Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
19.04.2004. Diese Woche lesen Sie: Wann erstmals die "Audiobooks Cologne" eröffnet werden soll. Was aus der Sammlung Luchterhand wird. Warum Verlage und Buchhändler heilige Kühe schlachten müssen.Von Sandra Evertz.

buchreport.express

Das Verhältnis zwischen den Sparten im Börsenverein ist angespannt. Der Buchreport spricht von einem "zunehmend rauen Ton", in dem die brancheninternen Diskussionen derzeit geführt werden. Bei der Plenumsdebatte mit dem recht offenen Thema "Strukturen, Leistungen und Konditionen" könnte es im Rahmen der Buchhändlertage im Mai zu einem offenen Schlagabtausch kommen. So schwelt zwischen den Verlagen und Zwischenbuchhändler Libri seit einiger Zeit ein Streit über die Bezahlung der Bücherlieferungen an das Barsortiment. Kleine Verlage beschweren sich über die "überhöhten Rabattforderungen" der Barsortimente.

Kaum ist das lit.Cologne-Festival zu Ende gegangen, schon haben die Organisatoren einen Schwerpunkt fürs nächste Jahr abgesteckt: Im Schulterschluss mit der koelnmesse soll sich 2005 erstmals der Vorhang zur "Audiobooks Cologne" heben. Man wolle dem Hörbuch mit Live-Auftritten von Autoren und Schauspielern eine neue Bühne bereiten, berichtet Werner Köhler, Mitorganisator der lit.Cologne. "Große Hörbuchverlage sondieren derzeit noch abwartend die Lage", hat der Buchreport erfahren.

Köln oder Leipzig? Im kommenden Frühjahr werden die lit.Cologne und die Buchmesse gleichzeitig stattfinden. David Wengenroth wundert sich im Buchreport über den "unerklärten Wettstreit", der da entbrannt ist. Zwar konkurrieren die Veranstaltungen nicht um dasselbe Publikum, doch sehr wohl um die Aufmerksamkeit der Medien und die Präsenz der Verlagsmitarbeiter.

Die traditionelle Taschenbuchreihe "Sammlung Luchterhand", einst mit ambitionierten Plänen und Namen wie Christa Wolf, Ernst Jandl und Antonio Lobo Antunes im Jahr 2001 wiederbelebt, steht auf der Kippe. Grund dafür ist der Verkauf von Luchterhand an Random House. "Wir hatten und haben zu wenig Rechte, um ein eigenständiges Taschenbuchprogramm aufzubauen", erläuterte Gerald J. Trageiser, Leiter des Luchterhand Literaturverlags, dem Buchreport. Voraussichtlich ab Frühjahr 2005 will Trageiser die Taschenbuchreihe, die sich in Qualität und Cover-Gestaltung von der Masse der Taschenbücher abhebt, als großformatige Paperback-Reihe fortsetzen.

Im Streit zwischen dem Sortimenter-Ausschuss (SoA) des Börsenvereins und dem Bertelsmann Club um Parallelausgaben bemühen sich beiden Seiten um eine Verhandlungslösung. Analog zu den Gesprächen mahlen die Mühlen der Justiz. Über den aktuellen Stand der Dinge sei Stillschweigen vereinbart, sagt SoA-Vorsitzender Rudolph Braun-Elwert. Dem Vernehmen nach, so der Buchreport, herrsche im SoA noch Uneinigkeit über die Reichweite der eigenen Kompromissbereitschaft. Belasten könnte die Gespräche, dass der Club mit zwei weiteren Titeln (Henning Mankell: "Die Rückkehr des Tanzlehrers" und Wolfgang Hohlbein: "Die Blutgräfin") schon wieder die Grenzen des Potsdamer Abkommens austestet.

Personalien: Gabriele Wolff erhält für "Das dritte Zimmer" den Friedrich-Glauser-Krimipreis in der Sparte Roman. Der mit 8000 Euro dotierte Preis der Literaturhäuser geht an Peter Kurzeck, dessen jüngster Roman "Ein Kirschkern im März" soeben im Stroemfeld Verlag erschienen ist.

Meldungen: Weltbild, zu 100 Prozent im Besitz der deutschen Diözesen und der Katholischen Soldatenseelsorge, hat sich die Deutschlandrechte an der Papst-Autobiografie gesichert. Die amerikanischen Krimiautoren Stephen King und Stewart O'Nan wollen bis zum Jahresende ein Buch im Duett schreiben, bei dem Baseball eine wichtige Rolle spielen soll. Rund 60 Jahre nach dem rätselhaften Flugzeugabsturz des "Kleiner Prinz"-Autors Antoine de Saint-Exupery haben Taucher Teile seines Flugzeugwracks vor der Küste von Marseille gefunden. Die kanadische Rocksängerin Alanis Morisette beendet gerade die Arbeit an ihrem ersten Buch, nach eigenen Angaben ein philosophischer Ratgeber. Kritische Bücher zur US-Politik werden zu Dauersellern, allein fünf davon sind unter den Top 40 der Sachbuch-Bestsellerliste des Spiegels. Welche Titel es außerdem diese Woche in die Bestsellerlisten geschafft haben, hier.

Börsenblatt

Zum eigenen Überleben müssen Buchhandlungen und Verlage heilige Kühe schlachten und Altbekanntes über Bord werfen. Das erklärt Unternehmensberater Hartmut Biesel im Börsenblatt und weist auf schrumpfende Märkte und die Neuverteilung der Marktanteile hin. Das Management von morgen sollte, so Biesel, Mut zu unkonventionellen Geschäftsmodellen haben, über die wesentlichen Markt- und Kundeninformationen verfügen und auf Qualität statt auf Masse setzen. Auch wichtig seien fachlich kompetente, motivierte und, was den Einsatzbereich betrifft, flexible Mitarbeiter, die sich mit ihren Unternehmen identifizieren könnten.

Seine Sympathie zur DKP zog in den Siebzigern ein Berufsverbot als Lehrer nach sich. Heute ist Rutger Booß Unternehmer und setzt mit seinem auf Krimis spezialisierten Grafit Verlag rund 2,6 Millionen Euro jährlich um. "Bis ich gelernt habe, mit den kapitalistischen Usancen umzugehen, hat es sicher zwei Jahre gedauert", erzählt Booß freimütig im Börsenblatt-Interview. Nach Jahren des verlegerischen Ausprobierens scheint er mit dem Krimigenre auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. In den Verlagen habe es zwar eine Abkehr von der Gattungsbezeichnung Krimi gegeben, aus Scham, diese werde nicht als "richtige Literatur" anerkannt, beobachtet der Grafit-Chef, dennoch seien gerade Romane mit Spannungselementen seit Jahren auf dem Vormarsch.

Kiepenheuer & Witsch geht, wie angekündigt, mit Maxim Billers "Esra" (mehr) durch alle Gerichte. Nachdem das Oberlandesgericht das von Billers Ex-Freundin und deren Mutter eingeforderte Verbot des Romans bestätigt hat, legen die Kölner Revision beim Bundesgerichtshof ein. Verleger Helge Malchow verspricht sich über den aktuellen Fall hinaus eine grundsätzliche Entscheidung in Sachen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht. "Ich habe den Eindruck, dass die Komplexität der Problematik von der je höheren Instanz deutlicher wahrgenommen wird", sagte Malchow dem Börsenblatt.

Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Ein Literaturfestival als regionales Groß-Event wollen ab dem 21. April 150 süddeutsche Städte und Gemeinden auf die Beine stellen: Sie beteiligen sich zwei Monate lang an den "Literaturlandschaften Bayerns" (mehr). Die Senator Entertainment AG hat Insolvenz angemeldet. Was mit Vito von Eichborns Europa Verlag, ein Senator-Tochterunternehmen, geschieht, ist noch ungewiss. Zeitgenössische Gedichte können im Rahmen eines Projekts der Literaturwerkstatt Berlin mehrsprachig online gelesen und gehört werden.
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