Die Buchmacher

Die Klett-Familie räumt auf

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
14.09.2007. Aus welchem Grund die Klett-Familie im eigenen Verlag aufgeräumt hat. Warum Nachfolgen in Familienunternehmen "Körperverletzungen" sind. Wieso Bücher auf einmal wieder teurer werden. Und wie Brockhaus an Wikipedia anknüpfen will.

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Nach drei Jahren sinkender Preise hat der buchreport eine Trendwende ausgemacht. Im Jahresverlauf sei der Durchschnittspreis aller im Sortiment verkauften Bücher um 0,9 Prozent gestiegen. "Für eine kleine, aber stabile Trendwende spricht, dass nach zunächst fortgesetztem Rückgang im Januar und Februar 2007 in den sechs Monaten von März bis August jeweils ein Pluszeichen vor der Preisentwicklung steht", schreiben die Dortmunder. Gegen den Trend habe nur das Fachbuch einen weiteren Preisrückgang hinnehmen müssen. Das in den ersten acht Monaten im Sortimentsbuchhandel erzielte Umsatzplus von 3,4 Prozent, so das Fazit von buchreport, speise sich überwiegend aus einer gestiegenen Nachfrage aber auch aus leicht gestiegenen Preisen.

Drei der sechs auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises gewählten Bücher stammen von Hanser; weiteren Titel sind von S. Fischer, Kiepenheuer & Witsch und der Frankfurter Verlagsanstalt (hier die Liste). Der Sieger könne sich nur über 25.000 Euro Preisgeld freuen, sondern auch über stark anziehende Verkäufe, so buchreport (hier der Artikel). Arno Geiger ("Es geht uns gut", Hanser 2005) und Katharina Hacker ("Die Habenichtse", Suhrkamp 2006) hätten sich nach der Auszeichnung auch auf der "Spiegel"-Bestsellerliste weit oben - Hacker sogar fünf Wochen auf Rang 1 - platzieren können.

BI/Brockhaus lädt die Nutzer des Online-Portals von Meyers Lexikon (laut buchreport 22.000 Besucher pro Tag, 3,5 Millionen Seitenaufrufe pro Monat) dazu ein, wie bei Wikipedia gemeinsam Artikel schreiben und eigene Fotos zum Internetlexikon beizusteuern. Mit der Öffnung von Meyers reagiere Brockhaus auch auf Vorstöße im Printwettbewerb, berichtet buchreport: "Im Mai hatte das Bertelsmann Lexikon Institut in Kooperation mit wissen.de ein Community Portal mit lexikalischen Inhalten vorgestellt, bei dem ,Lexikon-Scouts' Begriffe vorschlagen und kommentieren können, die von der Redaktion ausgearbeitet und in die Print-Ausgabe ,Bertelsmann. Das neue Universallexikon 2008' überführt werden sollen." Eine Print-Rückkopplung sei bei Brockhaus nicht geplant.


Weitere Themen: Der Münchner Verlag Gräfe und Unzer hat die in der Internetszene bekannte Foodbloggerin Nicole Stich unter Vertrag genommen: Stich veröffentlicht eigene Rezepte auf deliciousdays.com und bringt im September 2008 ein GU-Kochbuch zum Blog heraus. Amazon stellt im Oktober angeblich ein eigens entwickeltes E-Book-Lesegerät "Kindle"(hier angeblich Fotos) vor. Weltbild plus plant acht neue Filialen. Michael Klett hat nach dem Rauswurf von Uwe Brinkmann wieder den Klett-Vorstandsvorsitz übernommen; als Grund werden unterschiedliche Auffassungen über Vorstandsarbeit und Unternehmenskultur angegeben. Carolyn K. Reidy übernimmt die Führung beim drittgrößten US-Publikumsverlag Simon & Schuster von Jack Romano, der in den Ruhestand wechselt. Hier das Inhaltsverzeichnis und hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Michael Roesler-Graichen legt einen detailliert recherchierten Artikel über den Machtwechsel bei Klett (hier die Meldung) vor. Demnach wurden der Vorstandsvorsitzende Uwe Brinkmann und dessen enger Vertrauter Richard Spies (Leitung Klett Lernen und Wissen) - trotz zuletzt guter Bilanzen - von der Klett-Familie abgesägt, weil sie auf einen raschen Umbau der Verlagsgruppe gedrängt hätten. Einerseits habe das Duo Online-Lehrmittelangebote und E-Learningplattformen aufbauen und sich außerdem vom Kerngeschäft Schulbuch lösen wollen. Besonders die Chemie zwischen Brinkmann und dem Klett-Familienmitglied Philipp Haußmann sei belastet gewesen. Dessen Cousin und Sohn von Michael Klett, David Klett, habe außerdem selbst Ambitionen auf die Spitzenposition.

Passend zum Klett-Thema schreibt Birger Priddat, Präsident der Privaten Universität Witten/Herdecke, im Gastkommentar, dass emotionale Bindungen die Nachfolge bei Familienunternehmen brisant machen. "Es geht nicht nur um gute Verträge, auch nicht einmal nur um Vertrauen, sondern um so etwas wie ,Körperverletzung', wenn man dieses eigenartige Wort hier metapherngleich verwenden darf." Das eigene Unternehmen sei nicht nur ein Unternehmen, sondern inkorporiert: "man hat es sich einverleibt. Oft, wie man sagt, mit Haut und Haar." Als Fazit schlägt der Autor vor, dass die noch aktiven Alten beim Generationenwechsel neue eigene Unternehmen gründen sollen. "Wenn die Energie da ist: in andere Felder investieren. En famille, aber auf anderem Terrain. Oder andere Aufgaben übernehmen: in Stiftungen?"

Im Interview mit Volkhard Bode zum Relaunch der Marco-Polo-Reihe erklärt Verlegerin Stephanie Mair-Huydts, dass damit weitere Käuferschichten erreicht werden sollen: "vor allem junge Leute, die unterwegs viel erleben wollen und dafür aktuelle Informationen brauchen". Zum Start der Reihe vor 16 Jahren habe nur etwa ein Viertel aller Reisenden einen Reiseführer gekauft, heute die Hälfte aller Touristen.

Weitere Artikel: Verkauft wird nicht - hat das Börsenblatt bei Dussmann in Berlin erfahren. Zuvor hatte es Gerüchte gegeben, das Kulturkaufhaus stehe zur Disposition und Thalia in den Starlöchern. Im "Menschen"-Ressort porträtiert Nils Kahlefendt das Führungstrio der Berliner Buchhandlung Pro qm. Den "Fragebogen" hat der Autor Hanns-Josef Ortheil ausgefüllt (Hauptcharakterzug? "Freundlichkeit". Lebensmotto? "Carpe Diem"). Hier das Inhaltsverzeiochnis.
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