Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
17.08.2004. In dieser Woche lesen Sie: Wie Suhrkamp die Medienhäme verkraftet hat. Wo man online einen Blick ins Buch werfen kann. Warum Buchhandlungen in Mittelstädten immer größer werden. Von Sandra Evertz.

BuchMarkt

Suhrkamp will sich mit neuem Personal wieder voll auf sein Programm konzentrieren. Die Medienhäme über den Untergang des Hauses habe niemanden von der Belegschaft unberührt gelassen, erzählte Georg Rieppel, einer der Suhrkamp-Geschäftsführer, im Gespräch mit dem BuchMarkt. Von der Aufgeregtheit, der Nervosität des letzten Jahres sei aber so gut wie nichts mehr zu spüren. In der Verringerung der Titelanzahl und einer Optimierung der Kooperation von Programm und Vertrieb sehen Rieppel und sein Geschäftsführer-Kollege Rainer Weiss vorrangige Aufgaben für die Zukunft. Um die große Backlist zu finanzieren, sagte Rieppel, benötige Suhrkamp dringend Titel wie "Der Schatten des Windes", der dem Verlag 2003 ein gutes Jahr beschert hätte.

Der Konkurrenz immer ein paar Schritte voraus sein - bisher hat das für Google recht gut funktioniert. Neuester Coup der Googleianer: die Entwicklung einer Suchmaschine für Bücher. Derzeit steckt das Projekt, genannt "Google Print", in der Testphase. Das Angebot, so der BuchMarkt, soll dem Nutzer Informationen, die es nicht im Internet, aber in Buch-, Zeitschriften- oder Zeitungsform gibt, nahe bringen. Google habe mit einer Vielzahl von Verlagen ausprobiert, wie man deren Content online abbilden könne. 60.000 durchweg englische Titel seien bereits auf Testseiten eingespeist worden, heißt es. "Google Print" könnte zum zweiten VlB des Web werden, prophezeit der BuchMarkt. Erste Informationen (auf Englisch) hier.

BuchMarkt-Kolumnist Heinz Gollhardt beschäftigt sich diesmal mit Buchwerbung. Das Produkt Buch werde von den Medien wohlwollend behandelt, ist sich Gollhardt sicher. Ein Branchenmarketing existiere bereits teilweise, die Buchmacher müssten es nur systematischer nutzen. Dazu gehöre ein koordinierendes Konzept und der lückenlose Überblick aller Angebote.

Personalien: Dr. Stephan Meyer, Lektor bei C.H. Beck, wird spätestens zum Jahresanfang Programmleiter Sachbuch bei der DVA. Er folgt auf Michael Neher, der sich zu Ullstein / Propyläen verändert hat.

Meldungen: Ab 1. Januar 2005 werden die S. Fischer Verlage keine neuen Bücher mehr unter dem Label Argon veröffentlichen.
Archiv: BuchMarkt

buchreport.express

Eine "Flächenexplosion" von Buchhandlungen sieht der Buchreport nicht mehr nur in Groß-, sondern auch in Mittelstädten (60.000 bis 150.000 Einwohner). Grund dafür sei, dass Filialisten, in Großstädten an ihre Grenzen gestoßen, zunehmend in Mittelstädten expandierten. Als Reaktion darauf vergrößerten die Platzhirsche ihre Buchhandlungen, um ihr Revier zu verteidigen. Die Vorteile von Mittelstädten laut Kemper's, Düsseldorfer Fachmann für Einzelhandelsimmobilien: Mittelstädte verfügen oftmals noch über eine gut funktionierende Einzelhandelsstruktur, üben eine hohe Anziehungskraft auf Konsumenten im Einzugsgebiet aus und können auf einen überdurchschnittlichen Umsatz pro Kopf der Bevölkerung bauen.

Irritiert haben viele Antiquare die vergangene Woche veröffentlichten Umfrageergebnisse über die Befindlichkeit ihrer Sparte (siehe Perlentaucher-Archiv). Von einem "Umsatzplus von 2,6 Prozent im ersten Quartal 2004" und einer "stabilen Käuferschicht" war in der vom Börsenverein finanzierten Erhebung des Instituts für Handelsforschung die Rede. "Viele der insgesamt 1.200 Antiquariate sind anderer Meinung, was Stimmung und Umsatzentwicklung angeht", berichtet der Buchreport. Tatsächlich sollen an der Umfrage nur 40 Antiquariate teilgenommen haben, die Umsätze von Messen und Auktionen seien teils nicht berücksichtigt worden.

Die Onlinehändler Buecher.de und Booxtra.de verbessern ihren Service. Nach dem Vorbild von Konkurrent Amazon.com bieten die Weltbild-Töchter bei 30.000 Sach- und Fachbüchern einen "Blick ins Buch" an: eine Einsicht in Titelblätter, Inhaltsverzeichnisse, Register und Vorworte. "Bis Jahresende soll das Angebot auf 50.000 Titel und fortan auch auf andere Genres ausgeweitet werden", meldet der Buchreport. Der Erfolg der Suchfunktion des Vorreiters verspricht eine lohnende Investition: In den ersten Tagen nach dem Start von "Search Inside the Book" bei Amazon.de im Oktober 2003 stieg der Umsatz mit den entsprechenden Titeln um neun Prozent.

Personalien: Der Journalist und Rowohlt-Autor Wieland Freund erhält den mit 5.000 Euro dotierten Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Literatur.

Meldungen: An der Spitze des Rankings "Die 100 größten Medienunternehmen", ermittelt von der Branchenzeitschrift Horizont, steht nach wie vor die Bertelsmann AG (Umsatz in 2003: ca. 16,8 Mrd. Euro), gefolgt von der Axel Springer AG (2,44 Mrd. Euro) und der WAZ Mediengruppe (1,95 Mrd. Euro). Peter Handke und Tad Williams sind mit ihren aktuellen schöngeistigen Titeln in die Spiegel-Bestsellerliste eingetreten. Was sich sonst unter "den Besten" getan hat, hier.

Börsenblatt

Die Rechtschreibreform ist das Thema der Branche. Während viele Buchhändler "nur" befürchteten, auf der gerade im Wareneingang liegenden Neuauflage des Dudens sitzen zu bleiben, sich aber, wie die Literaturverleger, weitestgehend in Gelassenheit übten, so das Börsenblatt, spreche die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (mehr), für den Fall der Rücknahme der Reform, von einer "ernsthaften Gefährdung der Substanz" kleiner und mittelständischer Kinder- und Jugendbuchverlage. Ebenso mies dran wären die Schulbuchverlage. Der VdS Bildungsmedien (mehr) hat, würde die alte Rechtschreibung wieder eingeführt, für die dann unbrauchbaren - rund 10.000 - Titel einen Gesamtverlust von 250 Millionen Euro ausgerechnet. Letzte Woche griff die Reformdebatte auch auf Österreich über. Hierzu ein Artikel im Onlinedienst des Börsenblatts.

Der Bertelsmann Club macht Druck auf seine Partner im stationären Geschäft. Im Börsenblatt-Interview betonte Dirk Heß, Geschäftsleitungsmitglied des Clubs, dass man keine generelle Kürzung der Gewinnbeteiligung vornehmen werde. Vielmehr wolle man Provisionen leistungsorientierter verteilen. Trotz allgemeiner Kaufzurückhaltung bei den Kunden möchte die Clubleitung die Partner am liebsten noch mehr unternehmerisch denkend und wachsen sehen. "Für Wachstum gibt es, gemessen an den jetzigen Ausschöpfungsquoten pro Standort, erhebliche Potenziale", versprüht Heß Optimismus.

Merklich angetan von seinem Gegenüber war Franz Josef Görtz bei einem Interview des Malers und Illustrators Michael Sowa, dem FAZ-Redakteur Görtz im Börsenblatt ein mehrseitiges Porträt widmet. "Der 59-Jährige ist eine ehrliche Haut, offen und ohne Allüren", schwärmt der Journalist. Aufrichtig froh sei Sowa gewesen, während des Besuchs "seine Arbeit nach drei höflichen Sätzen wieder aufnehmen zu können, als wäre außer ihm niemand im Zimmer". Die Tiere, mit denen der Künstler gern "Tragödien und Komödien der landläufigen Lebenswelt in Szene setzt", hat Görtz in allen Ecken und Winkeln des Sowa-Ateliers, in mildes Theaterlicht getaucht, als Skulpturen wiederentdeckt.

Meldungen: Die Frankfurter Buchmesse gibt Literaturagenten in diesem Jahr mit einer deutlich erhöhten Zahl von Arbeitsplätzen (insgesamt 320) mehr Raum für den Lizenzhandel - alle Plätze sind bereits ausgebucht. Der Internetbuchhändler Buch.de hat mit seinen Online-Auftritten in Deutschland, Österreich und der Schweiz im ersten Halbjahr 2004 17 Millionen Euro umgesetzt und rechnet mit einer positiven Jahresbilanz. Das ZDF lässt - mit zusätzlich eingestellten 20 studentischen Hilfskräften - weiterhin die bis zum 6. August eingegangenen über 160.000 Stimmen zur Wahl des "Lieblingsbuchs der Deutschen" auszählen; das Ergebnis soll am 1. Oktober via Fernsehshow präsentiert werden. Das Bundeskartellamt hat Gruner + Jahr untersagt, die Lizenz zur Herausgabe der deutschsprachigen Ausgabe des National Geographic zu erwerben.
Archiv: Börsenblatt