Die Buchmacher - Archiv

BuchMarkt

24 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 3

Die Buchmacher vom 14.04.2003 - BuchMarkt

Dem BuchMarkt liegt ein Heft mit den Preisträgern des BuchMarkt Award 2003 vor. Der Preis wird in den Rubriken Fachhandelswerbung, Endverbraucher-Kommunikation, Verkaufsförderung Verlage, Local-Marketing Buchhandlungen, Fachbuch-Marketing und Integrierte Markenkommunikation vergeben.

Im Heft selbst werden der Buchbranche in drei Beiträgen ordentlich die Leviten gelesen. Gerhard Beckmann eröffnet den Reigen: Wenn die Buchbranche heute unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten leide, schreibt er, "so keineswegs deshalb, weil 'man mit Büchern kein Geld mehr verdient' bzw. verdienen kann. Es hat vielmehr einen anderen, generellen, hausgemachten Grund: Durch eine generell maßlose Überproduktion ist zunächst einmal das Prinzip des kultur-ökonomischen Gleichgewichts verletzt worden. Die Zahl der Verlage und ihrer Titel ist in Deutschland so immens geworden, dass die ökonomisch notwendigen Verkaufsauflagen insgesamt unmöglich geworden [sind]". Außerdem sei das Buch durch die Konzerne "in die modernen Denk-, Handlungs- und Managementstrukturen von Großkapital und Großwirtschaft einbezogen worden". Dort herrschten viel höhere Rendite-Erwartungen. Es sei "ein erschreckendes Indiz, dass in den 1990er Jahren bei steigenden Programmvolumen der Werbeeinsatz pro Titel drastisch abnahm". Während die Publikumswerbung zurückging, sei die Point-of-Sale-Werbung "zum quasi allein selig machenden Prinzip" geworden. Beckmanns Forderung: "Ein Buch braucht Zeit", und zwar im Verlag, wo alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen sollten. "Und warum gelingt das zu wenig? (...) Weil viele Lektorate intellektuell bunkern und nicht mal fähig sind, den Spatzen einen Buchfinken vorzustellen. Weil Mitarbeiter im Vertrieb nur die vom Management vorgegebenen Spitzentitel kennen (...). Weil Werbeleute oft nicht wissen, wie bei der weitgehenden Selbstbedienung im Sortiment beispielsweise eine sachgerechte und emotional ansprechende Betextung der Umschlagrückseite von (eingeschweißten) Hardcovern aussehen sollte."

Aus Anlass der Übernahme von Ullstein Heyne List durch Random House kritisiert Wolfgang Stock den Drang zur Größe. "Bertelsmann hat im Buchbereich in den letzten Jahren keine allzu glückliche Hand bewiesen: dieser alberne Namenswechsel (Random House), keine Strategie beim kraftlosen Club, die BOL-Blase, die Trennung von Volker Neumann oder anvisierte Verkauf des Fachverlags - während Bertelsmann im TV-Geschäft von Erfolg zu Erfolg eilt, bekleckern sich die Buchmanager nicht unbedingt mit Ruhm. (...) Der Elefant mag ein beeindruckendes Tier sein, aber in vielem ist der sympathische Hase flinker."

Detlef Wolters, Geschäftsführer der Düsseldorfer makething GmbH, hat schließlich keine Lust mehr, sich das Jammern der Buchbranche anzuhören. "Nun könnten die Buchmenschen aus den Erfahrungen anderer Branchen lernen. Wie hat die Automobilindustrie den weitaus drastischeren Umsatzrückgang in den achtziger Jahren verarbeitet? Mit Jammern oder mit Visionen? (...) Warum verkaufen deutsche Winzer mehr Wein als jemals zuvor? Wegen protektionistischer Maßnahmen oder weil ihre Produkte besser geworden sind?" Von der "Kostensenkungs-Kampagne" der Controller hält er nichts: Dies sei der sicherste Weg, "eine sich andeutende Krise zu verschärfen". Er fordert: "1. Den Blick vom Negativen auf das Positive lenken." - "2. Den Standesdünkel einer elitären Branche vergessen und von anderen Industriezweigen lernen." (Case-Studies seien in den Buchhandlungen unter "Wirtschaft" zu finden.) - "3. Das Jammern einstellen und stattdessen das Feuer der Begeisterung entfachen." (Auch beim Sparen...) - "4. Gemeinschaftswerbung finanzieren und entwickeln." Ein gemeinsames Branchenmarketing sei bisher vor allem deshalb nicht zustande gekommen, weil die ganze Branche nicht optimistisch an die Zukunft denke, sondern über die Gegenwart jammere.

Libri.de bietet seinen rund 1.000 Kunden im Sortiment künftig einen individuelleren Online-Auftritt. Außerdem können Buchhändler mit einem "ausgetüftelten Gutscheinmodell, das die Vorgaben des Preisbindungsgesetzes beachtet", ihrerseits neue Kunden werben. Libri.de-Geschäftsführer Per Dalheimer wirbt im Interview mit Christian von Zittwitz für sein Angebot: "Der Internetbuchmarkt wächst weiter, und glaubt man den aktuellen Studien, wird er in nicht zu ferner Zukunft über zehn Prozent des Marktes ausmachen. Als Buchhändler muss ich Farbe bekennen und sagen: 'Ja, ich möchte mir von diesem Kuchen meinen Teil abschneiden. Ich setze mir ein klares Umsatzziel.' Bei vielen meiner Gesprächspartner im stationären Handel such in noch immer eine klare Position. Ein bisschen Internet geht aber nicht."

Weitere Beiträge: Jo Volks ärgert sich über das Ende des Verlags Middelhauve. Sabine Gauditz stellt Ideen für die Frühjahres- und Osterdeko vor. Und die Schwerpunkte des Heftes sind Fachinformationen, Neue Medien sowie Essen & Trinken. Darin: Ein Interview mit Friedrich-Karl Sandmann, 100 Tage nach dem Rückkauf seines Verlags, und der Hinweis auf einen Bildband zur Geschichte des Unternehmens Dr. Oetker. Außerdem gibt es auf vier Seiten diverse (heute nicht mehr ganz aktuelle) Stellungnahmen zum Streit um den Gesetzentwurf zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft.

Die Buchmacher vom 17.03.2003 - BuchMarkt

Dem BuchMarkt liegt ein nützliches kleines Heft "Best of Leipzig" zur kommenden Buchmesse bei. Im Internet gibt es die "Tipps & Termine" leider nicht, aber beim Leipziger Stadtmagazin Kreuzer, beim BuchMarkt und natürlich bei der Leipziger Buchmesse und den Seiten von "Leipzig liest" gibt es einige Hinweise.

In der Potsdamer Grundschule am Griebnitzsee gibt es einmal im Jahr einen Lesetag, berichtet Simone Leinkauf. Vier Stunden lang beschäftigen sich die Kinder aller Klassen nur mit Lesen: "Sie bringen Bücher und Hefte - eben alles, was sie gern lesen - mit in die Schule und haben einen Vormittag lang Zeit, in diesen Texten oder auch den Büchern ihrer Klassenkameraden zu versinken. Was zunächst von Lehrern und Eltern mit Skepsis betrachtet wurde, hat sich bewährt."

Zum Kauf von Ullstein Heyne List durch Random House schreibt Kolumnist Heinz Gollhardt: "Bei spektakulären Übernahmen von Verlagen oder Sortimentsbuchhandlungen durch Konzerne oder Gruppen lautet das zentrale Klagewort stets: Konzentration. Nicht gesprochen wird davon, dass zwar insgesamt ein Konzentrationsprozess stattfindet, aber oft nur ein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel zwischen den Konzernen stattfindet. (...) Wir haben es (...) nicht nur mit Konzentration zu tun, sondern auch mit einem Abbau von Kontinuität. Die Folgen für die Betroffenen sind oft fatal."

Im Januar 2002 hatte der BuchMarkt von der Eurobooks-Pleite berichtet. Der Billigproduzent meldete 2001 Konkurs an, Ex-Eurobooks-Verleger Michael von Lechner-Lehenek - "bis heute ist nicht so recht geklärt, auf welchem Wege er zu Adelstitel und Doktorhut kam", hieß es damals im BuchMarkt - saß 17 Monate in Genf in Untersuchungshaft. Die taz hatte auch mal über den Herrn berichtet. Im Februar wurde ein Urteil gesprochen: Vier Jahre Zuchthaus wegen "gewerbsmäßigen Betrugs und einiger Konkursdelikte". "Der Hinweis des Lechner-Anwalts während des Schlussplädoyers, 17 Monate Untersuchungshaft seien für einen Baron wie den Herrn von Lechner-Lehenek wohl mehr als genug, war nicht geeignet, das Gericht gnädiger zu stimmen, sorgte aber für erhebliche Heiterkeit im Gerichtssaal."

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Aktualisierung vom 12. Juni 2013:
Michael von Lechner-Lehenek weist uns per Mail darauf hin, dass er im Jahr 2003 durch den Strafgerichtshof in Genf von allen Vorwürfen freigesprochen wurde. (D.Red.)
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"Wer heute im Sortimentsbuchhandel bestehen will, braucht ein unverwechselbares Profil und muss eigene Ideen inszenieren", schreibt der BuchMarkt. Fünf offenbar erfolgreiche Sortimente mit unterschiedlichen Konzepten stellt das Blatt vor: den norddeutschen Filialisten Heymann sowie die Buchhandlungen Gillmeister in Peine, Moritz & Lux in Bad Mergentheim, "spheres" in Zürich und Cohen + Dobernigg in St. Pauli.

Über den Großantiquar Zanolli ist in letzter Zeit häufiger geschrieben worden. Christian von Zittwitz stellt das Unternehmen vor. "Für Karstadt etwa hat Zanolli im Vorjahr erstmals nicht nur die komplette Produktion des MA-Streuprospekts abgewickelt, sondern dafür auch die gesamte Ware geliefert und sogar die Logistik für die einzelnen Läden bis hin zur Preisauszeichnung übernommen. Das ist ein Service, den er jetzt auch dem Buchhandel anbieten will". Guido Zanolli ist so stark gewachsen, dass er nicht mehr genug Ware hat: "Problematisch ist jetzt allein, dass es für seinen Markt kaum noch nennenswerte Anbieter vor allem im Vierfarbbereich gebe, nachdem sich immer mehr Anbieter vor allem aus dem Ratgebermarkt zurückgezogen hätten. Hier will er jetzt zur 'kontrollierten Offensive ansetzen'. Dafür hat er Anfang Februar den Massmarket-Spezialisten Gerd Stedtfeld angeheuert". Stedtfeld soll den Karl Müller Verlag zu einem "breiten Anbieter von Imprint-Verlagen" mit jeweils homogenen Programmfeldern ausbauen: Ratgeber / Sachbuch, Bildbände, Kinder- und Jugendbuch.

Im Mai erscheinen bei Suhrkamp die letzten Bände des Zyklus "Die zahnlose Zeit" von A. F. Th. van der Heijden - eine "verlegerische Großtat", befindet der BuchMarkt. Ebenfalls im Mai kommen alle sieben Bände in einer auf 950 Exemplare limitierten, signierten Kassette auf den Markt. In einem kurzen Interview sagt van der Heijdens deutscher Lektor Raimund Fellinger: "Uns kommt es darauf an, deutlich zu machen, dass die Literatur von van der Heijden für unsere Zeit genauso revolutionär und neu ist, wie es bei Proust in seiner Zeit der Fall war."

Matthias Koeffler wundert sich, warum der Buchhandel Poetry Slams nicht stärker für Marketingaktionen nutzt. "Berlin war Anfang der 90er der Einfallsort für diese Art von Literaturperformance, die aus den USA zunächst die Hauptstadt eroberte. Erfunden wurde sie im Chicagoer 'Green Mill Club', groß geworden ist sie im 'Nuyorican Poets Cafe' von New York, wo in früheren Zeiten schon Allen Ginsberg und Charles Bukowski aufgetreten waren", klärt Koeffler seine Leser auf. "Die Begeisterung springt bereits auf die Provinz über. Im Süden Hamburgs etabliert sich in Heimfeld eine eigene Szene, die sich fröhlich 'Heimfeld ist Reimfeld' nennt." Tina Uebel und Hartmut Pospiech geben bei Rotbuch ein Jahrbuch mit Poetry-Slam-Texten heraus.

Weitere Beiträge: Jo Volks schreibt darüber, was Buchhandlungen von Verlagsauslieferungen erwarten (sein Artikel wertet die Ergebnisse einer Umfrage des BuchMarkt aus). A. Götz von Olenhusen informiert über einen Streit zwischen dem Schriftsteller Gunter Haug und seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem SWR. Der Sender feuerte Haug, weil dieser in seinem Roman "Höllenfahrt" den SWR und dessen Intendanten Peter Voß beleidigt habe. Allerdings spielt der Roman 1992, beschimpft wird der Intendant eines Senders in Stuttgart. Den SWR gab es damals noch gar nicht; und Voß war nie Intendant in Stuttgart, so Olenhusen. Gerhard Beckmann weist darauf hin, dass die Schweiz ein wichtiges Thema auf der Leipziger Buchmesse ist. Carsten Tergast porträtiert den Haug-Verlag, der in diesem Jahr 100 Jahre alt wird, und stellt ein Personalsharing-Modell vor, das Apotheker in Düsseldorf praktizieren.

Eine Vielzahl von Artikeln beschäftigt sich mit dem Schwerpunkt "junge Zielgruppe", also mit Kinder- und Jugendliteratur.

Die Buchmacher vom 17.02.2003 - BuchMarkt

Diogenes ist der Verlag des Jahres 2002. Damit ist auch schon klar, welchen Verlag die Buchhändlerinnen und Buchhändler auf den zweiten Platz gewählt haben: Hanser / Zsolnay. Auf dem dritten Platz folgt Rowohlt. Diogenes erhielt 12,3 Prozent der Stimmen, Hanser 9,3 und Rowohlt 6,1 Prozent. Autor des Jahres wurde Henning Mankell (12, Prozent, Zsolnay), gefolgt von Jonathan Franzen (10,6 Prozent, Rowohlt) und Dieter Bohlen (7,3 Prozent). In anderer Reihenfolge tauchen diese Autoren auch in der Liste der Bücher des Jahres auf: "Die Korrekturen" auf Platz eins, "Nichts als die Wahrheit" auf Platz zwei, "Die Rückkehr des Tanzlehrers" auf Platz drei. Die Buchhändlerinnen und Buchhändler wurden auch gefragt, nach welchen Kriterien sie ihre Entscheidung fällten: "Anspruch" war der Grund für 93,5 Prozent der Franzen-Wähler, sich für diesen Schriftsteller zu entscheiden. Nur 38,5 Prozent der Mankell-Wähler nannten diesen Grund. Bei den Bohlen-Fans waren es ganze 0,0 Prozent. Komischerweise nannten nur 87 Prozent der Bohlen-Buchhändler "Umsatz" als Grund für ihre Wahl.

Dass nicht nur Weltbild, sondern auch Amazon "seit über einem Jahr kräftig im Sonderausgaben-Geschäft tätig ist, wurde vom stationären Buchhandel bisher kaum wahrgenommen", schreibt Karolin Loss. In welchem Umfang Amazon in Zukunft Lizenzgeschäfte betreiben will, verrät das Unternehmen nicht. Der Sortimenterausschuss "schätzt die bisherigen Sonderausgaben bei Amazon allerdings als 'nicht gravierend' ein. Meist geht es um Weltbild oder den Bertelsmann-Club, wenn Verlage und Buchhandel um Sonderausgaben streiten: "Während sich die Verlage auf das Ausschöpfen der Verwertungskette, auf Neukundengewinnung und effektive Werbemaßnahmen für alle Beteiligten berufen, wehren sich die Sortimenter gegen die Rolle der 'teuren Apotheke', gegen die Preisvorteile für die Großen und den Abgriff der Buchhandelskunden. (...) Aus Sicht des Sortiments werden nicht nur viel zu früh Lizenzen vergeben, häufig werden die Buchhändler von den Sonderausgaben regelrecht überrascht, wie etwa bei der Paperback-Sonderausgabe des Bohlen-Bestsellers oder der Vorab-Club-Ausgabe des Grisham-Titels 'Die Farm'". Besonders der kleine und mittelständische Buchhandel fühle sich von den Verlagen betrogen; für die Verlage dagegen sei die Vergabe von Lizenzen an Weltbild oder Club ein attraktives Geschäft. "So prognostiziert auch das Online-Magazin Basta über den aktuellen Streit um die zeitnahe Paperback-Sonderausgabe der Bohlen-Autobiographie 'Nichts als die Wahrheit' für 12,90 Euro lakonisch: 'So wird es weitergehen mit allen Supersellern, die Frage ist nur noch, wann nach Hugendubel / Weltbild auch die Thalia-Gruppe mit eigenen Sonderausgaben auf den Markt drängt.'"

Interview mit dem neuen Eichborn-Geschäftsführer Peter Wilfert. Ob Eichborn eine attraktive Aufgabe für einen Verleger sei, "der vorher bei Rowohlt in der Bundesliga gespielt" habe? Die Frage sei "fast eine Frechheit", antwortet Wilfert, "und die Antwort lautet natürlich 'Ja!' (...) Eichborn verfügt über das Potenzial, einer der führenden mittelständischen Publikumsverlage in Deutschland zu werden. Ich sehe die Zukunft des Verlages dabei ganz klar als unabhängigen Verlag, der auch weiterhin für das Unkonventionelle, Überraschende und für Bücher steht, die 'gegen den Strich gebürstet' sind." Der BuchMarkt fragt nach einem Beispiel für Wilferts Anspruch, ein ökonomisch erfolgreiches Qualitätsprogramm zu machen. "Bei Krüger hatte ich, auch durch mein Interesse am Fliegenfischen bedingt, den großen literarischen Roman von Norman Maclean 'Aus der Mitte entspringt ein Fluss' verlegt und, die Älteren werden sich erinnern, bei Eichborn finde ich Richard Brautigans 'Forellenfischen in Amerika' als Backlisttitel im Programm vor. Macleans Roman war in Deutschland anfangs das, was wir als 'literarisches Ereignis' zu bezeichnen gewohnt sind - große Anerkennung, kaum Verkäufe. Durch Robert Redfords Verfilmung wurde daraus auch ein großer Verkaufserfolg mit über hunderttausend Exemplaren. Nun kenne ich ja die Verkaufszahlen bei Brautigans Buch: Es blieb ein literarisches Ereignis."

In leicht marktschreierischem Tonfall und mit vielen Ausrufezeichen wirbt der BuchMarkt für "eine neue Dimension der Marktforschung". Die Rede ist vom Handelspanel Buch des Marktforschers media control.

Ausma Salaws berichtet über die Buchhandlung am Eisenstädter Platz in Bad Kissingen, die von 110 auf 200 Quadratmeter vergrößerte, um ein Cafe zu integrieren. Ursprünglich reagierten die Besitzer Ute Schneider und Hubert Ziegler damit auf das Gerücht, der örtliche Konkurrent wolle sich vergrößern. Das Gerücht bewahrheitete sich nicht, zufrieden sind Schneider und Ziegler dennoch. Salaws warnt allerdings: "Wer einen gastronomischen Bereich in seiner Buchhandlung einrichten möchte, muss einige Voraussetzungen dafür erfüllen. 'Zunächst braucht man eine zweite Gewerbe-Erlaubnis, und zwar nach dem Gaststättengesetz', berichtet Jürgen Benad, Leiter der Rechtsabteilung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands in Berlin."

Der Multimediaterminal "Media4info" soll den örtlichen Buchhändler zum "Servicemulti seines Einzugsgebiets" machen, sagt Reinhard Keil, Mitinitiator des Projekts. In der Buchhandlung Krüger in Versmold wird die Idee erstmals in der Praxis erprobt: "Zu den Anwendungen, die der Buchhandelskunde dort oder von zuhause nutzen kann, gehören das Bibliographieren, das Bestellen, Auskünfte über buchhandelseigene Bestsellerlisten mit Buchbesprechungen der Mitarbeiter, die Möglichkeit, den Veranstaltungskalender der Kommune einzusehen oder Infos der örtlichen Einzelhandelskollegen abzurufen." Mehr hier.

Weitere Beiträge: Petra Rupp berichtet von einfallsreichen Veranstaltungen der Wuppertaler Buchhandlung Mackensen. In einem Interview erklärt der Marketing- und Vertriebschef von Gräfe und Unzer, Günter Kopietz, warum sein Verlag gegen den Branchentrend erfolgreich ist. Carsten Tergast stellt das Unternehmen Goetheplatz 13 vor, ein "Versandhändler für alles, was Lesen erst richtig schön macht". Und Margit Lesemann hat die Reisebuchhandlung Chatwins in Berlin-Schöneberg (Goltzstraße) besucht, wo es nicht nur Reiseführer gibt, sondern auch die passende Urlaubslektüre (also Donna Leon neben dem Venedig-Reiseführer).

Vier Schwerpunkte hat das Heft: Architektur, Garten / Natur / Tiere, Religion und Touristik.

Die Buchmacher vom 13.01.2003 - BuchMarkt

In einem längeren Artikel widmet sich Heinz Gollhardt dem Thema Strukturwandel und Rezession? In den Text sind einige Thesen eingeflochten. Erstens: "Der längst überfällige Strukturwandel der Buchbranche fällt in eine lange Phase der Rezession. Dadurch verstärken sich ihre wirtschaftlichen Folgen." Zweitens: "Die Zeit der 'Tante Emma'-Läden ist in anderen Branchen längst vergangen. In der Buchbranche existieren sie noch und tragen zu dem durchaus erwünschten Effekt der Allgegenwärtigkeit des Buchhandels bei. Aber ihre Zeit geht - trotz der sie schützenden Preisbindung - zuende. (...)" Drittens: "Es gibt nicht mehr nur den Kampf der Großen gegen die Kleinen, sondern verstärkt auch den Kampf der Großen gegen die Großen. Davon ist vor allem der Handel betroffen (...)." Viertens: "Sehr viele Unternehmen der Branche sind unterkapitalisiert. Nicht zuletzt auch solche, die auf den ersten Blick als besonders erfolgreich gelten. (...)" Fünftens: "Das Heil unter dem Dach eines Konzerns oder durch wundersame Geldvermehrung auf dem Neuen Markt zu suchen, hat sich in vielen Fällen nicht als Lösung von Problemen oder als beste Wahl bei der Finanzierung von Wachstum erwiesen." Sechstens: "Der Versuch, durch Überproduktion (ca. 85.000 Titel pro Jahr) einen höheren Anteil am Markt zu erzwingen, verstopft den Markt, steigert die Kosten überproportional und verkürzt die Laufzeit der Titel. (...)" Siebtens: "Dem 24-Stunden-Service der Barsortimente steht kein zentrales Interesse der Kunden gegenüber. (...)" Achtens: "Trotz Preisbindung gibt es einen ruinösen Wettbewerb. (...)" Neuntens: "Die Zahl der Buchkäufer und Leser droht abzunehmen (...)."

Andreas Selling, Geschäftsführer der Stalling GmbH, ärgert sich über den Preisdruck in der Branche. "Es kann doch nicht sein, dass wir ohne mit der Wimper zu zucken 200 Euro oder mehr für einen Abend im Musical-Theater ausgeben, während ein Buch für 20 Euro teuer sein soll!" Er hat eine Initiative ins Leben gerufen, die das Buch als preiswert darstellen soll. Der BuchMarkt zeigt den Entwurf eines Plakats, auf dem es heißt: "Jahrmarktvergnügen: ein Nachmittag ? 30,00", darunter: "Lesevergnügen: ? 19,80 für immer". Selling will "weitere Teilnehmer ins Boot" holen, um seine Marketinginitiative breit in der Branche zu verankern.

"In der Rabatt- und Konditionen-Diskussion geht es ganz klar um die Verschiebung der Macht in der Wertschöpfungskette", schreibt Frieder Schuppert. Die Zeiten der Gemeinsamkeit im Buchmarkt zwischen Verlagen, Barsortimenten und Sortimenten seien endgültig vorbei. Der Handel gebe den Druck aus der Flächenausweitung an die Verlage weiter. "Die Verlage haben keinen Mehrumsatz zu erwarten. Sie finanzieren implizit den Verdrängungswettbewerb auf der Handelsstufe. Durch die hierdurch verzögerte Auslese der Standorte ist für die Verlage ein Kreislauf der Rabattrunden entstanden, der sich immer schneller drehen wird. (...) Zu beobachten ist, dass Verlage fatalerweise versuchen, über Rabatte den Umsatz anzuheizen. Das kann nicht funktionieren, da der Preisvorteil des Handels nicht an den Endkunden weitergegeben wird. (...) Verlage sollten also auf keinen Fall in diesen Kreislauf einsteigen."

Gerhard Beckmann findet, dass Verlage und Buchhandel in Deutschland das Sachbuch bislang vernachlässigt haben. Der BuchMarkt hat daher 60 Titel aus den Frühjahr-Sachbuchprogrammen ausgewählt, die jeweils kurz vorgestellt werden. Darunter: "Der Mann, der für einen Knopf verkauft wurde" von Nick Hazlewood (Aufbau), "Gaza. Tage und Nächte in einem besetzten Land" von Amira Hass, einer israelischen Journalistin, die im palästinensischen Ramallah lebt (C.H.Beck), "Die Schwestern von Hofei. Eine chinesische Familie von der Kaiserzeit bis heute" von Chin Annping (Blessing), "Die Gottbegnadeten. Hitlers auserwählte Künstler" von Melissa Müller (Claassen), "Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch?" von Rüdiger Safranski (Hanser), "Minna Wagner" von Sybille Zehler (Insel), "Wie Mädchen sich das Leben zur Hölle machen und warum Frauen einander nicht vertrauen" von Rachel Simmons (Kiepenheuer & Witsch), "Blaues Gold. Das globale Geschäft mit dem Wasser" von Maude Barlow und Tony Clarke (Antje Kunstmann), "Mobilfunk - ein Freilandversuch mit Menschen" von Thomas Grasberger und Franz Kotteder (Antje Kunstmann), "Frau Thomas Mann" von Inge und Walter Jens (Rowohlt) und "Unter den Linden. Geschichte um eine Straße" von Günter de Bruyn (Siedler).

Weitere Themen: Der BuchMarkt sucht die "Buchhandlung des Jahres" - dieser Titel soll 2003 zum ersten Mal vergeben werden. Cornelia Camen erklärt, wie es mit der insolventen Achterbahn AG weitergeht (nämlich "ganz bescheiden und mit neuen Gesellschaftern"). Und Susanna Wengeler stellt eine Buchhandlung ohne Regale vor: die Buchhandlung Blattwerk in Murnau, eine knappe Zugstunde von München entfernt und offenbar die Reise wert.

Sonderteile beschäftigen sich mit den Themen Hörbuch, Lernhilfen und Bewusstes Leben / Spiritualität.

Und schließlich die Hörbuch-Bestenliste.

Die Buchmacher vom 09.12.2002 - BuchMarkt

Der Stellenmarkt unter buchmarkt.de scheint gut zu laufen. Der BuchMarkt bringt einige Zitate von Stellenanbietern. Zum Beispiel vom Grafit-Verleger Rutger Booß: "Bitte veranlassen Sie, dass unser Stellenangebot schleunigst aus dem Netz genommen wird. Wir ertrinken in Bewerbungen und haben die Stelle besetzt."

Der Verleger des Jahres ist eine Verlegerin (übrigens ein Wort, das die Rechtschreibprüfung von MS Word nicht kennt): Monika Thaler. Zusammen mit ihrem Mann Gert Frederking hat sie in diesem Jahr ihren 1988 gegründete Verlag Frederking & Thaler von Random House zurückgekauft. "Ihr Mut zum Risiko, ihre unverwechselbare Handschrift und der Glaube daran, dass gerade Verlage ihres Zuschnitts eine Zukunft haben, hat BuchMarkt bewogen, sie zum 'Verleger des Jahres' zu küren." Die Zeitschrift vergibt diesen Titel seit 1994. Monika Thaler ist die erste Frau, die so ausgezeichnet wurde. Im Interview mit Christian von Zittwitz sagt Thaler, sie und ihr Mann hätten den Verlag an Bertelsmann verkauft, weil sie mit 58 und 62 in einem Alter gewesen seien, "in dem wir die begonnene Arbeit sichern wollten". Die drei Jahre bei Bertelsmann seien eine Enttäuschung gewesen, aber auch "eine gute Schule, weil ich zum ersten Mal begriffen habe, wie ein Konzern funktioniert. Vielfalt ist nicht in seiner Struktur, aber ich bin überzeugt, es wird ein Umdenken geben." Thaler glaubt nicht, dass Verlage wie der ihre ein Auslaufmodell sind: "Im Gegenteil, und das wird sich schon im nächsten Jahr zeigen, dass Verlage kleineren Zuschnitts mit engagierten Verlegern viel größere Chancen haben als die Konzerne. Das sind für mich die Auslaufmodelle."

"Nichts als die Wahrheit" von Dieter Bohlen kursiert nicht nur kostenlos als PDF-Datei. Auch bei Amazon und ebay ist das Buch günstiger als zum gebundenen Preis zu haben. Bei ebay werde das Buch "neu und originalverpackt von einem Anbieter 177 Mal angeboten, zum Sofort-Kaufen-Preis von 16 Euro pro Stück - statt zum gebundenen Preis von 20 Euro". Von Privatpersonen, die ein ungewolltes Geschenk verkaufen, könne dabei keine Rede mehr sein. Einen Verstoß gegen die Preisbindung nachzuweisen, sei allerdings schwer, sagt Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang: "Denn trotz der Originalverpackung könne es sich im Einzelfall um ein gebrauchtes Buch im Sinne des Preisbindungsgesetzes handeln: Ein Buch gilt demnach als gebraucht, sobald es einmal zum gebundenen Ladenpreis verkauft wurde." Wirbel habe "das alles" in der Branche bisher nicht verursacht, schreibt der BuchMarkt. Dennoch erarbeite der Börsenverein derzeit ein Konzept, um systematische Verstöße gegen das Preisbindungsgesetz besser ahnden zu können.

Die Verlagsgruppe Droemer Knaur hat sich die unlängst im BuchMarkt geäußerte Kritik an den viel zu umfangreichen Verlagsvorschauen zu Herzen genommen. Statt der fünfzehn Vorschauen und acht Folder der vorangegangenen Saison gibt es für das kommende Frühjahr drei Vorschauen für die Verlagsgruppe: Eine Vorschau für die Belletristik- und Sachbuchverlage Droemer, Droemer-Profile, Knaur und Schneekluth, eine Vorschau für das Sach- und Kinderbuchprogramm von Knaur Ratgeber, Pattloch, Battenberg und KI.KA-Buch sowie schließlich eine Vorschau für Taschenbuchnovitäten. Der Buchhandel freut sich über die neue Übersichtlichkeit und der Verlag hat auch noch Geld gespart. Die Kosten seien um 48,6 Prozent reduziert worden, sagte Marketingleiter Klaus Kluge. Dadurch sei eine verstärkte Investition in die Publikumswerbung möglich. "Es ist Zeit für einen Richtungswechsel zugunsten der direkten Endkundenansprache. Und wir gehen davon aus, dass der Handel das positiv bemerken wird", so Kluge.

Gerhard Beckmann ist skeptisch, ob die verlegerische und unternehmerische Kontinuität bei Suhrkamp nach dem Tod von Siegfried Unseld tatsächlich gesichert ist. Unselds zentrales Credo sei gewesen: "Die verlegerische Verantwortung ist unteilbar." Nun jedoch gebe es die Stiftung und die Verlagsleitung-Holding. In beiden Leitgremien sitze keine einzige verlagserfahrene Person. "Mehr noch: Die 'unteilbare Verantwortung' wird jetzt auch im engeren Sinne geteilt. Günter Berg ist zwar verlegerischer Geschäftsführer, nur steht neben ihm nicht bloß Philip Roeder als kfm. Geschäftsführer, sondern zudem ein Programmleiter, Rainer Weiss, über den der in solchen Dingen gewöhnlich gut unterrichtete Stefan Sattler im Focus berichtet: 'Er besitzt das besondere Vertrauen von Ulla Berkewicz.' Müsste das nicht der neue Verleger besitzen? Soll der etwa auch wieder abgebaut werden, wie es zu Unselds Lebzeiten bereits mit allen vorher als Nachfolger aufgebauten Personen geschah? (...) Dass jetzt alle Fäden offenbar im Hintergrund bei Heinrich Lübbert zusammenlaufen, dem ehemals persönlichen Anwalt Unselds, Scheidungsanwalt für die zweite Ehe von Ulla Berkewicz und nun stellvertretendem Stiftungsvorstand, ist alarmierend." Weiter geht es mit dem von Frank Schirrmacher initiierten Streit um Martin Walsers "Tod eines Kritikers". Schirrmachers Antisemitismus-Vorwurf habe Günter Berg getroffen: "Ein für antisemitische Töne unempfindlicher Verlagsleiter wäre bei Suhrkamp unhaltbar. Insider sind der Auffassung, dass Schirrmacher, dessen Stuhl bei der FAZ zu wackeln scheint, drauf aus ist, Unselds Position einzunehmen. Die Hymnen, mit denen er in der FAZ Ulla Berkewicz bedachte, sprechen kaum dagegen. Sie ist eine gute Suhrkamp-Autorin. Sie aber wie Schirrmacher gewissermaßen in Nachfolge Walter Benjamins als neuen Garanten für den Geist des Hauses auszugeben, dazu bedarf es schon einer gehörigen Portion Chuzpe."

Die Coburger Buchhändlerin Irmgard Clausen hat fünf Lesekoffer auf Reisen durch Schulklassen geschickt. Das Projekt ist bundesweit einmalig, stieß auf große Resonanz und wird von der örtlichen Presse ausführlich begleitet. "Nachahmen ist erwünscht!", schreibt der BuchMarkt. Mehr zu dem Projekt hier.

Weitere Beiträge: Die Ravensburger Buchhandlung RavensBuch ist zehn Jahre alt geworden und hat aus diesem Anlass ein offenbar sehr schönes Fest mit 200 Gästen, Rafik Schami, Blumen, Kerzen, Wein und orientalischen Köstlichkeiten gefeiert. Zum 50. Jubiläum im nächsten Jahr gibt der Ullstein-Taschenbuchverlag sich einen neuen Auftritt: "Die Frau rot, der Krimi gelb, das Sachbuch blau, die Historie beige und die Unterhaltung lila". Außerdem verlost der Verlag eine Vespa. Die Berliner Buchhandlung Unibuch-Mitte, eine Neugründung von vier Mitarbeiterinnen der ehemaligen Universitäts-Buchhandlung an der Spandauer Straße, zieht ein knappes Jahr nach dem Start eine positive Bilanz. Die Friedenauer Presse hat ihren 100. Druck vorgelegt: "Zirkus Sardam", ein Marionetten-Theaterstück von Daniil Charms.

Schwerpunkte des Heftes sind das Thema Ladenbau und Recht / Wirtschaft / Steuern.

Die Buchmacher vom 18.11.2002 - BuchMarkt

Heinz Gollhardt plädiert in seiner Kolumne dafür, die "Heilige 14-Stunden-Kuh" zu schlachten. Gemeint ist der Service, dass Buchhandlungen praktisch jedes lieferbare Buch bis zum nächsten Tag besorgen können. "In Zeiten der Fettlebe waren wir alle stolz darauf, diesen Service bieten und in Anspruch nehmen zu können." Sollte die Lieferfrist auf 48 Stunden verlängert werden, würde der Zwischenbuchhandel "fraglos jammern", so Gollhardt weiter. "Unser Problem in den Medien, und damit in den Augen der Öffentlichkeit, ist das Image, eine Jammerbranche zu sein. Wir sind eine, und wir müssen etwas dagegen tun. Und wir müssen auch gegen ein anderes Problem etwas tun, und das ist das Problem der verdeckten Diskussion. Wir haben die Harmonie als Bedingung für einen Gesamtverband trotz allen Streits derart verinnerlicht, dass sich nur in Ausnahmefällen jemand gegen das Verdecken oder gar den Abbruch von Diskussionen wendet."

Die Not hat einen Berliner Buchhändler erfinderisch gemacht: Als die Umsätze in seinem Laden in der Oranienburger Straße 27 ausblieben, zog er in günstigere Räume und weitete er sein Sortiment aus: Neben den zur Gegend passenden Berlin-Büchern, Judaica und Romanen bietet Wolfgang Feyerabend nun das gesamte Sortiment des Arche Verlags an. "Ein Geschäft, das beiden nützt. Feyerabend bekommt alle Titel in Kommission und der Verlag hat eine Möglichkeit, sein komplettes Programm zu präsentieren", berichtet Margit Lesemann. "Der Erfolg blieb nicht aus. Der Umsatz habe sich verdoppelt, die Kundenfrequenz verdreifacht." Länger als die Buchhandlung betreibt Feyerabend die "Berliner Autoren Führungen". Die meisten seiner Stadtführungen beginnen oder enden in der Buchhandlung - "nicht selten nehmen die Teilnehmer dann noch ein Buch mit, um die neu gewonnenen Eindrücke zu vertiefen".

Spätestens mit dem Bohlen-Buch hat sich Christian Strasser beim Buchhandel wieder sehr beliebt und die Lizenzvergabe eines Grisham-Titels an den Bertelsmann Club (fast) vergessen gemacht. Im Interview mit dem BuchMarkt sagt Strasser: "Natürlich freut es mich für den Buchhandel, dass uns mit Dieter Bohlen ein solcher Coup gelungen ist. Interessant ist, dass es sich hier um eine ziemlich einzigartige gemeinschaftliche Marketingaktion handelt, die ohne die Unterstützung von Hubertus Meyer-Burckhardt und Kai Diekmann auf der Seite von Springer bzw. Bild und natürlich auch ohne Thomas Gottschalk nicht funktioniert hätte." Und weiter: "Die Situation im Frühjahr konnte ja nur deshalb eskalieren, weil der Buchhandel plötzlich von einem Umsatzeinbruch unerwarteten Ausmaßes getroffen wurde. Die Grisham-Lizenzvergabe, ein Vorgang, der von zahlreichen anderen Verlagen ebenfalls mit großen Autorennamen seit Jahren praktiziert wurde, war deshalb nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Natürlich hat es mich nachdenklich gemacht, wie plötzlich einige Marktteilnehmer sich verhielten, wobei die Kälte des Tons am erstaunlichsten war. Dass alle anderen Verlage sich aus Angst verkrochen, soll dabei nicht unerwähnt bleiben."

Angeregt durch die Diskussion um Marcel Reich-Ranickis Kanon-Sammlung hat die Passauer Neue Presse eine Serie gestartet, in der "Persönlichkeiten aus der niederbayerischen Region jeweils, mit Begründung, einfach die sieben Werke nennen, deren Lektüre ihnen im Leben am meisten bedeutet hat". Die Verfasser, schreibt Gerhard Beckmann, seien "neben Schriftstellern, Buchhändlern und Verlegern Lehrer, Künstler, Beamte, Wissenschaftler, Kabarettisten, Handwerker und natürlich der Bischof, Frauen wie Männer". Nachdem in einer Folge Enzensbergers "Museum der modernen Poesie" erwähnt wurde, sei der Titel in einer kleinen Buchhandlung am Ort gleich mehrfach bestellt worden.

Weitere Beiträge: Jo Volks stellt einen mittlerweile nicht mehr ganz neuen Service des BuchMarkt vor: den Online-Stellenmarkt (erst hier, dann auf den Link klicken), der für Anbieter 25 Euro und für Suchende nichts kostet. Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels gibt juristische Hinweise zur Bedeutung des Preisbindungsgesetzes für das Moderne Antiquariat. Jo Volks erzählt die Geschichte des buchhändlerischen Seiteneinsteigers Thomas Schröder, der im Herbst 2001 eine kleine Buchhandlung in Bad Hersfeld gekauft hat, damit in eine Ia-Lage umgezogen und nun örtlicher Marktführer ist. Christian von Zittwitz bringt einen Zwischenbericht aus Krefeld, wo im März 2003 Buch Habel eine Großfläche eröffnen und damit die Gesamtverkaufsfläche für Bücher in der Stadt mit einem Schlag verdoppeln wird; mit der Aktion "Krefeld liest" will Habel die Filiale zu einem kulturellen Zentrum machen. Reinhard Pietsch erläutert das große Thema Merchandising. Und wer weiß, welche Verlegergattin als Germanistikstudentin begann und später Moderatorin eines öffentlich-rechtlichen Literaturmagazins wurde, sollte die "Geschichte eines Raubdrucks" von Albrecht Götz von Olenhusen lesen.

Die Schwerpunkte sind Kunstbücher sowie Politik und Geschichte.

Die Buchmacher vom 14.10.2002 - BuchMarkt

In Bad Oeynhausen hat sich eine Buchhändlerin Tupper-Partys zum Vorbild genommen: Nach Ladenschluss richtet sie bei Kunden "Bücherpartys" aus. "Die Auswahl der Bücher habe ich zuvor mit der Gastgeberin - meist sind es Frauen - abgesprochen", sagt Birgit Pietsch von der Buchhandlung Scherer dem BuchMarkt, der die Idee vorstellt. "Die Hausbesuche sind vorzugsweise im Herbst und Winter gefragt, für diesen Herbst lagen bereits in den Sommerferien zehn Anmeldungen vor." Mehr hier.

Die Hannoveraner Buchhandlung Leuenhagen & Paris reagierte auf sinkende Umsätze, indem sie mehr Veranstaltungen ausrichtet. Denn: "Ein Bericht in der örtlichen Presse bringt mir direkt Kunden in die Buchhandlung", sagt Geschäftsführer Dirk Eberitzsch. Dem Unternehmen geht es dem BuchMarkt zufolge gut. Dennoch soll es zum 50. Jubiläum nur eine kleinere Feier geben - "ein Großteil des Festetats wird für einen guten Zweck verwendet", nämlich Buchhändlern in den sächsischen Hochwassergebieten und brandenburgischen Kindergärten zu Gute kommen.

Gerhard Beckmann hat S.-Fischer-Verlegerin Monika Schoeller nach ihrem Rückzug aus dem operativen Geschäft gefragt, was die Holtzbrinck-Buchverlage von Random House und Heyne Ullstein List unterscheide. "Für meine Brüder Dieter und Stefan von Holtzbrinck und mich, also die drei Gesellschafter, gehören die Buchverlage, das Engagement für das Verlegerische, zu unserem unternehmerischen Selbstverständnis. Ich glaube schon, dass und das, bei allem Respekt vor den anderen, von den beiden genannten Konzernen unterscheidet." Angesprochen auf ihre Arbeit bei S. Fischer sagt sie: "Ich bin vor allem stolz auf unsere Pflege der Modernen Klassik wie z.B. die große kommentierte Ausgabe Thomas Manns, die kritische Ausgabe der Werke Franz Kafkas und Hugo von Hofmannsthals, die gesammelten Schriften Max Horkheimers in 29 Bänden, die Cahiers von Paul Valery und unsere Reihe 'Die Zeit des Nationalsozialismus', die mit ihren bisher 170 Bänden die umfangreichste Buchreihe weltweit zu diesem Thema ist."

Die Verlage tragen zu viele Risiken, meint Arnold Kiel, CEO von Randon House Deutschland. "Bei den Autoren in Form der Honorarvorschüsse - wir übernehmen das Lebenszeitrisiko, das sie mit dem Schreiben eines Buches eingehen. Auf der Handelsseite liefern wir die Ware und nehmen sie, wenn nicht verkauft, zum vollen Preis zurück. Wir haben insgesamt zuviel an Risiken auf uns genommen und nicht ausreichend refinanzieren können." Richtung Buchhandel strebt Kiel für Bestseller-Titel weniger günstige Konditionen an: "Die bekannten, renommierten und erfolgreichen Autoren einzukaufen, das kann jeder. (...) Das muss darum eigentlich mit verhältnismäßig schlanken Konditionen gehen. Wofür wir statt dessen gern mehr Unterstützung anbieten würden, sind buchhändlerische Anstrengungen, unbekannte oder (noch) nicht so erfolgreiche Autoren durchzusetzen."

Der Buchhändler Herbert Bielschowsky gibt eine Reihe von Tipps für von der Konsumflaute bedrohte Kollegen. Einer von acht Punkten: "Stärken erkennen und besonders herausstellen: Bücher unter zehn Euro verkaufen sich gut. Geschenkbücher und Besinnliches hat Konjunktur (kleiner Gruß, was fürs Herz). Wühlkisten mit Ramsch sind bei den Kunden begehrt. Alles muss für die Kunden bequem gehalten sein. Im Beratungsgespräch gilt es, 'Emotionalität' zu forcieren. Regionalliteratur ist gefragt, Reiseführer, Karten, Radführer, Radkarten (...) sind im Trend, auch Taschenbücher zu Sonderpreisen zwischen fünf und acht Euro."

Im Oktober erscheinen nicht nur die ersten Bände der "Kölner Ausgabe" der Werke von Heinricht Böll, sondern auch ein bislang unveröffentlichter Roman aus dem Nachlass des Schriftstellers. "Kreuz ohne Liebe" erscheint als Band zwei der Gesamtausgabe und wird als einziger der geplanten 27 Bände einen Schutzumschlag tragen. Kiepenheuer & Witsch hat sich zur Einführung der Böll-Ausgabe "eine Marketingaktion einfallen lassen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt: Vom 2. bis 10. November wird sich nämlich in Köln alles um Böll drehen. 'Eine Stadt liest einen Autor', lautet das Motto, und im Prinzip alles, was am Rhein lesen und schreiben kann, macht mit. Jede Menge Prominenz hat sich bereits angesagt: Zur Präsentation der Werkausgabe und der Pressekonferenz zu 'Köln liest Böll' am 31. Oktober im Wallraf-Richartz-Museum hat Gerhard Schröder seine Teilnahme zugesagt, zu Böll-Matineen und -Lesungen in Buchhandlungen, Kirchen, im Literaturhaus u.dgl. werden u.a. Mario Adorf, Wolfgang Niedecken, Rufus Beck, Günter Wallraff, Reinhold Neven DuMont, Ben Becker, Anke Engelke erwartet."

Weitere Beiträge: Ein Artikel stellt die Preisträger des Internationalen Buchpreises Corine vor. In einer Umfrage unter Verlegern und Buchhändlern geht es um Folgen des Preisbindungsgesetzes für das Moderne Antiquariat. Und Medienberater Frieder Schubert erklärt, wie Verlage den Weg aus der Krise finden können.

Schwerpunktthemen sind Medizin und Gesundheit sowie Independent-Verlage. Unter anderem wird die Hamburger Buchhandlung Blauer Affe vorgestellt, die ausschließlich Titel von Independent-Verlagen führt. Zu den porträtierten Verlagen gehören die Edition Steffan ("Nischenverlag mit breitem Spektrum"), Wagenbach, Merlin (Theater, Literatur, und Kunst), A1, J. Strauss (Architektur-Sachbücher und das Buch "Rollenspiel" von Armin Mueller-Stahl), Oreos (Bavaria und Jazz) sowie die Edition Memoria (Exilliteratur).

Die Buchmacher vom 16.09.2002 - BuchMarkt

Einen beeindruckenden Artikel bringt der BuchMarkt zur Flutkatastrophe, damit "die wie noch nie gespürte Solidarität in unserer Branche für unsere betroffenen Kollegen nicht bald schon wieder der Gleichgültigkeit weicht", wie Herausgeber Christian von Zittwitz wohlweislich vorausschickt. Minuziös erstreckt sich die Dokumentation über den Verlauf der Tage vom 14. bis 17. August, vom buchstäblichen Untergang der ersten Buchhandlungen bis hin zur Hoffnung verbreitenden Meldung, dass der Hochwasserpegel im Umkreis Dresdens auf unter acht Meter abgefallen ist. Für die meisten kam die gute Nachricht jedoch viel zu spät. Als Wolf-Diethelm Zastrutzki, Geschäftsführer der Franz-Mehring-Buchhandlung in Freital erfuhr, dass seine Filiale von der Flut "total getroffen" war, wie es hieß, machte er sich sofort auf den Weg dorthin. Jetzt können die Schäden am Geschäft nur mit "Totalschaden" umschrieben werden: "Alle Bücher sind nass, Computer, Kasse, Ladeneinrichtung voller Modder und Dreck." Der Geschäftsführer konnte nicht umhin, die Mitarbeiter zu entlassen, schließlich hat Zastrutzki Angst vor dem ohnehin drohenden Schuldenberg, da wären die Lohnkosten noch eine zusätzliche Erschwernis. "Ich habe stille Hoffnung, dass die Verlage vielleicht Ersatz für kaputte Bücher stellen, das wäre ein Anfang", so der ruinierte Geschäftsführer gegenüber dem BuchMarkt.

Eine in Frage kommende Ursache für das schwindende Bücherinteresse glaubt BuchMarkt-Autor Gerhard Beckmann lokalisiert zu haben: Es liegt an der Werbung, meint er. Genauer gesagt an der Verlagspolitik, die dazu neigt, den Rotstift immer gleich am Werbebudget anzusetzen. Problem vieler Verlage sei ein kleiner, aber verhängnisvoller Teufelskreislauf: "Der durchschnittliche Werbeeinsatz pro Titel ist laufend gesunken. Man hat immer mehr Bücher verlegt, die mit immer weniger Werbung unterstützt wurden, und in einem durch die Titelschwemmen ohnehin überforderten Markt zunehmend sich selbst überlassen blieben", fasst Beckmann die problematische Lage zusammen. Besonders die teure, weil streuverlustige Publikumswerbung stand bei den Ausgabenkürzungen ganz oben auf der Liste - das bekommen Buchhändler prompt zu spüren. Dabei kommt auch die neue point of sale-Strategie, die sich in der Verteilung ihres Werbekuchens vorrangig um den Buchhandel bemüht (erfolgreich bei Diogenes), als ultimatives Rettungsrezept nur bedingt in Frage, wie Beckmann klarstellt: "Die Methoden erschöpfen sich nämlich meist darin, den Buchhändler von Saison zu Saison zum Einkauf neuer Titel zu motivieren - und im Verhältnis zum Aufwand gelingt das nur in unbefriedigendem Maße." Fest steht für ihn: Dem Publikum ist die zunehmende Aushöhlung des Interesses an Büchern "nur in geringem Maße anzulasten".

CMT stattete der Buchhandlung Schaumburg in im norddeutschen Stade einen Besuch ab, die ihren Kunden mit einer ganz speziellen Geschäftsphilosophie begegnet. Die Inhaber des seit 1840 existierenden Ladens in einer Fußgängerzone setzen auf Tradition und Gemütlichkeit. Die Liebe steckt im Detail: Ein mit Interieur der Gründerzeit ausgestalteter Innenraum, der sogar einen Tabakladen von 1852/53 präsentiert, lädt die Kundschaft zum Stöbern und Wohlfühlen ein. "Wir begreifen unseren Laden als individuelle Begegnungsstätte rund um Literatur. Bewährtes soll bewahrt und nicht zeitgeistigen Trends vorschnell geopfert, Tradition und Moderne harmonisch aufeinander abgestimmt werden", sagte das Inhaber-Ehepaar dem BuchMarkt. So hat die Buchhandlung Schaumburg wunderschöne Preziosen zu bieten, die schlicht als Dekoration zu passenden neueren Werken hinzugesellt wurden. Zum traditionellen Charme gehört auch, dass regelmäßig Autoren in Stade gastieren und ihre Novitäten vorstellen, die nicht unbedingt in aller Munde oder Gedächtnis sind, wie beispielsweise Hans-Ulrich Treichel und einmal sogar ein mongolischer Schamane! Mittlerweile haben die als "Schaumburg-Variationen" bezeichneten Veranstaltungen der Buchhandlung schon zu einiger Berühmtheit im Umkreis verholfen, wie CMT anerkennend bemerkt.

Weitere Themen: Jürgen Christen bemängelt die oft schwachen oder gar nicht erst existenten Homepages bekannter Autoren. Für eine bessere Kooperation zwischen Sortiment und Verlagen plädiert KB. Den aktuellen Stand des Kinderbuchmarkts nimmt Simone Leinkauf unter die Lupe. Eine Doppelseite liefert den Überblick über die beliebtesten Erzeugnisse für kleine Bücherwürmer. Was Ottonormalverbrauchern oft gar nicht in den Sinn kommt: Die Verlage müssen sich bemühen, in erster Linie Erwachsene in Thematik und Aussehen der Bücher anzusprechen, denn: In den meisten Fällen besorgen Eltern und Großeltern den Kleinen ihren bunten Lesestoff.

Den Einblick in den Alltag eines Illustrators inklusive "Lust und Frust" bietet ein Interview mit Professor Rüdiger Stoye, seines Zeichens Uni-Dozent, der seine Studenten auch an die Kinderbuchgestaltung heranführt. Welchen Beitrag Verleger, Lektoren und Redakteure den Ergebnissen der Pisa-Studie entgegenzusetzen gedenken, ist einer kleinen Umfrage des BuchMarkts zu entnehmen.

Die Buchmacher vom 14.08.2002 - BuchMarkt

"Die Krise ist heilsam", findet auch Wolfgang Stock. Allerdings nicht für die unternehmerische, sondern für die kulturelle Bereinigung der Branche. Allen Ernstes schreibt er: "Auf welches Niveau ist unsere Branche in den letzten Monaten gesunken! Hitler als Schwuler, der Kritiker als Gemeuchelter, der Autor als ein Trinker. Und das dralle Pornosternchen als Literatin. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang die Krise der Branche ganz heilsam, denn zu vieles ist in letzter Zeit falsch gelaufen. Da musste doch nur eine Blondine mit dem Popo wackeln und schon winkte irgendein Verleger mit einem üppig dotierten Buchvertrag. Unsere Branche hat in der letzten Zeit zuviel Bild gelesen statt FAZ. (...) Es wird einfach zu viel Schund und Tand zwischen zwei Buchdeckel gepresst, und so verlieren unsere Produkte ihren Zauber."

In Krefeld hatte sich eine Gruppe unabhängiger Buchhändler zusammengeschlossen, um gemeinsam den Zuzug von Habel und die Vergrößerung von Thalia zu überleben. Eine Mitinitiatorin dieser Gruppe hat nun die Fronten gewechselt. Carsten Tergast fragt im Interview nach den Reaktionen der Kollegen: "Wir saßen alle an einem Tisch, als ich den Krefelder Kollegen meine Entscheidung mitgeteilt habe. Alle haben gleich reagiert: 'Hätte man mich gefragt, ich hätte genauso gehandelt'", sagte Birgitt Schweren-Wolters. Der Grund für ihre Kapitulation: "Es gibt einfach keine dreißig Prozent anderer Bücher, die ich an großen Kundenkreis in meiner 1a-Lage mit dieser Miete hätte erfolgreich verkaufen können." Nur 20 Meter hätten ihre Buchhandlung von der vergrößerten Thalia-Filiale getrennt.

Die amerikanische Buch-Kette Borders führt bereits seit einiger Zeit die Methode des Kategorie-Managements ein. "Am Anfang stand die Einteilung des gesamten Angebots in ca. 250 Warengruppen (...). Die Grundlage dafür liefert jeweils ein 15- bis 20-wöchiger detaillierter Beurteilungsprozess, bei dem Kundenbefragungen eine große Rolle spielen. (...) Jeder Warengruppe wird eine von vier strategischen Rollen zugewiesen: Genügt eine Kategorie höchsten Kundenansprüchen, trägt sie als Profilierungskategorie zur Wettbewerbsüberlegenheit bei, auch wenn sie nicht ungedingt hohe Erträge erbringt?" Daneben gibt es die profitablen "Routinekategorien", die "Ergänzungskategorien" und "Saisonkategorien". Zum Teil hat der Beurteilungsprozess überraschende Ergebnisse, schreibt Kathrin Henkel: Bei Kochbüchern etwa wünschen die Kunden eine Sortierung in Anfänger, Fortgeschrittene und Könner. Borders lässt sich das Kategorie-Management teilweise von Verlagen bezahlen, und zwar jeweils vom "Kategorie-Kapitän". Kleinere Verlage haben hier natürlich schlechte Karten, die Befürchtung liegt nahe, dass Borders künftig noch stärker als bisher zu einer Verdrängung der Kleinverlage beitragen wird. Damit ist auch die Titelvielfalt in Gefahr. Der grüne Verbraucherschützer Ralph Nader schrieb in einem Brief an den Borders-Chef: "Der Kreml hätte sich kaum eine subtilere und effektivere Methode zur Unterdrückung neuer Standpunkte und Ideen ausdenken können".

Das Geschäft mit Hobby-Literaten boomt, schreibt Willi von der Vogelweide. Herr von der Vogelweide nennt den Bund Deutscher Schriftsteller, "eine Vereinigung, hinter der nicht wenige und nicht die schlechtesten Branchenkenner Zuschuss-Platzhirsch Dr. Markus Hänsel-Hohenhausen als Initiator vermuten, was dieser jedoch vehement abstreitet". Kaum ein Manuskript sei schlecht genug, um nicht bei irgendeinem Zuschussverlag auf begeisterten Zuspruch zu stoßen. "Der Verfasser dieser Zeilen weiß, wovon er schreibt: Probeweise und unter anderem Namen versandte er speziell dafür angefertigte, gnadenlos schlechte Texte und erhielt nicht eine einzige Absage."

In mehreren Artikeln und einer Checkliste stellt der BuchMarkt Konzepte vor, mit denen kleine und mittlere Buchhändlerinnen und Buchhändler ihr Unternehmen "kurzfristig und effektiv auf Kurs bringen" können. Matthias Koeffler stellt das "Literatenhaus" in Hamburg vor, das zugleich Literatur-Hotel und Gästehaus für die Schriftsteller ist, die im nahe gelegenen Literaturhaus ihre Bücher vorstellen. Im Schwerpunkt-Teil geht es um die Bereiche Essen & Trinken, Touristik, Zeitschriften/Loseblattsammlungen. Themen hier: Kochbuchverlage in Österreich und der Schweiz, Kochen im Fernsehen, der Kochbuch-Versandhandel von Helmut Weber, Pilzkochbücher, die Buchhandlung Kochlust in Berlin-Mitte, wo auch Kochkurse angeboten werden, die Verleihung der "Gourmand German Cookbook Awards" Ende August. Und Ute Hayit schreibt über die Kölner Reisebuchhandlung Gleumes & Co.

Die Buchmacher vom 15.07.2002 - BuchMarkt

Der BuchMarkt hat die Konsumflaute - und den damit verbundenen Sparzwang - zum Anlass genommen, ein altes Thema aufzugreifen: Als Folge der Kaufzurückhaltung fragen sich die Verlage, so Christian von Zittwitz, ob Vertreter nicht überflüssig sind. "Bei einem Kostenblock zwischen vier und sieben Prozent vom Umsatz wird die kritische Frage verständlich, ob man sich künftig ein derart teures System noch leisten kann. Ein alter Hase sagt es offen: 'Die großen Buchhändler werden doch eh von unseren Key-Accountern betreut'." Ein "Kenner der Szene" stellt ebenso offen und ebenso anonym folgende Forderung auf: "Stärker das Barsortiment in die Verteilung von Büchern einbinden, den Infofluss zum Handel verbessern, geschickter werben - schriftlich bzw. in Ausnahmefällen über das Telefon, über Internet oder über die Fachpresse. Ich denke, das wird auch wieder zu mehr Entdeckerlust im Sortiment führen." Manche Buchketten lehnen Vertreterbesuche mittlerweile ab. Erstaunlicherweise habe die Analyse der 2001-Zahlen in "etlichen Verlagen" gezeigt, dass die Umsätze der nicht vom Vertreter besuchten kleineren Buchhandlungen "im Schnitt höher sind, als die der vertreterbesuchten". Nach Ansicht des Verlagsberaters Christoph Mann sind "nicht mehr Außendienstleister mit glorreicher Vergangenheit" gefragt, sondern "Verkaufsprofis des 3. Jahrtausends".

"Sortimenter und Verleger sind wegen offizieller und journalistischer Aussagen" über eine "Krise des Buchhandels" besorgt, schreibt Gerhard Beckmann. "Der Buchhandel befinde sich 'in der schwersten Krise des Buchhandels seit 40 Jahren' (Dieter Schormann). Oder gar: Es sei 'überhaupt die erste Krise des Buchhandels seit 40 Jahren' - so der buchreport, der dem Statement vom Vorsteher des Börsenvereins noch eins draufsatteln wollte, um ihm dann flink 'neue Ideen und Initiative' zur Überwindung der Krise abfordern zu können". Davon hält Beckmann nichts: "Als ob der Börsenverein die Marktgegebenheiten durch ein Umpfriemeln der Rahmenbedingungen verändern könnte oder - auch das eine typische Wadenbeißer-Unterstellung - eine Art ökonomischer Task Force mit Lenkungsvollmacht fürs operative Geschäft der Einzelunternehmen sei." Eine "Krise" kann Beckmann nicht erkennen: "Mit dem Verfall des geschichtlichen Bewusstseins" gehe "der Verlust von historisch überliefertem Know-how für den Umgang mit wirtschaftlichen Veränderungen einher". Er zitiert Friedrich Sieburg: "Es hat das, was man 'Krise des Buches' nennt, immer gegeben, oder wenigstens, seitdem das Buch sich an die Massen wendet." Und überhaupt: Dem Buchhandel gehe es im Vergleich zu anderen Branchen noch immer gut: "In unserem kulturellen Snobismus sind wir so behämmert, dass wir uns nicht mal informiert haben - sonst wüssten wir seit langem: Unternehmen anderer Branchen haben die gleichen und manchmal noch viel größere Zukunftssorgen."

Mit einer Vorlesereihe unter dem Titel "Das erste Kapitel" lockt der Buchhändler Wolfgang Volk aus Buchen (Odenwald) Leser in seinen Laden. "Die Idee: Nach persönlichen Lese-Interessen ausgesuchte Bücher durch Lesung des ersten Kapitels oder eines repräsentativen Ausschnitts vorzustellen." Gelesen wird von dem Buchener Schauspieler Stefan Müller-Ruppert.

Bestsellerlisten ermitteln den Verkauf von Einzelexemplaren. Der Daten-Sammel-Partner von Media Control, eBuch, hat nun eine Bestsellerliste erstellt, die sich nach dem Umsatz richtet, den ein Buch erzielt. "Die neuen Listen nach Umsatz sind vor allem als Dispositionshilfe gedacht. Einkäufer der einzelnen Warengruppen können sich daran orientieren und vielleicht Lücken in ihrem Sortiment erkennen. Und sie werden keine Trends mehr übersehen", schreibt Jo Volks. Zum Vergleich hat der BuchMarkt die Umsatz-Liste und die Exemplar-Liste der 24. Kalenderwoche abgedruckt. Tatsächlich gibt es einige Abweichungen. Sechs der ersten zehn Titel der Umsatz-Liste tauchen auf der Exemplar-Liste nicht auf. Zwar sind die Plätze eins und zwei ("Das Gesetz der Lagune" von Donna Leon und "Wallanders erster Fall" von Henning Mankell) auf beiden Listen gleich. Die "Harry Potter"-Titel, die auf der Exemplar-Liste die Plätze drei, vier, fünf und neun einnehmen, fehlen jedoch im Umsatz-Ranking.

Im Buchhandel ist der Euro kein Teuro, hatte der BuchMarkt im Juni-Heft erklärt. Diese Aussage modifiziert er nun in der Aussage des Buchhändlers Volker Thurner (Lehmanns Fachbuchhandlung, Berlin). Thurner errechnete auf der Basis von Daten des Barsortiments KNOe: "Die Buchverlage haben die Euro-Umstellung zu einer außerplanmäßigen Preiserhöhung gut zu nutzen gewusst". Von 2000 auf 2001 sei der Durchschnittspreis für Bücher von 24,06 Euro auf 24,41 Euro gestiegen, von 2001 auf 2002 von 24,06 Euro auf 24,41 Euro. Die Preissteigerungen sind allerdings sehr ungleich über die Warengruppen verteilt: In der Belletristik etwa macht sie 0,42 Prozent aus, in der Abteilung Anthroposophie liegt die Preissteigerung bei 9,15 Prozent. Die Warengruppe 579 (Literaturwissenschaften), die allerdings nur aus 71 Titeln bestand, wurde dagegen um 6,54 Prozent billiger.

Das Unternehmen Verlagsconsult hat eine Studie zum Thema Outsourcing erstellt, die zur Buchmesse erscheinen soll. Im Interview mit dem BuchMarkt sagt der Herausgeber der Studie, Andreas Meyer, "Herstellungsbüros, Redaktionsbüros, Producer, Packager schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Angebote sind sehr unterschiedlich, ein Vergleich für die Verlage schwierig." Auch auf der Verlagsseite gebe es "Optimierungsbedarf". Freie Mitarbeiter würden "meist als Troubleshooter eingesetzt, im letzten Moment, wenn intern nichts mehr geht". Das jedoch sei das Teuerste und Unproduktivste, was man machen könne. "Als strategisches Instrument hingegen ist Outsourcing unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten höchst interessant." Die Projektleiterin der Studie, Heidemarie Heiss, sagt, ein Ziel der Studie sei es, "ein Leistungsverzeichnis der Anbieter zu schaffen, ähnlich einer Gebührenordnung für Ärzte". Die Studie kann vorbestellt werden unter buecheleres@verlagsconsult.de, Kostenpunkt bis 31. August: 249 Euro.

Weitere Artikel: Matthias Koeffler stellt die Uni-Buchhandlung Mühlau in Kiel vor (die 100 Jahre alt wird und trotz der Krise im Fachbuchhandel "voller Tatendrang" steckt). Carsten Tergast hat mit den Initiatoren des Virtuellen Verlags der Wissenschaften über Content-Vermarktung gesprochen. Dieter Brandes hat ein Buch über Management-Praktiken geschrieben und festgestellt, dass viele Buchhandlungen es nicht vorrätig hatten, obwohl der Titel bei Amazon kurz nach Erscheinen auf den Plätzen vier und fünf rangierte. Zwei Schwerpunkte widmen sich dem Hörbuch und der Religion. Darin unter anderem der Hinweis auf das Online-Magazin Hoerothek.de.