Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
13.06.2005. In dieser Woche: Warum es in diesem Herbst keine Megaseller geben wird. Und unter welchen Bedingungen katalanische Autoren als solche gelten sollen. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Nach Durchsicht der Verlagsvorschauen glaubt der Buchreport, dass der Buchhandel in diesem Jahr nicht mit Megasellern - wie Dan Brown im letzten Herbst- und Weihnachtsgeschäft - rechnen kann. Gleichwohl ist ihm die Konzentration auf wenige Spitzentitel aufgefallen, wobei die Schwergewichte wieder aus der Spannungsliteratur kommen. Risikominimierung werde groß geschrieben, auf Lizenzen von Titeln gesetzt, die in ihrer Heimat bereits erfolgreich waren, so ein Ergebnis der Vorschau-Analyse. "Dank" der Billigbücher trauen die Verlage sich nicht, die 20-Euro-Barriere zu durchbrechen: Der Durchschnittspreis der gesichteten Hardcover lag bei 19,79 Euro.

Der Buchreport sorgt sich um den Marktführer im Bereich Modernes Antiquariat, Zanolli. Die Kölner hätten sich wohl mit ihrem schnellen Wachstum übernommen, meint das Branchenmagazin. Die Übernahme des Karl Müller Verlags und die Eröffnung eines 35.000 Quadratmeter großen Lagers (entspricht fünf Fußballfeldern) im Herbst 2004 könnten Zanolli den Rest gegeben haben, "seit Mitte letzter Woche sind beim ,größten Ramscher der Nation' wie auch bei seinem Investor 3i (letzten Jahr gab's noch eine 20-Millionen-Euro-Finanzspritze) alle Schotten dicht". Die Gläubiger machen aus ihren Ängsten keinen Hehl mehr. "Sollte Zanolli die Krise nicht bewältigen, geraten besonders die ausländischen Drucker in Bedrängnis", prognostiziert ein MA-Experte.

Vor ein paar Wochen hatte Karstadt mit der Forderung eines "Solidaritätsbeitrags" zur Sanierung des Unternehmens (mehr siehe Archiv) in der Branche für Wirbel gesorgt. Es soll sich um einen zusätzlichen Rabatt von drei Prozent auf drei Jahre gehandelt haben, hat der Buchreport inzwischen ermittelt und weist auf die Schwierigkeiten hin, die sich daraus ergeben: "Hinsichtlich der Rabatte genießt Karstadt bereits eine Spitzenstellung". Die Verlage können jedoch nicht mehr als den Maximalrabatt von 50 Prozent aus sich rauspressen lassen. So ist das Preisbindungsgesetz.

Ein wirkliche Wahl hatte sie nicht - die Zustimmung der Club Bertelsmann-Belegschaft zu dem im April vorgestellten Sanierungsplan (siehe Archiv) fiel dementsprechend hoch aus: "Knapp 95 Prozent der Mitarbeiter haben den veränderten Arbeitsverträgen zugestimmt". Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Gehaltskürzungen, Prämiensysteme, Umzüge von Rheda-Wiedenbrück nach Berlin und eine Neuordnung der Arbeitsbereiche sollen den Clubmitarbeitern vorerst ihre Existenz sichern, 70 Arbeitsplätze fallen jedoch dem Rotstift zum Opfer.

Im Einzelhandel gilt der Mai traditionell als umsatzschwächster Monat des ganzen Jahres. Um so erfreulicher, dass die Buchbranche letzten Monat in ihren Kassen ein Umsatzplus von 2,09 Prozent verbucht hat. Zumindest auf den ersten Blick, denn bei genauer Betrachtung der Zahlen lässt ein Minus von neun Prozent im Vorjahresmonat die aktuellen Zahlen in einem besseren Licht erscheinen. "Zu vorsichtigem Optimismus gibt auch ein Blick auf die kumulierte Umsatzstatistik für die ersten fünf Monate des Jahres Anlass: In dieser Zwischenbilanz verzeichnet der Buchhandel plus 1,79 Prozent", meldet der Buchreport. Positive Entwicklungen im Mai verzeichnen die Warengruppen Belletristik und Hörbuch. Trotz Papst-Booms entwickelte sich das Sachbuch weiterhin schwach.

Personalien: Sandra Schwarz verantwortet ab Juli die Redaktion Bilderbuch bei Ravensburger.

Meldungen: Juli Zeh ist erste Trägerin des neu geschaffenen Per Olov Enquist-Preises. Paul McCartney tritt in die Fußstapfen von Madonna und arbeitet derzeit an einem Bilderbuch-Projekt. Dustin Hoffmann wird eine Hauptrolle in Tom Tykwers Verfilmung des Süskind-Romans "Das Parfum" übernehmen, den Part des Parfumeurs Guiseppe Baldini. Der einzige börsennotierte deutsche Verlag, Eichborn, ist nach eigenen Angaben frei von Bankschulden - der Umsatz kletterte 2004 auf 20,4 Millionen Euro, das Ergebnis verbesserte sich nach erfolgter Trennung von defizitären Unternehmensteilen und Rückbesinnung auf das Kerngeschäft mit Büchern. Burda-Tochter Focus Magazin Verlag und Der HörVerlag planen, spätestens zur Frankfurter Buchmesse ein Downloadportal für Hörbücher namens "Claudio" zu eröffnen; zum Start will das Joint Venture circa 500 Titel von 30 Verlagen anbieten. Michel Friedman gelang diese Woche mit seinem Romandebüt der höchste Neueinstieg in die Spiegel-Bestsellerliste Belletristik. Weitere Plazierungen.

Börsenblatt

Nur die katalanisch schreibenden Autoren sollen die katalanische Kultur beim Ehrengast-Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse 2006 präsentieren. Dafür haben sich Nationalisten und Linksparteien im katalanischen Parlament entschieden - für das Börsenblatt der "Aufreger der Woche". Konservative Politiker und die spanische Presse seien entsetzt gewesen, schreibt das Branchenmagazin. Bekannte spanisch schreibende Katalanen wie Eduardo Mendoza, Juan Goytisolo und Juan Marse wären demnach beim weltgrößten Branchentreff im kommenden Jahr nicht vertreten.

Die Brandkatastrophe in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek vergangenen Herbst hat Schäden hinterlassen, für deren Beseitigung es bisher keine Routineverfahren gibt. Eine 100-köpfige Expertenkommission suche deshalb nach neuen, schonenden Technologien, mit denen die circa 40.000 schadhaften Bücher restauriert werden können, weiß das Börsenblatt und nennt Ascheablagerungen zwischen den Seiten, geplatzte Pergamentrücken, verbrannte Ledereinbände und Buchdeckel, stellvertretend für die vielfältigen Folgen des Feuers, für die es innovativer Verfahren bedarf. Mehr.

Wie reagieren Verlage auf die vorgezogenen Bundestagswahlen? wollte das Börsenblatt wissen. Hier die Ergebnisse eines Rundrufs.

Nicht nur die französischen Sortimenter ärgern sich über die niedrigpreisige Kunstbuchedition von Le Monde und dem Taschen Verlag (Grund: Die Reihe soll nur an Kiosken angeboten werden), auch von in der französischen Verlegerschaft macht sich Unmut breit. Eine solche Aktion könne nur dazu beitragen, das Ansehen des Buches im öffentlichen Bewusstsein zu entwerten, zitiert das Börsenblatt Frankreichs Verlegerverband SNE.

Frank Günther wird der erste sein, der als Einzelner das Gesamtwerk William Shakespeares übersetzt hat. Für das Frühjahr 2009 ist das Erscheinen des letzten, des 39., Bands der Shakespeare-GA bei Ars vivendi geplant. Die Schlegel-Tieck-Übersetzung liege während seiner Arbeit in Reichweite, bekennt Günther im Börsenblatt-Interview. Man brauche diese Übersetzung, um sich davon abzusetzen aber es gebe auch berühmte Prägungen, die mittlerweile zum traditionellen Sprachschatz gehörten und die man nicht anders übersetzen könne. Die Unschuld des Anfangs sei vorbei, so der Übersetzer, heute arbeite er befangener, mit einer Übergewissenhaftigkeit - und daher weniger spontan und langsamer. Als berufliches Vorbild nennt Günther übrigens Erika Fuchs, die gerade verstorbene Donald-Duck-Übersetzerin.

Befragt nach den Einsparpotenzialen des Börsenvereins hat dessen Schatzmeister, Martin Ludwig, gleich mehrere Vorschläge in petto. Diese sollen nichts mit einer Beitragserhöhung für die immer weniger werdenden Mitglieder zu tun haben. "Es gibt so gut wie nie Budget oder einen Etat, der ausgereizt ist", plauderte der Finanzexperte aus. Eine Möglichkeit, an Geld zu kommen, sei der Verkauf der Beteiligung am Buchhändlerhaus. Den Landesverbänden räumte der Schatzmeister hingegen eine wichtige Funktion ein, sei doch deren räumliche Nähe zu den Mitgliedern zum Teil von elementarer Bedeutung. Allerdings müsste diskutiert werden, ob auf Dauer elf Landesvertretungen gebraucht würden.

Personalien: Mona Horncastle hat in München den Horncastle Verlag mit Kunstführern für Kinder gegründet.

Meldungen: 20 Prozent aller gebrauchten Bücher werden, laut einer Studie des ZVAB, in Deutschland über das Internet verkauft. Zwei Drittel der 50 Top-Fachverlage verzeichneten in 2004 höhere Umsätze, während die Umsätze der gesamten Branche durchschnittlich um 0,9 Prozent gesunken sind, meldet das Magazin w&v.
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