Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
17.04.2006. In dieser Woche: Warum deutsche Autoren doch nicht so stark sind. Wieso Buchhändler zu Ostern kein Ei im Nest liegen lassen möchten. Wer 2015 den Buchmarkt beherrscht. Und warum Heiner Lauterbach kein James Dean ist.

buchreport.express

Trotz der Erfolge von Daniel Kehlmann und Co. lassen sich die Dortmunder nicht vom Neue-deutsche-Literatur-Fieber anstecken. Monate, nachdem besonders Volker Weidermann in der FAS die Renaissance der deutschen Literaten auf der Weltbühne gefeiert hat, bezeichnet buchreport diese nüchtern als "Hoffnungsträger". Denn in den letzten zehn Jahren sei der Anteil der Übersetzungen weiter angestiegen: "Von den 20 Romanen, die der Spiegel wöchentlich veröffentlicht, kamen vor zehn Jahren 80 Prozent aus anderen Sprachen, in der aktuellen Liste sind es sogar 85 Prozent." Von den 50 bestplatzierten Romanen seien 82 Prozent von fremdsprachigen Autoren geschrieben, von den 100 erfolgreichsten Titeln 84 Prozent ins Deutsche übersetzt worden.

buchreport hat im Vorfeld von Ostern in die gestressten Seelen von Buchhändlern aus 16 Bundesländern geblickt, die auch in diesem Jahr allesamt "kein Ei im Nest liegen lassen" möchten und auf die bewährten Osterklassiker setzen. Tenor der Umfrage: Die Sortimenter sind zuversichtlich, besonders mit Kinderbüchern, Belletristik und Hörbüchern überdurchschnittliche Umsätze zu erzielen - 2005 lag der Zuwachs im Vergeleich zum Vorjahr bei 42,4 Prozent.

Eine "leise Revolution" sieht buchreport auf die Buchbranche zukommen, wenn ab 1. Januar 2007 die ISB-Nummern um 3 Stellen auf 13 Stellen erweitert werden. Wegen der Flut von neuen Publikationsformen wie E-Books oder Internet-Veröffentlichungen muss die Nummerierungskapazität erweitert werden. Obwohl die Umstellung jeden Bereich des Betriebs betrifft, interessieren sich nur wenige dafür - nach dem Motto: Die beim Börsenverein angesiedelte ISBN-Agentur wird's schon richten. Vorteil der Plus-3-Nummern: Der Bestellverkehr wird besonders in Multi-Media-Handlungen vereinfacht, weil die neuen Ziffernketten an das EAN-System angepasst werden, die z.B. auf CDs und DVDs aufgedruckt sind.

Weitere Meldungen: Erneut attestiert buchreport den Zeitungshäusern, nach der Welle der Bucheditionen nur mit veränderten Geschäftsmodellen reüssieren zu können. Die Deutsche Grammophon Literatur hat durchblicken lassen, ein Downloadportal unter dem Dach der Konzernmutter Universal starten zu wollen. Der Onlinehändler Libri.de bietet neuerdings einen Podcast (hier der erste Teil zum Download) an und folgt somit den Spuren von literaturcafe/dtv (literaturcafe.de hat gerade den ersten Deutschen Podcast Award gewonnen) und audible.de/Rowohlt (hier der buchreport-Artikel).

Börsenblatt

Beim BuchMarkt-Forum, das auch vom Börsenblatt unterstützt wird, gab es einen denkwürdigen Auftritt: Nach fünf Jahren an der Spitze von amazon.de ist Ralf Kleber nach eigenen Angaben erstmals vor deutschen Branchenvertretern aufgetreten (kaum zu glauben). Weniger überraschend war der Inhalt seines Vortrags: Amazon möchte das "kundenzentrierteste" Unternehmen werden. Peter Habit (Hüthig Jehle Rehm) forderte die Verleger dazu auf, den Paradigmenwechsel vom Printanbieter zum Informationsdienstleister zu vollziehen. Georg Rieppel konnte - da nicht mehr bei Suhrkamp als Marketing- und Vertriebschef unter Vertrag - vermeintlich ketzerische Thesen aufstellen: 2015 würden drei große Player (Hugendubel, Thalia und Weltbild) den Handel dominieren (da sie schon heute den Markt dominieren, sei der Verweis auf die viel interessantere Google-Epic-Vision gestattet. Darin werden die Folgen eines Zusammenschlusses von Amazon und Google beleuchtet).

Holger Ehling, früherer Vizechef der Frankfurter Buchmesse, zeichnet ein düsteres Bild des US-Buchmarktes. Die Hälfte des Umsatzvolumens (2005 rund 20 Milliarden US-Dollar) flössen in die Kassen der Ketten, weitere 26 Prozent in die der Versender und Internethändler, während das unabhängige Sortiment nur 15 Prozent beisteuere. Noch Anfang der 90er-Jahre habe der Anteil der Unabhängigen bei 40 Prozent gelegen.

Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, bespöttelt die bei Verlagen beliebten "Ein Krimi wie von Ingrid Noll"-Vergleiche. Spätestens wenn Heiner Lauterbach mit James Dean verglichen werde - gemeint ist das selbst ausgestellte Zwischenzeugnis des Schauspielers -, gehe dies "entschieden zu weit".

Was tun, wenn der Lektor den Verlag verlässt (wie zuletzt Christian Döring DuMont, hier die Abschiedslaudatio der "Welt") - soll der Autor beim Verlag bleiben oder nicht, fragt das Börsenblatt. Und erhält von Ratgebern wie Georg Simader (CopyWrite Agentur) oder Peter Fritz (Paul & Peter Fritz) klare "Je nachdem"-Antworten.

Weitere Artikel: Wolfgang Schneider hat Elke Schmitter in Berlin besucht. Harald Fette zeigt das Potenzial von elektronischen Produkten wie CD-ROMs im Buchhandel. Dieter Durchdewald drängt Verlage dazu, das System der freien Handelsvertreter zu reformieren.

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