Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
30.08.2004. Diese Woche lesen Sie: Wie Amazon der Buchpreisbindung ein Schnippchen schlägt. Warum Bilderbuch-Illustratoren heute auf mehreren Hochzeiten tanzen müssen. Was das neue Urheberrecht bestimmt.Wie sich der Fachbuchhandel für Jura konzentriert. Warum immer weniger Buchhandlungen ausbilden. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Dass Amazon nichts unversucht lässt, die Preisbindung zu umgehen, dafür auch Klagen in Kauf nimmt und vor Gericht zuweilen verliert, darüber wurde schon viel berichtet. Der Online-Riese lernt seine Lektionen, denn den neuesten Coup kann auch die Rechtsabteilung des Börsenvereins preisbindungsrechtlich nicht beanstanden: In den Genuss der neuen Rabattaktion des Versandbuchhändlers kommen nämlich nur Endabnehmer mit Lieferadresse außerhalb Deutschlands: Ihnen wird bei Einkäufen über Amazon.de fünf Prozent Nachlass auf alle Bücher gewährt.

Die mehr als 1.000 Bilderbuch-Illustratoren auf dem deutschsprachigen Markt müssen heutzutage auf mehreren Hochzeiten tanzen - das "Thema der Woche" im Börsenblatt. Mit dem Rückgang der durchschnittlichen Auflagenhöhe bei Bilderbüchern - von 7.000 Exemplaren vor fünf Jahren auf etwa 4.000 - fallen Vorschüsse und Honorare geringer aus. "Die meisten Illustratoren leben auch von Illustrationen fürs Schulbuch", schreibt das Börsenblatt. Die Aufträge seien zwar in den Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkter, aber rascher zu bewältigen und es gebe Pauschalhonorare. Während Bilderbuch-Illustratoren früher oft exklusiv für einen Verlag gearbeitet hätten, seien heute feste Beziehungen zu vielen Verlagen angesagt.

Nach einer einjährigen Vorbereitungsfrist wird am 1. September das neue Urheberrecht (hier die Paragrafen) wirksam. Weiterhin liegt das Recht zu bestimmen, ob und auf welche Weise jemand seinen Text, seine Grafik oder sein Bild nutzen darf, grundsätzlich beim Urheber, erklärt Medienanwalt Martin Schippan im Börsenblatt. Neu ist die öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung (§ 52a). Und: Nach § 95b können so genannte Schrankenbegünstigte - Bibliotheken, Hochschulen oder auch der einzelne Endverbraucher - von Verlagen, welche Kopierschutzmechanismen verwenden, unter bestimmten Voraussetzungen eine Herausgabe der Zugangscodes erzwingen.

Das Börsenblatt hat sich über die letzte Woche im Buchreport veröffentlichte Liste (siehe Archiv) mit den 50 bestplatzierten Titeln der Abstimmung "Unsere Besten - Das große Lesen" gewundert und beim ZDF nachrecherchiert. Der Sender bezeichnete die Liste als eine "interessante Spekulation", allerdings handele es sich dabei nicht um eine offizielle Version. Sieht so aus, als bringe erst die ZDF-Fernsehshow in vier Wochen die Auflösung, welches das "Lieblingsbuch der Deutschen" ist.

Erstmalig wird auf der Frankfurter Buchmesse der "Sondermann" verliehen, ein Publikumspreis für Comics. Ende August werden, unter anderem auf den Internetseiten der Buchmesse, die nominierten Titel bekannt gegeben. Die Nominierungen beim Zeichner-Nachwuchs stehen bereits fest: Naomi Fearn ("Zuckerfisch", Stuttgarter Zeitung), Robert Labs "Crewman3", Carlsen), Mawil ("Die Band", Reprodukt), Judith Park ("Dystopia", Carlsen) und Joscha Sauer ("Nichtlustig", Carlsen).

Meldungen: Im Handelsblatt-Ranking der "100 größten deutschen Unternehmen" taucht Bertelsmann als einziger der Buchbranche zugehöriger Konzern auf (Platz 24, Vorjahr: Platz 25). Ein Drittel der Internet-Nutzer besucht Zeitschriften und Zeitungen regelmäßig online, so das Ergebnis einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts Marketagent.com, 76 Prozent der Befragten sahen darin keine Bedrohung der gedruckten Ausgaben. Die Verleger und Schriftsteller Egon Amman, Elfriede Jelinek und Günter Kunert gehören einem in München gegründeten unabhängigen Rat an, der sich für die Rücknahme der deutschen Rechtschreibreform engagiert, Ehrenmitglieder des Rats sind Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass und Marcel Reich-Ranicki.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

"Die Konzentration erfasst den Jura-Fachbuchhandel", titelt der Buchreport. Der Carl Heymanns Verlag trennt sich von seinen neun juristischen Fachbuchhandlungen, mit denen er 1999 ins Rennen gegangen war. "Das bedeutet nicht nur einen Strategiewechsel für die Kölner", erkennt der Buchreport, "sondern ist zugleich auch ein Machtzuwachs für Branchenführer C.H. Beck mit seiner Schweitzer-Filialkette." Bisher sei der juristische Fachbuchhandel von Schweitzer (100 Mio. Euro), Sack (32,5 Mio. Euro) und Heymanns (20,9 Mio. Euro) dominiert worden. Schweitzer soll dem Vernehmen nach vier der ehemaligen Heymanns-Buchhandlungen übernehmen. Das Bundeskartellamt muss noch zustimmen. Warum Heymanns sich wieder auf seine verlegerischen Kernkompetenzen konzentrieren will, hier.

Der Verband der Literaturübersetzer, VdÜ (mehr), verhandelt über eine bessere Vergütung für seine mehr als 1.000 Mitglieder mehrgleisig. Während das Mediationsverfahren beim Bundesjustizministerium (siehe Archiv) noch aussteht, spricht die Interessenvertretung der Übersetzer derzeit mit Random House, Gespräche mit Holtzbrinck und ein paar kleinen und mittleren Verlagen folgen. "Sollte man sich mit diesen Verlagen einig werden, könnte das eine Wirkung für die gesamte Branche haben", erläuterte VdÜ-Vorstandsmitglied Gerlinde Schermer-Rauwolf dem Buchreport die Strategie.

Immer weniger Jugendliche werden Buchhändler. Der drastische Rückgang von Ausbildungsplätzen im Buchhandel gefährde sogar die Existenz mehrerer Bezirksfachklassen, berichtet der Buchreport. Auf der einen Seite wollten sich auf Grund der schlechten konjunkturellen Lage immer weniger Buchhändler an die Kosten einer Ausbildung binden, vermutet Peter Engelhardt, Referent für Aus- und Fortbildung beim Börsenverein NRW, außerdem werde es schwieriger, qualifizierte Auszubildende zu finden. Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse (Buchhändler) sank von 3.299 im Jahr 1992 auf 2.328 im vergangenen Jahr.

Der Durchschnittspreis für Taschenbuch-Romane kratzt an der Zehn-Euro-Marke. Im September steigen die Preise um 14,2 Prozent (im Vergleich zum Vorjahresmonat) auf 9,49 Euro. Die Zahl der Novitäten sinkt im gleichen Zeitraum von 342 auf 318. Bei den Taschenbuch-Sachtiteln bietet sich das umgekehrte Bild: Der Durchschnittspreis sinkt im September um zwölf Prozent (verglichen mit September 2003) auf 8,87 Euro, und die Sparte hat mit 268 Neuerscheinungen einen Rekord innerhalb der letzten fünf Jahre erreicht (plus 59,52 Prozent gegenüber den Sachbuch-Novitäten des Vorjahresmonats). Die meisten Taschenbücher, 48 Titel, bringt im kommenden Monat Rowohlt/Wunderlich heraus.

Mit dem "Jahrbuch der Lyrik" ist kein schneller Euro zu verdienen. Dennoch griff S. Fischer sofort zu, als es eine neue verlegerische Heimat suchte. "Das 'Jahrbuch' ist die wichtigste Publikation im Bereich der deutschen Lyrik, und wir können es uns leisten", sagte S. Fischer-Lektorin Petra Gropp selbstbewusst dem Buchreport. "Jahrbuch"-Herausgeber Christoph Buchwald freut sich über die idealen Voraussetzungen, die S. Fischer durch seine "große lyrische Tradition" und den "hervorragenden Vertrieb" bietet. Die letzten fünf Jahre war das Jahrbuch beim C.H. Beck Verlag erschienen.

Meldungen: Amazon-Unternehmenssprecherin Christine Höger widersprach letzte Woche auf Anfrage des Buchreports jeglichen sich um Amazon.de und Amazon.fr rankenden Liquidationsgerüchten. DTV bietet laut "Publikumsverlage im Internet", einer Studie der Hamburger Unternehmenberatung Heinold, Spiller & Partner, mit seinem Internetauftritt den besten Service für Branchenkunden, dahinter rangieren Diogenes und der Random House Verlag auf den Plätzen zwei und drei. Die sechs aktuellen Neuzugänge der Spiegel Bestsellerliste HC Belletristik (mehr) zeugen von der anhaltenden Begeisterung des deutschen Lesepublikums für Krimis aus Amerika und Skandinavien.