Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
27.09.2004. Diese Woche lesen Sie: Warum der Börsenverein die Buchmesse nicht verkaufen darf. Wie der Bertelsmann Club das Potsdamer Abkommen sabotiert. Von Sandra Evertz.

buchreport.express

Hart geht der Buchreport in seiner Titel-Geschichte mit dem Börsenverein ins Gericht. Die jüngsten Schlagzeilen - Personalentscheidung um den Buchmessedirektor, Gerüchte über einen Verkauf der Buchmesse, das Ende des "Deutschen Bücherpreises" - sorgten für den Eindruck, aus dem einst hehren Verein sei eine mafiöse Mördergrube geworden, schreibt das Branchenmagazin. Zu diesem öffentlichen Bild passe die Verfassung, in der sich der Verband seit geraumer Zeit nach innen darstelle. Eine "radikale Lösung mit schmerzhaften Folgen" erachtet der Buchreport für eine Profilschärfung des Börsenvereins als notwendig. Zuallererst solle er den Abbau des verdienstvollen, aber wenig effektiven Ehrenamtes forcieren und stattdessen die professionelle Führung wesentlich verstärken.

Verdächtig still war es seit Wochen um den Bertelsmann Club und seine aggressiven Geschäftsgebahren. Nachdem sich die Buchgemeinschaft und der Sortimenterausschuss des Börsenvereins mit "Hängen und Würgen" (Buchreport) auf neue Kritierien zum Potsdamer Abkommen geeinigt hatten, erfolgte letzten Montag der neueste Vorstoß in Form einer vierfarbigen 1/1-Anzeige im Spiegel. Darin werben die Bertelsmänner mit "Bestseller schon ein Jahr vor dem Buchhandel" für ihr Angebot. "Eine Ohrfeige für das stationäre Sortiment", kommentiert der Buchreport.

Nach dem Abgang des erfolglosen "Deutschen Bücherpreises" auf der Leipziger Buchmesse und vor dessen Wiedergeburt in Gestalt des "Deutschen Buchpreises" auf der Frankfurter Buchmesse im kommenden Jahr, gehen die Leipziger in Offensive: Ohne Beteiligung des Börsenvereins verleihen sie am 17. März 2005 - und danach jährlich - den 45.000 Euro schweren "Preis der Leipziger Buchmesse". Das Preisgeld, das zu gleichen Teilen in den Kategorien "Belletristik", "Sachbuch und Essayistik" sowie "Übersetzungen" vergeben wird, bringen die Stadt Leipzig, der Freistaat Sachsen und das Literarische Colloquium Berlin auf.

Den erhofften Durchbruch in der Frage nach der Vergütung belletristischer Autoren hat es nach einem Verhandlungsmarathon im Bundesjustizministerium nicht gegeben. Einzig bei der Beteiligung an der Taschenbuch-Verwertung konnten die Vertreter des Verbands deutscher Schriftsteller und der Verlage eine Einigung erzielen. "Demnach erhalten Autoren für Bücher bis zu einer Auflage von 20.000 Exemplaren fünf Prozent, bis 40.000 Exemplaren sechs Prozent, bis 100.000 Exemplaren sieben Prozent und darüber hinaus acht Prozent des Nettoladenpreises", erklärt Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang im Buchreport. Strittig bleibt die Honorierung von Hardcovern.

Personalien: Andreas Siefke ist ab dem 1. Oktober neben Manfred Bissinger und Dr. Kai Laakmann Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlags. Der amerikanische Science-Fiction-Autor Tad Williams wird für die "Otherland"-Reihe (Klett-Cotta) mit dem ersten "Corine-Futurepreis" ausgezeichnet. Ralf Rothmann bekommt für seinen Roman "Junges Licht" (Suhrkamp) den mit 25.000 Euro dotierten Wilhelm-Raabe-Literaturpreis - er habe eine in Deutschland einmalige soziale Feinzeichnung erstellt, heißt es in der Begründung der Jury.

Meldungen: Reclam Leipzig setzt künftig auf Hardcover. Nach den Autorenprotesten gegen den "Austro-Koffer" hat sich der Ueberreuther Verlag gegen die Herausgabe entschieden. Drei Titel platzieren sich dank der zehnten Ausgabe des "Lesen!"-Magazins in den Top 50 der Spiegel-Bestsellerlisten - verglichen mit früheren Sendungen eine "eher magere Bilanz".

Börsenblatt

Spekulationen des Börsenblatts, der Börsenverein wolle sich von seinem erfolgreichen Tochterunternehmen Frankfurter Buchmesse trennen, verhandle gar schon mit der Frankfurter Messe GmbH, wies der Aufsichtsratsvorsitzende des Börsenvereins, Joachim Treeck, energisch zurück. Dazu habe der Verein überhaupt keine Veranlassung, sagte er.

In einem offenen Brief an Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann kritisiert Buchhändler Heinrich Riethmüller die Informationspolitik des Aufsichtsrats in Bezug auf die Personalie Volker Neumann (siehe auch Perlentaucher-Archiv).

Der Schaden, den der Großbrand in der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek angerichtet hat, ist schlimmer, als bisher angenommen: Zehn Prozent des Gesamtbestands der Bibliothek haben, laut Stiftung Weimarer Klassik, Schaden genommen. 62.000 Bücher konnten mit zum Teil schweren Wasser- und Brandschäden gerettet werden, etwa 28.000 Bände überstanden das Feuer unversehrt. Neben dem Sachschaden beklagt Bibliotheksdirektor Michael Knoche im Börsenblatt vor allem den "Verlust, den Zahlen nicht angemessen beschreiben können". Ein Teil des kulturellen Gedächtnisses sei verloren gegangen.

Wenn es nach dem Willen des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums geht, dann sollten Hochschullehrer gesetzlich verpflichtet werden, die Ergebnisse ihrer Forschungen zunächst der Universität zur Veröffentlichung anzubieten. Den Wissenschaftsverlagen würden damit noch nicht absehbare Verluste drohen - der "Aufreger der Woche" im Börsenblatt. Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang hält den Vorschlag nach einer ersten Einschätzung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Nach der Süddeutschen Zeitung und Bild bringt nun auch Die Zeit eine große Buch-Edition heraus: In Zusammenarbeit mit dem Bibliographischen Institut (B. I.) produziert sie ein 20-bändiges "Zeit-Lexikon", das von Anfang November bis Ende März 2005 im Buchhandel gekauft sowie im Abonnement bezogen werden kann. Kosten soll das Lexikonpaket 300 Euro, für Zeit-Abonnenten 50 Euro weniger. B. I.-Vorstandssprecher Alexander Bob rechnet mit einem Verhältnis von 2:1 zwischen Buchhandels- und Abonnentenbestellungen.

Zwar wird noch einige Zeit bis zum Start (wahrscheinlich Herbst 2005) ins Land gehen, doch die Planung einer Kinderbibliothek der Süddeutschen Zeitung nimmt konkrete Formen an: 50 Bände soll die Reihe umfassen, der Schwerpunkt bei Texten des 20. Jahrhunderts liegen. Als Herausgeberin konnte SZ-Redakteurin Roswitha Budeus-Budde gewonnen werden. Mehr als 30 Kinder- und Jugendbuchverlage sind bereit, Lizenzen für die Aktion zur Verfügung zu stellen, ergibt eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen.

Billig-Buchausgaben richten mehr Schaden als sie nutzen, meint der ehemalige Hoffmann und Campe-Geschäftsführer und designierte Leiter des Literaturhauses Hamburg, Rainer Moritz. Hier sein Kommentar.

Meldungen: Die Titelliste der "Bild-Bestseller-Bibliothek" liegt vor (mehr). Amazon, weltweit größter Internet-Buchhändler, steigt mit Ableger Nummer 6 - nach Großbritannien, Kanada, Deutschland, Frankreich und Japan - ins prosperierende China-Geschäft ein. Der schweizerische Manesse Verlag und das Hörbuch-Label des Eichborn Verlags kooperieren: Unter dem Titel "Manesse bei Eichborn Lido" sollen pro Jahr mindestens drei Klassiker vertont werden. "Nur" 1,28 Millionen Menschen sahen die letzte "Lesen!"-Ausgabe am Dienstag (vergangenes Jahr lockte Bücherfee Elke Heidenreich noch 2,46 Millionen Interessierte vor die Bildschirme), das ZDF stellt das Format jedoch nicht in Frage.
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