Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
29.04.2002. In dieser Woche lesen Sie: Wie sich Börsenverein und Bertelsmann-Buchclub geeinigt haben. Wieso das Ende der Buchpreisbindung nur eine Frage der Zeit ist. Weshalb vor allem in Berlin viele Buchhandlungen dicht machen. Und wie Bodo Schäfer seinen Weg zur finanziellen Freiheit fortsetzt. Von Hubertus Volmer

Aktuell

Im Streit um den Status von Club-Ausgaben im künftigen Preisbindungsgesetz ist die viel beschworene Einigkeit der Branche - vorerst - wieder hergestellt: Börsenverein und Bertelsmann-Buchclub haben sich auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Beide wollen der Bundesregierung vorschlagen, die ausdrückliche Definition von Club- und anderen Sonderausgaben nicht ins Gesetz, sondern in die dazu gehörige Begründung zu schreiben. Dies ist eines von zwei Kompromiss-Szenarien, die der Club zuvor vorgeschlagen hatte. Mehr dazu in der Online-Ausgabe des Börsenblatts
Archiv: Aktuell

Börsenblatt

Schlechte Nachrichten aus der digitalen Welt: Den vor zwei Jahren erstmals verliehenen eBook Award gibt es nicht mehr. "Als Grund nannte die International eBook Award Foundation (IeBAF) die angespannte Wirtschaftslage. Es sei immer schwieriger gewesen, die notwendigen Gelder bei den Sponsoren zu akquirieren." Der Preis war mit rund 146.000 Euro dotiert, zu den Sponsoren gehörten Microsoft, Gemstar, Adobe und Overdrive.

Die "Encyclopaedia Britannica" erscheint wieder in einer Print-Version. "Das Konzept, die Inhalte der 'Encyclopaedia Britannica' ausschließlich über britannica.com oder auf CD-Rom zu verbreiten, sei nicht aufgegangen", sagt Hans-Dieter Blatter vom Akademischen Lexikadienst in Münster. "Die meisten Kunden, so Blatter, wollten das Nachschlagewerk gedruckt lesen und benutzten die CD-ROM nur als Hilfsmittel."

Die deutsche Unesco-Kommission hat ihre Nominierungen für den Internationalen Unesco-Preis für Kinder- und Jugendbücher bekannt gegeben, meldet das Börsenblatt. Kategorie bis zwölf Jahre: "Wir alle für immer zusammen" von Guus Kuijer, "Der Tag, als ich lernte, die Spinnen zu zähmen" von Jutta Richter, "Madlenka" von Peter Sis, "East End, West End" von Jerry Spinelli und "Theodor Terror" von John A. Rowe. Kategorie 13-18 Jahre: "Benny und Omar" von Eoin Colfer, "Wir Goonyas, ihr Nungas" von Philipp Gwynne und "Birnbäume blühen weiß" von Gerbrand Bakker.

Den Weg zur finanziellen Freiheit hat Bestsellerautor Bodo Schäfer zweifellos sich selbst gewiesen. Jetzt hat er den Verlag gewechselt, von Campus zu Hoffmann und Campe. "Schäfer habe nach einem Haus mit einem breit angelegten Programm gesucht, kommentierte Rainer Moritz, Verlagsleiter von Hoffmann und Campe, den Wechsel. (...) Nach Angaben des Campus-Verlags habe man sich aufgrund überhöhter Honorarforderungen (es sollen weit mehr als 500.000 Euro gewesen sein) nicht auf eine weitere Zusammenarbeit mit Schäfer einigen können."

Weitere Beiträge: Der Xenos Verlag gehört der FAZ-Gruppe seit dem 17. April zu 100 Prozent, zuvor waren es lediglich 50 Prozent (mehr dazu hier). In den USA und in der Schweiz hat der Nord-Süd-Verlag Stellen abgebaut und Mitarbeiter entlassen. Claudia Kramatschek schreibt über den Welttag des Buches, der am 23. April begangen wurde. Und Hendrik Markgraf stellt den Marebuchverlag vor, einen neuen Verlag für Bücher nur über das Meer.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Ein interessantes Detail im Streit um den Grisham-Titel "Die Farm" will der buchreport in Erfahrung gebracht haben: Anders als Heyne dies bei der "Farm" getan hat werden dem Blatt zufolge die Bertelsmann-Verlage ihre potenziellen Bestseller nicht zuerst an den Bertelsmann-Club geben. Dieser Entscheidung habe der Chef der Bertelsmann-Verlage Peter Olson "höchstpersönlich zugestimmt". Olson habe damit ausschließen wollen, dass seine deutschen Buchverlage vom Sortiment mit Sippenhaft belegt werden. In der Online-Ausgabe des Börsenblatts dementiert Bertelsmann / Random House diese Meldung allerdings. Mehr vermutlich in der nächsten Woche.

Für den Buchhandel spielt Ullstein-Heyne-List-Verleger Christian Strasser derzeit den Buhmann; er war es, der die "Farm"-Lizenz an den Club gab. Nun hofft Strasser auf die Solidarität seiner Kollegen: Er rechnet mit einer Solidaritätsadresse von Verlegern, die zum Öhringer Kreis gehören. "In dieser nicht offiziellen Verlegerrunde treffen sich seit Jahr und Tag (...) Chefs und Meinungsbildner, um sich über die Entwicklung der Branche auszutauschen", erklärt der buchreport. Ob Strasser mit einer Kollegenadresse allerdings den Boykott von Thalia und Hugendubel vom Tisch bekomme, "bleibt dahingestellt", so das Blatt weiter.

Beim Streit um die Club-Ausgabe der "Farm" geht es auch um die künftige Gesetzeslage: Bertelmann-Club und freier Buchhandel sind uneins, wie Paragraph fünf, Absatz fünf des künftigen Preisbindungsgesetzes aussehen soll. In seiner bisherigen Fassung sieht der Paragraph lediglich vor, dass eine Club-Ausgabe billiger sein darf; von einem zeitlichen Abstand, den der Club einhalten muss, ist keine Rede. Hier hat der Club nun zwei Kompromissvorschläge vorgelegt. Variante 1: Der betreffende Passus wird so gefasst, dass der Club zwei von drei Bedingungen einhalten muss: zeitlichen Abstand, andere Ausstattung und/oder Club-Mitgliedschaft. Damit hätte der Club immerhin sicher gestellt, dass er seine günstigeren Ausgaben zeitgleich anbieten kann. (Nach der aktuell geplanten Fassung muss nur eine Bedingung erfüllt sein.) Variante 2: "Die 'Lex Buchclub' wird ganz aus dem Gesetz gestrichen, dafür wird in einem Anhang zum Gesetz auf die bisherige Branchenpraxis verwiesen." (Auch das Börsenblatt hat zu diesem Thema eine Meldung, und zwar hier.)

Bliebe Paragraph fünf, "so wäre dies die vorweggenommene Aufhebung der Preisbindung", schreibt Bodo Harenberg in einem Kommentar. Denn "Weltbild oder Hugendubel würden im Handumdrehen ihre Kunden mit Sondervereinbarungen in eigenen Clubs an sich binden und ebenfalls Originalausgaben preiswerter feilhalten." Risiken für den gebundenen Ladenpreis ließen sich nur dann ausschließen, wenn alle Beteiligten "höchst traditionell die Gepflogenheiten der Vergangenheit" aufrecht erhielten. "Das wird jedoch kaum möglich sein."

Abzocke? Rund 600 Buchhändler haben vor wenigen Tagen eine Abmahnung von einer Bochumer Anwaltskanzlei zugeschickt bekommen. Darin wurde gefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und 969,01 Euro zu überweisen. Die Anwälte vertreten einen Bürobedarfhändler aus Herne. Sie stützen sich auf das neuen Teledienstgesetz. "Diese Vorschrift verpflichtet die Betreiber von Internet-Seiten, in ihren Angeboten eine ganze Reihe von Angaben zu machen. So müssen Händler nicht nur einen E-Mail- und Telefonkontakt nennen, sondern auch einen Vertretungsberechtigten ihres Unternehmens sowie Handelsregister- und Umsatzsteuernummer. (...) Die abmahnenden Anwälte begründen ihre Forderung damit, dass durch die Lückenhaftigkeit der Websites ihrem Mandanten (...) ein Wettbewerbsnachteil entstehe." Der Börsenverein prüfe, ob hier ein Fall von Rechtsmissbrauch vorliege. Mehr hier.

Die Meldungen über Insolvenzen von Buchhandlungen häufen sich, der buchreport hat ein paar der letzten Monate zusammengestellt. Am häufigsten seien Geschäfte in Berlin betroffen gewesen. Die Buchhandelsfläche habe sich dort von 50.000 auf 85.000 Quadratmeter erhöht, vor allem kleine Sortimente im Kiez seien von den "großen Playern" wie Hugendubel, Thalia, Dussmann, KaDeWe und auch Kiepert bedroht.

Und hier die Bestseller.

Börsenblatt

Nach Thalia hat sich auch Hugendubel zu Strafmaßnahmen gegen den Heyne Verlag entschieden. Damit hat der Verlag die größte (Thalia) und zweitgrößte (Hugendubel) deutsche Buchhandelskette gegen sich. Hintergrund ist der Entschluss von Heyne, die Lizenz für den Grisham-Roman "Die Farm" vorab an den Bertelsmann-Club zu geben. Für den freien Buchhandel bedeutet dies: Ein potenzieller Bestseller kommt erst später und dann teurer in die Buchläden. Hugendubel hat einen Marketing- und Einkaufs-Boykott beschlossen: Heyne-Hardcover werden nicht mehr im Hugendubel-Zentrallager gelistet, Heyne-Vertreter werden nicht mehr empfangen, Heyne-Werbung wird aus den Hugendubel-Buchhandlungen entfernt und zu Marketing-Aktionen wird Heyne nicht mehr eingeladen. Dem Börsenblatt sagte Hugendubel-Geschäftsführer Heinrich Hugendubel, Heyne-Titel seien (für seine Filialen) nach wie vor über die Barsortimente beziehbar. Mehr hier.

Weitere Meldungen: "Leibhaftig" von Christa Wolf ist bisher 150.000 Mal verkauft worden. Die Wuppertaler Buchhandelskette Köndgen ist insolvent. Der Umsatz des Bahnhofsbuchhandels geht zurück. Die Verlagsgruppe Westermann will das Schulbuchprogramm des Schöningh Verlags kaufen. Der französisch-amerikanische Medienkonzern Vivendi trennt sich von seiner Fachpressesparte. Und unter dem Motto "Die Stadt am Fluss" findet in Frankfurt am Main vom 15. bis zum 23. Juni ein neues Literaturfest statt.

Thomas Blume stellt das literarische Braunschweig vor. Anlass: Dort finden Anfang Mai die Buchhändlertage statt. Christina Busse porträtiert die Buchhandlung Groth (Elmshorn), die ihren 125. Geburtstag feiert. Und Stephan Füssel schreibt über Georg Joachim Göschen, dem Stammvater des Börsenvereins. Der Leipziger Buchhändler und Verleger wurde vor 250 Jahren geboren. Vor 100 Jahren legte er eine programmatische Schrift über eine Reform des Buchhandels vor, "deren Fragestellungen die Branche zum Teil bis heute beschäftigen".
Archiv: Börsenblatt