Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
17.03.2003. Diese Woche lesen Sie: Warum trotz sinkendem Umsatz der Geschäftsklimatrend im Buchhandel nach oben zeigt. Warum nicht Konzentration, sondern fehlende Kontinuität den Verlagen schadet. Warum mittelgroße Verlage laut McKinsey miteinander kooperieren müssen, wenn sie überleben wollen. Und was vom "Goethe-Groschen" zu halten ist. Von Hubertus Volmer

BuchMarkt

Dem BuchMarkt liegt ein nützliches kleines Heft "Best of Leipzig" zur kommenden Buchmesse bei. Im Internet gibt es die "Tipps & Termine" leider nicht, aber beim Leipziger Stadtmagazin Kreuzer, beim BuchMarkt und natürlich bei der Leipziger Buchmesse und den Seiten von "Leipzig liest" gibt es einige Hinweise.

In der Potsdamer Grundschule am Griebnitzsee gibt es einmal im Jahr einen Lesetag, berichtet Simone Leinkauf. Vier Stunden lang beschäftigen sich die Kinder aller Klassen nur mit Lesen: "Sie bringen Bücher und Hefte - eben alles, was sie gern lesen - mit in die Schule und haben einen Vormittag lang Zeit, in diesen Texten oder auch den Büchern ihrer Klassenkameraden zu versinken. Was zunächst von Lehrern und Eltern mit Skepsis betrachtet wurde, hat sich bewährt."

Zum Kauf von Ullstein Heyne List durch Random House schreibt Kolumnist Heinz Gollhardt: "Bei spektakulären Übernahmen von Verlagen oder Sortimentsbuchhandlungen durch Konzerne oder Gruppen lautet das zentrale Klagewort stets: Konzentration. Nicht gesprochen wird davon, dass zwar insgesamt ein Konzentrationsprozess stattfindet, aber oft nur ein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel zwischen den Konzernen stattfindet. (...) Wir haben es (...) nicht nur mit Konzentration zu tun, sondern auch mit einem Abbau von Kontinuität. Die Folgen für die Betroffenen sind oft fatal."

Im Januar 2002 hatte der BuchMarkt von der Eurobooks-Pleite berichtet. Der Billigproduzent meldete 2001 Konkurs an, Ex-Eurobooks-Verleger Michael von Lechner-Lehenek - "bis heute ist nicht so recht geklärt, auf welchem Wege er zu Adelstitel und Doktorhut kam", hieß es damals im BuchMarkt - saß 17 Monate in Genf in Untersuchungshaft. Die taz hatte auch mal über den Herrn berichtet. Im Februar wurde ein Urteil gesprochen: Vier Jahre Zuchthaus wegen "gewerbsmäßigen Betrugs und einiger Konkursdelikte". "Der Hinweis des Lechner-Anwalts während des Schlussplädoyers, 17 Monate Untersuchungshaft seien für einen Baron wie den Herrn von Lechner-Lehenek wohl mehr als genug, war nicht geeignet, das Gericht gnädiger zu stimmen, sorgte aber für erhebliche Heiterkeit im Gerichtssaal."

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Aktualisierung vom 12. Juni 2013:
Michael von Lechner-Lehenek weist uns per Mail darauf hin, dass er im Jahr 2003 durch den Strafgerichtshof in Genf von allen Vorwürfen freigesprochen wurde. (D.Red.)
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"Wer heute im Sortimentsbuchhandel bestehen will, braucht ein unverwechselbares Profil und muss eigene Ideen inszenieren", schreibt der BuchMarkt. Fünf offenbar erfolgreiche Sortimente mit unterschiedlichen Konzepten stellt das Blatt vor: den norddeutschen Filialisten Heymann sowie die Buchhandlungen Gillmeister in Peine, Moritz & Lux in Bad Mergentheim, "spheres" in Zürich und Cohen + Dobernigg in St. Pauli.

Über den Großantiquar Zanolli ist in letzter Zeit häufiger geschrieben worden. Christian von Zittwitz stellt das Unternehmen vor. "Für Karstadt etwa hat Zanolli im Vorjahr erstmals nicht nur die komplette Produktion des MA-Streuprospekts abgewickelt, sondern dafür auch die gesamte Ware geliefert und sogar die Logistik für die einzelnen Läden bis hin zur Preisauszeichnung übernommen. Das ist ein Service, den er jetzt auch dem Buchhandel anbieten will". Guido Zanolli ist so stark gewachsen, dass er nicht mehr genug Ware hat: "Problematisch ist jetzt allein, dass es für seinen Markt kaum noch nennenswerte Anbieter vor allem im Vierfarbbereich gebe, nachdem sich immer mehr Anbieter vor allem aus dem Ratgebermarkt zurückgezogen hätten. Hier will er jetzt zur 'kontrollierten Offensive ansetzen'. Dafür hat er Anfang Februar den Massmarket-Spezialisten Gerd Stedtfeld angeheuert". Stedtfeld soll den Karl Müller Verlag zu einem "breiten Anbieter von Imprint-Verlagen" mit jeweils homogenen Programmfeldern ausbauen: Ratgeber / Sachbuch, Bildbände, Kinder- und Jugendbuch.

Im Mai erscheinen bei Suhrkamp die letzten Bände des Zyklus "Die zahnlose Zeit" von A. F. Th. van der Heijden - eine "verlegerische Großtat", befindet der BuchMarkt. Ebenfalls im Mai kommen alle sieben Bände in einer auf 950 Exemplare limitierten, signierten Kassette auf den Markt. In einem kurzen Interview sagt van der Heijdens deutscher Lektor Raimund Fellinger: "Uns kommt es darauf an, deutlich zu machen, dass die Literatur von van der Heijden für unsere Zeit genauso revolutionär und neu ist, wie es bei Proust in seiner Zeit der Fall war."

Matthias Koeffler wundert sich, warum der Buchhandel Poetry Slams nicht stärker für Marketingaktionen nutzt. "Berlin war Anfang der 90er der Einfallsort für diese Art von Literaturperformance, die aus den USA zunächst die Hauptstadt eroberte. Erfunden wurde sie im Chicagoer 'Green Mill Club', groß geworden ist sie im 'Nuyorican Poets Cafe' von New York, wo in früheren Zeiten schon Allen Ginsberg und Charles Bukowski aufgetreten waren", klärt Koeffler seine Leser auf. "Die Begeisterung springt bereits auf die Provinz über. Im Süden Hamburgs etabliert sich in Heimfeld eine eigene Szene, die sich fröhlich 'Heimfeld ist Reimfeld' nennt." Tina Uebel und Hartmut Pospiech geben bei Rotbuch ein Jahrbuch mit Poetry-Slam-Texten heraus.

Weitere Beiträge: Jo Volks schreibt darüber, was Buchhandlungen von Verlagsauslieferungen erwarten (sein Artikel wertet die Ergebnisse einer Umfrage des BuchMarkt aus). A. Götz von Olenhusen informiert über einen Streit zwischen dem Schriftsteller Gunter Haug und seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem SWR. Der Sender feuerte Haug, weil dieser in seinem Roman "Höllenfahrt" den SWR und dessen Intendanten Peter Voß beleidigt habe. Allerdings spielt der Roman 1992, beschimpft wird der Intendant eines Senders in Stuttgart. Den SWR gab es damals noch gar nicht; und Voß war nie Intendant in Stuttgart, so Olenhusen. Gerhard Beckmann weist darauf hin, dass die Schweiz ein wichtiges Thema auf der Leipziger Buchmesse ist. Carsten Tergast porträtiert den Haug-Verlag, der in diesem Jahr 100 Jahre alt wird, und stellt ein Personalsharing-Modell vor, das Apotheker in Düsseldorf praktizieren.

Eine Vielzahl von Artikeln beschäftigt sich mit dem Schwerpunkt "junge Zielgruppe", also mit Kinder- und Jugendliteratur.
Archiv: BuchMarkt

buchreport.express

Auflagen und Umsätze im Schulbuchgeschäft sind für Verlage und Buchhändler kaum noch planbar, schreibt der buchreport. Und nennt drei Gründe: "Fast alle Bundesländer haben aufgrund ihrer Finanzlage die Lernmittelfreiheit eingeschränkt und beteiligen nun die Eltern an den Kosten." - "Die Regeln sind höchst unterschiedlich und reichen von der kostenlosen Ausleihe bis zur Anschaffung aller Bücher durch die Eltern." - "Das neue Preisbindungsgesetz schreibt rigoros vor, dass Nachlässe nur an Schulbuchaufträge der öffentlichen Hand gewährt werden dürfen - also nicht an Elternvereine." Das die Länder den klaren Schritt scheuen und sich mit "zurechtgeflickten Lösungen" behelfen, fordern die Schulbuchverlage, die Lernmittelfreiheit ganz aufzuheben. "Damit könnte auch der Löwenanteil des Schulbuchgeschäfts in den Sortimentsbuchhandel zurückkehren." Auf anderthalb Seiten stellt der buchreport die in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlichen Regelungen der Lernmittelfreiheit dar. Mehr dazu hier.

Das Buch des Möchtegern-Volkstribuns Jürgen W. Möllemann geht mit einer Auflage von 80.000 Exemplaren an den Start. "Klartext. Für Deutschland" (C. Bertelsmann) heißt das Machwerk, über das die FAZ "bereits in der vergangenen Woche lang und breit" berichtet hatte. "Klaus Eck, Geschäftsführer von Random House, rätselte in der Berliner Zeitung darüber, wie das passieren konnte - hatte doch der Verlag die Druckfahnen sorgfältig gehütet." Der arme Herr Eck; wie konnte so etwas nur passieren?

Joanne K. Rowling und Warner Bros. klagen gegen den niederländischen Verlag Byblos; sie werfen ihm vor, ein Plagiat von "Harry Potter" zu verbreiten. Byblos hatte die niederländischen Rechte des russischen Romans "Tanya Grotter und der magische Kontrabass" gekauft. Am 8. April sollte das Buch erscheinen. Den russischen Verlag Eksmo hatten Rowling und Warner bereits im November aufgefordert, Produktion und Vertrieb des Buches einzustellen. Das Buch von Dimitri Jemetz sei in Russland ein großer Erfolg, schreibt der buchreport. "100.000 Mal ging das erste Buch über den Ladentisch, Band zwei 'Tanya Grotter und der schwindende Fußboden' ist kürzlich erschienen." Mehr hier (aber nur gegen Geld).

Auch der deutsche Potter-Verlag Carlsen klagt. Und zwar gegen Amazon.de, weil dort die englische Ausgabe des fünften Potter-Bandes für 16,80 Euro zu haben ist. Carlsen sehe in dem Angebot eine "Irreführung der Verbraucher, durch die sich der Online-Händler Wettbewerbsvorteile verschaffen wolle". Die Leistungsgemeinschaft Buch bietet ihren Buchhändlern das Buch zum Einkaufspreis von 14,45 Euro. "Würden die Sortimenter mit 16,75 Euro den Amazon-Preis unterbieten, hätten sie nur noch eine Marge von 13,7 Prozent." Der buchreport merkt an: "Die Buchhändler begeben sich mit ihrer Teilnahme an der Preisschlacht der Großen auf gefährliches Terrain: Ihre Kunden könnten Mühe haben, die freie Gestaltung der Preise mit den strengen Regeln der deutschen Buchpreisbindung in Übereinstimmung zu bringen."

Der buchreport-Umsatztrend für Februar liegt bei einem Minus von 4,12 Prozent. "Der Rückschlag wiegt besonders schwer, denn im Vergleichsmonat des Vorjahres liefen die Geschäfte schon ausgesprochen mau". Unter den Warengruppen blieben einzig Sachbuch und Hobby im Plus. Alle anderen Warengruppen weisen ein Minus auf. "Will man der traurigen Minus-Parade mit Gewalt einen positiven Aspekt abgewinnen, muss man auf die große Gruppe Belletristik schauen: Die Romane bleiben zwar mit -5,24 Prozent auch im dritten Monat in Folge im Tal der Tränen, aber sie haben ihre Abwärtsbewegung verlangsamt." Trotz und alledem zeigen alle Index-Werte des buchreport-Geschäftsklimatrends nach oben.

Nach München, Köln und Hannover hat sich auch Berlin als möglicher Standort für die Frankfurter Buchmesse angeboten. Dem buchreport missfällt die Strategie von Buchmesse-Direktor Volker Neumann, den Standort Frankfurt für bessere Konditionen aufs Spiel zu setzen. Nicht ohne Häme druckt das Blatt eine Glosse aus der Frankfurter Rundschau: "Deutschland sucht den Messestar".

Während sich die Veranstalter in Frankfurt über Hotelpreise ins Gespräch bringen", so der buchreport, machen ihre Kollegen in Leipzig Programm: "700 Autoren kommen zum Lesemarathon 'Leipzig liest'." Mehr hier und hier.

Schließlich berichtet der buchreport über den von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geplanten "Goethe-Groschen", eine Abgabe auf gemeinfreie Klassiker, die öffentlichen Kultur-Etats oder einer Stiftung zur Förderung junger Künstler zugute kommen soll. In einem Kommentar schreibt David Wengenroth: "Das ist schon paradox: Da steckt die Buchbranche in ihrer schwersten Krise seit Kriegsende und ausgerechnet in dieser Situation glaubt die Bundesregierung, die Verlage zu Melkkühen des Kulturbetriebes machen zu können. Dabei ist die Buchbranche die einzige Sparte des Kulturbetriebes, in dem die Pflege der Klassiker überhaupt noch ohne staatliche Förderung funktioniert. Das Beste an der 'Goethe-Groschen'-Idee ist ihre geringe Chance auf Verwirklichung."

Weitere Meldungen: Das Wachstum der großen Buchhandelsfilialisten habe zwar Grenzen, schreibt der buchreport. Aber nach aktuellem Stand eröffnen in diesem Jahr noch elf neue Häuser mit einer Gesamtfläche von 24.850 Quadratmetern. Allein Buch & Kunst plant sechs neue Buchhandlungen. In Österreich eröffnet Marktführer Morawa & Styria die 21. Filiale. Der US-Buchmarkt hat 2002 besser abgeschnitten als erwartet. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani hat mit seinem Buch "Leadership" eine Gesamtauflage von über einer Million erreicht. John Grisham ist mit seinem letzten Roman mal wieder sehr erfolgreich ("The King of Torts" heißt das Buch; es erscheint dieser Tage als "Die Schuld" bei Heyne und wird von einer "Megaseller-Kampagne" begleitet). Außerdem gibt es Artikel über die Billigangebote im jüngsten Weltbild-Katalog und über die ersten Verhandlungen zwischen Verlegern und Autorenvertretern über die Vergütung auf der Basis des neuen Urhebervertragsrechts.

Die Bestsellerlisten gibt es hier.

Börsenblatt

Der Leser liebster Schriftsteller ist Henning Mankell: Am 20. März erhält der Schwede den Publikumspreis des Deutschen Bücherpreises. Platz zwei im Votum der Leserinnen und Leser belegte Dieter Bohlen, Platz drei ging an Petra Hammesfahr. Auf Platz vier und fünf: Jonathan Franzen und Doris Dörrie.

In der Verlagsgruppe Westermann werden bis zum Herbst rund 200 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Das erfuhr das Börsenblatt von Angestellten des Unternehmens (laut buchreport stehen 250 Arbeitsplätze zur Disposition). "Die Standorte Hannover (Schroedel) und Frankfurt am Main (Diesterweg) werden zum 30. September aufgegeben." Bei Diesterweg hätten 35 von 67 Mitarbeitern eine Kündigung erhalten, beim Bildungshaus würden 50 Stellen gestrichen, bei Westermann selbst seien 73 Entlassungen ausgesprochen worden.

Die Heppenheimer Buchhändlerin Irene May-Menninger preist die Vorteile einer Buchhandlung in der Provinz: "Nie hatte die Freizeitbeschäftigung Lesen so viel Konkurrenz wie heute; wir wissen das und beklagen es manchmal, doch in Sachen Kultur unterschätzen wir Buchhändler of unsere Rolle und unsere Möglichkeiten. Gerade in einer Buchhandlung in der Kleinstadt laufen viele Fäden zusammen, hier werden immer wieder Impulse gegeben: Das beginnt mit dem banalen Aushängen von Plakaten und dem Kartenvorverkauf für kulturelle Veranstaltungen, reicht über Literaturempfehlungen bis hin zur eigenen Autorenlesung."

Nur jeder zehnte Kunde nutzt die öffentliche Bibliothek als kommunikativen Treffpunkt. Das, schreibt Regine Meyer-Arlt, ist ein Ergebnis des Projekts "Bibliothek 2007: Bibliotheksentwicklung in Deutschland". Am Ende des Projekts, das die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung durchführt, soll ein Strategiepapier zur Stärkung des deutschen Bibliothekswesens stehen. "Darin könnte zum Beispiel stehen, dass die öffentlichen Bibliotheken mehr Kunden gewinnen, wenn sie als attraktive Aufenthaltsorte wahrgenommen werden." In Deutschland sind Bibliotheken vergleichsweise wenig in der Bevölkerung verankert: "In Finnland gehört zu jeder Schule eine Bibliothek, während in Deutschland gerade mal 15 Prozent der Schulen diesen Standard haben", sagt BDB-Chef Georg Ruppelt. Am Rande verweist Meyer-Arlt auf das Projekt Deutsche Internetbibliothek.

In seinem Konjunkturbericht sieht Boris Langendorf erste Anzeichen für einen Aufwärtstrend. "Sowohl Konjunkturerwartung als auch Anschaffungsneigung haben sich leicht verbessert, wenn auch beide absolut gesehen noch in Grottentiefe verharren", schreibt Langendorf. "Und die Einkommenserwartung hat sich nur minimal verschlechtert, obwohl die GfK hier, nachdem die Befragten inzwischen ihren Januar-Gehaltszettel kennen, mit einem Desaster gerechnet hatte." Die derzeitige Klimatendenz wäre für die Konjunktur "absolut hilfreich, würde dem nicht die Verunsicherung durch die Kriegsgefahr eine unüberwindliche Grenze setzen".

Wenn die mittelgroßen Verlage nicht stärker miteinander kooperieren, werden nur wenige von ihnen "mittelfristig Bestand haben", meint McKinsey-Beraterin Annet Aris. Denn zwischen den großen und kleinen Verlagen seien die mittleren Verlage akut gefährdet. Die Stärkung des programmatischen Profils und Outsourcing einzelner Bereiche sei häufig nicht ausreichend. Aris rät zu Kooperationen im Vertrieb und im Marketing. Da viele Verleger allerdings "ausgeprägte Individualisten" seien, werde es wohl kein einfaches Unterfangen sein, "hier den notwendigen Grad an Kooperation zu erreichen". Einer dieser ausgeprägten Individualisten ist Friedrich-Karl Sandmann, Inhaber des Verlags Zabert Sandmann. Zu Kooperationen mit anderen Verlagen sagt er in seiner Gegenposition zwar nichts. Doch er betont die Eigenständigkeit des Verlegers: "Bei uns gibt es trotz hoher Professionalität und hochmoderner Ausstattung noch so etwas wie Manufaktur. Wir arbeiten so lange, bis das Produkt nicht nur gut aussieht, sondern auch passt und eine Lebensdauer hat, über die es sich zu reden lohnt. Bei uns überleben alle Bücher das erste Jahr, und wenn wir Glück haben, kommen sie ins zeugungsfähige Alter und vermehren sich selbst. (...) Und auf die Frage, ob die Kleinen im Schatten der Großen überleben können, kann ich nur antworten: McKinsey hat zwar die Cashcow erfunden, aber für einen gut funktionierenden Hof braucht man immer noch einen ausgeschlafenen Bauern."

Sybille Fuhrmann spricht mit dem Typografie-Verleger Bertram Schmidt-Friderichs über Herstellung und Typografie. Sie fragt ihn nach den größten gestalterischen Sünden. "Es sind vor allem viele kleine Dinge, die passieren, wenn einfache Regeln der Typografie nicht beachtet werden: Das verirrte Divis (Trennzeichen) mitten im Wort etwa. Häufig sieht man auch, dass Zeilen automatisch gesperrt oder verengt werden. Die Wirkung: Ein Wort wird in einem Text hervorgehoben, obwohl das gar keinen Sinn macht. Auch die Laufweite ist oft zu eng zugerichtet, oder es wurde ein zu geringer Zeilenabstand gewählt. Zusammengenommen führen diese Kleinigkeiten dazu, dass die Lesbarkeit leidet." Die visuelle Führerschaft liege seit den achtziger Jahren beim Fernsehen. Wir erlebten zwar gerade einen "Roll-Back": Es habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man gewisse Gesetze in der Gestaltung von Printprodukten nicht aushebeln kann. "Wer wissen will, wie Buchumschläge, Anzeigen oder Vorschauen im nächsten Jahr aussehen werden, sollte aber immer noch MTV oder Viva einschalten und beispielsweise auf die Hintergrundgestaltung der Musikclips achten."

Ralf Schweikart berichtet von einer offenbar sehr unterhaltsamen Begegnung mit dem Schriftsteller Andreas Steinhöfel. Dessen Verlag Carlsen hatte unter Buchhändlern eine Fahrt nach Berlin verlost; Steinhöfel führte die drei Buchhändler nun über die Schauplätze seines jüngsten Romans "Der mechanische Prinz". Vor der Markthalle am Marheinekeplatz: "'Hier, auf diesem Platz, hat Max Marlene kennen gelernt.' Andreas Steinhöfel kneift dabei die Augen zusammen, als sähe er diesen Moment noch vor sich. Könnte die alte Dame mit den Strohhut dort nicht vielleicht wirklich Marlene sein? Die die Tauben um sich schart und füttert und dabei die herumliegenden Taubenfedern einsammelt? Weil sie in ihrer Altbauwohnung unterm Dach, nur ein paar Schritte entfernt am Chamissoplatz, daraus einen Flugapparat baut, der Leonardo da Vinci zur Ehre gereicht hätte?"

Weitere Beiträge: Der Tandem Verlag und Ludwig Könemann wollen "ein auf den nationalen und internationalen Markt ausgerichtetes Buchprogramm" starten. Dabei werde man auch auf Teile des Könemann-Programms zurückgreifen, sagt Tandem-Verleger Herbert Ullmann. Unter der Flaute auf dem Baumarkt leiden auch die Baufachverlage, schreibt Sabine Cronau. Sie informiert in einem längeren Artikel über den verlegerischen Baumarkt. Dag Klimas informiert über Online-Bezahlsysteme. Und Uwe Ebbinghaus stellt Fachwörterbücher vor und weist darauf hin, dass der Bedarf an mehrsprachigen Speziallexika wächst.

In der vergangenen Woche ist außerdem ein Börsenblatt-Spezial zum Thema Religion erschienen.
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