Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
15.01.2007. Warum in vielen Buchhandlungen nach 20 Uhr mehr Angestellte als Kunden herumlaufen. Wer beim Börsenverein wegen seiner Rosarotbrille gehen musste. Mit welchem neuen Chef es Lübbe ins Ausland zieht. Und wieso Zuckerbrot und Peitsche auch beim Konditionenpoker wirken.

Börsenblatt

Die Börsenvereinstochter Factoring Gesellschaft Media (kauft Forderungen an, zahlt sie sofort aus und übernimmt das Ausfallrisiko; Tochter der Buchhändler-Abrechnungs-Gesellschaft BAG) ist durch die Pleite der Billigbuchhändler Zanolli mit in den Abgrund gerissen worden und soll nun durch ein Darlehen der MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels in Höhe von 3 Millionen Euro gerettet werden. Freilich schlägt Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir im Editorial einen moderaten Ton an - die Finanzspritze komme der gesamten Branche zugute, die nun eingefädelte Kooperation von BAG und MVB sei naheliegend, man habe in der Krise die Chance erkannt. Erst zum Ende seines Kommentars spricht Casimir endlich Klartext: Wie konnte es zum "Beinahe-Desaster" kommen? "Man staunt schon, wie Beteiligte noch um fünf vor zwölf durch Rosarotbrillen schauen und eine Eins-a-Abwicklung des Zanolli-Zusammenbruchs haben in Aussicht stellen können. War hier eine Allianz der Träumer am Werk? Waltete Optimismus ohne gute Gründe?" Auch der zweiseitige Artikel von Christina Schulte schont die Verbandsschwester nicht. (Nach Drucklegung der Ausgabe sind übrigens die beiden verantwortlichen BAG-Geschäftsführer Klaus Jost und Knut Milbredt zurückgetreten - sie waren es, die monatelang die Folgen der Zanolli-Pleite heruntergespielt hatten. Hier der Artikel)

Unter der Überschrift "Belohnen und Bestrafen" spricht sich der Unternehmensberater Felix Krohn für ein faires Konditionensystem aus. "Die Verlage sollten sich deshalb besser heute als morgen von überzogenen Forderungen der Händler abkehren und damit beginnen, ihre Konditionensysteme zur Verhaltenssteuerung zu nutzen. Erwünschte oder unerwünschte Verhaltensweisen können so durch weitere Rabatte belohnt oder geringere Nachlässe sanktioniert werden" (hier der Artikel).

Volkhard Bode bemängelt, dass Touristikverlage zwar vom Trend hin zu Navigationsgeräten profitieren, das Geschäft jedoch am Buchhandel vorbei geht. Abhilfe soll der "Personal Travel Assistent" von Merian leisten, eine Art Tom-Tom für die Jackentasche. Beim Vertrieb werde Merian neue Wege gehen, weil das Gerät und die Software vorwiegend über den Buchhandel vertrieben werden.

Weitere Themen: Der Klett-Unternehmensbereich Lernen und Wissen wird von Stuttgart nach Augsburg verlagert; am neuen Standort sollen die Aktivitäten besonders im Bereich Elektronisches Publizieren ausgebaut werden. Christina Schulte interviewt Dietmar Olschewski, zuständig für das Büchersortiment bei Karstadt kompakt. Volkhard Bode porträtiert Ulrich Daniels, Chef der 2005 unter das Dach von Weltbild gezogenen 50 Wohlthat'sche-Discounter - die Kette will sich künftig auf bessere Lagen konzentrieren. Stefan Hauck hat den Marburger Buchhändler Rudolph Braun-Elwert besucht, der sein ganzes Geld auf Europas Straßen lässt (als passionierter Motorrad-Fahrer, hier der Artikel). Den Fragebogen hat Schriftsteller Heinz Janisch ausgefüllt (und ein schönes Lebensmotto aufgeschrieben: "Du sei wie Du, immer", Celan).
Archiv: Börsenblatt
Stichwörter: Optimismus

buchreport.express

Türen auf, aber viele Fragen offen - buchreport zweifelt an den uneinheitlichen Ladenschlussregelungen in Deutschland, die dazu führten, dass in vielen Geschäften nach 20 Uhr mehr Angestellte als Kunden herumliefen. Als Ursachen nennt buchreport die Orientierungslosigkeit unter den Kunden. Selbst in Städten, wo sich die Werbegemeinschaften auf längere Öffnungszeiten festgelegt hätten, scherten kleinere Geschäfte oft aus.

Nachdem buchreport bereits in der vergangenen Ausgabe die Jahresbestseller der einzelnen Bestsellerlisten veröffentlicht hat, ziehen die Dortmunder jetzt mit den umsatzstärksten Titeln (Stückzahl mal Verkaufspreis) aller Klassen nach. An der Spitze stehen demnach 3 Hardcover: Hape Kerkelings Wanderbericht, der Duden sowie Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt".

Kaum hat Stefan Lübbe die ihm noch fehlenden Anteile an der Verlagsgruppe von Schwester Cornelia Lübbe-Roggen gekauft, tauscht er die Spitze aus. Karlheinz Jungbeck muss gehen, Nachfolger wird Christophe Montague, der zuletzt die europäische Hörfunkgruppe NRJ international neu strukturiert hat. Mit dem neuen Mann werde Lübbe verstärkt "auf den ausländischen Märkten Flagge zeigen und die multimediale Vermarktung von Inhalten noch intensiver vorantreiben", schreibt buchreport - warum diese Strategie mit Jungbeck nicht realisiert werden konnte, lässt der Artikel offen.

Welche Verlage beim Börsenvereins-Vorzeigeprojekt Volltextsuche Online (vto) mitmachen - die Rede ist von 30 Verlagen zum Start - bleibt weiterhin unklar. Immerhin hat buchreport herausgefunden, dass sich Fischer mit rund 1000 Titeln beteiligen wird (was nicht verwundert, schließlich sorgt eine Holtzbrinck-Schwester für die technische Umsetzung des Projektes). Die einmaligen Kosten für die Bereitstellung der Titel beziffert Fischer-Geschäftsführer Lothar Kleiner auf 50 bis 100 Euro je Titel.

Weitere Themen: Der Börsenverein hat sich mit der GEMA auf einen Tarif für die Musiknutzung in Hörbüchern geeinigt (12 Prozent vom Händlerabgabepreis, der wiederum auf 50 Prozent des Endverbraucherpreises beziffert wird). Die lit.cologne hat einen neuen Hauptsponsor gefunden: Die RheinEnergie AG unterstützt das Literaturfestival in den kommenden drei Jahren. Der US-Buchdienstleister AMS (Umsatz 2005: 822 Millione Dolar) hat Konkurs angemeldet - der Großhändler sei mit 200 Millionen Dollar überschuldet, meldet buchreport. Und hier die Bestsellerlisten.