10.04.2011. Literatur / Sachbuch
Literatur / Sachbuch ErinnerungenKaum zu glauben, dass
Jans Karskis erschütternder
"Mein Bericht an die Welt" erst jetzt auf Deutsch erscheint, 67 Jahre nach seiner Veröffentlichung im englischen Original. Karski schildert darin seine schier unglaublichen Erlebnisse als Kurier des
polnischen Widerstands gegen die Nationalsozialisten. So abenteuerlich dies mitunert auch anmutet - die Gestapo hat Karski durch halb Europa gejagt, gefasst und gefoltert -, am Bewegendsten waren für alle Rezensenten doch die Kapitel, in denen Karski schildert, wie er sich in das
Warschauer Ghetto und das Konzentrationslager Izbica einschleusen ließ, um anschließend in London und Washington von der Vernichtung der europäischen Juden zu berichten. Von
FR bis
NZZ zeigen sich alle Rezensenten erschüttert von diesem Bericht, in der
taz nennt ihn Christian Semler eine "schmerzliche, eine unverzichtbare Lektüre", und in der
Zeit zeigt sich die Historikerin Katarina Bader besonders von Unbeholfenheit ergriffen, mit der Karski das Konzentrationslager schildert: "Er hatte dafür keine Vorbilder - es gab noch
kein Holocaustvokabular." Einhellig gelobt wird auch das instruktive Vorwort von
Celine Gervais-Francelle. (Hier Karskis einstündige
Video-Aussage für die Shoah-Foundation, hier
ein Auszug aus
Claude Lanzmanns "Shoah"-Film.)
Das Buch
"Veit" hat schon ein ziemlich überraschendes Personal:
Veit Harlan, der Vater des Autors und Regisseur des infamen Films "Jud Süß", klar, aber auch Thomas Mann, Kurt Georg Kiesinger, Klaus Kinski - dass die alle
in ein und dasselbe Leben passen! Thomas Harlan erinnert sich, sein Buch selbst auf dem Sterbebett diktierend, an die drei letzten Tage seines Vaters, aber auch an die unmittelbare Kriegszeit, in der die Weichen erstmal Richtung Verdrängung gestellt wurden. Die Rezensenten sind bewegt, aber auch irritiert. Der Ton des einst so unerbittlichen
Thomas Harlan werde versöhnlich, ja sogar hohepriesterlich, schreibt etwa Edo Reents in der
FAZ.
Grabeskalt weht es Helmut Böttiger in der
SZ an. "Ein privatistisches Denkmal für eine offenbar nie zu Ende exorzierte Vater-Sohn-Beziehung, Selbst-Analyse im Medium der Literatur",
urteilt Simon Rothöhler in
Cargo. Es scheint sich um ein sehr
deutsches Dokument zu handeln, das zwischen den Extremen schwankt und ein eher unheimliches Schlaglicht auf die Zeit nach 45 wirft.
Mit sehr viel Sympathie wurden
Werner Schroeters Erinnerungen
"Tage im Dämmer, Nächte im Rausch" aufgenommen, die er in den letzten Monaten seines Lebens zusammen mit der Filmautorin Claudia Lenssen verfasst hat. Sehr spontan, aber voller Elan und Witz erzählt Schroeter von seinem Leben, dessen Bühne Rosa von Praunheim, Rainer Werner Fassbinder und Michel Foucault ebenso betraten wie Marianne Hoppe, Isabelle Huppert und Ingrid Caven. Offenbar kommt hier alles zusammen: Ein großes, obsessives,
unerschrockenes Künstlerleben voller Liebe, Schmerz und Suche nach Wahrheit und Schönheit, wie Katja Nicodemus in der
Zeit schreibt, und ein großer faszinierender Erzähler, "liebenswürdig, narzisstisch, witzig, offen bis zur Selbstentblößung, dabei
erfüllt von Noblesse, voller Anekdoten", wie Rüdiger Suchsland in der
FAZ schwärmt. Cristina Nord erinnert in der
taz daran, auf wie viel Ablehnung Schroeter in Deutschland stieß, bemerkt aber auch, dass sich in dem Buch Heiterkeit, Gelassenheit und eine Menge
Galgenhumor gegen Pathos und Todessehnsucht behaupten.
Auf großes Interesse gestoßen ist dieses Buch
"Patentöchter" das nach der Ermordung Jürgen Pontos durch die RAF die vorsichtige Kontaktaufnahme zwischen Opfer- und Täterfamilie dokumentiert.
Julia Albrecht ist die Schwester von Susanne Albrecht, die 1977 einem RAF-Kommando den Weg ins Haus des Bankiers Ponto öffnete, die beiden Familien waren zu der Zeit noch miteinander befreundet.
Corinna Ponto ist die Tochter des Ermordeten, sie hat sich auf diesen Dialog eingelassen. In der
SZ spricht Thorsten Schmitz von einem Buch, das "leise vom Ton", aber dennoch mit einem
starken Ausrufezeichen daherkomme, und er hegt die Hoffnung, dass dies die Ruhe der noch hartnäckig
schweigenden Ex-Terroristen stören wird. In der
taz zeigt sich Wolfgang Gast sehr beeindruckt von der Offenheit und Klarheit der Autorinnen.
1600 Briefe von Rahel Levin Varnhagen umfasst dieses
Buch des Andenkens und den euphorischen Rezensenten zufolge ist dies kein einziger zu viel! In der
Zeit erklärt Dorion Weickmann das Buch zu einem Lesevergnügen allererster Güte, denn für Weickmann verbinden sich hier Reflexion und Tratsch, Vernunft und Leidenschaft, Freundschaft und Liebe zu einer großen Lebenserzählung. In der
Welt widmete Harro Zimmermann dieser Ausgabe eine eingehende Besprechung, in der er sehr schön auch Rahels
empathische Intellektualität, ihre Klugheit und ihre Liebessehnsucht beschwor. Auch wie sie, die stets mehr sein wollte als nur die
größte Saloniere des Berliner Geistesadels, ihre Korrespondenz selbst einzuschätzte, gefällt Zimmermann: "Es wird eine
Original-Geschichte und poetisch."
Simone Weil ist eine Heiligenfigur des 20. Jahrhundert,
Andre Weil, ihr Bruder, der ihr offenbar aufs Haus gleicht, ein berühmter Mathematiker. Sylvie Weil, Tochter des Andre Weil und Nichte der Philosophin, politischen Aktivistin und Mystikerin Simone Weil, gibt in ihrem Erinnerungsbuch
"Andre und Simone" Einblicke in das Familienleben der Weils. Bisher hat es nur der Hanser-Lektor und Übersetzer Wolfgang Matz in der SZ besprochen. Er ist ergriffen und amüsiert zugleich: Wie es zuging zwischen diesen
teils genialen, teils ziemlich
lebensuntauglichen - meist waren sie beides zugleich - Verwandten, das schildere Weil mit einem erzählerischen Können und einer
Pointenkraft, die so manches Romanwerk (auch das der Tante) allemal in den Schatten stelle.
PhilosophieDebatten über Religion sind wahrlich nichts Neues. Seit dem 18. Jahrhundert gibt es auch Philosophen, die die
Welt ohne Gott erklären. Sie sind die
"Bösen Philosophen", so der Titel des neuesten Buchs von
Philipp Blom der an die von Voltaire und Rousseau verdrängten Radikalaufklärer
Diderot und
d'Holbach erinnert: Denker, die man vielleicht auch in aktuellen Debatten gebrauchen könnte. Mario Scalla erzählt in der
FR glatt, dass er nach Lektüre von Bloms "anekdotenreichen und empathischen" Buch sein
Bild von der Aufklärung ändern musste. Auch Manfred Geier freut sich in der
SZ: über eine nicht nur gelehrte Darstellung, sondern einen Ansatz, der den beiden entspricht, wie er findet, eine Geschichte der Ideen, ihres Salons, ihrer Freund- und Feindschaften, ihrer Affären,
intellektuell,
sexuell. Dabei geht es dem Autor Philipp Blom laut Geier auch darum, die anhaltende Aktualität der damaligen Kämpfe um den über sich selbst aufgeklärten, von Gott- und Jenseitsglauben befreiten Menschen zu erweisen.
Dies Jahr ist
Hannah-Arendt-Jahr, nicht wegen eines runden Geburtstages, sondern weil sich der
Eichmann-Prozess zum fünfzigsten Mal jährt. Und kaum ein Buch hat unseren Blick auf den Holocaust mehr geprägt als Arendts bis heute heftig umstrittener Bericht über den Prozess. In mehreren Büchern kann man sich diesem entscheidenden Moment der Zeitgeschichte annähern.
Marie-Luise Knotts "Verlernen" nähert sich Arendt aus jahrelanger Lektüre und intimer Kenntnis von Arendts Geschichte und Werk. Und sie findet unvermutete Begriffe, um ihr Denken zu beschreiben. "
Vergessen" ist einer, "
Lachen" ein anderer. Wichtig ist auch, dass Knott Arendts Verhältnis zur Literatur als Erkenntnisinstrument darstellt. Thomas Meyer empfiehlt in der
SZ eine ergänzende Lektüre, die neu herausgegebenen Radiogespräche Arendts mit
Joachim Fest "Eichmann war von empörender Dummheit" Dieser Band bietet Meyer zufolge Gelegenheit, Hannah Arendt bei der Verfertigung ihrer Gedanken über die Schulter zu schauen. Nochmals zu empfehlen wäre auch der ebenfalls von Marie-Luise Knott herausgegebene
Briefwechsel zwischen Arendt und
Gerschom Scholem, in dem der Streit um den Eichmann-Prozess zum Bruch führt (
Leseprobe Vorgeblättert) Und außerdem eine an dieser Stelle schon mehrfach gegebene Leseempfehlung: Nathaniel Poppers großartiger Essay
"A Conscious Pariah" über
Hannah Arendt und
Raul Hilberg aus
The Nation.
GeschichteSo viel ist nach Lektüre von
Peter Heathers Monumentalwerk
"Invasion der Barbaren" klar: Die Entstehung des
modernen Europas war keine friedliche Angelegenheit. Ziemlich kriegerisch vollzogen sich die Völkerwanderungen, vor allem die Goten taten sich mit ihren Plünderungszügen hervor, stets begierig nach "
Metall,
Vieh,
urbarem Land". Sehr überzeugend findet dies Andreas Kilb in der
FAZ. In der
FR lobt Christian Thomas, wie Heather seine Massen an Stoff bändigt und ein Panorama des Kommens und Gehens in Europa mit all seinen Widersprüchen schafft. In der
SZ ist Gustav Seibt ebenfalls sehr beeindruckt von diesem epischen Bild der
wandernden Menschheit des ersten Jahrtausends.
Nur auf den ersten Blick mutet
Richard Cobbs "Tod in Paris" etwas bizarr an, tatsächlich feierten die Rezensenten es als "ganz wunderbares Buch". Der britische Historiker hat die Akten des
Pariser Leichenschauhauses aus den Jahren 1795 bis 1801 gesichtet und daraus eine Art
Sozialgeschichte der Selbstmörder und armen Schlucker destilliert - und eine "Alltagsgeschichte der Revolutionszeit", wie sich Tania Martini in der
taz freut. In der FAZ empfiehlt Jochen Schimmang wärmstens diesen Autor, der ein ähnliches Gespür für Namenlose und Archive habe wie
Michel Foucault, dabei aber noch besser erzähle, nicht so kalt, emphatischer (Hier unser
"Vorgeblättert"). Sehr empfehlen konnte in der
Zeit Elisabeth von Thadden auch
Fritz Sterns Band
"Moderne Historiker" der klassische Texte der großen Historiker von
Voltaire über
Michelet und
Macauly bis
Theodor Mommsen versammelt und selbst schon zu einem Klassiker geworden ist. Für die neue Ausgabe hat Stern den Band mit Jürgen Osterhammel neu zusammengestellt und um universalgeschichtliche Ansätze erweitert.
Literaturwissenschaft Der Band
"Immer derselbe Schnee und immer derselbe Onkel" enthält Reden und Schriften zur Literatur, die
Herta Müller zu unterschiedlichsten Anlässen verfasst hat. Sie erinnert sich darin an ihre Kindheit und Jugend, gibt Auskunft über ihre
poetische Verfahren und setzt sich mit den politischen Realitäten in Rumänien und Deutschland auseinander. In der
FR zeigt sich Jürgen Verdofsky besonders beeindruckt von ihrer versöhnlichen Sicht auf
Oskar Pastior, dessen erzwungenen Arbeit für die
Securitate bekannt wurde, nachdem sie für das Buch über seine Lagerhaft "Atemschaukel" den Nobelpreis erhalten hat. In der
SZ preist Gustav Seibt diese Essays als Türöffner zu Herta Müllers Werk und entnimmt ihnen sehr eindrücklich, wie alternativlos eine vollständige Aufklärung der diktatorischen Geheimdienstaktivitäten ist. In der
FAZ lernt Friedmar Apel,
Wahrheit in der Sprache zu entdecken.
Ist der Literatur
die Wirklichkeit abhanden gekommen? Gleich zwei Bücher fordern von der zeitgenössischen Literatur mehr Realität und mehr Gegenwart, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln.
Richard Kämmerlings liefert mit
"Das kurze Glück der Gegenwart" einen Überblick über die deutschsprachige Literatur der vergangenen 20 Jahre, und seine Kritikerkollegen haben dies ausgesprochen positiv aufgenommen, obwohl sie durchaus nicht immer mit Auswahl und Gewichtung des Kämmerlings'schen Kanons einverstanden sind: Sein oberstes Kriterium ist das
Versprechen auf Gegenwartserkenntnis, und zwar eine, die schmerzt. Anhand verschiedener Kategorien -
Krieg,
Sex,
Berlin - klopft er die wichtigsten Romane auf ihre Gegenwartstauglichkeit ab und macht kurzen Prozess mit denen, die sich in die Vergangenheit flüchten. In der
taz findet Dirk Knipphals selbst die Schwächen des Buchs noch sehr anregend, in der
SZ äußert sich Ina Hartwig sehr lobend, in der
Zeit bedankt sich Iris Radisch dafür, so kompakt an all die
Literaturdebatten der vergangenen Jahre erinnert worden zu sein. Und in der
FAZ erklärt Kolja Mensing, auch einiges über die
Aufgabe des Kritikers gelernt zu haben.
Der amerikanische Autor
David Shields legt mit
"Reality Hunger" ein - nur aus Zitaten zusammengestelltes - Manifest vor, das die Fiktion für obsolet erklärt und aus dem Geist des
HipHops durch
Imitat, Plagiat und Kompilat den Klang der Wirklichkeit in die Literatur bringen will. (Hier unser
Vorgeblättert). In den USA war das Buch sehr schnell sehr hip. Hierzulande wurde es verhaltener aufgenommen. In der
SZ ist allerdings Jens-Christian Rabe begeistert, Skepsis dagegen bei Dirk Pilz in der
FR, und in der
NZZ wirft Felix Philipp Ingold die Frage auf: Hatten die da drüben
keine Postmoderne?
MusikNur ein kleiner Schlenker, und doch eine Reise in ein unbekanntes Russland: Mit Begeisterung hat Volker Hagedorn in
Uli Hufens Buch
"Das Regime und die Dandys" über eine im Westen völlig unbekannte Subkultur gelesen: Lieder über
Gangster und Dirnen, jenes Milieu also, das zwischen Gorbatschow und Putin nach oben schwappte, aber offenbar auch in der alten Sowjetunion schon auf das munterste existierte. Es gibt Kontinuitäten, von denen man gar nichts ahnte! Und ein Musikland, von dem man nicht wusste, dass man sich danach sehnen kann.
MedienDouglas Couplands Buch
"Marshall McLuhan" über einen der Mitbegründer der modernen Medientheorie, dessen Formeln vom "Medium als der Botschaft" und "globalen Dorf" heute zu den am weitesten verbreiten Denkmustern über Medien gehören, ist weniger eine Biografie als ein literarisch-biografischer Essay über die Bedingungen des Erkennens: Wie kommt es, dass ein
konservativer und frommer Mann, der ausgerechnet in Winnipeg, Manitoba, aufwuchs, als erster das Rüstzeug hatte, das revolutionäre Potenzial der Medien zu erkennen? Doris Akrap in der
taz erscheinen die Hypothesen, die Coupland hierzu entwickelt, durchaus aufschlussreich: So hat sie bei der Lektüre etwa erfahren, dass McLuhan die Entwicklung der Kommunikationstechnologie insgesamt keineswegs begrüßte, dass er ein "
Meister der Mustererkennung" (Coupland) war, ein enges Verhältnis zu seiner Mutter hatte und welche Rolle die Anomalien in
McLuhans Gehirn spielte.
Gesellschaft Höchst erregt tobte die Debatte um
Pädophilie im letzten Jahr. Im Vordergrund stand die Katholische Kirche. Aber es gab auch einen anderen, sozusagen protestantischen Aspekt an der Sache: die Reformpädagogik, und hier ganz besonders die
Odenwaldschule, an der die halbe Elite der alten Bundesrepublik ausgebildet wurde.
Christian Füller hat für sein Buch
"Der Sündenfall" zum Pädophilie-Skandal an dieser Schule recherchiert. Dass der
taz-Journalist mit seiner Nachlese zum "System Odenwaldschule" bis heute unbeantwortete Fragen, so die nach einem etwaigen ursächlichen Zusammenhang von
Reformpädagogik und Pädokriminalität, eindringlich stellt, hält Jörg Schindler in der
FR für höchst anerkennenswert. Gunter Hofmann in der
Zeit sträubt sich etwas dagegen: Das liegt womöglich daran, dass der Reformpädagoge
Hartmut von Hentig, der Lebensgefährte des Odenwaldchefs
Gerold Becker, ein Liebling der
Zeit und besonders der honorigen Gräfin Dönhoff war. Hofmann wehrt sich gegen den Vorwurf eines
Elitenetzwerks - das aber übrigens auch in einem ganz anderen Buch thematisiert wird: in
Ulrich Raulffs höchst lesenswerter Studie
"Kreis ohne Meister" über das Nachleben des Kreises um Stefan George, der Pädophilie zum
politischen Prinzip erhob und mit dem auch die Odenwaldschule verknüpft ist.
Zwei Bücher sind anzuzeigen aus dem weiten Feld der Gender Politik, die von sich reden machten:
Hannelore Schlaffers "Die intellektuelle Ehe" ist einer Form des
Zusammenlebens gewidmet, das "einem eigenen, rational begründbaren Entwurf" folgt und immer wieder neu austariert wird, so Christine Pries in der
FR. Schlaffers Hauptbeispiele - Marianne und Max Weber, Sartre und Beauvoir, Zelda und Scott Fitzgerald - zeigen allerdings, dass diese Form oft auf Kosten der
Erotik ging, stellt leicht betrübt die Rezensentin fest, die das Buch sehr anregend fand. Für den
Zeit-Rezensenten Adam Soboczynski steht nach der Lektüre eindeutig fest: Die intellektuelle Ehe ist gescheitert.
Bascha Mikas feministische
Frauenkritik "Die Feigheit der Frauen" wurde in der
SZ als Debattenbeitrag begrüßt, in den anderen Zeitungen hingegen so vehement abgelehnt, dass man annehmen kann: Sie hat wohl einen Nerv getroffen.
ÖkologieÖkologie ist das Gebot der Stunde, da kommt
Joachim Radkau mit seiner Geschichte der Umweltbewegung
"Die Ära der Ökologie" genau zur richtigen Zeit. Laut Radkau nimmt das ökologische Denken zwar seine ersten Anfänge mit der Aufklärung, schlägt aber erst mit der "
kopernikanischen Wende rückwärts" durch: als in den sechziger Jahren mit den aus dem Weltraum geschickten Nasa-Bildern
die Erde wieder in den Mittelpunkt unseres Weltbild rückte. In der
Zeit lobt Dirk van Laak den Autor als "
beschlagenen wie unabhängigen" Geist, der nicht immer stringent, aber sehr originell erzählen kann. In der
FAZ findet Joachim Müller-Jung diese Ökologie-Geschichte nur zu Beginn etwas jargonlastig, dann aber sehr aufschlussreich und informativ. In der
taz hätte sich Felix Ekardt gewünscht, dass Radkau auch die sozialen und mentalen Ursachen der
Umweltzerstörung untersucht. Bereits mehrfach hingewiesen haben wir auf
Karen Duves vielfach gelobten und sehr einschlägigen Selbstversuch
"Anständig essen" in dem sie sich unter zunehmend schärferen Bedingungen um eine ethische Ernährung bemüht.
Literatur / Sachbuch