Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
25.09.2006. Warum die Presseverlage auf dem Buchmarkt lieber Originale anbieten. Weshalb wir heute oberflächlicher lesen. Und welcher Verleger täglich 17,5 Stunden arbeitet.

buchreport.express

Schwer beeindruckt zeigt sich buchreport von der Springer E-Book-Collection, das mit 12000 Titeln (nach Verlagsangaben) größte Onlineangebot an wissenschaftlichen Büchern und Nachschlagewerken - über das schon auf der Leipziger Buchmesse im Frühjahr diskutiert wurde. Jährlich sollen 3700 Veröffentlichungen hinzukommen (hier die Aufmacher-Geschichte zum Thema). Für die komplette E-Book-Bibliothek zahlt eine kleine Bibliothek nach buchreport-Recherchen 80000 Euro, Universitätsbibliotheken rund 328000 Euro. Auf die Texte zugreifen kann der Nutzer über die Plattform SpringerLink. Leider fokussiert der Artikel ausschließlich auf die Springer-Bemühungen. Wie weit Holtzbrinck oder Random House mit ihren Digitalisierungsinitiativen sind, darüber schweigt sich der Artikel aus. Immerhin meldet buchreport, dass der Börsenverein auf der Buchmesse mit zehn Verlagen einen Letter of Intent zur Kooperation beim Branchenprojekt "Volltextsuche Online" unterzeichnen will. Gut gerüstet hat sich der Verband durch die Einstellung von Ronald Schild, dem früheren Programmdirektor bei Amazon, der künftig den Marketing- und Vertriebsservice (MVB) und somit das Digitalisierungsprojekt leiten wird.

Mit Blick auf die Sondereditionen der deutschen Pressehäuser hat buchreport einen neuen Trend identifiziert: Die Presseverlage verließen zunehmend den Markt der Zweitverwertungen, um Originalausgaben zu produzieren - Beispiele sind das "Geo-Themenlexikon" (Kooperation mit Brockhaus), das "Handelsblatt Wirtschaftslexikon" (Schäffer Poeschel) oder die "Bild-Wissensbibliothek" (Wissen Media Verlag).

Der neu gegründete Großhandel für Modernes Antiquariat Cobu wird die Restbestände des insolventen Elbe Teams vermarkten. An der Spitze von Cobu sitzt ein Bekannter der MA-Branche: Michael Zachrau, der zuletzt bei Zanolli den Vertrieb leitete. Cobu hat bislang sechs Filialen in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet eröffnet, um die Bücher-Bestände im Auftrag der Gläubiger zu verkaufen. Trauriges Detail am Rande: Elbe Team-Gründer Peter Wölki ist Anfang September einem Krebsleiden erlegen.

Weitere Artikel: Klett gründet mit der FU Berlin die Deutsche Universität für Weiterbildung. Der Übersetzerverband treten am 28. September 2006 in eine neue Verhandlungsrunde mit zwölf Verlagen über die Vergütung von Übersetzern ein. Michael Naumann und Klaus Harpprecht setzen als Herausgeber die "Andere Bibliothek" bei Eichborn fort. Valora Retail (135 Filialen) will auch außerhalb von Bahnhöfen und Flughäfen Buchhandlungen eröffnen.

Börsenblatt

Nach Matthias Horx, Peter Sloterdijk und Gert Kaiser versucht sich der Liebling des Kultur- und Medienbetriebs, Norbert Bolz, im Gespräch mit dem Börsenblatt an einer Standortbestimmung des Lesens im Multimedia-Zeitalter. Erstes Positivum: Anstelle der vier Seiten, auf denen sich Sloterdijk bis zur Erschöpfung des Lesers ausgebreitet hat, argumentiert Bolz konzise auf zwei Seiten. Kernthesen: Das Lesen hat heute eine geringere Tiefe (keine Zeit zum Nachdenken), dafür eine viel größere Oberfläche. Der natürliche Respekt vor Texten sei verloren gegangen. Die Horx'sche These, dass man heute interaktiv, traversal lese, wie beim Computerspielen, hält Bolz für Quatsch: "Games schulen eine andere Fähigkeit: geistesgegenwärtiges Entscheiden."

Regine Meyer-Arlt schildert Vor- und Nachteile von Kundenbonuskarten im Buchhandel. Eckart Baier unterhält sich mit den Langenscheidt-Chefs Matti Schüsseler und Rolf Müller über Markenführung und die internationale Strategie des Verlags. Wolfgang Schneider blickt auf die Firmengeschichte der Deutschen Verlags-Anstalt zurück, die vor 175 Jahren gegründet wurde und inzwischen zu Random House gehört. Christina Schulte wirbt für die Börsenblatt-Schwester buchjournal - der Vermerk "Anzeige" ist bei der Schlusskorrektur offenbar verloren gegangen. Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir hat den Verleger Gerhard Steidl besucht - der um 4.30 Uhr anfängt und bis 22 Uhr arbeitet, in dessen Büro keine Stühle stehen und zu dessen Unternehmen sogar ein Firmenkoch gehört. Den unregelmäßig erscheinenden "Fragebogen" hat diesmal Janosch (etwas lustlos) ausgefüllt.

Weitere Artikel: Die Volltextsuche des Börsenvereins ist startklar: Auf der Buchmesse soll der Prototyp vorgestellt werden sowie Vorverträge mit S.Fischer, Suhrkamp und Thieme unterzeichnet werden. Das Schweizer Bundesgericht hat der Beschwerde der Buchbranche gegen das Preisbindungs-Veto der Wettbewerbskommission aufschiebende Wirkung erteilt. Die neuen Zweitausendeins-Inhaber, die Gebrüder Kölmel, wollen expandieren - das Filialnetz (zwölf Standorte) soll ausgebaut werden; ganz oben auf der Liste steht Leipzig.
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