Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
01.03.2004. Diese Woche lesen Sie: Welche Bücher billiger werden, welche Verlage das härteste Jahr der Nachkriegsgeschichte erlebten, wer Bücher vor dem offiziellen Erscheinungsdatum verkauft. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Leseförderung per Popkultur: Die Leipziger Buchmesse (mehr) will künftig verstärkt junges Publikum erreichen. "Der Bereich, mit dem wir explizit junge Leser ansprechen, macht mittlerweile 25 Prozent unserer Gesamtausstellungsfläche aus", so Messechef Oliver Zille. Mittelfristig peilt er eine sechsstellige Besucherzahl an. Die Buchmesse wandele auf schmalem Grat zwischen Innovationszwang und Konsolidierungsdruck, bemerkt Börsenblatt-Autor Nils Kahlefendt. "Sie wird nicht im bisherigen Takt neue Themenpunkte kreieren und die bereits eingeführten auf gleichem Level halten können."

Ein paar Millionen Euro Umsatz will die Süddeutsche mit der SZ-Bibliothek (siehe auch Buchreport) erwirtschaften. Das berichtete Geschäftsführer Klaus Josef Lutz dem Börsenblatt. "Wir sprechen nicht von einer Größenordnung, die die Ertragslage unseres Konzerns sensationell verbessert." Niemand rechne damit, italienische Verhältnisse auf Deutschland übertragen zu können. Die SZ-Bibliothek sei ein Versuch. Wenn er nicht funktioniere, werde man sich nicht scheuen, das Projekt auch vor der Zeit zu beenden.

Schon Mitte Januar vermutete es der Buchreport, jetzt bestätigt's das Börsenblatt offiziell: Der amtierende Vorsteher des Börsenvereins, Dieter Schormann, stellt sich im Mai doch für eine Wiederwahl zur Verfügung. Mit der Verbandsreform seien politische und wirtschaftliche Aktivitäten deutlicher getrennt worden, erklärte Schormann rückblickend auf seine erste Amtszeit. Das habe sich bereits jetzt positiv auf Transparenz, Effizienz und Eigenverantwortlichkeit ausgewirkt. Von der Idee der Spartenverbände (Verlage auf der einen Seite, Buchhandlungen auf der anderen) hält Schormann nichts: "Dann zerbricht die Schlagkraft bei der Lobbyarbeit."

Zensur auf der Messe findet nicht statt. Das versichert der stellvertretende Direktor der Frankfurter Buchmesse, Holger Ehling, im Börsenblatt und kommentiert damit die letzte Woche öffentlich geäußerte Befürchtung des ägyptischen Literaturnobelpreisträgers Nagib Machfus, der bevorstehende Gastland-Auftritt der arabischen Welt werde eine Propaganda-Veranstaltung staatlicher Organe. Die für den Messeauftritt verantwortliche Kulturorganisation Alesco, in der alle 22 arabischen Staaten vertreten seien, gebe den kritischen Stimmen aus der arabischen Welt Raum, weiß Ehling. Mehr als 150 Autoren würden nach Frankfurt kommen, darunter viele, die im Exil lebten.

Die Online-Plattform Ebay tut's dem stationären Sortiment nach und nimmt jetzt auch Vorbestellungen entgegen. Bücher können, ebenso wie Musik, Filme, DVDs und Computerspiele, vor ihrem offiziellen Erscheinungsdatum über Ebay verkauft werden. "Voraussetzung ist, dass der Verkäufer die Ware bis 30 Tage nach dem Kauf liefern kann", erläutert das Börsenblatt.

Picus-Verleger Alexander Potyka ist neuer Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, des Pendants zum Börsenverein. Sein Vorgänger, Anton C. Hilscher, hatte nach einer Preisbindungs-Affäre, in die er als Mitinhaber einer beteiligten Buchhandlung involviert war, sein Amt niedergelegt. Weitere Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Fischer Taschenbuch und Die Zeit bringen zum 1. März die neue Reihe "Fischer Weltalmanach aktuell" heraus - Analysen, Essays und Reportagen aus der Zeit werden durch Informationen, Daten und Fakten aus der Redaktion des Fischer Weltalmanachs ergänzt. Elmar Krekeler, Leiter der "Literarischen Welt", wird auf der Leipziger Buchmesse mit dem vom Börsenblatt gestifteten Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet. Sieben Millionen Menschen besuchten Mitte Februar die "16th World Book Fair" in Neu-Delhi. Ch. Links kann die unter dem Titel "Fenster zur Welt" herausgebrachte Geschichte des DDR-Velags Volk & Welt nach einem Lizenz-Streit wieder uneingeschränkt ausliefern.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Der Bertelsmann Club wagt sich weiter auf fremdes Terrain vor. Nachdem er zu Beginn des Jahres den Bücher-Bestellservice startete, über den Club-Mitglieder alle auf dem Buchmarkt lieferbaren Titel online oder per Telefon-Hotline zum Ladenpreis ordern können, weitet der Club das Angebot jetzt auf die 214 Club-Filialen aus. Damit stärke Club-Geschäftsführer Rainer Wittenberg seinen wichtigsten Vertriebsweg, schreibt der Buchreport. "Ziel ist es mit Sicherheit aber auch, von den üblichen Rabatten des Buchhandels zu profitieren und so die Verluste des Clubs weiter zu reduzieren."

Harry Potter V verursacht derzeit ein unüberschaubares Chaos am Markt. Die nicht preisgebundene Originalausgabe (Richtpreis: 24,90 Euro) wird bei Amazon und Weltbild beispielsweise für 8,90 Euro verschleudert. Das ärgert besonders den Berlin Verlag, der die englischsprachige Taschenbuchausgabe ab Juni für 12,50 Euro anbieten wird. Das ebenfalls nicht preisgebundene Hörbuch (Richtpreis: 99,95 Euro) gibt's bei Hugendubel schon für die Hälfte. Am dreistesten ging nach Buchreport-Recherchen ("Ich bin doch nicht blöd"-Elektrofachhandel) Media Markt vor: Eine Filiale stempelte einwandfreie Restbestände ihrer Hardcover kurzerhand als Mängelexemplare und verkaufte sie zu Ramschpreisen. Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfells und Carlsen hätten bereits Abmahnungen geschrieben, heißt es.

Der Buchhandel wird in das Konzept der SZ-Bibliothek (siehe auch Börsenblatt) eingebunden. Anders als in Italien sei es in Deutschland rechtswidrig, den Verkauf der Bücher an den Kauf der Zeitung zu koppeln, meldet der Buchreport. Die Reaktionen im Handel seien bisher verhalten, von Euphorie keine Spur. Filialisten wie Thalia, Gondrom oder Habel wollten mitmachen, Hugendubel prüfe noch das Angebot. Auflagenzahlen ließ sich Projektleiter Klaus Josef Lutz nicht entlocken. Man behalte sich vor, die Auflagenplanung je nach Erfolg zu modifizieren. Zwischen 10.000 und 40.000 Euro soll der Süddeutsche Verlag übrigens pro Lizenz geboten haben.

Taschenbücher werden billiger. Im Durchschnitt kosten die insgesamt 563 Neuerscheinungen aus 30 Verlagen im März 2004 1,82 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, hat der Buchreport errechnet. Der Mittelwert bleibe mit 9,19 Euro unter der 10-Euro-Schwelle. Der Taschenbuch-Ausstoß sei um 1,75 Prozent zurückgegangen. Die meisten Novitäten bringe dtv heraus, gefolgt von Goldmann, Bastei Lübbe und Rowohlt.

Für Reiseverlage war 2003 eines der härtesten Jahre der Nachkriegsgeschichte. Der Buchreport beruft sich auf eine Studie des Marktforschungsinstituts GfK, nach der die Reiseführerumsätze vergangenes Jahr um 10 Prozent gesunken sind, die Absätze um 3,5 Prozent. Für den gesamten Buchumsatz gibt die GfK gegenüber 2002 ein Umsatzminus von 4,4 Prozent an.

Personalien: Dr. Doris Janhsen, zurzeit Verlagsleiterin von List und Claassen, wird im September ihren neuen Job bei Droemer als zweite Verlagsleitung neben Beate Kuckertz antreten und hier den Bereich der anspruchsvollen Unterhaltung ausbauen. Thomas Hopfe, Verlagsleiter im Bereich Medizin bei Springer, hat das Unternehmen Ende Februar auf eigenen Wunsch verlassen.

Meldungen: Irland lässt sich die 100. Wiederkehr des fiktiven "Bloomsday" (16. Juni 1904) aus James Joyce "Ulysses" eine Million Euro kosten und feiert seinen berühmten Literaten mit fünfzig Festen. Höhepunkt der Veranstaltungen ist ein "Bloomsday"-Frühstück am 13. Juni, zu dem die Dubliner Stadtverwaltung 10.000 Gäste kostenlos einlädt (mehr). Die Stadt Frankfurt ehrt S. Fischer-Verlegerin Monika Schoeller mit der Goethe-Plakette. Das Geschäftsjahr 2003 schloss Hugendubel nicht, wie der Buchreport in seiner letzten Ausgabe bekannt gab, mit einem Minusumsatz von 3,2 Prozent ab, sondern mit einem Plus von 1,5 Prozent. Und zum Schluss: die Bestsellerlisten.