Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
05.07.2005. In dieser Woche: Warum sich das Bestsellergeschäft auf immer weniger Titel konzentriert. Und warum Hörbücher den Lesebüchern mittlerweile Konkurrenz machen. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Das Bestsellergeschäft spitzt sich weiter zu, konzentriert sich immer mehr auf Titel, die die ersten Plätze der Bestsellerlisten einnehmen. "Von den Umsätzen, die der Buchhandel im ersten Halbjahr 2005 mit den 50 am besten verkauften Titeln gemacht hat, gingen bei den Romanen allein 30,56 Prozent auf das Konto der drei bestplatzierten Titel", hat der Buchreport ausgerechnet. Umso wichtiger wird es für die Verlage, ihre Spitzentitel ganz nach vorn in die Listen von Spiegel und Gong zu bringen. Buchreport geht davon aus, dass für die drei erstplatzierten Bücher ein Automatismus greift: "Die Titel rücken in den Buchhandlungen auf die Stapelplätze vor und profitieren zusätzlich von der Mundpropaganda."

Die erfolgreichsten Verlage des ersten Halbjahres 2005 - auf Grundlage der Bestsellerlisten - sind Lübbe, gefolgt Goldmann und Droemer/Knaur. Die Spiegel Bestsellerliste Hardcover Belletristik der ersten sechs Monate führt Hanser mit sechs Titeln unter den "Top 50" an, bei den Hardcovern Sachbuch war Droemer mit vier platzierten Titeln am erfolgreichsten.

Längst hat sich Weltbild plus als zweitgrößter stationärer Buchhändler etabliert, aber erst jetzt, elf Jahre nach der Gründung, ist die Firmierung aus der Verlagsgruppe Weltbild und der Buchhandlung Heinrich Hugendubel amtlich. "Die Anmeldung wurde im Zuge der Übernahme von Anteilen der Wohlthat'schen nötig", weiß der Buchreport. Sie war allerdings "nur Formsache". Am Joint Venture Weltbild plus halten beide Gründungsunternehmen 50 Prozent.

Amazon will sich im Verleih von Filmen einen Namen machen, hat sogar das Ziel, "der beste Ort zu sein, an dem man DVDs leiht". Ab einem Monatsbeitag von 9,99 Euro können sich Kunden in Deutschland ohne weitere Kosten bis zu sechs DVDs monatlich zuschicken lassen. Gut passen könnte den "Amazonen" folgende Statistik: Die Fachzeitschrift Videowoche hat ermittelt, dass im ersten Quartal 2005 7,1 Prozent aller DVD-Ausleihvorgänge in Deutschland übers Netz abgewickelt wurden."Wettbewerber wie die Online-Videothek Amango.de blicken neidisch auf den großen Stamm bereits gelisteter Kunden, denen Amazon jetzt die Ausleihe schmackhaft machen kann", vermutet der Buchreport.

Personalien: Heribert Meffert, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, hat aus Krankheitsgründen seinen Abschied zum 1. Januar 2006 angekündigt. Nach interner Planung soll Bertelsmann-Chef Gunther Thielen, Vorgänger von Meffert, 2007 an die Spitze der Stiftung zurückkehren.

Meldungen: Regisseur Peter Jackson ("Der Herr der Ringe") hat sich die Filmrechte an "In meinem Himmel", dem Debütroman von Alice Sebold, gesichert. Kinderbuchautor Max Bollinger wird neuer Träger des Großen Preises der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. Die Zeit startet zur Frankfurter Buchmesse, in Kooperation mit BI/Brockhaus, eine 20-bändige Reihe zur Welt- und Kulturgeschichte (mehr). Nach Berichten der FAZ steigt im Fall der Regierungsübernahme durch CDU/CSU die Mehrwertsteuer, Insider gehen jedoch nicht von einer Erhöhung des verminderten Mehrwertsteuersatzes (Bücher, Lebensmittel) aus. Hier die aktuellen Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Macht das Hörbuch dem Buch Konkurrenz? Eine aktuelle Untersuchung des Börsenvereins zeigt: Nein, Hörbücher können die Leselust wecken. "Ein Drittel der Befragten mochte Lesen und Hören nicht in unmittelbaren Zusammenhang stellen. Knapp 30 Prozent der Befragten haben über das Hörbuch zum Buch gefunden", zitiert das Börsenblatt aus den Umfrageergebnissen. Besonders bei jungen Menschen hätte das Hörerlebnis die Lust aufs Bücher lesen verstärkt.

Mit Diogenes und Holzbrinck steigen die letzten großen Belletristikverlage ins Geschäft mit Hörbüchern ein - für das Börsenblatt das "Thema der Woche". Man verhandele um die Hörbuch-Rechte ebenso wie die übrigen Marktteilnehmer, hat das Branchenmagazin vom Argon-Verlagsleiter (zu Holzbrinck gehörig), Holger Kuntze, erfahren. Auch bei Lizenzen aus Holzbrinck-Verlagen erhalte das beste Angebot den Zuschlag. Zumindest die ersten Programme der Diogenes- sowie Holzbrinck-Hörbuchlabels setzen auf konzerneigene Inhalte. Diogenes plant 20 Hör-Novitäten pro Jahr, Holzbrinck 70.

Schlechte Nachricht für die Verlage: Sie könnten bald durch eine Umverteilung der VG Wort-Tantiemen (mehr zur VG Wort) belastet werden. Dafür mache sich das Deutsche Patent- und Markenamt, das die Aufsicht über alle Verwertungsgesellschaften hat, stark, berichtet das Börsenblatt. Die Behörde berufe sich dabei auf § 63a des Urheberrechtsgesetzes. Eigentlich hätte die Regelung zusammen mit dem Zweiten Korb des UrhG geändert werden sollen, doch der liege bis zur Wahl auf Eis. Dass das Patentamt versucht, auf eigene Faust Fakten zu schaffen, will der Börsenverein "mit gerichtlicher Hilfe" verhindern.

Als wäre "Harry Potter V" nicht gewesen, stürzt sich die britische Buchbranche auch beim sechsten Band wieder in einen Preiswettbewerb. Teilweise liege der Preis bei Vorbestellung bei der Hälfte des empfohlenen Verkaufspreises von 16,99 Pfund, schreibt das Börsenblatt und hat in der Fachzeitschrift The Bookseller nachgelesen, dass es am Erstverkaufstag des letzten "Potters" elf Millionen Pfund Nachlass gegeben hätte. Insgesamt sei aber an jenem Tag mit 1,7 Millionen Exemplaren ein Umsatz von 17,5 Millionen Pfund erzielt worden.

Der Wahl-Münchener Thomas Lang (mehr) hat für die Erzählung "Am Seil", eine "Vater-Sohn-Geschichte", den mit 22.500 Euro dotierten Bachmann-Preis 2005 erhalten.

Fest steht die Eröffnung des Zanolli-Insolvenzverfahrens (Archiv) am 1. August. Bis dahin hofft die Kanzlei des Insolvenzverwalters auf Käufer für das Unternehmen bzw. für einzelne Teile. Die Mitarbeiter müssten in dieser Woche die ausstehenden Löhne nachgezahlt bekommen, 70 Angestellten ist aber bereits betriebsbedingt zum 30. Juni gekündigt worden. "Um den Wert der Firma besser einschätzen zu können, wurde eine körperliche Inventur durchgeführt, das heißt jedes der rund zehn Millionen Bücher aus dem Lager in die Hand genommen und erfasst", erläutert das Börsenblatt.

Bertelsmann Club-Mitglieder werden mit einer neuen "Qualitäts- und Preisgarantie" geködert: Sie können künftig Bücher umtauschen, die ihnen nicht gefallen haben. Außerdem sollen die Angehörigen des Clubs eine 100-Euro-Prämie erhalten, für den Fall, dass ein Titel woanders billiger angeboten wird.

Im Streit um Maxim Billers Roman "Esra" - er soll, so die Klage, Persönlichkeitsrechte verletzen (siehe Archiv) - will der Kiepenheuer & Witsch Verlag möglicherweise vor die höchste Instanz, das Bundesverfassungsgericht, ziehen. Ob sich deutsche Autoren von dem kürzlich gefällten Urteil des Bundesgerichtshofs, einem Verbot des Romans, einschüchtern lassen, hier.

In einem weiteren Rechtsstreit scheint schon jetzt Bewegung zu kommen, die nächste Instanz angerufen zu werden. Als wahrscheinlich gilt, dass die Anhörung von Subito, Dokumentlieferdienst der Bibliotheken, letzte Woche vor dem Landgericht München nur formellen Charakter hatte (der Börsenverein hält den elektronischen Dokumentenversand von Subito für rechtswidrig). "Gut möglich ist, dass die Bayern den Fall zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof weiterleiten", spekuliert das Börsenblatt.

Meldungen: Beim Bibliotheksindex der Bertelsmann-Stiftung und des Deutschen Bibliotheksverbands (verglichen wurden mehr als 200 öffentliche Büchereien) kam in der Kategorie Großstädte die Stadtbibliothek Würzburg auf den ersten Platz, bei den Fachhochschul- und Uni-Bibliotheken lag u.a. die Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen vorn. Das Calwer Hermann-Hesse-Stipendium, eines der höchstdotierten Stipendien in Deutschland, geht in diesem und im nächsten Jahr an Hartmut Lange, Gerd Loschütz, Ursula Krechel (alle Berlin) und Angela Krauß (Leipzig). Zum 50. Todestag von Thomas Mann (mehr) am 12. August hat der S. Fischer Verlag ein Online-Portal eingerichtet - es verknüpft biografische Informationen mit Tonaufnahmen, Forschungsergebnissen und Publikationen. Suhrkamp will den neuen Allende-Titel "Zorro" über den in der Verlagsbranche weniger üblichen Weg der Fernsehwerbung zur Prime Time vermarkten.
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