Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
16.11.2004. In dieser Woche: Warum Elfriede Jelinek bei ihrer eigenen Party im Abseits stehen wird. Wie chinesische Raubkopierer die deutschen Verlage ärgern. Und wie der Brockhaus auf die neuen Billig-Lexika reagiert.

Börsenblatt

Braucht die Branche eigentlich noch Vertreter? Keinesfalls für Bestellungen, meint die britische Buchkette Waterstones (196 Filialen), die Aufträge künftig - unabhängig vom Vertreterbesuch - elektronisch erteilt und sich davon mehr Effizienz im Einkauf verspricht. Die vom Börsenblatt befragten Verlagsmitarbeiter hielten den Vorstoß der Briten allesamt nicht für sinnvoll. Besonders für kleinere Verlage, so das Ergebnis der Umfrage, ist das Vertretergespräch wichtig für die Kalkulation.

Im Konflikt um die angemessene Vergütung von Belletristikautoren hat das Bundesjustizministerium (BMJ) ein Kompromisspapier vorgelegt. "Richtwert bei Hardcoverausgaben ist danach ein Honorar von zehn Prozent pro verkauftem Exemplar", erläutert das Börsenblatt. Der Verlag könne in begründeten Fällen eine Beteiligung von acht bis zehn Prozent vereinbaren, etwa bei einem Erstlingswerk. Über den Vorschlag des BMJ wird im Januar die AG Publikumsverlage im Börsenverein diskutieren. Letztlich entscheiden allerdings die Verlage selbst, ob sie das Regelwerk unterzeichnen.

Das Sortiment bleibt nach der Wiederwahl von George W. Bush auf Sachbüchern, die sich mit US-amerikanischer Politik und den Präsidentschaftskandidaten beschäftigen, sitzen. "Die Sache ist abgefeiert", "Da tut sich überhaupt nichts mehr" oder "Es herrscht im Augenblick eine gewisse Amerika-Müdigkeit", teilten Buchhändler auf Anfrage des Börsenblatts mit. Die "Kerry"-Titel von Verlagen wie Campus, Herbig, Droemer Knaur und Rowohlt werden nun nicht mehr - wie vorbereitet - nachgedruckt.

Rainer Moritz, bis vor kurzem Verlagsleiter bei Hoffmann & Campe, beschreibt auf der Meinungsseite "den Tag, an dem Bob Dylan kam".

Chinesische Raubkopierer, gerüchteweise Studenten, verhageln deutschen Verlagen das Export- und Lizenzgeschäft. "Vor allem Architektur- und Designverlage leiden darunter, dass ihre hochpreisigen englischsprachigen Novitäten eingescannt und als Billigversion in Umlauf gebracht werden", schreibt das Börsenblatt. Die Folgen der Buch-Piraterie: Chinesische Buchhandlungen stornieren ihre Bestellungen für die englischen Titel, Lizenzverträge für chinesische Ausgaben platzen. Die hiesigen Verlage müssen nun befürchten, dass die kopierten Bücher auch nach Europa gelangen.

Personalien: Laurent Gaude hat für seinen Roman "Le Soleil des Scorta" den renommierten französischen Literaturpreis Prix Goncourt erhalten.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Ob die beiden für diese Woche angekündigten Billig-Lexika nur verbrannte Erde hinterlassen, fragt sich der Buchreport in seiner Titel-Geschichte. Mit Dumpingpreisen steigt neben der Wochenzeitung Die Zeit (mit einer 20-bändigen Lexikon-Edition, 245 Euro) der Bertelsmann Club (24-bändige Lexikon-Taschenbuchausgabe, 49,95 Euro für Clubmitglieder sowie 69,95 Euro für Nicht-Mitglieder) in den Verkaufsring. Die Niedrigstpreis-Angebote erscheinen zu einem Zeitpunkt, da elektronische Enzyklopädien - die noch weniger kosten - an Bedeutung gewinnen und viele Informationen gar kostenlos bei verschiedenen Online-Lexika zu finden sind. Mutig erscheint es dem Buchreport, dass Brockhaus unter diesen Voraussetzungen zu seinem 150-jährigen Bestehen eine neu editierte Ausgabe in 30 Bänden herausbringen will. Kostenfaktor: kaum unter 3000 Euro. Mehr Informationen zum Thema.

Der Buchreport hat sich die Bestsellerlisten der Monate Januar bis Oktober vorgenommen und eine erste Bilanz nach der Heyne-Übernahme durch Random House gezogen: Random House rangiert auf den Listen mit 61 Titeln vor Holtzbrinck (59 Titel), das heißt, die beiden Verlagshäuser liegen kaum nennenswert auseinander. Weiter abgeschlagen nimmt Bonnier (31 Titel) den dritten Platz ein. "Das Motto ist 'Business as usual'. Die befürchtete Monokultur auf dem Taschenbuchmarkt zeichnet sich bislang nicht ab", kommentiert das Branchenmagazin.

Bei den ersten ARD-Hörspieltagen feierte WDR-Intendant Fritz Pleitgen die "wachsende Akzeptanz des Hörspiels, nicht zuletzt unter jungen Leuten". Die Hörbuchverlage blasen in ein anderes Horn: Das Hörpublikum favorisiere nach wie vor Lesungen, Ausnahmen bildeten Hörspiele mit Serien-Charakter ("Drei Fragezeichen", "John Sinclair"), hat der Buchreport von den Verlagen erfahren. Für sie sind Hörspiele auch weniger lukrativ: Die Produktion ist weitaus teurer als die einer Lesung.

Elfriede Jelinek hat ihre Rede zur Verleihung des Literaturnobelpreises fertig - auf Video aufgezeichnet. Die Videobotschaft solle wegen Jelineks Klaustrophobie am 10. Dezember in Abwesenheit der Schriftstellerin über eine Großleinwand in Stockholm ausgestrahlt werden, berichtet der Buchreport. Es handele sich um keine dezidiert gesellschaftspolitische Rede, vielmehr beschäftige sich Jelinek mit der Existenz ihrer Berufsgenossen. "Es geht darum, dass man als Autor immer draußen, nicht drinnen ist. Weil man nicht leben kannn, muss man schreiben", hat die Literaturnobelpreisträgerin dem österreichischen Nachrichtenmagazin News dazu kürzlich erkärt. Ihre Rede trägt den Titel "Im Abseits".

Wer bei Internetauktionen den Artikel eines gewerblichen Anbieters ersteigert, hat in Zukunft ein zweiwöchiges Widerrufsrecht. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem verbraucherfreundlichen Gesamturteil. Die von Buchreport befragten Profi-Buchhändler auf Ebay reagierten auf die veränderte Rechtslage "gelassen" und erwarten für ihr Auktionsgeschäft "keine großen Veränderungen". Sie schätzen, dass bei vergleichsweise preiswerten Artikeln wie Büchern die Rücksendewünsche im Rahmen bleiben werden.

Personalien: Verleger Michael Klett zieht sich am 1. Januar 2006 aus dem operativen Geschäft zurück, Uwe Brinkmann wird sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Ernst Klett AG. Dr. Bernward Malaka, einer der Geschäftsführer der Egmont Vgs Verlagsgesellschaft, verlässt das Unternehmen.

Meldungen: Maarten 't Hart ist diese Woche mit seinem Roman "In unnütz toller Wut" (Piper) höchster Neueinsteiger in der Spiegel-Bestenliste / Belletristik, das Dutroux-Opfer Sabine Dardenne erscheint mit ihrem Gedächtnisprotokoll "Ihm in die Augen sehen" (Droemer) als einzige neu in der Bestenliste / Sachbuch.