Die Buchmacher

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Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
04.12.2006. Welcher Suhrkampianer auf dem Papier 65, physisch jedoch nur 42 Jahre alt ist. Warum BWL sexy ist. Was den Buchhändlern das Weihnachtsgeschäft verhagelt. Und warum ein halbes Dutzend Traditionsbuchhändler zum Jahresende aufgibt.

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Mit Blick auf das soeben eröffnete Weihnachtsgeschäft rätselt buchreport über dessen Ausgang. Ein deutliches Minus im November habe das kumulierte Ergebnis in den roten Bereich gezogen. In den vergangenen Wochen seien zwar mehr Bücher verkauft worden, dennoch bleibe der Umsatz hinter den Stückzahlen zurück. Dieser Trend werde im Weihnachtsgeschäft fortgesetzt, weil dem Buchhandel die großen Roman-Renner fehlten. Einziger Lichtblick: In einer Studie haben 42% der Befragten angegeben, Bücher fürs Fest kaufen zu wollen. Kurzer Vergleich mit den USA: Die National Retail Federation erwartet ein Plus von 5%. Im Kommentar empfiehlt Rainer Uebelhöde den Buchhändlern "Service, Service und nochmal Service", statt über das hohe Arbeitsaufkommen zu lamentieren. Diese sollten "aktiv auf den Buchinteressierten" zugehen und nicht nur den Stammkunden im Blick behalten.

Ein halbes Dutzend Traditionsbuchhandlungen (darunter die 1911 gegründete Heidenheimer Buchhandlung Meuer) gibt zum Jahresende auf. "Die klassische, beratungsorientierte Klientel stirbt aus. Die jüngeren Käufer sind von uns nicht mehr zu erreichen", bringt der Kaiserslauterner Sortimenter Hermann Schmidt das Dilemma auf den Punkt.

Der Trend zur Konsolidierung unter den juristischen Onlineportalen hält an. Der Verlag Dr. Otto Schmidt hat sämtliche Anteile von Legios (bislang ein Joint Venture mit Carl Heymanns, Haufe und der Handelsblatt-Gruppe) übernommen. Künftig soll das Portal vom Vollanbieter zum Spezialisten für Wirtschaftsrecht avancieren (hier der Artikel).

Die verlängerten Ladenöffnungszeiten treiben Kleinbuchhändlern die Sorgenfalten auf die Stirn. Im Gespräch mit buchreport befürchtet Anne von Bestenvostel (Arbeitskreis kleinerer Sortimenter), dass die Filialisten an Attraktivität gewinnen und noch mehr Kaufkraft abfließt.

Dass sie vor Weihnachten noch "mehr Dampf" machen beziehungsweise die "Muskeln spielen" lassen, geben einerseits die Verlagsauslieferungen und andererseits die Rackjobber zu buchreport-Protokoll. Die Verlagsauslieferungen KNO VA und VVA bieten Buchhändlern besonders flotte Lieferungen an (hier der Artikel), während der Nebenmärkteexperte Buchpartner AG "mit breit gestreuten PR-Aktionen punkten" will - unter anderem beim real-Discounter.

Im Interview mit buchreport-Chef Thomas Wilking zeigt sich Jürgen Maier, Vorstand des Goethe Instituts, zuversichlich, trotz Stellenkürzungen (70 von 300 Stellen fallen weg) eine gleich gute Leistung abliefern zu können. Fünf Jahre nach der Fusion von Goethe Institut und Inter Nationes arbeite der Kulturexporteur "im Rahmen einer neuen Finanzierungsform dezentraler" (was immer das heißen mag).
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Börsenblatt

Während buchreport mehr Service im Buchhandel anmahnt, kritisiert das Börsenblatt die fehlende Zahlenaffinität der Buchhändler. Im Editorial erklärt Chefredakteur Torsten Casimir, dass BWL sexy geworden sei, ohne Zahlen gehe gar nichts mehr. Der Mittelstand anderer Branchen habe das "womöglich schon besser verstanden als der Buchhandel" - der sich nicht wundern müsse, beim Banker mangels betriebswirtschaftlichen Wissens keinen Kredit rausleiern zu können. Aber auch der Buchhandel werde begreifen - "da ist der Markt ein gnadenloser Pädagoge". In der Analyse der jüngsten Bankenstudie schreibt Christina Schulte, dass nur ein Drittel der Buchhändler weiß, welche Faktoren bei einem Kreditgespräch für eine gute Ratingnote den Ausschlag geben.

Im Kommentar kritisiert der Buchhändler Folkert Roggenkamp, dass Buchhändler die Schnellschiene (schnellere Lieferung der Verlagsauslieferungen) vor Weihnachten nur per Fax und Telefon, nicht jedoch elektronisch per DFÜ-Bestellung in Anspruch nehmen können. Also müsse mit Hochdruck an der EDV-Optimierung gearbeitet werden.

Wöchentlich legt das Börsenblatt zum Thema Suhrkamp-Machtkampf nach. Für diese Ausgabe hat Holger Heimann ein hübsches Porträt vom neuen Gesellschafter Claus Grossner geschrieben. "Man ist machtlos gegen diesen ungeheuer egozentrischen Mann", kapituliert der Autor schon nach wenigen Minuten in der Villa des Hamburgers. Grossner im Schnellurchlauf: Auf dem Papier 65 Jahre alt, physisch erst 42, Bett braucht er nicht, kann überall schlafen, hat schon größere Schlachten geschlagen als die gegen die Suhrkamp-Verlegerin, arbeitet 18 Stunden am Tag, "ohne privates Familiensystem".

Weitere Themen: Holger Ehling referiert die Neuerungen bei der London Book Fair (klarere Messestruktur, neues Leitsystem, größeres kuliarisches Angebot). Christina Schulte fasst die Ergebnisse des Buchmarkt-Forums (ja, eine Veranstaltung des Wettbewerbers) zusammen, das sich mit neuen Verkaufsstrategien beschäftigt hat. Fazit: Verlage setzten immer stärker aufs Endkundenmarketing, um den Leser zu erreichen. Frank Magdans untersucht digitale Übersetzungshelfer, die nur in wenigen Fällen Stze fehlerfrei von einer in die andere Sprache übertragen könnten.
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