Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
09.02.2004. In dieser Woche: Warum der stationäre Buchhandel um fünf Prozent wuchs und dennoch nicht froh sein kann. Warum Verlage so gern Verlage kopieren. Und welches Buch den Mohns eventuell nicht gefallen wird. Von Sandra Evertz

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Mit einem Plus von 5,2 Prozent (im Vergleich zum Januar 2003) startete das stationäre Sortiment ins neue Jahr. Und nun die schlechte Nachricht: Für die Umsatzsteigerung sorgten, laut Buchreport-Umsatztrend, überwiegend MA-Titel, Tiefpreis-Aktionen und klassischer Ramsch. David Wengenroth warnt in seinem Kommentar vor den Gefahren, die diese Entwicklung mit sich bringt: "Die Billigangebote sind zwar ein probates Mittel angesichts der verbreiteten Geiz-ist-geil-Stimmung, doch ihr massenhaftes Auftreten droht den Lebensnerv der Branche anzugreifen: die Preisbindung." Der vollständige Artikel, "Guter Start gegen den Trend", hier.

Nachdem Weltbild wegen der geplanten Heyne-Übernahme durch Random House eine Klage beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingereicht hat, ist Eile geboten: Der Richter des Kartellsenats hat den Beteiligten eine Frist bis zum 1. März für Stellungnahmen eingeräumt. Hinter den Kulissen versuche der Branchenriese (Random House) in Gesprächen mit Weltbild, die Beschwerde aus der Welt zu schaffen, weiß der Buchreport. Über den Antrag, den Vollzug der Fusion schon vor dem Endurteil per einstweiliger Anordnung zu untersagen, werde - falls Weltbild jetzt nicht zurückzieht - nach dem 1. März voraussichtlich im Schnellverfahren und ohne mündliche Anhörung entschieden. "Für Random House steht dann mehr auf dem Spiel als saftige Anwaltskosten."

Thor Kunkels Roman "Endstufe" soll nach der Rowohlt-Absage in einem anderen Verlag erscheinen. Die Angebote von drei großen Publikumsverlagen liegen auf dem Tisch. Er werde voraussichtlich dieser Tage einen Vertrag unterzeichnen, so Kunkel. Rowohlt-Verleger Alexander Fest hatte das Buch, das von der Porno-Branche im Dritten Reich handelt, kurz vor Toresschluss abgelehnt. In einem Brief an den Autor kritisierte er den "schwelgerischen Amoralismus". Kunkel gab sich in der Öffentlichkeit verständnislos und äußerte gegenüber dem Buchreport seine "bittere Enttäuschung". Die Aufmerksamkeit für sein Buch ist ihm jedenfalls sicherer denn je. (Mittlerweile steht fest, dass "Endstufe" bei Eichborn Berlin erscheint)

Ab April ist die deutsche Feuilletonlandschaft um ein Magazin reicher: "Monopol". Die vom Juno Verlag herausgegebene Zeitschrift soll alle zwei Monate erscheinen, Zielgruppe sind Menschen, die ein Interesse an "zeitgenössischer Kunst und Ästhetik" haben. Die Blattgründer, Florian Illies und Amelie von Heydebreck, konnten den britischen Autor Nick Hornby ("High Fidelity") als Kolumnisten gewinnen. Er wolle regelmäßig über Bücher schreiben, die er in den letzten Wochen gekauft und auch gelesen habe.

Dem im März erscheinenden Roman "Salve Roma!" von Akif Pirincci können Leser im Internet ein alternatives Ende verpassen.

Personalien: Für das Original von "Supergute Tage" (Blessing), seinen ersten Titel, der sich auch an Erwachsene richtet, wurde der britische Kinder- und Jugendbuchautor Mark Haddon mit dem mit 35.000 Euro dotierten Whitbread-Preis ausgezeichnet.

Meldungen: Springer Science+Business Media ging mit Dienstantritt von CEO Derk Haank am 2. Februar offiziell an den Start. Hollywood macht in Literatur: Allein vier der unter den fünf für den Oscar in der Kategorie "Bester Film" nominierten Beiträge wurden nach Romanen gedreht. Und: die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Romane stehen auf der Beliebtheitsskala der Kunden ganz oben. Nach einer vom Börsenverein in Auftrag gegebenen Studie gaben 47 Prozent (von 2000 Befragten) an, Belletristik-Titel zu kaufen (vor fünf Jahren waren's übrigens noch 60 Prozent). Heitere Romane führten das Ranking an, gefolgt von Krimis und Historischen Romanen, berichtet das Börsenblatt. Gedruckte Romane würden lieber als Hörbücher konsumiert, 88 Prozent der Befragten hätten noch nie ein Hörbuch gekauft. Und: Taschenbücher seien ob des Preises deutlich beliebter als Hardcover.

Marken spielen in der Wirtschaft und Gesellschaft eine immer größere Rolle. In der Buchbranche fällt es schwer, Marken zu etablieren, so das Fazit eines Kolloquiums von Marketinexperten. "Verlagen wie auch Buchhandlungen fehlt oft der Mut zum eigenen Profil", kritisierte Georg Rieppel, Vertriebschef bei C.H. Beck. Eine Grundvoraussetzung auf dem langen Weg zur Marke sei die Definition einer klaren Zielgruppe für die eigenen Produkte oder das eigene Sortiment, erläutert das Börsenblatt. Die Kunst liege vor allem in der Beschränkung und der langfristigen Profilpflege.

Ab August 2005 ist die Neue Rechtschreibung verbindlich. Nun berät die Kultusministerkonferenz noch schnell über Änderungen, bevor das modifizierte Regelwerk - frühestens im März - endgültig beschlossen wird. Die Kritik habe sich seit dem Inkrafttreten im August 1998 hauptsächlich auf Teilbereiche der Getrennt- und Zusammenschreibung und auf grammatikalische Sonderfälle bezogen, schreibt das Börsenblatt. Eine grundsätzliche Revision der Regeln sei nicht nötig.

Die jüdische Autorin und Übersetzerin Mirjam Pressler (mehr im Perlentaucher-Archiv) wird mit dem Deutschen Bücherpreis ausgezeichnet. Es freue sie, solch einen wichtigen Preis nicht schon mit 30 Jahren bekommen zu haben, sonst wäre sie vielleicht hochmütig geworden, gab sich Pressler bescheiden im Börsenblatt-Interview. Beim Schreiben sei sie keine Kompromisse eingegangen: "Man muss den Mut haben, abseits der flächendeckenden Medienteppiche Eigenes zu weben, auf dem Eigenen zu bestehen und nicht im Mainstream mitzuschwimmen."

Weitere Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Halleluja! Elke Heidenreich wird am Dienstag in ihrer "Lesen!"-Sendung acht Titel besprechen - welche, hier.

Archiv: Börsenblatt

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Die Verlage gehen in wirtschaftlich schlechten Zeiten auf "Nummer Sicher": Immer häufiger kopieren sie mit ihren Novitäten die Erfolge anderer Häuser. Den Buchhändlern gefalle der Trend nicht, zitiert der Buchreport einen Sortimenter. Man nehme ihn zwar gelassen hin, solange der Umsatz durch die Titel der Kopisten steige. "Ärgerlich ist die Entwicklung, weil die guten Ideen meist von kleinen Verlagen stammen - und die Großen mit ähnlichen Titeln von einer kreativen Lösung profitieren."

Eine Frühjahrs-Neuererscheinung könnte in Gütersloh für besonderen Zündstoff sorgen: Thomas Schulers 280-seitiges Porträt "Die Mohns" (Campus). Bislang strikt Verhülltes solle über die Familie hinter dem Bertelsmann-Konzern sichtbar werden, erzählte der Autor dem Buchreport. Die zentralen Personen hätten Schuler allerdings nicht vorgelassen. "Als Informanten dienten Mitglieder der Familie und des Konzern-Managements." Bis zur Veröffentlichung im März bleibt die Frage, wie viel Brisantes die Informanten wohl an die Öffentlichkeit lassen.

Campus-Chef Thomas Carl Schwoerer sammelt privat Verlegerbiografien und Verlagsgeschichten. Am meisten gelernt habe er aus den Erinnerungen von Fritz Molden ("Der Konkurs") und Bennett Cerf ("At Random"), einer Pleiten- und einer Erfolgsgeschichte, berichtete Schwoerer dem Buchreport. "Ups" and "Downs" hat der Frankfurter im eigenen Haus erlebt: Nachdem 2001 in Folge der Börsenkrise der Markt für Börsenbücher drastisch eingebrochen war, bescherte ihm das Folgejahr mit "Simplify your life" einen Millionenseller und den größten Erfolg der Verlagsgeschichte.

Konservativismus wirft Typograf Gerard Unger deutschen Verlegern vor. Was die Schriften angehe, liege Design-Müdigkeit im Trend. Die Nachlässigkeit vieler Verlage lasse sich möglicherweise durch eine gravierende Lücke in der Leseforschung erklären. Mit typografischem Gespür, so Unger, ließe sich nicht nur der Lesbarkeit der Bücher verbessern. Schriften stifteten auch Identität, sie böten dem Leser die Möglichkeit - etwa durch das Etablieren einer Hausschrift - Verlage zu erkennen.
Stichwörter: Verlagsgeschichte