Die Buchmacher - Archiv

Börsenblatt

328 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 33

Die Buchmacher vom 04.02.2008 - Börsenblatt

Nachdem das Landgericht Frankfurt Thalia dazu verdonnert hat, preisgebundene Bücher nicht mehr dem Zusatz "ThaliaPreis" zu bewerben - die Werbung sei geeignet, den Verbraucher in die Irre zu führen und den Wettbewerb "nicht unerheblich" zu beeinflussen (hier die Meldung) -, kommentiert Eckart Baier: "Es fällt auf, dass Thalia, Hugendubel oder Der Club immer aggressiver mit dem Preisargument punkten wollen. Buchhändler, die darüber schimpfen, sollten aber zunächst ihr eigenes Ver­halten prüfen: Billigbücher ganz nach vorn, heißt vieler­orts die Devise - was das Preisbewusstsein beim Kunden genauso unterhöhlt."

Rainer Moritz, Chef des Hamburger Literaturhauses, beklagt sich im Gastkommentar darüber, dass Feuilletons zweite Bücher stiefmütterlich behandeln. Hintergrund: Während die Erstlinge sich oft "durch schönste Unbekümmertheit" auszeichneten, seien zweite Bücher nicht selten eine schwierige Geburt. "Die Literaturkritik trägt in letzter Zeit selten dazu bei, zweite Bücher angemessen zu begleiten", moniert Moritz und führt die Autoren Franziska Gerstenberg und Egon Gramer als Leidensgenossen ins Feld. "Ihres Nachrichten- und Sensationswertes - da die recht junge, da der recht alte Debütant - beraubt, wurden Gerstenberg und Gramer von den meisten Literaturredaktionen auf die Seite geschoben, als gälte es, jedes Frühjahr und jeden Herbst partout neue Säue durchs Dorf zu treiben."

Im Interview mit hh rekapituliert der Luchterhand-Lektor Klaus Siblewski das dritte Treffen der angestellten Lektoren in Hildesheim. Für ihn persönlich sei interessant gewesen, sich zu vergewissern, dass auch seine Kollegen während der Arbeit am Manuskript verschiedene Phasen durchleben: von "großer Zuneigung bis zu enormen Widerständen".

Ein Artikel mit Geschmäckle: Max Florian Kühlem porträtiert auf drei Magazin-Seiten den Bücherregale-Bauer Jan Paschen. Tenor: Der Unternehmer baut mit Leidenschaft Bücherregale, stammt aus einer bildungsbürgerlichen Familie - und sieht mit aufgeknöpftem Hemd und dicker Holzkette überdies auch noch cool aus. Der fade Beigeschmack entsteht dadurch, dass Paschen, der (O-Ton des Artikels) "umtriebige Unternehmer mit Visionen und Gewinnzielen", auf Wunsch des Börsenvereins in den kommenden drei Jahren den Deutschen Buchpreis mit 300.000 Euro unterstützt (hier die Meldung). Über das Medienecho, zitiert der Autor den Regalbauer, erhoffe er sich "natürlich auch einen Imagegewinn für die Firma" - den Grundstein hat das Börsenblatt für die Verbandsmutter nun gelegt.


Weitere Themen: Michael Roesler Graichen untersucht den Trend, dass Verlage ihre Bildungsdienstleistungen ausbauen - weil das Schulbuchgeschäft stagniere - und porträtiert in einem zweiten Artikel den Stuttgarter Kohlhammer-Verlag (500 Mitarbeiter, 3000 Backlist-Titel, Umsatz 2006: 38 Millionen Euro, inklusive aller Betriebe wie Druck 92 Millionen Euro). Nils Kahlefendt stellt den Dresdner Buchhändler Thorsten Tonndorf vor. Den Fragebogen hat der Autor Marcus Braun ausgefüllt (Lebensmotto: "Die Leber ist an sich ein sehr gutmütiges Organ"). Hier das Inhaltsverzeichnis.

Die Buchmacher vom 28.01.2008 - Börsenblatt

Im Gastkommentar fordert der Verleger Joachim Unseld seine Kollegen dazu auf, gegen die sich abzeichnende Übermacht der Buchhandelsketten vorzugehen. Die Vorstöße der Filialisten um Konditionsverbesserungen kämen so sicher wie das Amen in der Kirche - und die betroffenen Verlage müssten sich Gedanken um eine ausgeglichene Rabattpolitik machen. "Wir müssen uns die Frage stellen, wie viel ,Schutzgeld' wir bereit sind zu bezahlen, um von den Großfilialisten künftig nicht ausgelistet zu werden, oder als kleinerer Marktteilnehmer überhaupt erst gelistet zu werden". Leider stellt Unseld mehr Fragen, als dass er konkrete Schritte gegen die Filialisten vorschlägt; er will jedenfalls den kleinen und mittelständischen Buchhandel retten und droht - zumindest zwischen den Zeilen - damit, dass sich Verlage andere Vertriebswege suchen.

Top-Thema im Börsenblatt ist die Ramsch-Politik in der Branche (hier). Anlass ist ein Brief des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein an die Verlage, mit dem der SoA an die gemeinsame Verantwortung appelliert - Verlage hätten dafür Sorge zu tragen, dass nur echte Mängelexemplare geliefert würden. SoA-Vorsitzender Heinrich Riethmüller: "Es kann nicht Aufgabe des Buchhändlers sein, ein Paket mit Mängelexemplaren Buch für Buch zu prüfen." Im Interview mit dem Branchenblatt zeigt sich auch Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels besorgt über den Missstand, "dass nicht selten einwandfreie Bücher deutlich unter dem Ladenpreis verkauft werden. Das belastet die Glaubwürdigkeit des Buchhandels beim Bekenntnis zur Preisbindung eklatant." Das Problem sei gewachsen, weil die Verlage mehr Bücher produzierten, als der Markt aufnehmen könne. "Remittenden werden buchstäblich um jeden Preis erneut in den Handel gebracht. Das schadet der Preisbindung. Besser wäre es, nicht verkäufliche Bücher zu makulieren."

Manfred Antoni verabschiedet sich nach erfolgreicher Sanierungsarbei von der Spitze der Buchhändler-Abrechnungs-Gesellschaft (BAG) und wechselt zum 1. März als Vorstand zur Ernst Klett AG (zuständig für den Bereich Fern- und Fernhochschulen, hier die Meldung). Die BAG-Geschäftsführung geht an das Multitalent und MVB-Geschäftsführer Ronald Schild über, berichtet das Börsenblatt.

Holger Heimann unterhält sich mit dem Werber Lutz Meyer (Scholz & Friends) über Buch-Marketing - besser gesagt: über fehlendes Marketing. In der Buchwerbung habe sich in den vergangenen 50 JAhren kaum etwas getan, lautet Meyers ketzerische These. Verleger investierten das Gros ihrer Zeit in die Herstellung von Büchern, in anderen Branchen sei das Verhältnis umgekehrt, weshalb dort die Marge größer sei.


Weitere Themen: Der Buchhandel gehört zu den drei wichtigsten Mietern in Deutschlands 1a-Lagen (hier). Nachdem Geschäftsführer Thomas Huggle am Jahresende in den Ruhestand gegangen ist, baut die Verlagsgruppe Oetinger ihre Chefetage um: Neben Verlegerin Silke Weitendorf sind nun ihre Söhne Jan und Till sowie Markus Niesen und Klaus Peter Stegen in der Geschäftsführung (hier). Hans-Jürgen Krug analysiert die Krise der Literatursendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen - und die Verlagerung zu Pay-TV-Sendungen und ins Internet. Stefan Hauck porträtiert die Buchhändlerin Anne v. Bestenbostel. Steffi Hugendubel (was für ein Name in der Branche) interviewt den Autor Martin Suter, der auf Ibiza und in Guatemala lebt. Hier das Inhaltsverzeichnis.

Die Buchmacher vom 21.01.2008 - Börsenblatt

Der Berliner Verleger Jörg Sundermeier spricht sich im Gastkommentar für die Gründung einer Allianz der Independent-Verlage nach dem Vorbild der Swiss Independent Publishers aus. Noch beherrschten die Großfilialisten DBH, Mayersche und Thalia den deutschen Buchmarkt zwar nicht zur Gänze, und noch sei es im Buchhandel unüblich, Verlage auszulisten - doch es sei abzusehen, dass die Filialisten weiter an Macht gewinnen, Verlage auch in Deutschland bald für Platzierungen werden zahlen müssten und "dass der größere Teil des unabhängigen Buchhandels die Moden mitmacht und dennoch eingeht, und dass die kleinen Nager bald kaum noch ihre Krumen finden." Im Kommentar zum Kommentar erinnert der Verleger Matthias Ulmer an die Erfahrungen der UTB als Kooperation von knapp 20 Verlagen. "Hier ist es gelungen, das Angebot von 20 Verlagen so zu bündeln, dass ein Programm entstanden ist, um das eine größere Buchhandlung nicht herum kommt. Und es ist nachweisbar, dass die Umsatzrendite in der Kooperation um mindestens 3 Prozent steigt durch effizientere Logistik, Werbung und Konditionen." Dies sei jedoch nur möglich, wenn die Verlage eine gemeinsame Marke an Stelle ihrer Verlagsmarken setzten.

Ziemlich cool präsentieren sich die Weissbooks-Verlagsgründer Rainer Weiss und Anya Schutzbach im Interview mit Holger Heimann - mit kühlem Blick und dunkler Kluft auf dem Foto zumindest. 13 Gesellschafter haben die Ex-Suhrkampianer als Unterstützer gewonnen. Ehrgeiziges Ziel des Duos: Am Ende des zweiten Jahres sollen schwarze Zahlen geschrieben werde; dazu sollen die Kosten klein gehalten werden, pro Programm mindestens eine Cash-Cow. Weitere avisierte Hürden: Jahresumsatz zum Start: 2 bis 2,5 Millionen Euro; 2010 sollen 18 Titel pro Jahr verlegt werden. Interessant ist die Aufmachung der Bücher (hier zu sehen): eine rein typografische Lösung, bei der der Verlagsname größer als der Titel und Autor erscheint und die die vom schweizerischen Gestalter Fritz Gottschalk entworfen wurde - Gottschalk hat auch den Schweizer Pass gestaltet.

Weitere Themen: Passend zum Kommentar stellt Holger Ehling eine Kooperation von britischen Independent-Verlagen vor: Sieben unabhängige Verlage, darunter Faber & Faber, treten als "Independent Alliance" auf, um es bei den Bücherketten überhaupt ins Regal zu schaffen. Stephan Eppinger schickt aus Düsseldorf einen Bericht über die Wettbewerbssituation der Buchhandlungen - sowohl Thalia als auch die Mayersche wollen dort neue Filialen eröffnen. Das Börsenblatt vermeldet für das vergangenen Jahr für eine Umsatzwachstumsspanne von 0,5 Prozent (Kölner Institut für Handelsforschung, nur stationärer Buchhandel) und 3,9 Prozent (Media Control GfK, mit Online und Warenhäuser). Holger Heimann porträtiert den Frankfurter Autor Matthias Altenburg, der seinen dritten Krimi vorlegt. Rainer Groothuis hat den Fragebogen - endlich mal inspirierend - ausgefüllt (er würde gerne ein Buch gegen "Bedenkenträgerei und Entscheidungsscheu, die Befindlichkeitskultur und die allgefallsüchtige Konsenssuche im Mittelmaß" schreiben). Hier das Inhaltsverzeichnis.

Stichwörter: Buchmarkt, Faber, Faber & Faber

Die Buchmacher vom 14.01.2008 - Börsenblatt

Eckart Baier spekuliert über die neue Strategie von Bertelsmann unter der Regentschaft von Hartmut Ostrowski, der in Bildung investieren und unrentable Geschäfte abstoßen wolle - also schlechte Zeiten für den Club, der unter Fernando Carro zwar die Wende zurück in die schwarze Zahlen geschafft, den Mitgliederschwund jedoch nicht gestoppt habe. Nicht nur der deutsche Club, sondern der gesamte Geschäftsbereich stehe auf dem Prüfstand. Veränderungen erwartet der Autor auch im Bildungsbereich. Nachdem der Kauf der Verlagsgruppe HarperCollins vorerst gescheitert sei, werde Bertelsmann wohl noch in diesem Jahr nach Alternativen Ausschau halten.

Die Buchhandelskette Weiland (Tochter der Hugendubel-Weltbild-Allianz DBH) hat mit Wirkung zum 1. Januar die Heron-Buchhandelsgesellschaft (neun Filialen) von der Berliner Good Time Holding gekauft. Zweite Groß-frisst-Klein-Meldung: Thalia will die Buch Kaiser GmbH in Karlsruhe (vier Standorte) schlucken - das Kartellamt muss noch grünes Licht geben. Im Kommentar scheibt Autor csch, dass das Tempo der Jäger in der Buchbranche immer höher wird, die Zahl der begehrten Trophäen jedoch immer geringer. "Viele sind schon erlegt. Leider."

Holger Heimann interviewt die Fahrenheit-Verlegerin (und Gattin von Pendo-Chef Christian Strasser) Doris Janhsen, die rekapituliert, warum sie den Verlag gegründet hat (hier die Meldung) - im Frühjahr erscheinen die ersten Titel. Passend dazu begrüßt der Verleger Jochen Jung im Gastkommentar die Verlagsgründungen von Branchenmenschen wie Doris Janhsen oder Rainer Weiss: Es sei inspirierend, wenn Neues versucht werde, "und es ist wenig originell, darauf als Erstes mit Kopfwackeln und Prophezeiungen baldigen Wiederverschwindens zu reagieren. Wir haben das ja erst kürzlich bei der wesentlichsten Verlagsgründung der letzten Zeit, dem Verlag der Weltreligionen, erlebt."

Weitere Themen: Der britische Buchhandel hat zu Weihnachten ein Umsatzplus von fünf Prozent erwirtschaftet. Besonders die großen Filialisten und Onlinehändler hätten mit Rabatten von bis zu 60 Prozent starke Umsätze verbuchen können. Sabine Cronau beschreibt, wie Frankreich gegen Raubkopien vorgeht - Netz-Piraten soll sogar der Zugang zum Internet gekappt werden. Christina Schulte porträtiert den 25-jährigen Buchhändler Olaf Schreiber, der im September 2007 die Geschäftsführung des regionalen Filialisten Schreiber Bücher & Papier in Korbach übernommen hat. Den Fragebogen hat der Autor Daniel Glattauer ("Gut gegen Nordwind") - wenig inspirierend - ausgefüllt. Hier das Inhaltsverzeichnis.

Die Buchmacher vom 07.01.2008 - Börsenblatt

Georg Klein hat mit einem Gastkommentar eine Debatte ausgelöst. Im Kommentar referierte der Schriftsteller (homepage), wie seine Frau und er Bücher horten - oder vielmehr: nicht horten. Nach dem Umzug aufs Land beschlossen die Autoren, "ab sofort nur so vielen Büchern in unserem Haushalt dauerhaft Obdach gewähren, wie wir in diesen drei Gestellen unterbringen" - in drei vom Dorfschmied gefertigten Regalen. "Seitdem hat manch ein Besucher vergebens nach jenem Band geforscht, den er uns doch erst kürzlich geschenkt hatte. Ausgelesen heißt bei uns in der Regel ausgemustert", räumt Klein ein. "Nur was uns wirklich weiterempfehlenswert erscheint, kommt als Spende in die öffentliche Bücherei der nächsten Kleinstadt, alles andere wandert - ich tippe es errötend - in den Altpapiersack."

Im Online-Forum haben inzwischen Leser auf Klein reagiert, die meisten empört: "Puh wie hartherzig, mir läufts eiskalt runter", echauffiert sich der eine. Ein anderer: "Stellen Sie sich nur vor, Herr Klein, jemand würde so mit Ihren Werken verfahren!!?" Ein dritter: "Ich finde Bücher wegwerfen grausam."

Christoph Schröder porträtiert die neue Suhrkamp-Marketingleiterin Cerstin Gerecht, die auf derselben Schule wie Verlegerin Ulla Unseld-Berkewicz und Werbeleiter Matthias Reiner war und zuletzt die Kulturverwaltung der Stadt Kiel geleitet hat. Innovative Rezepte zur Vermarktung der Suhrkamp-Titel legt Gerecht noch nicht vor - "Wir wollen auf unsere Bücher aufmerksam machen. Durch ungewöhnliche Aktionen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", allgemeinplätzelt die gebürtige Thüringerin. Am auffälligsten am Artikel ist ein Foto, das die neue Suhrkampianerin mit Zigarette zeigt - ein selten gewordenes Bild.

Noch ist die Nachrichtenlage in der Branche dünn - weshalb das Börsenblatt mit Umfrage über die einer Umfrage über die guten Vorsätze der Branchenvertreter ins neue Jahr startet. Zwischenbuchhändler Stefan Könemann offenbart, dass er mehr Umsatz machen und jederzeit freundlich zu den Mitarbeitern sein will. Lutz Schulenburg (Edition Nautilus) verzichtet auf gute Vorsätze (diese seien "der bloße Vorschein des Scheiterns") und kündigt an, seinen Schreibtisch aufzuräumen. Andreas Auth (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) will mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen.

Weitere Themen: Der Frankfurter Campus Verlag hat seinen Umsatz 2007 gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent auf 11,5 Millionen Euro gesteigert und die Remissionsquote von elf auf neun Prozent gesenkt. Harald Fette untersucht den Markt für digitale Nachschlagewerke. Christoph Schröder stellt den Börsenblatt-Cartoonisten Steffen Butz vor. Christina Schulte kürt die erfolgreichsten Verlage 2007: In der Belletristik hat Heyne, beim Sachbuch Gräfe und Unzer die meisten Bestseller gelandet. Die Rechtsanwältin Birgit Menche erklärt, was bei massenhaften Abmahnungen zu tun ist. Hier das Inhaltsverzeichnis.

Die Buchmacher vom 28.12.2007 - Börsenblatt

Der Verleger Jochen Jung plädiert im Gastkommentar dafür, Klassiker zu lesen - und offenbart dabei ein interessantes Verständnis der kanonischen Literatur: Das Schöne an den Klassikern sei, dass man sie nicht unbedingt durchlesen müsse - weil diese ihren "Zauber schon nach 20, 30 Seiten rüberbringen". Unter "Zauber" versteht der Salzburger die "innere Sorgfalt, mit der diese Bücher geschrieben wurden und die sie so widerständig gegen das Vergessen gemacht hat." Kein Wort sei überflüssig, "keine Geste, keine Episode. Und zum andern spricht jedes Wort, jede Geste, jede Episode zu Ihnen. Die Alten hatten ja immer ihren Leser, ihre Leserin vor Augen, das Erzählen, das ja immer ein Jemandem-etwas-Erzählen ist, war in diesen fernsehlosen Zeiten allen ganz selbstverständlich." Soll wohl im Umkehrschluss heißen: Heutzutage wird nur noch über den Kopf der Leser hinweg opulent geschwafelt.

Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir arbeitet die Krise des marebuchverlags auf. Nach dem Aus für den Verleger Nikolaus Hansen plane Nikolaus Gelpke (Alleingesellschafter der Mutter Dreiviertelverlag) die Konsolidierung. Der Buchverlag habe jährliche Fehlbeträge im höheren sechstelligen Bereich erwirtschaftet, die nur durch Zuschüsse aus dem Mare-Zeitschriftenverlag hätten ausgeglichen werden können. Neben den schwierigen Finanzen seien "unterschiedliche Auffassungen von Partnerschaft" (Gelpke) ausschlaggebend gewesen. Künftig sollen nur noch 12 oder 13 statt 20 Titel pro Jahr erscheinen.

Kaum ist das Weihnachtsgeschäft vorbei, warten die Onliner mit ersten Bilanzen auf: Weltbild.de rechnet mit einem Plus von 40 Prozent - dem höchsten Zuwachs seit Gründung des Shops; Amazon hat lediglich erklärt, das beste Weihnachtsgeschäft aller Zeiten absolviert zu haben, mit weltweiten Zuwachsraten von 28 bis 37 Prozent (hier die Meldung)

Weitere Themen: Laut Börsenblatt startet Brockhaus im Frühjahr einen Neuauftritt der digitalen Lexikonsubstanzen, inklusive der "Brockhaus Enzyklopädie online". Unter Berufung auf das Manager Magazin meldet das Branchenblatt, dass Bertelsmann Harper Collins übernehmen will; die Gütersloher seien bereit, eine Milliarde Dollar zu investieren, Rupert Murdochs News Corporation verlange indes das Doppelte. Jennifer Minke berichtet, dass immer mehr Verlage für ihre Bücher mit Clips im Fernsehen oder Internet werben, darunter Lübbe und Droemer Knaur. Birte Pompel gibt Empfehlungen für gelungene Newsletter. Stefan Hauck porträtiert den Illustrator Nikolaus Heidelbach, der jeden Tag von 8.30 bis 18 Uhr arbeitet und besonders von der realistischen malerischen Darstellung von Materialien fasziniert ist. Hier das Inhaltsverzeichnis.

Die Buchmacher vom 17.12.2007 - Börsenblatt

Im Editorial rekapituliert Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir die Krise der BAG. "Über zu lange Zeit sind die Geschäfte der BAG nicht entschieden genug den Erfordernissen des Marktes angepasst worden. Risiken wurden verkannt. Dringende Investitionen wurden nicht getätigt. Am Ende fehlte jeder finanzielle Spielraum, zum Beispiel die rückständige IT zu relaunchen", so Casimir. Der "betriebswirtschaftlichen Katastrophe" sei eine mentale vorausgegangen. "Man hatte sich in Frankfurt das buchhändlerische Leben als einen langen, ruhigen Fluss vorgestellt. Leider die falsche Mind Map: im Zentrum kontemplativ statt kompetitiv."

In der Rubrik "Zahl der Woche" beschreibt das Börsenblatt den erstaunlichen Erfolg von Hape Kerkelings Wanderbeschreibungen "Ich bin dann mal weg", von der 2,5 Millionen Exemplare verkauft worden seien.

Konstantin Wegner, Rechtsanwalt in München, plädiert in der Diskussion über Bücher-Raubkopien und die geeignete Reaktion von Verlagen für eine "Mischung aus Repression und attraktivem Angebot". "Da sich die Piraterie kaum zu einem so grundlegenden Problem wie in der Musikbranche entwickeln wird, können sich die Verlage auf die Verfolgung der heavy user und den Schutz ihrer Bestseller konzentrieren." Verlage könnten aus den Fehlern der Musikbranche lernen, die sich lange Zeit darauf fokussiert habe, das Problem mit juristischen Mitteln in den Griff zu bekommen, ohne eine Alternative zu bieten, "viel zu spät erste Online-Angebote zuließ und nun sogar so weit ist, auf jeden Kopierschutz zu verzichten."

Weitere Themen: Amazon verhandel laut Wirtschaftswoche mit Vodafone über einen weltweiten Vertrieb des neuen E-Book-Lesegerätes "Kindle". Brockhaus wehrt sich gegen den Stern-Vergleich mit der Wikipedia, bei dem die Community-Enzyklopädisten besser abgeschniktten haben als die 15-bändige Online-Ausgabe des Brockhaus: Statt die Wikipedia mit der "Brockhaus-Enzyklopädie" zu vergleichen, habe der Stern "Äpfel mit Birnen" verglichen. Andreas Trojan porträtiert die Verleger Zsuzsanna Bazing und Janos Schenk, die zwei Verlage in Budapest und Passau leiten (Dialog Campus Verlag und Schenk Verlag). Hier das Inhaltsverzeichnis.
Stichwörter: Wikipedia, Kindle, Troja, Repression

Die Buchmacher vom 10.12.2007 - Börsenblatt

Im Gastkommentar beklagt sich der Literaturkritiker Wolfgang Schneider über die geringe Halbwertzeit von Büchern, die zu den besonders flüchtigen Waren gehörten. "Während viele Alltagsprodukte eine Laufzeit von Jahrzehnten haben, überleben Bücher in den meisten Fällen bereits das Saisonende nicht." Als Weg aus dem Vergessen schlägt der Kritiker vor, in den Medien und Verlagen "Überlebensnischen für zu Unrecht vergessene Werke" einzurichten: ",Das Beste der 60er, 70er und 80er?, Sammlungen ,literarischer Sommerhits? oder eine Rubrik ,Remittende revisited?".

Schön ist der vom Börsenblatt abgedruckte Kommentar zu Vito von Eichborns in der vergangenen Woche erschienenen Tipps zum Scheitern für Verlagsgründer (hier nachzulesen): Dessen Sarkasmus ändere nichts am Erscheinungsbild von "Teufels Scheißhaufen": "An den Pastelltönen der Buchtische kann schon die Charakterlosigkeit der Anbieter abgelesen werden. Klevere Event- und Skandal-Absahner schieben den Hintern des Teufels unter ihren Haufen und der Rest wird dann auf den Haufen ,Bildungsersatzbefriedigung' (Kehlmann, Handke, Grass, Walser etc., die zum größeren Teil schon zu dem Skandalhaufen gehören) umgeleitet."

Tja, was sollen die Sortimenter schon sagen zur Krise beim Eichborn Verlag (dessen Kurs nach dem Führungswechsel zeitweise auf 63 Cent je Papier sank)? So bleibt das Ergebnis des "Rundrufs" erwartunsgemäß dünn: "Schade" sagt die eine Buchhändlerin, selbst schuld der andere - Eichborn sei zu ungenau in seiner programmatischen Ausrichtung, so Ulrich Dombrowsky (Regensburg).

Weitere Themen: Volkhard Bode erklärt, warum Buchhandlungen manchmal auch einen Verlag betreiben - gut fürs Image, mehr Marktnähe, Alleinstellungsmerkmal. Stefan Hauck beschreibt, wie man mit Klappentexten den Leser verführt: Reizwörter, Disharmonien ("für kluge Kinder und alberne Erwachsene"), Fragen, Ich-Form und Alliterationen seien ideal. Auch das Börsenblatt hat sich bei Buchhändlern umgehört, wie das Weihnachtsgeschäft angelaufen ist: amazon.de hält sich börsennotierungsbedingt bedeckt, weltbild.de meldet einen Umsatzzuwachs von 40 Prozent. Den Fragebogen hat der beim marebuchverlag kürzlich ausgeschiedene Nikolaus Hansen ausgefüllt ("Lebensmotto? "Immer noch einen wärmeren Pullover im Schrank"). Nur online: Zum 1. Januar 2008 übernimmt die Münchner Finanzbuch Verlag GmbH das gesamte Programm der Buchverlage redline Wirtschaft, mi (Moderne Industrie) und mvg des Süddeutschen Verlags (hier die Meldung). Das Hörbuchportal Claudio.de bietet neben Downloads jetzt auch Bücher, DVDs, Spiele, Software und Zeitschriften an (hier).

Die Buchmacher vom 03.12.2007 - Börsenblatt

Nachdem der Münchner Blumenbar-Verlag jetzt einen Investor im Boot hat, hat sich das Börsenblatt unter Verlegern umgehört, ob die Beteiligung ein lohnender Schritt sein könnte. "Im Grunde träumen doch fast alle davon", räumt Verbrecher-Verleger Jörg Sundermeier ein (der dürfte mit dem Verlagsnamen wohl aber ewig auf einen Investor hoffen). "Bei überschaubarem Stammkapital wäre ein Investor schnell in einer Mehrheitssituation - und man selbst nicht mehr independent", warnt Christoph Links.

22 unabhängige Verlage haben sich im Verbund Swiss Independent Publishers zusammengeschlosen. Im Interview mit dem Börsenblatt kündigt Präsident Ricco Bilger an, zunächst "Marketing- und Vernetzungsarbeit" zu bündeln.


Im Gastkommentar gibt der Verleger Vito von Eichborn Tipps, um als Verlagsgründer zu scheitern: "Für die Programmarbeit gilt: Wenn man sich nach den Mehrheiten richtet, macht man sicherlich weniger Fehler. Aber der Durchschnitt, der es allen recht machen will, war noch nie innovativ. Nie auf Buchhändler oder Feuilletons hören! Ihre Erfahrungen sind von gestern." Und: "Das Kernproblem von Neugründern ist in aller Regel - und dies gilt besonders für die Literatur -, dass sie zu anspruchsvoll sind." Da dies alles ironisch gemeint ist, schiebt Eichborn hinterher: "Und alles anders machen, als es hier oder sonstwo erzählt wird. Alles Neue entsteht an den Rändern.
Was lohnt? Bemerkenswertes, Ungewöhnliches, Komisches, Geheimes, Ungeheuerliches und: Tabus."


Weitere Themen: Beate Semmler vergleicht Buch- und Frisurenbranchen. Parallelen: Man sucht nach kreativen Lösungen; des einen Weltbildplus ist des anderen Zehn-Euro-Frisör; Banken vergeben nicht gerne Kredite. Passend zum Thema Geld erklärt Ute Grundmann am Beispiel des Lusatia Verlags, wie es gelingen kann, Sponsoren zu finden. Sabrina Gab porträtiert das Verlegerpaar Peter Meyer und Annette Sievers (pmv Peter Meyer Verlag). Den Fragenbogen hat der Männerschwarm-Verleger Joachim Batholomae ausgefüllt (Hauptcharakterzug: "Etwas zu viel Selbstvertrauen. Aber manchmal gelingt es, anderen davon ein wenig abzugeben"). Hier das Inhaltsverzeichnis.
Stichwörter: Links, Christoph

Die Buchmacher vom 25.11.2007 - Börsenblatt

Rainer Moritz rechtfertigt sich mit einem Gastbeitrag, warum er Fortsetzungen - entgegen des literaturwissenschaftlichen Mantras - mag. "Vielleicht gelingt es ja einem findigen Lyriker, sich einiger Goethe-Verse anzunehmen. ,Das Heideröslein' etwa ist entschieden zu kurz; da ließen sich mühelos ein paar Strophen dranhängen", meint Moritz. Gern würde er (wie die Branche weiß: Schlagerfan) auch davon hören, wie es mit Christian Anders? Maria weitergehe, "die einst im Zug nach nirgendwo saß und in einem neuen Lied zum Ex-Lover zurückkehren könnte." Letztlich wäre die ganze Weltgeschichte fortzuschreiben. "Stellen Sie sich vor - nur ganz kurz -, Gerhard Schröder wäre 2005 Kanzler geblieben und müsste seine Pension heute nicht mit Gelegenheitsjobs in der Wirtschaft aufbessern."

Autor gab berichtet über den Streit zwischen der norwegischen Autorin Ragnhild Moe um das Cover den von ihr bei Goldmann erschienenen Romans "Anatomi. Monotoni". Durch die Wahl eines anderen Covers (Schrift auf Busen statt Nackte auf Treppe) sowie anderen Titels ("Die Hände des Cellisten") sehe sich die Autorin "in eine Kitsch-Ecke" gedrängt. Passend zum Thema hat das Börseblatt in einem Rundruf Verlagsleiter und Lektoren befragt, wer am Ende in der Cover-Frage das Sagen hat - Autor oder Verlag? Tenor: Cover und Titel sind Sachen des Verlags.

Johannes Wetzel untersucht die Situation des unabhängigen Buchhandels in Frankreich, wo der Staat ein Gütesiegel einführen möchte, um den Sortimentern den Rücken zu stärken. Zwar sei der Marktanteil der Independents mit 41 Prozent noch relativ hoch; gleichwohl litten die kleineren Sortimente unter steigenden Mieten, Fracht- und Personalkosten. Ein "hochqualifizierter" 42-jähriger Buchhändler mit Hochschulstudium und 16 Berufsjahren verdiene gerade einmal 2000 Euro im Monat.

Weitere Themen: Frauke Breuer berichtet, dass die Osiandersche Buchhandlung alle zwei Jahre ihren Nachwuchs zum Sprech- und Kommunikationstraining auf die Bühne schickt. Volkhard Bode stellt die Kommunikationsstrategie der Buchhandlung Berlinstory vor, die Wikis zum Informationsaustausch nutzt. Torsten Casimir interviewt den Gutenberg-Professor Stephan Füssel zur die Entwicklung der Branche seit der Weimarer Republik. Wolfgang Schneider porträtiert den Berliner Historiker Jörg Friedrich. Hier das Inhaltsverzeichnis.