Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
14.11.2005. In dieser Woche: Wie der Konditionen-Poker mit Thalia weitergeht. Wer von elektronischen Büchern profitieren wird. Und was die Mehrwertsteuererhöhung für die Branche bedeutet. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Bedeckt hielten sich Verleger und Buchhändler letzte Woche noch zum Konditionen-Poker von Thalia (siehe Archiv). Mittlerweile hat nicht nur das Feuilleton harsche Kritik am Vorgehen des Branchenprimus geäußert (unter adnerem Wieland Freund in einem Bericht in der Welt), nach dem ersten Schock wird nun auch Empörung in der Branche laut. "Thalia ist ein sehr guter Veranstaltungspartner für uns, aber Exklusivrechte kann es nicht geben", erklärte Droemer Knaur-Geschäftsführer Christian Tesch entschlossen. Georg Rieppel, Marketing-Chef von Suhrkamp, glaubt, dass die Thalia-Forderungen zu einer Gefährdung der Preisbindung, einer Unglaubwürdigkeit gegenüber anderen Geschäftspartnern oder zu einem Verlust der ökonomischen Basis der Verlage führen. (Hier weitere Ergebnisse des Börsenblatt-Rundrufs und hier ein Kommentar von Rainer Moritz.)

Klar, dass mit Volltextsuchen früher oder später der große Reibach gemacht werden soll. Vorreiter Amazon scheint auch bei Paid Content die Nase vorn zu haben. Über den auf "Search inside!" basierenden Dienst "Amazon Pages" will der Onlinehändler schon ab 2006 einzelne Seiten oder Kapitel digitaler Bücher verkaufen. Ähnliche Pläne hätten Google, Holtzbrinck Publishers und Random House US, weiß das Börsenblatt. Nicht in Erfahrung bringen konnte das Branchenmagazin, ob und wann hierzulande mit den neuen Bezahl-Angeboten zu rechnen ist.

Das Totalverbot von Maxim Billers Roman "Esra" - zwei Bekannte des Autors hatten sich darin wiedererkannt, ihre Persönlichkeitsrechte verletzt gesehen und geklagt - halten sowohl der Börsenverein als auch der deutsche P.E.N. für "überzogen". Beide Organisationen und zudem der Verband deutscher Schriftsteller wurden nach der Verfassungsbeschwerde von Billers Verlag Kiepenheuer & Witsch um eine Stellungnahme zu dem Verbotsurteil gebeten. Der P.E.N. will in Anbetracht der Konkurrenz von Persönlichkeitsrecht und Kunstfreiheit versuchen, Maßstäbe für ein Abwägungsverfahren zu entwickeln, erfuhr das Börsenblatt vom Präsident der Vereinigung, Johano Strasser.

Der deutsche Buchmarkt wächst bis zum Jahr 2009 im jährlichen Mittel um 1,3 Prozent. Das prognostiziert der "German Entertainment und Media Outlook" von PricewaterhouseCoopers. Die Bereiche Belletristik und Sachbuch können sich nach PwC-Berechnungen sogar über ein überdurchschnittliches Wachstum von 2,1 Prozent freuen. Soweit zur guten Nachricht. Der Umsatz, der in den kommenden vier Jahren mit Büchern gemacht werden soll, fällt nämlich im Vergleich zum Umsatz mit anderen Medien geringer aus: Für den gesamten Unterhaltungs- und Medienmarkt (dazu zählen die Marktforscher von PwC neben dem Buch elf weitere Segmente, unter anderem Film, Fernsehen, Internet und Musik) wird ein Zuwachs von durchschnittlich 4,1 Prozent erwartet. Hier die Studie zum Download.

Personalien: Klaus Kämpfe-Burghardt, bislang kaufmännischer Geschäftsführer des zur Bonnier Gruppe gehörenden Carlsen Verlags, wird ab 1. März 2006 für die Bonnier Media Holding einen Geschäftsbereich mit internationaler Ausrichtung aufbauen. Sein Nachfolger ist Joachim Kaufmann, derzeit Vertriebschef bei Ravensburger.

Meldungen: Erfolgreiche Bilanz: Medienhändler Buch.de (13 Internet-Shops, darunter Thalia.de und Bol.de) hat in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahrs circa 32 Millionen Euro umgesetzt, was einer 20-prozentigen Steigerung gegenüber 2004 entspricht. Erfolgreicher Start: Innerhalb von einer Woche konnte der Zeitverlag 20.000 Komplettpakete (a 245 Euro) seiner 20-bändigen Lexikonreihe "Welt- und Kulturgeschichte" an den Mann bringen. Erfolgreiche Unterlassungsklage: Nicht wiederholen darf Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki folgende Behauptung in Bezug auf Martin Walser: "Er verübelt Juden, dass sie überlebt haben. Das ist durchaus kein Antisemitismus, das ist schon Bestialität."
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Solange der Koalitionsvertrag noch nicht besiegelt ist, sorgt sich buchreport um eine Mehrwertsteuer-Erhöhung auch für Bücher. Würde der bisher ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent gestrichen, käme dies einer Katastrophe gleich, urteilten Verleger und Buchhändler übereinstimmend in einer Umfrage des Magazins. Die Preissteigerung kann vermutlich nicht von den Branchenteilnehmern aufgefangen werden. Praktisch heißt das: Die Verlage müssten - wegen der Buchpreisbindung - für jeden einzelnen Titel den Preis neu festlegen. Vor dem Stichtag der Preisumstellung würden die Buchhändler ihre Lager soweit wie möglich schrumpfen lassen, um den Aufwand für die Umzeichnung gering zu halten. Und zu allen damit verbundenen Kosten kommt hinzu, dass die Kunden auf teurere Bücher wahrscheinlich mit Kaufzurückhaltung reagieren.

Schon jetzt rangiert Deutschland mit seinen "sieben Prozent auf Bücher" im europäischen Mehrwertsteuer-Vergleich ziemlich weit hinten. Während in Großbritannien oder Irland zum Beispiel gar keine Steuer auf Bücher erhoben wird und die meisten Länder um die fünf Prozent aufschlagen, liegt Deutschland an sechstletzter Position (einsames Schlusslicht ist Dänemark mit einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 25 Prozent). Setzt man den Bücher-Mehrwertsteuersatz in Relation zum Standard-Mehrwertsteuersatz, fällt Deutschland mit einem 56-prozentigen Anteil sogar auf den viertletzten Platz zurück.

Die Warengruppe Belletristik verdankt Harry Potter ein Oktober-Umsatzplus von knapp 59 Prozent (verglichen mit dem Vorjahresmonat). In welche Richtung der buchreport-Umsatztrend weist, sollte klar sein. Mehr.

Aus einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung gehen die "Top 10" der Filialisten als Gewinner der kommenden fünf Jahre hervor. Stimmt die Prognose, dann bauen die Ketten bis 2010 ihren Marktanteil von 19 auf 30 Prozent aus. Zuwächse (von neun auf 16 Prozent) erwartet die GfK auch für die Onlinebuchhändler. Gleichzeitig soll der Anteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen um zehn Punkte auf 25 Prozent sinken. Buchreport relativiert die Zahlen insofern, dass das institutionelle Geschäft (Bibliotheken, Schulen) sowie Non-Books bei den Berechnungen außer Acht gelassen wurden. "Bei einer Analyse des gesamten Marktes würde das Sortiment weitaus besser abschneiden", schreibt das Magazin.

Meldungen: Den Prix Goncourt, Frankreichs ältesten und prestigeträchtigsten Literaturpreis, erhält in diesem Jahr Francois Weyergans für seinen Roman "Trois jours chez ma mere". Die kanadische Mutterfirma von Abebooks Europe, Abebooks Inc., hat im Zuge des boomenden US-Gebrauchtbuchhandels (Wachstum um 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr) die Büchersuchmaschine Bookfinder.com gekauft. Und: die Bestsellerlisten.