Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
31.10.2005. In dieser Woche: Warum der Deutsche Buchpreis Zug in manche Gespräche bringt. Und warum die großen Buchhandelsketten immer weiter expandieren und sogar noch neue hinzukommen. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Der in diesem Jahr zum ersten Mal verliehene Deutsche Buchpreis hat nicht nur dem Gewinner, Arno Geiger, ein finanzielles Polster (25.000 Euro Preisgeld) verschafft, auch sein Verlag profitiert von der Auszeichnung. Innerhalb von wenigen Tagen habe sich "Es geht uns gut" 40.000 Mal verkauft, meldet Hanser. Rückenwind gab's auch für die Lizenzgeschäfte. Durch den Preis sei ein ganz anderer Zug in den Gesprächen, erzählte eine Verlagsmitarbeiterin dem Börsenblatt.

Joachim Unseld will sich den Branchenusancen entziehen. Nachdem der Verleger der FVA in den vergangenen Jahren oft mit einem Ein-Buch-Frühlingsprogramm ins Rennen gegangen ist, wird selbst dieses eine Buch in 2006 komplett gestrichen. Er sei zum Glück nicht gezwungen, ständig ein Programm vorzulegen, um die Maschinerie des Verlags zu füttern, rechtfertigt Unseld den Schmalspur-Kurs im Börsenblatt-Interview. Die Hektik des Branchenbetriebs wolle er nicht mitmachen und seine Vertreter im Frühjahr nochmal mit den Herbsttiteln auf Reise schicken. Bleibt zu hoffen, dass die Buchhändler ihnen ein zweites Mal ein offenes Ohr schenken.

Der Hauptabsatzweg des florierenden Branchenablegers Hörbuch ist weiterhin das Sortiment. Knapp 65 Prozent der Hörbücher werden über die Buchläden vertrieben, ein Viertel übers Internet. "Trotz der Downloadangebote werden wir den Handel immer brauchen", erklärt Marc Sieper von Lübbe Audio stellvertretend für den Arbeitskreis Hörbuch im Börsenverein. Durch die Internetportale würden vor allem neue Käufergruppen erschlossen, ist Sieper überzeugt.

Messe-Rückschau: "Was hat die Messe gebracht?" fragte das Börsenblatt diesmal die Buchmacher. Während sich der eine über die "ungeheure Banalisierung des Buchs" ärgerte, fand der andere die Messe "großartig" und wieder ein anderer freute sich schlicht über "das beste Essen", welches es beim Verlagempfang der Titanic gab. Mehr.

Einen prima Einstand hatte die erste Antiquariatsmesse im Rahmen der Frankfurter Buchmesse. "Die Aussteller erwirtschafteten gute Umsätze. Selbst Objekte mit fünfstelligen Europreisen wurden verkauft", fasst Manfred Gast, Vorsitzender der AG Antiquariat, im Börsenblatt zusammen. Auf ihren Büchern sitzen geblieben sind wohl nur die fünf Aussteller auf England und den USA - wegen des deutlichen höheren Preisniveaus. Verwirrt seien die Kunden manchmal darüber gewesen, dass sie, anders als beim Rest der Buchmesse, die ganze Zeit über hätten kaufen können, sagt Organisator Detlef Thursch. Die Antiquariatsmesse könnte 2006 noch wachsen, hat jedoch selbst das Ziel "klein, aber fein" zu bleiben.

Gut ins Messegeschehen integriert hat sich auch die zweite Neuerung, die Spielwarenmesse. "Was die Sortimenter begeisterte, war die große Gewinnspanne von durchschnittlich 100 Prozent", erläutert das Börsenblatt. Die Spielwarenmesse will im Gegensatz zur Antiquariatsmesse im nächsten Jahr mit deutlich mehr Firmen vertreten sein - und hätte auch gern mehr Ausstellungsfläche an prominenter Stelle, so Projektmagerin Susanne Gutermuth gegenüber dem Börsenblatt.

Meldungen: Die Deutsche Schillergesellschaft hat die für November geplante Schlüsselübergabe für das Literaturmuseum der Moderne auf der Marbacher Schillerhöhe auf Januar 2006 verschoben. Mehr. Random House erscheint ab Juni 2006 mit einem neuen Taschenbuchverlag am Markt; unter dem Namen Pantheon wollen die Münchener anspruchsvolle Sach-Taschenbücher herausbringen.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die Buchfilialisten expandieren - nach kurzer Verschnaufpause in den beiden vergangenen Jahren - weiter. Das ist eines der hervorstechendsten Ergebnisse, die der vom Buchreport ausgearbeitete "Filialatlas" enthält. Insgesamt wurden in 2005 25 Filialen eröffnet. Mit 102 Filialen hat sich Thalia die Spitzenposition gesichert und plant schon jetzt für 2006 sechs weitere Neueröffnungen in Deutschland. Allein in den letzten zehn Jahren drängten im Zuge der Filialisierung 200 Vollbuchhandlungen auf den Markt, damit entwickelt sich der Sortimentsbuchhandel zum zweiten Mal nach 1945. An ihre Grenzen stößt die Expansion der Buchketten im übrigen in Großstädten, bildlich gesehen ist Düsseldorf der letzte weiße Fleck auf der Landkarte.

Bei Weltbild sind nicht alle guten Dinge drei: Neben den Billigketten Weltbild plus, Jokers und Wohlthat'sche will das Augsburger Unternehmen eine Kette mit Vollsortiment etablieren. Bis 2006 sollen unter der Marke Weltbild! sieben solcher Flächen am Markt mitmischen. In Gießen hat sich Konzern-Chef Carel Halff mit drei verschiedenen Filialtypen nebeneinander ein Versuchsfeld angeordnet. Schon vor einem Jahr hatte Halff der FAZ angedeutet, das Angebot im stationären Handel erweitern zu müssen, um dem Internet Paroli zu bieten. Dem Buchreport erzählte er von dem Vorhaben, die Weltbild plus-Filialen soweit wie möglich durch die größere Variante Weltbild! zu ersetzen. Das Expansionstempo der Weltbild plus-Filialen möchte er dessen ungeachtet nicht drosseln.

Messe-Rückschau: "Auffällig unauffällig" fand der Buchreport diesmal die Frankfurter Buchmesse. "Der Saisonhöhepunkt hat weniger Schlagzeilen gemacht, dafür paradoxerweise jedoch mehr Besucher angelockt und fast einhellig Lob geerntet", schreibt das Magazin. Um - unter anderem nach dem Rücktritt des Börsenvereinsvorstehers (siehe Archiv) - erst mal Ruhe zu schaffen, sei es von Vorteil gewesen, dass die diesjährige Messe kein zentrales Thema gehabt hätte, erklärte der neue Buchmessedirektor, Juergen Boos, und kündigte an: Im kommenden Jahr wird die Messe durch einen zweiten inhaltlichen Schwerpunkt neben dem Gastlandauftritt stärker polarisieren.

Der Wettbewerb um die Volltextsuchen wird immer enger. Amazons "Search inside the Book" und Googles deutscher Ableger "Google Print" sind bereits online, Holtzbrinck hat in Frankfurt "BookStore" angekündigt. Auf dieser Plattform will der Konzern zunächst eigene Titel (eine fünfstellige Zahl) elektronisch verfügbar machen, die Dienstleistung dann aber auch Dritten anbieten. Eine Kooperation mit der Initiative des Börsenvereins schließt Holtzbrinck nicht aus. Zum Kostenvoranschlag des Börsenvereins-Projekts hat der Buchreport auf der Messe einige kritische Stimmen eingefangen: Verlage seien nicht bereit, 10.000 Euro für Server und Datenkonvertierung zu investieren, wenn es das Angebot bei Amazon gratis gebe.

Vertreter von Amazon wurden übrigens auf der Messe vermisst. Der Online-Buchhändler, der sich mit seinen Bilanzen bedeckt hält, ließ Konkurrenz und Journalisten orakeln, ob er nach dem geschätzten 900 Millionen Euro Umsatz im vergangenen Jahr diesmal die 1-Milliarde-Euro-Umsatzhürde überspringt. Buch.de (schätzungsweise 40 Millionen Umsatz in diesem Jahr) hat zur Aufholjagd auf Amazon ausgeholt und für die kommenden Monate Investitionen angekündigt: in die Einrichtung eines Marketplaces (der bei Amazon schätzungsweise zu über 20 Prozent des Gesamtumsatzes beiträgt) und die Erforschung des Kundenverhaltens zur Verbesserung der Buchempfehlungen.

Sorgenkind der Messe war das Festival "Leseland Hessen". "Glanzlos", urteilt der Buchreport und "ein finanzielles Problem", gibt Messe-Chef Juergen Boos zu. Sollten sich keine neuen Geldgeber finden, wird das Lesefest gestrichen. Bislang finanzieren es die Buchmesse und das hessische Kulturministerium.

Die Preisträger des 50. Deutschen Jugendliteraturpreises wurden bekanntgegeben. In der Kategorie Jugendbuch gewann Dorota Maslowskas "Schneeweiß und Russenrot" (KiWi), den Preis der Jugendjury ging an Graham Gardners "Im Schatten der Wächter" (Verlag Freies Geistesleben), der Sonderpreis Gesamtwerk des Übersetzers an Harry Rowohlt.

Zum Schluss ein paar Zahlen von der Rekord-Messe: Die Besucherzahl stieg auf 284.383 (+6,3 Prozent), 7.223 Branchenteilnehmer (Vorjahr: 6691) stellten 380.655 Titel (Vorjahr: 350.000) aus, 25.000 Besucher interessierten sich für den koreanischen Gastlandauftritt. Der mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Roman von Arno Geiger soll das meistgeklaute Buch der Messe gewesen sein.

Meldungen: Die S. Fischer-Autorin Elisabeth Zöllner erhält für ihr Buch "Anton oder die Zeit des unwerten Lebens" den Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher. Bei rund 19 Millionen Euro liegen die Forderungen nach der dritten Gläubigerversammlung im Zanolli-Insolvenzverfahren, davon sind erst 4,67 Millionen Euro als berechtigt festgestellt worden. Und: die Bestsellerlisten.