einen Umsatzrückgang hinnehmen. Ralf Schweikart stellt Erstlesereihen vor. Und Susanne Hilf erzählt vom Bonner Stadtentscheid für den Vorlesewettbewerb des Börsenvereins.
Archiv: Börsenblatt
Stichwörter: Mosaik, Literaturverlage, Abwärts