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27 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 3

Die Buchmacher vom 10.11.2003 - buchreport.magazin

Wie entwickeln sich die Buchhandelsketten in Deutschland? Der für 2004 zum dritten Mal erscheinende Buchreport-Filialatlas besagt, dass die Filialisten, "seit zwei Jahrzehnten die Wachstumsmotoren der Branche", ihr "Tempo gedrosselt" haben. 2001 sei - mit 45 neu eröffneten Filialen und mehr als 28.000 zusätzlichen Quadratmetern Verkaufsfläche - das Rekordjahr gewesen. Statt auf Wachstum "auf Teufel komm raus", setzten die Ketten heute auf die Qualität des Standorts und größere Verkaufsflächen. Mit einer abgeschlossenen Filialisierung in Deutschland sei nicht zu rechnen.

Mit ihrer geplanten Übernahme von Ullstein Econ List hat die schwedische Bonnier-Gruppe die Aufmerksamkeit der Branche auf sich gezogen. "Von der kleinen Buchhandlung, die Gerhard Bonnier anno 1804 in Kopenhagen gegründet hat, bis zum Konzern mit 1,96 Milliarden Euro Umsatz - weltweit über 170 Töchtern in 20 Ländern verteilt - war es ein langer Weg. Doch immer stand (und steht) der Name Bonnier an der Spitze", bemerkt der Buchreport. Heute gehörte 60 Familienmitgliedern die Dachgesellschaft Albert Bonnier, viele Bonniers arbeiteten aktiv im Medienkonzern mit. Dessen Philosophie lasse sich in nur drei Stichworten zusammenfassen: Verantwortung, Qualität, Redefreiheit.

Wenn das, was Unternehmensberater Helmut von Berg prognostiziert, tatsächlich eintrifft, dann wird es die heutige Buchbranche in fünf Jahren nicht mehr geben. Die kleineren produzierenden Betriebe würden als Erste auf der Strecke bleiben, sagte von Berg im Buchreport-Interview. Die Theorie, dass die Großen zwangsläufig die Gewinner seien, sei ein Irrtum. Sie kämpften gegen die Wachstumsfalle. Von Bergs Rat: "Statt unbedingtes Wachstum zu suchen, sollten Unternehmen vor allem ihr jeweiliges Kerngeschäft pflegen und nur kalkulierbare Risiken eingehen."

Den wichtigsten Preis für Nachwuchsschriftsteller, den der Aspekte-Jury, konnte sich in diesem Jahr Roswitha Haring ins Regal stellen. Sie hätte das jetzt preisgekrönte Stück, "Bett aus Schnee", aufgrund der vielen Absagen von Verlagen schon abgeschrieben gehabt, und ein neues Buch angefangen. Die Lektorin des schweizerischen Ammann Verlags, Stephanie von Harrach, hätte sich dann des Manuskripts angenommen. Von Harrach nach der Preisvergabe: "Ich bin überrascht gewesen, dass solch ein Text, der sich nicht den Moden des Literaturbetriebs unterwirft, ausgezeichnet wird. Das hat mir den Glauben an den Literaturbetrieb zurückgegeben."

Die Buchmacher vom 07.07.2003 - buchreport.magazin

"In der bisher betont konservativen Branche brechen die Dämme", beklagt David Wengenroth. "Das Interesse am Konsens schwindet rapide - und damit die Bereitschaft, sich an hergebrachte Konventionen zu halten." Als Beispiele nennt Wengenroth den Preiskampf um die englische Ausgabe des neuen "Harry Potter", das aggressive Vorgehen des Bertelsmann Clubs (wie zuletzt bei der Club-Ausgabe der Memoiren von Hillary Clinton) und den Streit um das Urheberrecht zwischen Wissenschaftsverlegern auf der einen und Bibliotheken und Wissenschaftlern auf der anderen Seite. "Die Dämme, hinter denen sich die Buchbranche bisher sicher wähnte, brechen so schnell, dass hastige Reparaturarbeiten sie kaum retten werden. Wer in Zukunft überleben will, muss schwimmen lernen."

Hermann Heckmann liefert in einem längeren Artikel die wesentlichen Hintergründe zum Streit zwischen Kartellamt und Random House über die Übernahme von Ullstein Heyne List und legt die Standpunkte der Akteure dar. Zentrales Argument von Random-House-Gutachter Wernhard Möschel: "Taschenbücher stellen keinen eigenen Markt dar, sondern gehören ebenso wie Reader, Paperbacks, Modernes Antiquariat und niedrigpreisige Hardcover zum Marktsegment, das er 'Niedrigpreisangebot' nennt." Heckmann glaubt nicht, dass dieses Argument das Kartellamt überzeugen wird. "Ob dort die Auffassung, die Möschel in seinem drastischen, letztlich aber doch mit heißer Nadel genähten Gutachten vertritt, durchkommen wird, ist fraglich. Zumindest müsste er seine These vom Niedrigpreis-Markt wesentlich vertiefen und mit einem umfassenden Zahlenwerk belegen."

Andrea Czepek würdigt die verlegerische Leistung von Anton Philipp Reclam, der vor 175 Jahren die Reclam-Hefte erfand. Sie zitiert Ernst Rowohlt, der über seine Zeit als Banklehrling 1904 in Bremen schrieb: "Ich hatte, während ich mit der Straßenbahn fuhr und bei den Großbanken, bei denen ich auf Abfertigung warten musste, viel Zeit zum Lesen. Ja, Altersgenossen von mir behaupten, dass ich häufig auf der Straße, im Gehen ein Reclam-Bändchen lesend, getroffen wurde und manchmal sogar Laternenpfähle angerannt hätte. (Jede Behauptung, dass das schon damals im Suff geschehen sei, bestreite ich energisch.)" Heute, sagt Reclam-Geschäftsführer Frank R. Max, treffe die Krise den Verlag weniger als andere. "Momentan schwimmen wir im Kielwasser der Pisa-Studie". Der Bestseller sei noch immer derselbe wie vor über 130 Jahren: Goethes "Faust I", von dem jährlich 100.000 Exemplare gedruckt würden.

Im Schwerpunkt-Teil geht es um Hörbücher. Im Interview mit Brit München sagt HörVerlag-Chefin Claudia Baumhöver, in fünf Jahren sollten mindestens 50 Prozent der Bevölkerung Hörbuch-Nutzer sein. Heute sind es nur zehn Prozent. "Wir haben es mit einer ganz neuen Generation von Konsumenten zu tun, die völlig unkompliziert mit diesen Medien umgeht. Die sie einfach in ihre täglichen Abläufe integriert. Diese jungen Leute hören morgens auf dem Rennrad, mit dem sie in die Werbeagentur fahren, Texte von Judith Hermann." Ein wenig irritiert fragt Brit München: "Das ist die Zielgruppe mit der großen Perspektive im Markt?" (Die Universität München hat für den HörVerlag untersucht, wer zur Hauptkäufergruppe von Hörbüchern gehört: Es sind "Kulturkonsumenten (Kino, Konzerte, Events)" zwischen 25 und 35 Jahren, gebildet, gut verdienend, mit wenig unverplanter Zeit.)

Der Schriftsteller Henning Boetius antwortet auf ein Feature über seine Kollegin Tanja Kinkel, die kürzlich von Random House zur Frankfurter Verlagsanstalt wechselte. Boetius verteidigt Random House gegen ihre Kritik, indem er die Verlagsgruppe mit der Bodenhaltung vergleicht: "Hier leben viele Hühner auf ebener Erde zusammen, irren innerhalb eines eingegrenzten Bereichs herum und legen ihre Eier mal hier- mal dorthin, bis sie vom aufmerksamen Hühnerhalter aufgesammelt, gestempelt und vermarktet werden. (...) Liebe Kollegin Kinkel, auch ich finde die Verhältnisse bei den Bücherfarmen wahrlich nicht ideal. Auch ich hätte es manchmal gerne etwas individueller, vor allem wäre ich froh, die Verfallszeiten bei Eiern wären nicht dermaßen kurz, so dass man als armes Hinkel schon während des Legens daran denken muss, dass sein Produkt schon bald wieder aus den Regalen genommen wird. Und ich verstehe auch gut, dass Sie gerne Stephen Kingkel wären, d.h. mit einem Text auf den amerikanischen Markt vordringen möchten, etwas, das meine Farmer von Random House mit meinem Roman 'Phönix aus der Asche' übrigens geschafft haben. Auf jeden Fall aber warne ich davor, die Verhältnisse in Kleinverlagen zu idealisieren. Der Druck des Marktes ist dort genauso groß, nur verteilt er sich auf weniger Schultern."

Zum dritten Mal bereits haben Matthias Politycki, Peter Michalzik und Sven Richardsson nach Schloss Elmau eingeladen: "Schriftsteller in der Hauptsache, daneben auch Verlagsmenschen und Literaturkritiker, die nicht nur dem Betrieb, sondern der von Politycki vor Jahren schon ausgelobten ྊer-Generation' angehören - oder etwas jünger sind. Weder die 68er, die, so die Überzeugung, ohnehin lange genug die Meinungsführerschaft innehatten, noch die Autoren der so genannten Pop-Literatur sind erwünscht", schreibt Daniel Lenz. Unklar ist, wie es mit der Gruppe weitergeht und ob es überhaupt eine Gruppe gibt. "Beim letzten Treffen hatte der Schriftsteller Georg Klein angeregt, die Elmauer Gruppe solle künftig über das gröbste Schurkenstück im Literaturbetrieb befinden und das 'Kulturluder des Jahres' auszeichnen - kurzum: die Gruppe solle sich vereint einmischen, Verantwortung übernehmen."

Andrea Czepek hat sich in "Doc Gonzos Sprechzimmer" umgesehen, wo sich "die deutsche E-Book-Szene" trifft. "Die 'Scans' der Bücher werden in Heimarbeit erstellt: Hier werden keine 'geknackten' E-Books verteilt, sondern Bücher von Hand Seite für Seite eingescannt. Wer sich nützlich machen will, kann sich dann als Korrekturleser anbieten, denn die Fehler der Texterkennungssoftware müssen noch ausgebügelt werden. Anschließend wird das Layout geglättet, fertig ist das hausgemachte E-Book."

Jenni Zylka hat ein Buch über "1.000 Dinge, die man bei Schwerelosigkeit tun kann" geschrieben. Im buchreport erklärt sie: "Sex & Lügen heißt meine Kolumne in meiner Lieblingszeitung, der kleinen taz, und das Paradox ist: Obwohl ich seit Jahren spitzenmäßig lustige und unglaublich gut recherchierte Reportagen und Glossen für alle möglichen Blätter schreibe, wird nach meinem ersten Bestseller plötzlich behauptet, ich sei 'Sex-Kolumnistin', nur weil über dieser Kolumne 'Sex & Lügen' steht, und das steht da auch nur, damit man hinguckt. Viel lieber hätte ich ohnehin 'Steuerberatung & Massage' drüber geschrieben, oder 'Pest & Cholera', aber da war der Vize-Chefredakteur vor."

Weitere Beiträge: Rainer Uebelhöde spricht mit Albert Völkmann und Inge Holzheimer vom A1 Verlag über ihren Nischenplatz als Kleinverlag. Außerdem berichtet er über die Feiern zum 90. Geburtstag des Karl-May-Verlags, über die Heftchenromane von Lübbe und über Krimi-Reiseführer. Anja Sieg stellt den New Yorker Verlag Miramax Books vor, der noch in den Kinderschuhen stecke und dennoch "eine Top-Adresse für Autoren mit hohen Ansprüchen" sei - sie nennt Rudolph Giuliani, die jordanische Königin Noor und Madeleine Albright. Sieg schreibt auch über Ian Rankin, der als der erfolgreichste Kriminalschriftsteller Großbritanniens gelte, über "The Curious Incident of the Dog in the Night-Time", ein Crossover Book (für Erwachsene und Jugendliche) von Mark Haddon, und über britische Literaturpreise (die Berichterstattung über selbige gehöre in Großbritannien zum guten Ton). Andrea Czepek stellt das Synopsis-Unternehmen Shortbooks vor. Peggy Voigt hat sich die Websites von vier Fernsehköchen angesehen: Michel Bras, Jamie Oliver, Dieter Müller und natürlich Vincent Klink. In Peine hat Peggy Voigt einen Buchhändler gefunden, der den Kopf angesichts der Krise nicht in den Sand steckt: Hubertus Gillmeister. Und von den Machern der Seite tage-bau.de hat Voigt erfahren, dass Verlage das Internet offenbar nicht zum Aufspüren von jungen Talenten benutzen.

Die Buchmacher vom 02.06.2003 - buchreport.magazin

Wenn Weltbild-Chef Carel Halff für die Preisbindung plädiert, sollte man vielleicht misstrauisch werden. Im Interview mit Peggy Voigt sagt er: "Die Preisbindung und die halbe Mehrwertsteuer sind kostbare Privilegien, die wir nicht einfach voraussetzen dürfen, sie beinhalten auch eine Verpflichtung. Sie besteht nicht darin, als Unternehmen möglichst erfolgreich abzuschneiden, sondern dem durchschnittlichen Buchleser gerecht zu werden. Dazu gehören auch Preise, die der normale Buchkäufer zu zahlen bereit und in der Lage ist." Für den Börsenverein fordert Halff, die "Wagenburgmentalität" zu beenden: "Vor lauter Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner werden nach meiner Beurteilung häufig die großen Themen versäumt." Letzte Frage an Halff: "Kann man als Buchhändler auch Bücher lieben, wie sie Dieter Bohlen oder Stefan Effenberg herausgebracht haben?" Antwort: "Diese Frage sollte man so nicht stellen. Um dem Thema Buch gerecht zu werden, muss man auch ein guter Händler sein. Und ein guter Händler hat die Aufgabe, seinen Buchkäufern gerecht zu werden. Ich glaube daran, dass der Leser selbst beurteilen kann, was er lesen will und was nicht. Wir sollten dem Buchkäufer - abgesehen von Bücher, die Kriege verherrlichen, gegen die Grundprinzipien der Kirche verstoßen oder in ähnlicher Weise verwerflich sind - seinen Geschmack nicht vorschreiben. Wir sind keine Geschmackshändler und auch keine Kulturmissionare. Wir sind Buchhändler."

Andrea Czepek fragt Börsenvereins-Vorsteher Dieter Schormann, wozu der Verband noch gut ist. "Die Preisbindung und das Urheberrecht sind Themen, die uns auch weiterhin beschäftigen. Oder die Steuergesetzgebung: Wir haben uns in den letzten Monaten erfolgreich für die Beibehaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Kombiprodukte eingesetzt. Richtig ist, dass wir einige Dienstleistungen, zum Beispiel die Steuerberatung, zurückgefahren haben."

Der Pulitzer-Preis hat es Rowohlt zwar ein wenig leichter gemacht. Dennoch war Jeffrey Eugenides in Deutschland weitgehend unbekannt. Peggy Voigt erklärt, wie der Verlag vorging. "'Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, ein Buch zu bewerben: Man geht vom Inhalt aus, vom Autor selbst oder man entscheidet sich - bei Bestsellerautoren - für die klassische Bestsellerwerbung', skizziert Kerstin Reitze de la Maza, Leiterin der Rowohlt-Werbeabteilung, die Ausgangsposition. Weil der Inhalt des Romans 'Middelsex' zu vielschichtig ist - ist es ein Familienepos, ein psychologischer Roman, eine Studie über Gentechnik oder eine Homage an die klassische griechische Literatur? -, entschied sich das Werbeteam um Reitze de la Maza für den Autor. Und an dem fiel auf, dass kaum jemand, außer dem Verleger Alexander Fest, seinen Namen richtig aussprechen konnte. 'Das war unser Ansatz: Der Roman ist ungewöhnlich, der Name unaussprechlich.'"

Tanja Kinkel hat den Verlag gewechselt; ihr nächstes Buch erscheint bei der FVA. Dort fühle sie sich besser aufgehoben, schreibt Maria Ebert: "'Bei Random House gibt es', klagt Kinkel, 'keine individuelle Autorenbetreuung mehr.' Die Unzufriedenheit über die Maschinerie wuchs; da half es auch nicht, dass Kinkel 2001 in den Club-Beirat berufen wurde und dort mit anderen prominenten Autoren Wege erkunden sollte, die dem Publikum die Freude am Lesen erhalten." Ihr erster FVA-Titel heißt "Götterdämmerung"; es ist zugleich ist erster nicht-historischer Roman. "Sie beschreibt darin, wie der investigative Journalist Neil LaHaye einem Pharmakonzern auf die Schliche kommt, der mit Billigung einiger Politiker in Alaska den Supergau der Menschheit vorbereitet."

Im Kommentar erklärt David Wengenroth, dass die Zunahme ausländischer Investoren in der Buchbranche die deutsche Harmoniekultur gefährde, dies jedoch eine Chance auch für die deutschen Verlage sei. Anja Sieg gibt einen Überblick über den britischen Buchmarkt und stellt den dänischen Medienkonzern Egmont vor. Rainer Uebelhöde berichtet über den Generationenwechsel im Grazer Literaturverlag Droschl, Brit München über den 20. Geburtstag des Schweizer Verlags Nagel & Kimche. Andrea Czepek stellt die Firma E-Motionbook vor, die Kino-, Radio- und Online-Trailer für Buchwerbung produziert, Brit München das Kölner Verlagsbüro LKO: "Wir machen alles - von der Idee übers Lektorat bis zum Druck, und wenn gewünscht, auch gleich die Marketing-Kampagne dazu", sagt Werner Köhler, dem das K von LKO gehört. Und Anja Sieg berichtet, dass die Bestsellerautorin Janet Evanovich auf Cracker der Marke "Cheese Doodle" steht und sich selbst sehr erfolgreich vermarktet: "Bereits 1995 hat sie die Firma Evanovich Inc. gegründet, in der Ehemann (der Doktor der Mathematik ist Geschäftsführer), Sohn (Finanzen) und Tochter (Homepage) arbeiten."

Weitere Themen sind die 21-jährige Tochter des irischen Premiers Bertie Ahern, Cecilia Ahern, die für ihren Debütroman die irische Rekordsumme von 300.000 Euro plus eine Million US-Dollar Euro kassiert hat; der Schriftsteller Patrick Addai aus Ghana, der seine Geschichten im eigenen Verlag herausbringt; der 75. Geburtstag des Hamburger Barsortiments Libri; der zehnte Geburtstag der Akademie des Deutschen Buchhandels in München; die Kölner Lifestyle-Messe "Wir" und schließlich das Dortmunder Pilotprojekt für die zentrale Verteilung von Paketsendungen, "Tower 24".

Schwerpunkt-Thema sind die Kalender für das nächste Jahr.

Das Juni-Heft des buchreport.magazins bringt außerdem den so genannten Verlagskompass, der auflistet, wer zu wem gehört. Auf der buchreport-Homepage werden die Daten laufend aktualisiert.

Die Buchmacher vom 05.05.2003 - buchreport.magazin

Die Zahl der Leser in Frankreich geht zurück, der Anteil der britischen und amerikanischen Autoren auf den Bestsellerlisten dort nimmt zu, schreibt Peggy Voigt in einem Überblick über das Leseland jenseits des Rheins. "So musste (das Branchenmagazin) Livres Hebdo seine Jahresbestsellerliste von 100 auf 150 Titel erweitern, damit mehr einheimische Autoren darin auftauchen. Nur noch sechs von ihnen haben den Sprung in die Top Ten der Jahresbestsellerliste 2002 geschafft, Autoren aus dem angloamerikanischen Sprachraum konnten dagegen zulegen."

Daniel Lenz schreibt über Personalvermittler, die für Verlage und Buchhandlungen arbeiten. "Es gehört zu den Paradoxien der Buchbranche, dass ihr Personalkarussell auch in der Krise auf Hochtouren läuft. Obwohl Buchhandel und Verlage unter dem Sparkurs der Verbraucher leiden, wechseln Woche für Woche Buchmenschen ihre Positionen, in Führungsetagen wie auch darunter, springen aus anderen Branchen auf oder in andere ab". Drei Personalvermittler stellt Lenz vor: Die Agentur Naumczyk, Staehler & Partner und Ellen Braun Consultig.

Von dem Spielfilm "Schwabenkinder", der Mitte April im deutschen Fernsehen gezeigt wurde, erhoffe sich der Verlag Herbig "einen erneuten Verkaufsschub" für das gleichnamige Buch, schreibt Brit München (auf der Spiegel-Bestsellerliste vom 5. Mai steht das Buch auf Platz 19). Dreißig Verlagen habe Elmar Bereuter sein Manuskript schicken müssen, "bis Herbig das Potenzial der Geschichte erkannte". Inzwischen sei das Buch 50.000 Mal verkauft worden. Bereuters nächstes Buch erscheint im Herbst: "Hexenhammer" heißt es, und darum geht es auch.

Hätte es zu Thomas Manns Zeiten schon die Gala gegeben, dann hätte sich das Blatt vermutlich mit Klatsch- und Tratsch-Fragen über den Schriftsteller beschäftigt, schreibt Brit München. "Jetzt tut das Thomas Klugkist." Der 37-Jährige meine, "dass man auch die Fragen stellen darf, die kein Wissenschaftler stellen darf, ohne seinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen". Der Breloer-Dreiteiler brachte den Germanisten auf die Idee, ein Klatsch-Buch über Thomas Mann zu schreiben: Freunde und Bekannte hätten ihn damals mit Fragen bestürmt, die auf Partys oder in der Mittagspause nicht zu beantworten gewesen seien. So sei das Buch "49 Fragen und Antworten über Thomas Mann" entstanden. Es erscheint im August bei S. Fischer.

Der Bachmann-Preisträger Michael Lentz ("muttersterben") hat einen Roman geschrieben. "Gegen alles, was ich bisher gemacht habe, ist das fast seichte Unterhaltungsliteratur", zitiert Brit München den Schriftsteller. Das Buch trägt den Titel "Liebeserklärung" und erscheint im September. "Ein 'Deutschlandroman' soll es sein, ein 'Anti-Heimat-Roman', eine doppelte Liebesgeschichte, die gleichzeitig eine einjährige Reise kreuz und quer durch Deutschland und Europa ist. Um die 'zwanghafte Überprüfung eines Gefühlshaushaltes', sagt Lentz, geht es in dem Roman (...). Kierkegaards 'Die Wiederholung' und das Album 'Mensch' von Herbert Grönemeyer liegen der Geschichte zugrunde." Parallel schreibt Lentz "an einem weit umfangreicheren Roman".

Hermann Heckmann und David Wengenroth durchleuchten den Taschenbuchmarkt nach allen denkbaren Kriterien: Ausstoß, Backlist, Größe der Verlage, Best- bzw. Longseller-Erfolge etc. "Nach 50 Jahren ist der deutschsprachige Taschenbuchmarkt weitgehend aufgeteilt. Spürbare Veränderungen wird es nur noch geben, wenn Übernahmen wie zuletzt Ullstein Heyne List oder der Verkauf von Taschenbuchabteilungen realisiert werden. Wachstum aus eigener Kraft ist nur mit großem wirtschaftlichem Einsatz möglich. Die Werkzeuge dafür sind teure Taschenbuchlizenzen oder ein abermals erhöhter Novitäten-Ausstoß, Doch beide Möglichkeiten sind nur noch schwer mit aktuellen Renditerechnungen in Einklang zu bringen." Vom Arena Verlag bis zur Walhalla Verlagsgruppe listet der buchreport alle 43 deutschsprachigen Taschenbuchverlage inklusive Anschrift, Umsatz etc. auf.

In einem Sonderteil listet der buchreport außerdem hübsch übersichtlich "annähernd 450 Bücher der kommenden Saison" auf.

Weitere Beiträge: Alois Franzke stellt Langenscheidt vor, "eines der letzten großen Familienunternehmen der Branche", aus dem fast unbemerkt ein international erfolgreicher Konzern geworden sei. Anja Sieg schreibt über Al Zuckermann, den 71-jährigen Chef der Literaturagentur Writers House, und informiert über den US-Buchmarkt, für den das Jahr 2003 mit heftigen Turbulenzen begonnen habe; die Branche klage in den USA allerdings auf hohem Niveau. Titel ihres Artikels: "Es ist Sand im Getriebe, aber kein Grund zur Panik".

Außerdem stellt Peggy Voigt vier Bücher über DDR-Politgrößen vor: "Honecker. Eine Biografie" von Ulrich Völklein (AtV), "Erich Honecker. Eine deutsche Biografie" von Norbert F. Pötzl (DVA), "Mein Leben" von Lotte Ulbricht, herausgegeben von Frank Schumacher (Verlag Das Neue Berlin) und "Margot Honecker. Eine Biografie" von Ed Stuhler (Ueberreuter). Anja Sieg porträtiert Dan Brown, den "Shooting-Star unter den amerikanischen Thrillerautoren". Andrea Czepek hat diverse Multichannel-Angebote getestet und verglichen: Libri.de, KNO (buchkatalog.de), VlB (buchhandel.de), Thalia (buch.de), Booxtra bzw. buecher.de und Ebuch. Am besten schneidet Libri.de ab: nur Einsen und Zweien. Peggy Voigt hat sich den Internetauftritt der Osianderschen Buchhandlung (Tübingen) angesehen. Daniel Lenz schreibt über die Autorenbuchhandlungen in München, Berlin und Frankfurt am Main, Anja Sieg über den Londoner Traditionsbuchhändler Foyles, der im Mai sein 100-jähriges Bestehen feiert, und erneut über das BBC-Projekt "The Big Read". Und schließlich hat Peggy Voigt den Branchen-Experten Klaus-W. Bramann besucht, der vor fünf Jahren einen Verlag für Ausbildungs- und Fachliteratur für die Buchbranche gegründet hat, den Verlag Bramann.

Die Buchmacher vom 31.03.2003 - buchreport.magazin

In diesem Heft legt der buchreport sein jährliches Ranking der 100 größten Verlage vor. Nach wie vor größter Verlag und damit natürlich auch größter Fachverlag ist BertelsmannSpringer mit 542 Millionen Euro Umsatz. Von diesem Verlag will Bertelsmann sich trennen. Größter Publikumsverlag ist die Verlagsgruppe Ullstein Heyne List mit 187,3 Millionen Euro Umsatz. Diesen Verlag hat Bertelsmann kürzlich gekauft. Größter Taschenbuch-Verlag ist der Bertelsmann-Verlag Goldmann mit 119,8 Millionen Euro Umsatz. Die meisten Hardcover produziert die Bertelsmann-Verlagsgruppe Random House (nämlich 800). Die meisten Taschenbücher (1.134) kommen von Goldmann (an zweiter Stelle steht hier Ullstein Heyne List mit 1.005 Novitäten). Der größte Jugendbuchverlag ist die Egmont Holding mit einem Umsatz von 74,6 Millionen Euro. Und der umsatzstärkste Schulbuchverlag ist die Klett-Gruppe (329,4 Millionen Euro).

In einem Kommentar zum aktuellen Ranking bilanziert David Wengenroth: "Die hundert Branchengrößten haben 2002 im Durchschnitt gerade mal ein hauchdünnes Wachstum von 0,3 Prozent zustande gebracht. (...) Nur noch 44 Verlage meldeten eine positive Umsatzentwicklung. 37 Unternehmen müssen ein Umsatzminus verkraften." Der Blick ins Ausland zeige, dass die deutschen Buchmacher nicht hoffen dürften, "dass ihre Malaise ein Ergebnis nationaler Sonderfaktoren ist, die sich im nationalen Rahmen beheben lassen". Was tun? "Dafür, wie die Buchmacher jenseits des strikten Kostenmanagements einen Weg in die Zukunft finden können, gibt es keine Patentrezepte, sondern nur Binsenweisheiten. Die gängige Empfehlung lautet, bei der Programmgestaltung mutig und kreativ neue Wege zu beschreiten. Diesen wohlfeilen Rat hat man mittlerweile so oft gehört und gelesen, dass man sich fast scheut, ihn zu wiederholen. Nötig ist es trotzdem, denn von dem geforderten Aufbruch ist in der Branche wenig zu spüren. Die meisten Verlage suchen ihr Heil in altbewährten Rezepten und Inhalten."

Die kleinen Verlage unter den 100 Größten wachsen schneller, schreibt David Wengenroth außerdem. Unter den 15 Verlagen, die prozentual am stärksten zugelegt haben, ist kein Top-Ten-Verlag. Umsatzstärkster Verlag unter diesen 15 ist Wiley VCH, Platz 20 im Gesamtranking. Dann geht es erst mit Carlsen weiter - Platz 45 im Gesamtranking, Platz 11 in der Liste Umsatzsteigerer. Am stärksten zugelegt hat Dorling Kindersley, im Vorjahr bei den größten 100 gar nicht dabei, nun auf Platz 88. "Die deutsche Dorling-Dependance verdankt ihre Umsatzsteigerung vor allem erfolgreichen Produkten wie der Rolling-Stones-Biografie von Bill Wyman und den Büchern des 'nackten Kochs' Jamie Oliver." Zumindest ein großer Verlag dürfte sich 2004 in der Liste der Verlage mit den größten Umsatzsteigerungen wiederfinden: "Wenn die Übernahme von Ullstein Heyne List wie geplant über die Bühne geht, wird Random House im kommenden Jahr mit dem höchsten Zuwachs glänzen."

Kann aus zwei Mal Minus ein Plus werden, fragt der buchreport den seit November 2002 amtierenden Chef von Random House Deutschland, Hans-Joerg Pfuhl. Der antwortet, dass Ullstein Heyne List "in eine wirtschaftliche Schieflage" geraten sei. "Das hat uns die glückliche Gelegenheit gebracht, die Gruppe - nach Genehmigung durch das Kartellamt - in der RandomHouse-Familie begrüßen zu dürfen." Ob es leichter sei, die angestrebte Rendite von zehn Prozent in einem größeren Verbund zu erreichen? "Das kann man pauschal nicht behaupten, weil die Degressionseffekte im Verlagswesen sehr überschaubar sind. Der Erfolg richtet sich ausschließlich am verlegerischen Programm aus und das wird nicht allein dadurch besser, dass eine Verlagsgruppe größer wird." Doch Größe habe Vorteile. "Ein Beispiel: Bei der Vergabe von Druckaufträgen werden wir nicht die Preise aufgrund unseres Gesamtvolumens drücken, sondern eine partnerschaftliche Beziehung zu den Druckern suchen und durch die Auslastung über das ganze Jahr hinweg günstige Abschlüsse erzielen. So kann man in den ruhigen Sommermonaten Backlist-Titel nachdrucken und sich während der Hauptproduktionszeit im Frühjahr und Herbst auf Novitäten konzentrieren." Klingt nur mäßig überzeugend. Der buchreport erwidert denn auch: "Günstige Abschlüsse mit Druckern werden es kaum gewesen sein, die Sie zur Übernahme von Ullstein Heyne List bewogen haben." - Aus dem schönen Namen "Ruhli" wird leider nichts. Die ehemaligen Springer-Verlage werden einzeln in die Dachmarke Random House integriert, ihre "Traditionsnamen bleiben natürlich bestehen", so Pfuhl. Insgesamt werde die Verlagsgruppe rund 3.000 Titel pro Jahr herausbringen (zum Vergleich: 2002 produzierte Ullstein Heyne Liste rund 1.500 Novitäten, bei Random House waren es geschätzt knapp 2.000). Die Verlagsgruppe solle künftig dezentral organisiert sein: "Dafür haben wir 14 Verlagsteams gegründet, die als virtuelle Verlagseinheiten operieren und in denen die meisten operativen Entscheidungen getroffen werden."

Was die Branchenblätter der vergangenen Woche noch nicht wussten: Erneut hat ein Verleger seinen Verlag von Bertelsmann zurückgekauft: Der Berlin Verlag gehört wieder allein Arnulf Conradi; der Siedler Verlag bleibt bei Random House. (Anlässlich dieser Nachricht hatte sich die Süddeutsche in der vergangenen Woche mit der Psyche von Großverlagen beschäftigt.)

Der Umsatz der 100 größten Verlage hat sich zwischen 1990 (als das Ranking erstmals erstellt wurde) und 2003 nahezu verdoppelt, schreibt Peggy Voigt: "1989 betrug der Gesamtwert rund 3,5 Milliarden Euro, in 2002 wurden knapp 6 Milliarden Euro umgesetzt." Voigt vergleicht zudem die Zahlen des Verlags-Rankings mit denen des Buchhandels-Rankings: "Während der umsatzstärkste Verlag sich stets um den Wert 500 Millionen Euro bewegt hat, konnte sein Pendant im Handel den Umsatz im gleichen Zeitraum versechsfachen (...). Das Fazit: Der Handel konnte seine Macht gegenüber den Verlagen in erheblichem Maße verstärken."

Wie kann das Buch "in der modernen Medienwelt" wieder an Bedeutung gewinnen, fragte der buchreport in einem Forum. Theo Schäfer (langjähriger Bertelsmann-Pressechef und Erfinder von "Leipzig liest") zweifelt offenbar gleich am Sinn der Leitfrage des Forums: "Welches Medium auch im 20. Jahrhundert neu auf den Markt gekommen ist - Radio, Fernsehen, Computer -, es war immer gleich der Totengräber des Buches. Aber bisher hat es keine wirtschaftlichen Einbußen gegeben." Trevor Goul-Wheeker (Erfinder des World Book Day) widerspricht: "Auch in unserer Branche kann man die gesamtwirtschaftliche Talfahrt nicht ignorieren, wir verlieren Kunden." Nicht nur neue Technologien bedrohten das Buch, "sondern die heutige Lebensart". Heinrich Kreibich (Geschäftsführer der Stiftung Lesen) will den Jugendlichen vermitteln, dass Bücher "geil" sind. So ähnlich sieht das wohl auch Werner Köhler (Geschäftsführer des Kölner Literaturfestivals lit.Cologne). Er kritisiert, dass manche Veranstaltungen eher schadeten als nutzten: "Nehmen Sie den Bücherherbst in Köln: Da stellen 15 Verlage in einem Zelt an alten Holztischen Bücher aus - das ist doch gruselig!" In den Niederlanden funktioniert das Branchenmarketing besser. Hylco Wijnants (vom der "Collectieve Propaganda van het Nederlandse Boek") sagt: "Mir scheint, dass es bei uns eine ganz andere Kultur gibt. Im Büro des CPNB arbeiten 15 Leute, jahrein, jahraus. Eine Million kommt von Verlagen und Buchhändlern, der Rest von Sponsoren." Und dann wird noch heftig geschimpft: "Der Börsenverein ist ein Gottesacker, in dem gute Gedanken beerdigt werden." (Schäfer) "Sponsoren zu nennen, damit tut sich die deutsche Journaille schwer." (Kreibich) "Das ist so verlogen!" (Köhler) Und Goul-Wheeker verrät: Man muss betrügen. "Dieses Jahr hat der 'World Book Day' eine Untersuchung in Auftrag gegeben - immer eine gute Idee! -, um herauszufinden, mit welchem Buch sich die Schotten, Iren, Waliser bzw. Engländer am meisten identifizieren. Daraus haben wir Favoriten-Listen entwickelt. Alles Quatsch, keiner braucht das. Aber wir erfinden jedes Jahr neue Varianten von diesem Nonsens, weil wir wissen: Die Presse liebt es."

Zwei neue Bücher kündigt Georgette Libori an: "Ein Tag im Jahr. 1960 bis 2000" von Christa Wolf. Die Schriftstellerin hat darin eine Anregung der russischen Zeitung Iswestija verwirklicht: Das Blatt hatte 1960 an Schriftsteller in aller Welt appelliert, sie mögen den 27. September eines jeden Jahres so genau wie möglich beschreiben. "Nie zuvor hat sich ein Autor so ungeschützt ausgeliefert wie Christa Wolf in diesem Buch", sagt Luchterhand-Geschäftsführer Gerald Trageiser. Das zweite Buch ist von Florian Illies. Es trägt den originellen Titel "Generation Golf II". Darin wickelt Illies seine eleganten Floskeln um das Thema "Quarterlife-Crisis". Kostprobe: "Unsere Generation macht die Bekanntschaft mit dem deutschen Kündigungsrecht und dem deutschen Arbeitsrecht, wonach die als Erste gehen müssen, die als Letzte angefangen haben." Eine Million Euro soll der Blessing Verlag hingelegt haben, um das Buch publizieren zu dürfen.

Bericht aus Krefeld. Dort kündigt sich seit geraumer Zeit ein ungewöhnlich scharfer Verdrängungswettbewerb an: Am 24. April eröffnet Buch Habel eine 3.000 Quadratmeter große Filiale in der Stadt am Niederrhein. Als Reaktion darauf hatte Thalia seine Buchhandlung vor Ort auf 1.700 Quadratmeter vergrößert. Neun Buchhändler aus Krefeld um dem Umland wollen der Konkurrenz mit einem gemeinsamen Internetportal trotzen.

Der Schwerpunkt gehört dem Krimi. Darin berichtet Anja Sieg, dass Erstausgaben von Krimi-Klassikern bei Auktionen in den USA fünfstellige Summen erzielen. Andrea Czepek und Peggy Voigt schreiben über die Reihe "GourmetCrime", die im Europa-Verlag erscheint. Anja Sieg stellt die Krimis des Schotten Alexander McCall Smith vor, deren Hauptfigur eine botswanische Miss Marple ist (ihre Detektei heißt "The No. 1 Ladies' Detective Agency"). David Wengenroth schreibt über russische Kriminalromane. Rainer Uebelhöde stellte Websites für Krimi-Fans vor: Kaliber38.de, Krimi-Forum.de, Das Syndikat, Alligatorpapiere.de, Krimicouch.de. Außerdem legt der buchreport sein aktualisiertes "Who's who der Kommissare" vor - eine kommentierte Liste von Krimiautoren und ihren Protagonisten.

Weitere Beiträge: Peggy Voigt berichtet, dass der Einzelhandel in der Krise die Tradition der Genossenschaften und Handelsverbände neu entdeckt. Brit München erzählt, wie hohe Mieten und die schlechte Wirtschaftslage die Bergische Buchhandlung in Radevormwald in die Insolvenz getrieben haben. Anja Sieg schreibt über das walisische Buchmekka Hay-on-Wye, Peggy Voigt über französische Comics und Andrea Czepek über Lizenzhandel mit Jugendbüchern.

Die Buchmacher vom 03.03.2003 - buchreport.magazin

Das wieder sehr lesenswerte Monatsheft des buchreport steht ganz im Zeichen des aktuellen Rankings "Die 100 größten Buchhandlungen". Einige Ergebnisse dieses Rankings sind im buchreport.express nachzulesen (siehe dort). Das Ranking selbst gibt es hier. In einem Kommentar schreibt Bodo Harenberg: "Die Häutung des stationären Buchhandels in den letzten zwei Jahrzehnten ist für viele nur unter Aufbietung aller persönlichen Kräfte, Ausschöpfung aller Ressourcen und meist mit hohen Krediten möglich gewesen. Parallel dazu sind die Umsätze des Handels dauerhaft zurückgegangen, die Kosten jedoch kontinuierlich gestiegen. Wenn der Buchhandel trotzdem - gemessen an anderen Einzelhandelsbranchen - bis dato von Übernahmen, Geschäftsaufgaben und Insolvenzen weitgehend verschont geblieben ist, so geht der Erhalt vieler Standorte auf den Schutz durch die Preisbindung zurück. Sie erspart den ruinösen Rabattkrieg und gewährt zwar keineswegs üppige, aber doch weiterhin auskömmliche Margen und ermöglichte auch Modernisierung und Flächenwachstum des Buchhandels."

Unter den "100 größten Buchhandlungen" steht Thalia nach wie vor auf Platz 1. In einem "absoluten Ranking" - also bei Berücksichtigung aller Vertriebswege - käme Thalia dagegen nur auf Platz 4 (hinter Weltbild, dem Bertelsmann Club und Amazon.de). Im Interview mit dem buchreport weisen die beiden Thalia-Geschäftsführer, Jürgen Könnecke und Michael Busch, darauf hin, dass die Gruppe weiter wachsen will: durch Filialerweiterungen, Neueröffnungen und Übernahmen. Könnecke glaubt nicht, dass der Filialbuchhandel an seine Expansionsgrenzen gestoßen ist, "auch wenn es einige regionale Marktführer gibt, die sehr starke Positionen innehaben". In einigen Punkten orientiert sich die Douglas-Tochter offenbar an der Strategie der Parfümerien: "Ein kleiner Verlag, der selbst vielleicht nicht die Kraft für eine eigene Marketingaktion hat, kann mit einem großen Partner und dessen Marktkraft mehr erreichen, als es bisher für ihn möglich war", sagt Busch. "Nehmen wir im Parfümbereich das Beispiel Douglas: Der Kunde kauft nicht ein Parfüm bei Douglas, sondern der Kunde geht zu Douglas und kauft dort ein Parfüm. Wir sind der festen Überzeugung, dass Thalia in der Perspektive eine ähnliche Markenkraft in Deutschland gewinnen kann." Das Angebot der Tochter buch.de sei "ein langfristiger Bestandteil der Marktbearbeitungsstrategie in Deutschland, Österreich und der Schweiz", so Busch weiter. "Derzeit operieren wir im Online-Buchhandel mit buch.de, thalia.de und nun auch bol.de. Auf Dauer müssen wir darüber nachdenken, wo wir die einzelnen Marken nutzen wollen und wo es Synergieeffekte gibt. Die technologische Plattform und das gemeinsame Zentrallager sind erste Stationen auf diesem Weg."

Seit dem letzten Buchhandels-Ranking des buchreport ist Buch & Kunst um fünf Plätze vorgerückt und landete nun auf Platz 8. "Über den Filialisten von der Elbe und seinen aggressiven Wachstumskurs ist in letzter Zeit viel geschrieben worden. Wenig ist dagegen über die treibenden Kräfte bekannt, die im Hintergrund Mitverantwortung übernehmen", schreibt Anja Sieg. "Wenn es in Dresden um richtungsweisende Entscheidungen geht, sitzen noch andere am Tisch. Michael H. Bork und Dr. Peter Hammermann vertreten im Beirat der Buch-&-Kunst-Gruppe die Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens. Beide sind Geschäftsführer von Barclays Private Equity (BPD), die als Managementgesellschaft jene Finanzfonds betreut, die mit 55 Prozent an Buch & Kunst beteiligt sind." Nach der Übernahme von Baedeker will auch Buch & Kunst weiter wachsen - zuletzt durch den Kauf der Bielefelder "Boulevard"-Buchhandlung.

Über Buch Habel schreibt David Wengenroth. Mit einem Umsatzplus von 5,6 Prozent gehöre der Darmstädter Filialist ebenfalls zu den Gewinnern im buchreport-Ranking (obwohl er von Rang 12 auf Rang 13 zurückfiel). Dass die FAZ-Gruppe ihre Beteiligung abgeben will, habe Buch-Habel-Chef Ernst Leonhard "kalt gelassen". "Die FAZ ist mit 50 Prozent nur an dem Unternehmen Buch Habel beteiligt, das neben den Filialen in Ostdeutschland die Filialen in Wiesbaden und Bochum betreibt. Alle anderen Buchhandlungen gehören zur Carl Habel Verlagsbuchhandlung, an der Ernst Leonhard 100 Prozent der Anteile hält."

Gewinner im Ranking ist auch die schwäbische Buchhandlung Herwig: "1873 gründete Urgroßvater Erich Herwig eine kleine Buch- und Musikalienhandlung in Göppingen. Großvater und Vater ließen sie wachsen, aber erst unter Till Herwig wuchs sie zu einer beachtlichen kleinen Handelskette heran, die sich mit acht Filialen und einem Umsatzplus von 7,1 Prozent auf 13,5 Millionen Euro im Jahr 2002 im buchreport-Ranking 'Die 100 größten Buchhandlungen' von Platz 52 auf Platz 44 vorgeschoben hat - und sich diesen Platz mit dem Berliner KulturKaufhaus Dussmann teilt", berichtet Brit München. Till Herwig will, dass die Kunden sich in seinen Buchhandlungen wohlfühlen, er organisiert Veranstaltungen und unterhält eine Online-Filiale: "Kommunikation ist alles, die Leute gucken mal rein, auch wenn nur einer von 100 auch wirklich online etwas kauft. Aber eigentlich wollen wir sie ja auch nur in den Laden kriegen." Ein Endlos-Gedicht auf der Website der Aalener Filiale, an dem die Kunden mitschreiben konnten, sei "Stadtgespräch" gewesen; jetzt erscheine es in Buchform.

Über den Online-Buchhandel berichtet Andrea Czepek. "Zwar ist der Anteil des Online-Handels am gesamten Einzelhandel mit 1,6 Prozent noch immer relativ gering, das sind aber schon 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei Büchern und Musik dürfte der Marktanteil bereits deutlich höher liegen." Bei reinen Internet-Buchhändlern seien nur noch drei große Player im Spiel: Amazon, buch.de (inklusive bol.de) und Booxtra. "Überleben kann nur, wer etwas bietet, was der Marktführer nicht hat. So setzt buch.de auf den Multichannel-Ansatz, Booxtra auf die Versandkostenfreiheit und telefonische Bestellannahme."

Die Erfolgszahlen von Weltbild dröselt David Wengenroth auf: "Von den rund 440 Millionen Euro, die Weltbild 2002 im Versandbuchhandel erzielt hat (Vorjahr: 438 Millionen Euro), entfielen 59 Millionen Euro (Vorjahr: rund 51 Millionen Euro) auf Internet-Bestellungen. Eine wesentlich fettere Steigerungsrate erzielte der Billigheimer allerdings mit der Sondersortimentskette Weltbildplus, einem Joint Venture mit Hugendubel: Der Gesamtumsatz, der zu 50 Prozent bei Weltbild zu Buche schlägt, machte 2002 einen geradezu halsbrecherischen Sprung um 60,8 Prozent auf 185 Millionen Euro."

Außerdem gibt Peggy Voigt einen Überblick über die Entwicklung des Buchhandels anhand des buchreport-Rankings: So lag der Umsatz der größten Buchhandlung 1989 bei 54,2 Millionen Euro; 2002 waren es 324,6 Millionen Euro. Peggy Voigt weist außerdem darauf hin, dass Buchhandlungen in Shoppingcentern überdurchschnittlich hohe Umsatzzuwächse erzielten. Kein Wunder: "1993 gab es erst 90, 2000 waren es schon 280; zum Beginn des Jahres 2003 hat das Kölner Eurohandelsinstitut insgesamt 340 Einkaufscenter mit einer Gesamtfläche von elf Millionen Quadratmetern gezählt." Karstadt will nun eigene Shoppingcenter bauen. Brit München stellt einen weiteren Top-Aufsteiger im Ranking vor: die Hannoveraner Buchhandlung Decius (hier die Daten des Rankings). Andrea Czepek schreibt über die Konzentrationsprozesse unter den Bahnhofsbuchhändlern.

In der Rubrik "Verlage" schreibt Rainer Uebelhöde über Kosmos, David Wengenroth über den Verlag S. Hirzel, Anja Sieg über den britischen Verlag Bloomsbury (der durch "Harry Potter" reich wurde und zurzeit eine deutsche Tochter aufbaut; die will im Herbst ihr erstes Programm vorlegen) sowie über den Relaunch der Penguin Classics und die New Yorker "Talent- und Literaturagentur" William Morris.

Schwerpunkt des Heftes ist das Thema Reisen. Einen Überblick über das Geschäft mit Reiseführern gibt Maria Ebert; sie schreibt auch über Mairs Geographischer Verlag, über den Jakobsweg, zu dem es mehr als 70 Titel gebe, und über Reisemagazine, die "wie Pilze aus dem Boden" schießen. Den mittlerweile 15 Jahre alten Verlag Frederking & Thaler porträtiert Georgette Libori.

Zwar habe das Gewicht der Literaturkritik abgenommen. "Doch für den Erfolg anspruchsvoller junger Autoren kann der Bannstrahl der Kritik tödlich sein", meint David Wengenroth. Es geht um Judith Hermanns zweiten Erzählband, "Nichts als Gespenster", der von der Kritik recht ungnädig aufgenommen wurde. Dies sei abzusehen gewesen. Dem Verlag sei bei der Präsentation des Buches allerdings "ein Kabinettstück" gelungen: "Im Falle des Hermann-Zweitlings war vor allem wichtig, dass die Autorin als Person ihre ersten Medienauftritte hatte, bevor das Buch selber in den Mittelpunkt rücken konnte. Judith Hermann musste zu Wort kommen, bevor schlechte Kritiken ihres Buches sie demontieren konnten. (...) Ob die zur Schau getragene Schüchternheit nun tief empfunden ist oder berechnende Pose: Wirkungsvoller hätte die Autorin ihre Kritiker nicht in die Defensive bringen können."

Auch mit "Schiffbruch mit Tiger" hat Fischer Sinn für Erfolg bewiesen. Der Verlag hatte das Buch von Yann Martel schon zum Spitzentitel erkoren, als vom Booker- oder anderen Preisen noch keine Rede war, schreibt Brit München. "Spätestens seit im August 2002 die Übersetzung fertig vorgelegen hat, war allen klar, dass wir hier einen potenziellen Bestseller im Hause hatten", sagt Hans Jürgen Balmes, Programmchef für internationale Literatur. Zur Marketing-Strategie gehörten eine "kleine Lesereise für Handel und Medien" sowie Radio-Werbung zum Start des Buches. Insgesamt habe die Kampagne eine sechsstellige Summe gekostet, "dreimal so viel, wie wir in einen normalen Spitzentitel investieren", zitiert München Marketingchef Uwe Rosenfeld. Und Yann Martel selbst sagt im Interview, sein kanadischer Lektor habe zunächst "schon ein bisschen komisch geguckt und sich wohl gefragt, was ich bloß mit solchen unmodischen Themen will - und ich selber habe das beim Schreiben auch gedacht".

Afrika ist als Buchthema im Kommen, diagnostiziert Daniel Lenz und nennt als Beispiele den (sehr schönen) Roman "Herero" von Gerhard Seyfried sowie "Zeit der Wahrheit" von Renate Ahrens, "Mitten in Afrika" von Ulla Ackermann und "Unter afrikanischer Sonne" von Alexandra Fuller. Lenz zitiert die Lektorin Sabine Jaenicke von Langen Müller Herbig: "Im Lektorat hieß es früher: Bücher aus Afrika verkaufen sich nicht. Das hat sich verändert." Diese Veränderung bewirkt haben Bücher wie "Nirgendwo in Afrika" von Caroline Link, Titel von Stephanie Zweig oder "Wüstenblume" von Waris Dirie. "Die Bestseller seien kein Grund zur Freude, so Peter Ripken, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika (...). Mit den genannten cash cows geht Ripken hart ins Gericht: Die Bücher seien vom Marketing her auf eine breite Tränendrüse der Leser hin konzipiert. Und Waris Dirie? Auch ein Marketingprodukt - ihre Bücher seien von amerikanischen Literaturagenten als Ghostwriter geschrieben worden. 'Sie darf nur etwas bei Presseterminen sagen, um den Verkauf der Bücher anzukurbeln.'" Miese Noten gibt Ripken auch den Büchern von Ulla Ackermann und Alexandra Fuller. Meist werde Afrika "als Inbegriff einer Welt beschrieben, in der das Familienleben und die Natur noch intakt seien, oder, vice versa, als Bild eines Kontinents der Katastrophen, Krisen und Kriege - 'zu Hause zwischen Paradies und Hölle' heißt der Untertitel von Ackermanns Buch."

Weitere Beiträge: Rainer Uebelhöde stellt den Schriftsteller Friedrich Ani vor, der im April zum zweiten Mal den Deutschen Krimi-Preis bekommt, Andrea Czepek widmet sich der amerikanischen Nachwuchshoffnung Jonathan Safran Foer, Anja Sieg erzählt, wie der "Tag des Buches" in Großbritannien begangen wird (mehr hier, und Peggy Voigt hat sich die alten und neuen Übersetzungen von "Lolita", "Der Fänger im Roggen" und "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" angeschaut.

Die Buchmacher vom 10.02.2003 - buchreport.magazin

Was wird aus Bertelsmann? Hermann Heckmann blickt zurück und nach vorn. Nicht allein der Niedergang der New Economy sei das Problem gewesen, "auch die beginnende Schwächeperiode der Printmedien insgesamt, die Talfahrt der Buchclubs, insbesondere des Clubs in Deutschland, das Desaster in der Musikindustrie und auch der Durchhänger der Buchverlage rissen Löcher in die Konzernkasse". Noch ein Bertelsmann-Problem: Das Tauschgeschäft mit der Investorgruppe Bruxelles Lambert: 25,1 Prozent Bertelsmann-Anteile gegen die Mehrheit an RTL. Der Haken: Bruxelles Lambert darf seine Anteile 2005 an die Börse bringen. "Wenn die Erstnotierung für Bertelsmann nicht zur Ohrfeige werden soll", müsse Vorstandschef Gunter Thielen die Finanzen des Konzern in Ordnung bringen. Kurzfristig scheint Bertelsmann auf gute Nachrichten zu setzen: "Nur jeweils kaum mehr als 24 Stunden lagen zwischen den Ankündigungen, Bertelsmann wolle in Japan mit dem dortigen Konzern Kodansha ein gemeinsames Unternehmen aufbauen, möglicherweise die Buchverlage des schlingernden AOL-Time-Warner-Konzerns übernehmen und habe überdies Interesse, die deutsche Verlagsgruppe Ullstein Heyne List von der Axel Springer AG zu schlucken" - dies sei als "Lebenszeichen und Mutsignal" gemeint gewesen. Als ähnliches Signal war möglicherweise auch die Spekulation in US-Medien gedacht, Buchchef Peter Olson könne Thielens Nachfolger werden.

Verlage könnten aus der Not eine Tugend machen und die Inhalte von Büchern ins Internet stellen, um für sich und ihre Bücher zu werben, schreibt Andrea Czepek in einem Kommentar. Als Beispiele nennt sie den Science-Fiction-Autor Cory Doctorow, Paulo Coelho und den US-Verlag Prentice Hall, der eine Reihe von Software-Handbüchern freigegeben habe, um bei Software-Entwicklern zu punkten. Diese Rechnung gehe auf, "so lange die Verleger zu Recht davon ausgehen können, dass die Leser immer noch das gedruckte Buch bevorzugen. Bei Romanen wird das noch lange der Fall bleiben". Für Fachverlage sieht Czepek allerdings einen gravierenden Nachteil: Sie müssten fürchten, "dass beispielsweise Bibliotheken massenweise ihre Zeitschriftenabonnements kündigen. Dem öffentlichen Sparzwang käme das entgegen, die Verlage aber müssen sich überlegen, wie sie sich trotz geringer Verdienstmöglichkeiten im Internet ihre wirtschaftliche Existenz sichern können."

Interview mit den Eichborn-Geschäftsführern Matthias Kierzek und Peter Wilfert. Wie Kierzek die jüngsten Probleme des Verlags kommentiere. "Es gab Ambitionen und Druck aus der Führungsmannschaft des Verlages, in den Vorstand aufzusteigen. Der Aufsichtsrat war wie ich der Meinung, dass man sich Druck nicht beugen darf. In einer Aktiengesellschaft ist für mich noch vor Kompetenz wichtig, dass Anstand und Integrität herrschen. Dieses sah ich zumindest als gefährdet an. Und so folgte der Häutungsprozess, wie ich es nüchtern nennen möchte." Programmchef Wolfgang Ferchl, Pressechefin Susanne Klein, Vertriebsleiter Andreas Horn sowie Autor und Zugpferd Walter Moers verließen den Verlag. In die Zukunft schauen die beiden Geschäftsführer sehr optimistisch. Angesprochen auf das Aktienpaket, das derzeit Teil der Achterbahn-Insolvenzmasse ist und auf das der Investor Ludwig Fresenius ein Auge geworfen haben soll, antwortet Kierzek: "Ich habe drei Jahre lang täglich gesagt, dass Eichborn unterbewertet ist, wenn es je gestimmt hat, dann jetzt. Ludwig Fresenius nimmt mit Erstaunen, aber auch Gelassenheit zur Kenntnis, dass er alle paar Tage angesprochen wird, ob er Interesse habe, seine Anteile zu veräußern. Worauf er beständig mit 'Nein' antwortet, weil er ein langfristiger Investor ist, der es nicht nötig hat, kurzfristige Gewinnchancen mitzunehmen". Wilfert sagt, Eichborn sei eine "sehr begehrte Braut". "Wegen der Mitarbeiter, der Autoren und des Portfolios und auch wegen der Arbeit, die hier bereits geleistet worden ist, was die Konsolidierung anbelangt. Vielleicht aber auch ein Stück weit, weil in der Branche einige Dinge bekannt geworden sind, die wir machen wollen. Die Begehrlichkeiten sind ziemlich intensiv."

Rainer Uebelhöde hat den Grafikdesigner Kurt Weidemann interviewt und dabei gefragt, wessen Bücher ihm in der Zeit der Massenproduktion noch gefallen. Wagenbach sei ein "Glücksfall von Tante-Emma-Laden in der Verlagslandschaft, der es durch geschickte Gestaltung und Entwicklung von Buchtypen versteht, sich mit großer Mühe und viel Intelligenz immer über Wasser zu halten". Bohlen ist für den 80-Jährigen nur ein "wirklich trauriges Symptom". Bei der Herstellung von Bücher gelte es "zuallererst, angemessene Schriften zu finden. Nicht von ungefähr heißt 'Schrift' im Englischen 'Character'. Dieser Charakter muss zu Adalbert Stifter passen oder eben zu Bert Brecht oder Tolstoj." Und dann die Gestaltung der Bücher. Nicht immer bestimmten die richtigen Leute. "Wenn ich zum Beispiel höre, welchen Einfluss zuweilen sogar Vertreter bei der gestalterischen Festlegung eines Buchumschlages haben, kommen mir ernste Zweifel. In Besprechungen wird gesagt, 'wenn da keine Titte zu sehen ist, kann ich das Buch nicht verkaufen, macht das mal geiler'. Da kann man die gestalterischen Entscheider doch nur fragen, wo sind wir denn eigentlich, wenn ihr solchen Typen ausgeliefert seit." Nun ja. Wenn das alles so stimmt, setzen sich die Vertreter offenbar nicht sehr häufig durch.

Die Liste "Best of British Young Novelists" sorgt alle zehn Jahre für eine Kontroverse, berichtet Anja Sieg. "Während sich die Kritiker vor allem darüber streiten, ob die Jury nun tatsächlich das Beste vom Besten zusammengestellt hat, was das Land an jungen Autoren zu bieten hat - der Begriff jung ist relativ, denn die obere Altersgrenze ist bei 40 Jahren angesetzt -, reiben sich Granta, Verleger und Buchhandel die Hände."

Schwerpunkt ist das Segment Recht, Wirtschaft, Steuern. Erstmals hat der buchreport für diesen Markt einen Filialatlas erstellt. "Die klassische Fachbuchhandlung mit Spezialisierung auf Recht, Wirtschaft und Steuern verschwindet zunehmend von der Bildfläche", schreibt Peggy Voigt, "drei große Fachverlage dominieren inzwischen den Markt - und nutzen den Vorteil, die eigenen Titel in der eigenen Buchhandlung platzieren zu können." Die drei Großen sind die Sack Mediengruppe (Verlag Dr. Otto Schmidt), der Carl Heymanns Verlag und schweitzer.sortiment (C.H. Beck).

Doris Dörrie findet die Buchbranche nett, aber auch lahm, hat Brit München in Erfahrung gebracht. "Man muss sich doch etwas einfallen lassen, um Bücher an den Mann zu bringen! Warum nicht eine große Hotelkette in die Pflicht nehmen, die Autoren 'Kopfkissenbücher' schreiben lässt und das finanziert. In Japan wird das gemacht. Die Bücher bekommt dann jeder Hotelgast, das ist doch eine tolle PR für Verlag und Autor."

"Die schaurigen Geschichten von Violet, Sunny und Klaus" von Lemony Snicket alias Daniel Handler sind in den USA so erfolgreich, dass die Medien schon von Amerikas Antwort auf Harry Potter reden, berichtet Anja Sieg. Die Reihe soll auf 13 Bände anwachsen, jedes Buch hat 13 Kapitel. Die ersten Sätze des ersten Buches lauten: "Wenn du gern Geschichten mit einem Happy End liest, solltest du lieber zu einem anderen Buch greifen. In diesem gibt es kein Happy End, auch keinen glücklichen Anfang und nur wenig Erfreuliches mittendrin." Hier mehr über die deutsche Übersetzung, hier über die amerikanische Reihe.

Buch.de setzt auf die Zusammenarbeit mit Thalia und damit auf eine "Multichannel"-Strategie. "Statt Unsummen für Marketing auszugeben, wirbt buch.de in den Thalia-Filialen um Kunden. Die Streuverluste sind gering, denn in die Filialen gehen Kunden, die Bücher kaufen wollen - und laut Marktforschung haben 40 Prozent der Buchkäufer schon einmal etwas im Internet bestellt." Zudem kommt buch.de über Thalia trotz geringer eigener Umsätze in den Genuss von größeren Margen, schreibt Andrea Czepek. In diesem Jahr sollen Service und Bedienfreundlichkeit der Website verbessert werden, sagt Vorstand Albert Hirsch. "Bei der Buchauswahl und den Rezensionen will buch.de verstärkt auf die Kompetenz der Thalia-Buchhändler zurückgreifen."

Der Moderator und FAZ-Redakteur Hubert Winkels sieht auch bei den öffentlich-rechtlichen Radiosendern die Tendenz, dass das Angebot an Literatursendungen eingeschränkt wird. Allerdings sei der Quotendruck noch nicht so groß wie beim Fernsehen, sagt Winkels im Interview mit Daniel Lenz. "Andererseits hat sich im normalen Dudel-Radio so viel Schrott angesammelt, dass dies teilweise noch trashiger ist als das Privatfernsehen. In jüngster Zeit hat sich gezeigt, das Hörer davon die Nase voll haben und das Kulturradio neu entdecken. Das ist auch eine Erklärung dafür, dass der Deutschlandfunk in den letzten drei, vier Jahren seine Hörerzahl glatt verdoppelt hat." Auf die Frage nach seinen Hörern sagt er: "Wir kennen unser Publikum nicht genau. Fest steht aber, dass das durchschnittliche Alter und der Bildungsstand relativ hoch sind, so dass ich häufig den pensionierten Studienrat als Hörer vor Augen habe - da muss man sich natürlich selbst korrigieren, denn das ist nicht unbedingt die glücklichste Vision, die man haben kann." Winkels moderiert die Sendung "Büchermarkt" (Deutschlandfunk). Als Beigabe zum Interview liefert der buchreport eine Aufstellung der Kulturprogramme deutscher Rundfunksender - zu viele, um sie hier aufzulisten.

Weitere Beiträge: Peggy Voigt informiert über die Verschiebungen der Marktanteile bei den Verlagsauslieferungen. Rainer Uebelhöde erklärt, wie Kulinaria-Verlage erfolgreich sind. Anja Sieg gibt einen kurzen Überblick über den amerikanischen Markt, stellt Curtis Brown vor - den "Rolls Royce unter den britischen Literaturagenten" - und schreibt über "Chick Lit" (also Frauenromane a la Bridget Jones). Dorothee Rothfuß porträtiert Binnie Kirshenbaum, deren Roman "Entscheidung in einem Fall von Liebe" im April bei dtv erscheint. David Wengenroth schreibt über die Neuverfilmung des Erich-Kästner-Klassikers "Das fliegende Klassenzimmer". Andrea Czepek würdigt Maria Carlsson, die für ihre John-Updike-Übersetzungen den Helmut-M.-Braem-Preis bekam. Und im Taschenbuchteil werden Preisentwicklung und Titelproduktion der vergangenen zehn Jahre unter die Lupe genommen.

Die Buchmacher vom 23.12.2002 - buchreport.magazin

Mit Frank Schirrmacher hat sich David Wengenroth über die Zukunft des Feuilletons unterhalten. Beschleunigt die ökonomische Krise der Printmedien den Bedeutungsverlust der Literaturkritik? "Wir müssen in der Tat realisieren, dass die Durchsetzungskraft von Literaturrezensionen - im Vergleich beispielsweise zu den 50er Jahren - deutlich geringer geworden ist. Selbst wenn ein Konsortium von Zeitungen ein Buch lobt, ist heute nicht mehr sicher, dass es ein Erfolg wird. Das hat aber weniger etwas mit der Literaturkritik selbst zu tun, sondern mit der veränderten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit." An dieser Stelle fehlt leider die Frage, ob Literaturkritik und Feuilleton auf diese veränderte Aufmerksamkeit nicht stärker reagieren sollten.

Den Online-Buchhändler Amazon sieht Schirrmacher nicht nur für den Buchhandel, sondern auch für die Literaturkritik als "gewaltige Herausforderung": Für ihn ersetze Amazon noch nicht den Gang in die Buchhandlung, "aber ich informiere mich bei ihm sehr stark darüber, was auf dem Markt ist. Ich benutze es nur als Zweitmedium, aber ich fürchte, dass die Grenze zwischen Kommerz und unabhängiger Kritik von vielen Buchkäufern nicht mehr verstanden wird." Nach der Krise der Medienwelt werde "ein Konzentrationsprozess unter den Qualitätszeitungen abgeschlossen sein". Dann werde "das Gewicht der unabhängigen Kritik, also aus konzernunabhängigen Zeitungen, wieder zunehmen". Das "bösartige, dumme deutsche Arbeitsrecht" zwinge die Zeitungsverleger derzeit, "die besten jungen Leute zu entlassen".

Schirrmacher erzählt, er rede "gerade mit einigen anderen Blättern über eine Art Notprogramm, in dem wir diesen jungen Leuten helfen, selbstständig ein unabhängiges Internet-Portal für Buchmarkt und -kritik sowie Presseanalyse zu gründen". (Der Perlentaucher hatte da ja schon mal eine gute Idee!)

Schirrmacher hält nichts davon, Bücher nach ihrer Verlagsherkunft zu besprechen. Die Behauptung, die FAZ boykottiere Bertelsmann, sei Unsinn. "Da ist schon eher Hans Magnus Enzensbergers Behauptung nicht von der Hand zu weisen, Bertelsmann habe in seiner ganzen Geschichte kein einziges gutes Buch publiziert." Ausnahmslos stimme dieser Satz natürlich nicht; als Beispiel für ein gutes Bertelsmann-Buch nennt Schirrmacher "Das Echolot" von Walter Kempowski. Spekulationen, er wolle die Suhrkamp-Leitung übernehmen, weist Schirrmacher (nach einem weiteren Tritt gegen Günter Berg, dessen Name allerdings nicht fällt) zurück: "Ich war mit Siegfried Unseld befreundet. Sein Angebot, den Verlag zu übernehmen, verbunden mit weitestreichenden Übertragungen, habe ich zweimal abgelehnt. Es wäre für mich die falsche Seite des Schreibtisches. Ich habe stattdessen Ulla Berkewicz, seine Frau, ermuntert, die volle Verantwortung zu übernehmen."

Weitere Themen: Ein Porträt des Verlegers Horst Wandrey, der 35 Jahre lang an der Spitze des ostdeutschen Verlages Henschel stand. Peggy Voigt hat sich außerdem mit Günter Butkus unterhalten, dem Chef von Pendragon - "kein Nischenverlag, sondern ein Publikumsverlag in der Nische", sagt Butkus über sein Haus. Anja Sieg stellt Jamie Byng vor, Inhaber des schottischen Verlags Canongate, bei dem das mit dem Booker Price ausgezeichnete Buch "The Life of Pi" von Yann Martel erschien. In einem weiteren Artikel von Anja Sieg geht es um den spanischsprachigen Buchmarkt in den USA, der jetzt auch von US-Verlagen bedient wird; kein Wunder, bei 35,3 Millionen Spanisch-Sprechern in den USA. In der Rubrik Bücher & Autoren geht es um den ersten Roman des Schauspielers Michael Degen ("Blondi"), das Buch "Populärmusik aus Vittula" des Schweden Mika Niemi, den US-Bestsellerautor James Patterson, den Zweitling der Schriftstellerin Donna Tartt, die mit "Die geheime Geschichte" die Sensation des Jahres 1992 war, und um den Fantasy-Autoren Kai Meyer.

Schwerpunkt des Heftes ist der "Buch-Shop 2003".

Die Buchmacher vom 04.11.2002 - buchreport.magazin

Dem Heft liegt der "Filialatlas 2003" bei, eine Deutschlandkarte mit bunten Punkten, die Auskunft gibt über die Verteilung der Buchhandelsketten. Im begleitenden Artikel schreibt Hermann Heckmann, die deutschen Filialisten hätten "das Tempo gehalten, das die Struktur des deutschen Sortimentsbuchhandels in den letzten zehn Jahren von Grund auf verändert hat". Kurzer Rückblick: "Nach zögerlichem Beginn in den 70er Jahren und einem erstmals erkennbaren Trend gegen Ende der 80er bzw. zu Beginn der 90er Jahre sind die Filialisten seit 1997 in ihren neu eröffneten Buchhandlungen Jahr für Jahr - zusammengerechnet - um mindestens 20.000 qm gewachsen. In den Jahren 1998 und 2000 waren es jeweils mehr als 30.000 qm neue Verkaufsfläche." Kein Ende absehbar, obwohl Heckmann zufolge die Kiepert-Pleite und die Kurzarbeit bei Hugendubel erste Hinweise auf "Grenzen des Wachstums" waren. Unter den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern blieben nur Leverkusen und Herne vom Expansionsdrang der Ketten verschont, ein Umschwenken auf die kleineren Städte sei daher wahrscheinlich, heißt es. Dem Sonderfall Weltbildplus widmet der buchreport eine eigene Karte und einen eigenen Artikel. In Deutschland hat der Spezialist für Schnelldreher und Modernes Antiquariat mittlerweile 188 Filialen.

Die drei Holtzbrinck-Verlage Rowohlt, Fischer und Kiepenheuer & Witsch "reiten im Buchhandel jetzt eine Niedrigpreis-Attacke": Nach dem Weihnachtsgeschäft bieten sie Bücher zum Preis von einem Euro an. "Nach massiver Kaufzurückhaltung des Publikums im Buchhandel infolge der Euro-Umstellung waren wir der Meinung, dass ein deutliches Signal gesetzt werden muss", sagt Rowohlt-Marketingchef Lutz Kettmann. 50 Titel wird es insgesamt geben, die Hälfte davon von rororo. Zu den Ein-Euro-Büchern gehören Klassiker wie "Tristan" von Thomas Mann, "Der Feind" von Erich Maria Remarque, "Flucht in die Unsterblichkeit" von Stefan Zweig, aber auch Krimis wie "Der Ausbruch" von Petra Hammesfahr und "Der Osterhase und die Leiche" von Janwillem van de Wetering.

Wolf Wondratschek ist jetzt "viel öfter als früher gut gelaunt". Das sagt er im Interview mit David Wengenroth. Vor allem in Wien ist er "bester Laune". Das Interesse an erzählender Prosa habe einen Namen: Vladimir Nabokov. "Ihm verdanke ich einiges, die Entdeckung meiner Fähigkeit zur Geduld, meine Freude am Handwerk, meine Begeisterung, wenn in einem Satz, einem Abschnitt, einer ganzen Seite voll mit Sätzen das Licht angeht, die Trance beim Zaubern mit Sprache, mit erzählerischen Details, mit Rätseln und dem Versuch eleganter Lösungen. Mit ihm als Schutzheiligen erbitte ich die Erlaubnis, genial sein zu dürfen."

Nach dem Enthüllungsbuch "Fisch am Montag" hat Anthony Bourdain ein neues Buch geschrieben: "Ein Küchenchef reist um die Welt", eine Reise auf der Suche nach dem perfekten Essen. "In Mexiko und Marokko, in Japan, Vietnam und Kambodscha, in Frankreich, Spanien, Portugal und England probierte er viel Wunderbares wie Ekelhaftes und stellte dabei fest, dass zu einem perfekten Essen mehr gehört als frische Zutaten und eine kunstvolle Zubereitung: die Stimmung, die Umgebung, Erinnerungen und vor allem die Menschen, mit denen man den Moment genießt." Aus seiner Reise hat Bourdain zugleich eine TV-Serie für den US-Sender Foodnetwork gemacht. Die Produzenten versuchten derzeit, die Serie auch nach Deutschland zu verkaufen, schreibt Andrea Czepek.

Weitere Beiträge: Stefan Lübbe, der kürzlich von der Geschäftsführung in den Beirat der Verlagsgruppe Lübbe wechselte, spricht im Interview über seine Ziele. Ein Doppelporträt stellt Jörg Bong (Programmgeschäftsführer S. Fischer) und Peter Lohmann (Programmgeschäftsführer der Fischer-Verlage Fischer Taschenbuch, Argon, Krüger und Scherz) vor (Überschrift mit Verweis auf Alexander Fest, Helge Malchow und Susanne Schüssler: "Bei den jungen Verlegern kommt Tradition in Mode", gemeint ist der nachhaltige Aufbau und das frühe Entdecken von Autoren). Ein sehr kurzer Artikel über den Lizenzhändler Robert Gottlieb weckt Appetit auf mehr Informationen. Peggy Voigt stellt die verbesserte Online-Version des VlB vor. Die Webrolle testet schließlich den Loewe-Verlag (2), die deutsche "Herr der Ringe"-Seite von Warner (2-) und eine Science-Fiction-Fansite (2+).

Schwerpunkt des Heftes sind Theologie und Religion. Darin erfahren wir, dass sich viele Verlage nicht sonderlich dafür interessieren, dass 2003 von den christlichen Kirchen in Deutschland zum "Jahr der Bibel" ausgerufen wurde. Zum wiederholten Male beschäftigt sich der buchreport mit umstrittenen Hardcore-Propheten wie Timothy LaHaye und Jerry B. Jenkins. Leider ist dem völlig unkritischen Artikel nicht viel mehr zu entnehmen, als die bekannte Tatsache, dass diese Art von Literatur in den USA sehr erfolgreich ist.

Die Buchmacher vom 07.10.2002 - buchreport.magazin

Die "Meinung" im buchreport.magazin ist im Oktober eher eine Mahnung: "Verlage und Buchhandel müssen sich darauf einrichten, dass Bescheidenheit der wichtigste Wegweiser für die nächsten Jahre sein wird." Dabei gehe es der Buchbranche noch schlechter als etwa der Nahrungsmittel- und Bekleidungswirtschaft. Im medialen Ausleseprozess hätten Bücher einen neuen Stellenwert bekommen. "Die wichtigsten Faktoren sind in Zukunft: Sorgfältig ausgewählte und aufbereitete Inhalte, kostenbewusstes Handeln in allen Bereichen und Phasen und vor allem: Neue Ideen."

Vor der Frankfurter Buchmesse hat Anja Sieg mit Helen Shiers über Buchmessen gesprochen. Shiers ist beim Messeveranstalter Reed für die fünf hauseigenen Buchmessen verantwortlich. Den Ausstellerrückgang bei der Konkurrenzveranstaltung in Frankfurt sieht sie kollegial-gelassen: "Wenn dieser Rückgang ein einmaliger Vorgang bleibt, lässt er sich verkraften. Jede Buchmesse reflektiert auch den Ist-Zustand der gesamten Branche. Der ist, soweit ich weiß, in Deutschland momentan eher trübe. (...) Ein Tief wie Frankfurt durchlebt ohnehin jede Buchmesse irgendwann, das kann morgen schon uns treffen." Zugleich weist sie darauf hin, dass Frankfurt zurzeit "etwas kritisch beäugt" werde: Der Plan einer Lizenzmesse "Frankfurt in New York" habe zweifellos sehr viel Porzellan zerschlagen. Ohne ihn namentlich zu nennen, kritisiert Shiers den vor drei Monaten entlassenen Buchmesse-Direktor Lorenzo A. Rudolf: "Ich glaube, dass in den letzten zwei Jahren zu viel Zeit und Energie verschwendet wurde, um die Frankfurter Buchmesse als internationalen Markennamen aufzubauen. Diese Veranstaltung ist doch längst eine eigene Marke, und zwar auch außerhalb der überschaubaren Buchbranche. Was Futura Mundi angeht, wird darüber nach der Messe abgerechnet. Prinzipiell halte ich begleitende Veranstaltungsprogramme für eine gute Sache, weil es ein belebendes Element ist. Sie dürfen nur auf keinen Fall vom Kern einer Buchmesse ablenken - und der liegt bei den geschäftlichen Interessen der Aussteller."

Zum zweiten Mal legt der buchreport sein internationales Ranking der Verlagskonzerne vor. Ein Resultat der Liste: "Die fetten Jahre sind (vorerst) vorbei, es ist Magerkost angesagt." Die größten 40 Verlage der Welt sind im vergangenen Geschäftsjahr um 5,6 Prozent hinter ihrem Vorjahres-Gesamtumsatz zurückgeblieben. Auf Platz eins steht wie im Vorjahr die britisch-niederländische Fachverlagsgruppe Reed Elsevier. Ihr Umsatz (7,34 Milliarden Euro) macht 13,8 Prozent des Gesamtumsatzes der 40 größten Verlage aus. Weltgrößter Publikumsverlag ist Random House. Unter allen Verlagen kommen die Bertelsmann-Verlage allerdings "nur" auf Platz sechs.

Aus der Nischengesellschaft in den Nischenverlag: Dem 1989 gegründeten Christoph Links Verlag geht es gut, weil er sein Programm und nicht den Verlag erweitert hat. "Den Erfolg seines Nischenverlags macht Links an zwei Punkten fest: intensive Pflege von Zielgruppe und Kunden und klares Profil beim Programm, um für die Leser wiedererkennbar und berechenbar zu sein", schreibt Peggy Voigt. Um das klare Profil beizubehalten, entscheide Links sich mitunter auch gegen einen Titel: Nachdem Alexander Osang sich der Belletristik zugewandt habe, so Links, "stand die Frage, ob wir auch Romane bei uns verlegen würden im Raum, aber das passt nicht zu unserem Profil".

Peggy Voigt stellt ein weiteres Berliner Unternehmen vor, die Verlagsgruppe Dornier. Unter diesem Dach sind seit einem Jahr Verlage wie Theseus, Henschel, Urania, Kreuz sowie E. A. Seemann zusammengefasst - "von B wie Biografie bis S wie Spiritualität", dazwischen noch Kunst, Musik und Ratgeber. Verlagsleiterin Sabine Schubert tut, was alle tun: Sie besinnt sich auf die Kernkompetenzen ihres Verlages. "Zwar wird allgemein gesagt, dass Verlage unserer Größenordnung die nächsten Verlierer sein werden, aber dem stehen wir nicht tatenlos gegenüber", so Schubert.

Bodo Kirchhoff hat im "buchreport.interaktiv" auf ein paar Stichwörter geantwortet. Daraus zwei Zitate: "Buchmesse. Die Buchmesse ist eine Hölle für jeden Autor, der dort sein eigenes Buch als das überflüssigste der Welt erkennt. Wenn man sich dorthin begibt, sollte man außerdem sehr viele Vitamintabletten essen, einen Schal kaufen und davon ausgehen, dass man hinterher in jedem Fall krank ist." - "Literaturbetrieb. Ist ein großes Gerücht, das sich zusammensetzt aus ein paar Tausend Einzelfiguren und ein paar Dutzend Leuten, die uns ständig erklären, dass alles mit allem zusammenhängt. Aber das einzige, was daran zusammenhängt, sind die Artikel darüber. Im Grunde genommen ist er völlig atomisiert, eine Erfindung, die es ohne die Medien nicht gäbe."

Daniel Lenz hat sich mit den handwerklichen Eigenarten der Schriftsteller befasst. Er unterscheidet Jäger und Sammler, die sich jeden Gedanken notieren, und Kopfarbeiter, die nach Enzensbergers Motto verfahren: "Es gibt einen Darwinismus der Einfälle. Die guten kommen immer wieder." Daneben gebe es Cafehaus-Poeten und Kämmerlein-Schreiber, Nachtvögel und Tagarbeiter, Nüchterne und Berauschte, Messies und Archivare, Hand-Werker und Schreib-Technologen. "Greifen Hand-Werker in einem zweiten Schritt zur Schreibmaschine oder zum Computer, dient dies der Objektivierung des eigenen Texts. 'Die Schrifttype auf dem Papier schafft ein erstes Maß an Distanz, da werden die Wörter ein bisschen dinglicher, fremder, so dass man mit ihnen umgehen kann', beschreibt der Lyriker Raoul Schrott den Schritt." Der Artikel ist mit Bildern aus dem Buch "Im Schreiben zu Haus" von Herlinde Koelbl illustriert.

Rainer Uebelhöde stellt den Festa-Verlag vor, der alte Fantasy-Autoren wiederentdeckt und jungen Talenten eine Plattform geben will. Ein weiterer Fantasy-Artikel widmet sich dem Bestsellerautor Wolfgang Hohlbein, "der in den letzten 20 Jahren rund 160 Bücher vorgelegt und über eine Million Exemplare verkauft hat". In seinem Reihenhaus in einem "Randlage-Idyll" in Neuss hat er sich "in einem Mikrokosmos mit Versatzstücken aus der Welt des Mittelalters und der modernen Mythen eingerichtet".

Noch mehr Fantasy, allerdings in einer Soft-Variante: Andrea Czepek porträtiert Diana Gabaldon, die derzeit mit "Das flammende Kreuz" die Bestsellerliste anführt. "Ihre ersten Erfahrungen mit dem Schreiben von 'Fiction' sammelte sie 1978 bis 1980 als Comic-Autorin für Walt Disney. 'Da habe ich gelernt, was ich über das Geschichtenerzählen wissen muss', meint sie heute."

Auch in der Schweiz läuft das Geschäft mit Büchern derzeit "eher schleppend", schreibt Andrea Czepek. Dennoch baut Orell Füssli in Zürich an seiner zweiten Großfläche in der Stadt. Warum also die Expansion, bei der man sich selbst Konkurrenz macht? "Wenn wir es nicht machen, macht es jemand anders", sagt Vera Wernli, die Leiterin der existierenden Filiale.

Schließlich hat Peggy Voigt die Bücherei der Justizvollzugsanstalt Schwerte besucht. Über den Ankauf neuer Bücher entscheiden die Gefangenen mit, ansonsten richtet sich die Leiterin der Bücherei, Monika Schiller, nach der Bestsellerliste. "Die Gefangenenzeitung Kuckucksei, die von den Gefangenen Jörg P. und Ingolf V. geschrieben wird, veröffentlicht eine eigene Top-Ten der Bücherei und stellt Neuerscheinungen vor." Am 12. September auf Platz eins der Liste: "Aquarien Fische", gefolgt von "Bodybuilding", "Muskel Training", "Der Herr der Ringe" Band 1, "Harry Potter" Band 2, "Manipulieren - aber richtig", "Der Herr der Ringe" Band 2, "Langenscheidt Express Kurs Englisch", "Muskel Guide" und "Endlich Nichtraucher".

Weitere Beiträge: Ein Interview mit Fritz Eckenga und Wiglaf Droste anlässlich der Veröffentlichung des Eckenga-Gedichtbandes "Draußen hängt die Welt in Fetzen, lass uns drinnen Speck ansetzen" (Kunstmann). In dem Buch schreibt Eckenga, Reime seien "Kassengift". Warum er dann einen Gedichtband geschrieben habe. "Droste: Weil er sich das leisten kann. / Eckenga: Ja, ich kann's mir leisten... / Droste: ... und die Verlegerin kann es sich auch leisten." Brit München schreibt über die Veranstaltungsreihe "Kultur am Montag", mit dem ein Grefrather Buchhändler Kunden in seinen Laden lockt. Anja Sieg stellt auf drei schmalen Seiten die "Buchhauptstadt der Welt", New York, vor. Und die Rubrik "Webrolle" testet den neuen Internet-Auftritt von Ullstein, das Literaturportal Libelli (beide Note "2") sowie die Seite zu Marcel Reich-Ranickis Kanon ("Flop des Monats": "professionell gemacht", aber "leider nur ein Abbild des Einführungsbändchens").

Schwerpunkt des Heftes ist das Thema Kunst, Kultur, Architektur & Design. Darin Artikel über den Architektur-Verlag Callwey, den Dumont-Verlag, Museumsbuchhandlungen, Berlin-Bücher und den Phaidon-Verlag.