05.03.2010. Reiche Ausbeute in diesem Monat: Wir fanden surrealistische Geschichten von Jiri Kratochvil und Leonora Carrington, Liebe überkreuz bei Ulrike Draesner, clevere Hacker bei Cory Doctorow, chinesische Gegenwartslyrik und einige Bücher, die den Rezensenten den Glauben an die Germanistik wiedergaben: Thomas Strässles Literaturgeschichte des Salzes und die Biografie der Brüder Grimm von Steffen Martus. Dies alles und mehr in den besten Büchern des Monats.
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"Mord und Ratschlag", unseren Notizen zu den
Literaturbeilagen vom
Herbst 2009, den
Leseproben in
Vorgeblättert und in den
Büchern der Saison vom
Herbst 2009.
LiteraturJiri KratochvilBrünner ErzählungenBraumüller Verlag 2009, 210 Seiten, 21,90 Euro
Jiri Kratochvil, 1940 als Sohn russischer Emigranten in Brünn (Tschechien) geboren, konnte zwischen 1968 bis 1989 nur im Untergrund veröffentlichen. Er gilt als postmoderner Autor, dessen Erzählungen gespickt sind mit realen (echte
Stadtpläne im Buch!) und surrealen Elementen. Cornelius Hell, der das Buch im
ORF vorstellte,
meinte dazu: "In einem der Texte preist Kratochvil die 'Engel der Nutzlosigkeit', was einen dazu verleiten könnte, auch seine Erzählungen zu solchen Engeln zu erklären, denn sie wollen auf nichts hinaus, auf keine Lehre und
keine Botschaft. Ihr Fabulieren entfaltet sich frei, ihr Surrealismus parodiert genüsslich traditionelle Erzählelemente, besonders die Leser-Anrede."
Peter Demetz, der das Buch in einer wunderbaren Besprechung in
FAZ feierte, sagt Kratochvil "auf den Kopf zu", er sei eigentlich ein Nachfahre
E.
T.
A. Hoffmanns. Und er skizziert eine der fixen Ideen Kratochvils: "
Katzen sind immer ungewöhnlich begabt oder
herrisch; die einen haben ein feines Gehör und reagieren auf das Quietschen einer Badezimmertür in den entferntesten Vororten; andere veranstalten ein
allmorgendliches Hustkonzert, um eine Witwe über das Ableben ihres Gatten (er starb an Lungenkrebs) hinwegzutäuschen". Wer etwas mehr über die tschechische Literatur im Kommunismus und nach der Wende lesen möchte, dem sei dieses
Interview mit der Bohemistin Christa Rothmeier empfohlen.
Ulrike DraesnerVorliebeRoman
Luchterhand Literaturverlag 2010, 253 Seiten, 19,95 Euro
Romantische Verwicklungen sind angesagt,
Liebe überkreuz zwischen zwei Paaren. Das Personal ist nicht unoriginell. Mit Astrophysikerinnen hat man es in diesem goetheanischen Konstellationen ja eher selten zu tun.
FR,
FAZ und
Welt haben den neuen Roman der Lyrikerin bisher besprochen, alle in höchsten Tönen. Rolf-Bernhard Essig äußert sich in der
FR bewundernd über die Konstruktion des Romans, die keineswegs einengend zu sein scheint, denn es kommt durchaus auch zu
dramatischem Chaos. Nicole Henneberg hebt in der
FAZ "Sprachwitz" und "Eleganz" der Autorin hervor. Ein besonders großes Lob
hat Elmar Krekeler in der
Welt parat: Anders als bei früheren Romanen Draesners seien "die bisherigen Regeln der Schwerkraft aufgehoben. Man merkt die Lyrikerin noch, zum großen Glück, wohnt aber keiner Metaphernschlacht mehr bei."
Cory Doctorow Little Brother (Ab 14 Jahre)
Rowohlt Verlag 2009, 512 Seiten, 14,95 Euro
Reden wir erst über das Buch und dann über Cory Doctorow und seine Vermarktungsstrategie, ja? "Little Brother" ist ein Roman über eine
Gruppe Jugendlicher, die nach einer Terrorattacke und darauf folgenden verschärften Überwachungsmethoden des Staates sich ihre Bürgerrechte
zurückhacken. Der SF-Autor
Neil Gaiman erklärte nach der Lektüre in seinem Blog, er würde dieses Buch gern jedem/jeder smarten Dreizehnjährigen in die Hand drücken: "Denn ich glaube, es wird ihr Leben verändern."
NYT-Kritiker Austin Grossman
lobte: "Ein unterhaltsamer Thriller und ... auch ein praktisches Handbuch für digitale Selbstverteidigung." Ed Park
nannte es in der
LA Times "pretty freaking cool". Und in der
FAZ fand es Fridtjof Küchemann nicht nur sehr aktuell und spannend, sondern eben auch voller nützlicher Informationen. Womit wir zu Doctorow kommen. Er ist Kanadier und einer der bekanntesten Blogger
(
Craphound,
BoingBoing) im englischen Sprachraum. Sein besonderes Augenmerk gilt dabei Überwachungstechniken, dem Urheberrecht und den Strategien der Medienkonzerne, dieses im Internet nicht nur durchzusetzen, sondern noch zu verschärfen. Doctorow hat "Little Brother" - wie alle seine vorherigen Bücher -
ins Netz gestellt. Man kann es dort als pdf
kostenlos herunterladen. Außerdem hat er es unter eine
CC-Lizenz gestellt, die neben dem Download auch die Weiterbreitung
und den Remix erlaubt - vorausgesetzt das geschieht zu
nichtkommerziellen Zwecken. Seit letztem Jahr steht das Buch
auf Deutsch in einer Fanübersetzung von Christian Wöhrl
zum
kostenlosen Download im Netz. Und inzwischen gibt es sogar eine
kostenlose Hörbuchversion. Wer das Buch im Print haben möchte, kann auf die jetzt im Rowohlt Verlag
erschienene Übersetzung von Uwe-Michael Gutzschhahn zurückgreifen. In den USA hat Doctorow trotz der kostenlosen Downloads
90.
000 Hardcover-Exemplare und die Filmrechte verkauft. Was genau Cory Doctorow über das Urheberrecht in Zeiten des Internets denkt, können Sie
hier im
Standard und
hier im
Locus Magazine nachlesen.
Leonora CarringtonDie WindsbrautBizarre Geschichten
Edition Nautilus 2009, 256 Seiten, 14,90 Euro
Leonora Carrington ist die letzte lebende Surrealistin. Geboren wurde sie 1917 in England, als Tochter aus gutem Hause. Sie sei schon immer Surrealistin gewesen, schon als Kind,
erzählte sie vor einigen Jahren im
Tagesspiegel. Später sah sie Bilder von
Max Ernst und begegnete ihm ein Jahr später, 1937, auf einer Party. Der Rest ist Geschichte. Leonara Carrington zog nach Paris und wurde Malerin. In den vorliegenden Erzählungen, die mit Illustrationen Carringtons versehen sind, und die Angelika Schader in der
NZZ als "ebenso hübsch anzusehen wie schräg zu lesen" empfiehlt, taucht der Leser in bizarre, fantastische Welten ein. Im Zentrum der Geschichten, die zwischen 1930 und 1980 spielen, stehen meist surrealistische
Mädchenfiguren, die sich gegen tyrannische Väter, verdorrte Mütter oder autoritäre Ehemänner wehren müssen, so Schader. Hans-Peter Kunisch lobt in der
SZ besonders die "leichtfüßig zelebrierte Einheit" aus Spott auf die englische Gesellschaft, außereuropäischen Mythen und deutsch-französischem Surrealismus. Beide Rezensenten begeistert zudem der "
verblüffende"
Witz und die "herrlich anarchisch, gewitzte und bildreiche Phantasie" der Künstlerin, die heute in Mexiko lebt.
J. M. CoetzeeSommer des LebensRoman
S. Fischer Verlag 2010, 288 Seiten, 19,95 Euro
Wenn ein neuer Roman von Coetzee kommt, sind alle Feuilletons sofort mit Besprechungen da. "Sommer des Lebens" ist der dritte Band von Coetzees autobiografischen Romanen, deren erste zwei Bände - "Der Junge" und
"Die jungen Jahre" - noch in schauriger, aber intensiver Erinnerung sind. Coetzee wendet hier einen erzählerischen Trick an: Nicht "er selbst" schreibt über sich, sondern er schlüpft in die Gestalt eines jungen Autors, der über ihn recherchiert. Angela Schader schildert das in der
NZZ als
reizvolles und irritierendes Spiel mit Fakten und Fiktion - wobei sie interessanterweise einen Ton
größerer Wärme verspürt als in den extrem selbstmitleidlosen ersten Bänden des Projekts. Lothar Müller nennt in der
SZ neben viel Lob für die intelligente Konsturktion der Romans einen angenehmen Kollateraleffekt: Er hat eine Menge über das
reale Südafrika der siebziger Jahre erfahren. Richard Kämmerlings liest den Roman in der
FAZ als grandiose Parodie des Intellektuellen.
ComicPosy SimmondsTamara DreweReprodukt Verlag 2009, 112 Seiten, 20 Euro
()
Ein Comicroman über eine
Londoner Klatschkolumnistin, die in das Dorf ihrer Jugend zurückkehrt und dort "ihrer Anziehungskraft auf die Männer" allerlei lostritt. Klingt wie ein Groschenroman? Ist aber keiner, es ist ein
Guardian-Roman. Posy Simmonds zeichnet seit den frühen Siebzigern für die britische Zeitung. Auch "Tamara Drewe" wurde zuerst
im Guardian veröffentlicht. Simmonds nimmt gern Vertreter der britischen Mittelklasse und vor allem der
Literaturszene aufs Korn. Auch das Dorf, in das ihre Heldin zurückkehrt, ist ein Ort, an den sich gern Schriftsteller zurückziehen, um an ihren Romanen zu arbeiten. Christian Gasser (
FAZ) ist entzückt von dieser
sarkastischen Milieustudie. Sven Jachmann (taz) gewinnt einen sehr intensiven Eindruck von der brüchigen Scheinwelt der Heldin. Beide Rezensenten loben den
Federstrich Simmonds und ihren freien Umgang mit dem Verhältnis von Text und Bild. Die 1945 geborene
Posy Simmonds wurde für "Tamara Drewe" auf dem Internationalen Comicfestival in Angouleme mit dem
Prix de la critique ausgezeichnet. Und
Stephen Frears plant gerade eine Verfilmung des Comics. Mehr Links zu Buch und Autorin
hier.
GedichteWolfgang Kubin, Tang Xiaodu (Hrsg.)
Alles versteht sich auf VerratGedichte von Hai Zi, Xi Chuan, Yu Jian, Ouyang Jianghe, Wang Jiaxin, Wang Xiaoni, Zhai Yongming und Chen Dongdong
Weidle Verlag 2009, 194 Seiten, 21 Euro
Der Sinologe Wolfgang Kubin
und der in Peking lebende Literaturkritiker Tang Xiaodu haben diese Anthologie zumeist in China noch unveröffentlichter
chinesischer Gegenwartslyrik zusammengestellt. Kubin, der kürzlich sehr streng mit chinesischen Romanautoren war, erklärte in einem
Interview, nur die chinesische Lyrik sei wirklich von Bedeutung. Die Anthologie wurde bis jetzt erst einmal besprochen: In einem lesenswerten
Artikel in der
NZZ erklärte das Rezensentenduo
Li Shuangzhi, Literaturwissenschaftler in Nanjing, und
Michel Ostheimer von der Uni Chemnitz, die chinesische Gegenwartslyrik "legt weniger Gewicht auf Ideologie- als vielmehr auf
Sprachkritik". Die Dichter wollen nicht mehr für ein Kollektiv sprechen: "Mustergültig veranschaulicht dies das 'vielleicht berühmteste Gedicht der Volksrepublik China' (Wolfgang Kubin), nämlich
Bei Daos 'Die Antwort'. Auf die verzweifelte Frage: 'Die Eiszeit ist längst vorbei, / Warum herrscht noch überall das Eis?' antwortet ein selbstgewisses Ich: 'Ich sage dir, Welt, /
ich - glaube - nicht!'"
Sachbuch Simon Sebag MontefioreKatharina die Große und Fürst PotemkinEine kaiserliche Affäre
S. Fischer Verlag 2009, 790 Seiten, 24,95 Euro
Bisher befasste sich der britische
Historiker Simon Sebag Montefiore in seinen Büchern vor allem mit Stalin, nun hat er sein Augenmerk auf ein anderes Schreckensexemplar der russischen Herrschaftsgeschichte geworfen: auf Fürst
Grigori Alexandrowitsch Potemkin, Feldmarschall und Groß-Hetman, Aufsteiger, Lüstling und Liebhaber der Zarin. Als "mitreißendes, farbenprächtiges, überaus reich facettiertes Bildnis" feiert Manfred Schwarz dieses Porträt in der
SZ, sogar als "
Meisterwerk", auch wenn nach seinem Dafürhalten Katharina die Große - anders als der Titel suggeriert - nur eine Nebenrolle spielt.
Autor Hans Pleschinski lobt in der
Welt Montefiores anschauliche Erzählkunst, und auch wenn ihm Potemkins schlechter Ruf nach der Lektüre nicht unberechtigt erscheint, erkennt er ihn neidlos als tolldreisten Machthaber an: "Sogar für das lebhafte 18. Jahrhundert sprengte dieser Russe alle Maßstäbe von kreativem Furor,
Liebesekstase,
Prachtentfaltung und zwischenzeitlicher Seelenlähmung."
Fabrizio GattiBilalAls Illegaler auf dem Weg nach Europa
Antje Kunstmann Verlag 2009, 475 Seiten, 24,90 Euro
Für seinen Bericht "Bilal" hat sich der italienische Reporter
Fabrizio Gatti unter die Flüchtlinge gemischt, die sich von Afrika aus nach Europa durchzuschlagen versuchen. Gatti ist mit einem Flüchtlingsstreck über die "Sklavenpiste" durch die Sahara gereist, hat das Geschäft der Schlepper beobachtet, sich von korrupten Beamten ausnehmen lassen und ist schließlich als
Schiffbrüchiger vor Lampedusa gelandet. Sehr beeindruckt von der enormen Recherchearbeit hat Alex Rühle in der
SZ diesen Bericht gelesen, aber auch mit Entsetzen und Erschütterung. Als höchst eindringlich lobt Jonathan Fischer in der
NZZ diese Reportage, die ihm nicht nur viele
Einzelschicksale vor Augen führte, sondern auch den Menschenhandel als lukratives Geschäft erklärte.
Le Monde diplomatique brachte einen
Vorabdruck.
Thomas SträssleSalzEine Literaturgeschichte
Carl Hanser Verlag 2009, 480 Seiten, 29,90 Euro
So eingeschlagen wie diese Literaturgeschichte des Salzes hat die Germanistik in letzter Zeit nicht oft. Der Zürcher Literaturwissenschaftler Thomas Strässle spürt darin dem Stoff des Lebens in der Literatur nach, von
Homer bis Durs Grünbein, von Plutarch bis Paul Celan, von Lots Weib bis
Friedrich Glauser. Eschatologie und Metakritik liefert er dabei gleich mit. In der
SZ schwärmt Hans-Herbert Räkel von dieser gelehrten und fesselnden, dabei immer menschenfreundlichen Arbeit, "
Esprit mit Eleganz"
sieht Alexander Kluy im
Standard verbunden. Auch in der
NZZ zeigte sich Manfred Koch sehr fasziniert. "Das ist kein germanistisches
Blechnapfaustupfen, sondern spannendste Literaturwissenschaft",
preist Julian Schütt auf
Zeit online. Er sieht in Strässle sogar den Vorreiter einer jungen Germanistengeneration, die ihrem Fach ganz neuen
Witz und Stil einhauchen. Zu diesen zählt Schütt übrigens auch
Philipp Theisohn, der mit
"Plagiat" die Literaturgeschichte der Stunde vorgelegt hat, sowie
Michael Gamper, der in seiner
"Elektropoetologie" () das Verhältnis von Elektrizität und Dichtung abklopft.
Richard BlankFilm und LichtDie Geschichte des Filmlichts ist die Geschichte des Films
Alexander Verlag 2009, 258 Seiten, 39,90 Euro
Richard Blank, Autor und
selbst Filmemacher, erzählt in diesem Buch die Geschichte des Kinos als Geschichte des Lichts. Wie und warum Licht und Schatten eingesetzt werden, welche Ästhetik Hollywood bevorzugte, welche Dynamik der Wechsel von Hell und Dunkel entwickelt, und wann der Expressionismus begann, natürlicher zu wirken als der Realismus. Christoph Haas hat es in der
SZ sehr enthusiastisch empfohlen und wünscht sich gleich mehr solch kompetenter und
leidenschaftlicher Filmbücher. In der
FAZ nannte Bert Rebhandl es einen Beleg für die
Magie des Kinos, das sich intellektuell auseinandernehmen lasse, ohne an Faszination zu verlieren. Beide betonen übrigens, dass sich Blanks Ausführungen nicht unbedingt mit den Erkenntnissen der Filmwissenschaft decken - und es störte sie kein bisschen.
Steffen MartusDie Brüder GrimmEine Biografie
Rowohlt Verlag 2009, 608 Seiten, 26,90 Euro
Sie waren so unterschiedlich: Der jähzornige, verschrobene und menschenscheue Jacob Grimm auf der einen Seite, der flexible, kränkelnde und nachtragende Wilhelm auf der anderen Seite. Und doch arbeiteten sie in rührender, ja
mythischer Verbundenheit und verwirklichten einige der ambitioniertesten Projekte des deutschen Geisteslebens - von der Sammlung der Volksmärchen bis zum monumentalen Grimmschen Wörterbuch. Steffen Martus' Doppelbiografie findet die einhellige Zustimmung der Kritik. Über die philologische Arbeit der Grimms, ihr politisches Engagement und über ihren stetigen Versuch, aus der Erforschung des deutschen Altertums Anregung zur kulturellen und geistigen Erneuerung zu ziehen, hat Rezensent Schloemann in der
SZ viel erfahren - und mehr noch begeistert ihn, dass Martus
versiert und plastisch zu schreiben vermag. In der
NZZ versichert Manfred Koch, dass ihm das Buch den
Glauben an die Germanistik zurückgegeben hat.
HörbuchCharles Ferdinand RamuzDie große Angst in den BergenRoman. 4 CDs. Gelesen von Christian Brückner
Parlando Verlag 2009, 24,95 Euro
Ein "
Heimatroman der unheimlichen Art", eine "geradezu filmische Beschreibung der Bergwelt" - so steht es in den Rezensionen über einen Roman, der im Jahr
1926 erstmals veröffentlicht wurde. Geschrieben hat ihn der Schweizer Autor Charles Ferdinand Ramuz (1878-1947). Schauplatz ist eine Alp, auf der sich vor 20 Jahren
etwas Schreckliches ereignete und die von jungen Sennern gegen die Warnungen der Alten wieder bewirtschaftet wird. Die Natur wird hier zum unheimlichen Protagonisten. Jetzt legt
Christian Brückner diesen Roman, der 2009 von Hanno Helbling
neu übersetzt wurde in einer
ungekürzten,
323 Minuten langen Lesung vor. Wolfgang Schneider findet in der
FAZ nicht nur den Roman ganz außerordentlich beeindruckend, auch die Lesung von Christian Brückner ist in seinen Augen schlicht "meisterhaft". Wilhelm Trapp erklärt das in der
Zeit etwas näher: Brückner erzähle die Geschichte wie einer, der selbst nicht begreift, wie ihm geschieht. Und das, so Trapp, ist genau richtig.
BildbandSebastian SchützeCaravaggioDas vollständige Werk
Taschen Verlag 2010, 306 Seiten, 100 Euro
2010 ist
Caravaggio-Jahr. Der vor 400 Jahren verstorbene italienische Maler wird mit einer großen Ausstellung in den
Scuderie del Quirinale in Rom gewürdigt (hier die
enthusiastische Besprechung in der
FAZ) und in mehreren Publikationen. Der Taschen Verlag hat einen
fetten Bildband herausgegeben, den Florian Illies in der
Zeit nicht nur wegen der Bilder, sondern vor allem auch für den instruktiven Text des Kunsthistorikers
Sebastian Schütze lobt, der die ästhetischen Sensationen von Caravaggios Kunst herausarbeite. Auch
Sybille Ebert-Schifferers Caravaggio-Band bekam gute Kritiken. In der
Zeit war Florian Illies dankbar für den präzise ausgemalten zeitgeschichtlichen Hintergrund. In der
FAZ freute sich Christine Tauber über die verdienstvolle "Mythendestruktion" insbesondere der Vorstellung, Caravaggio sei ein "stilistischer Solitär". Ebert-Schifferer beschreibe den Maler statt dessen als geschickten
Marketingstrategen, der genau wusste, wie er sich im Kunstmarkt der damaligen Zeit durchsetzen konnte. Hingewiesen sei schließlich noch auf
Valeska von Rosens Habil
"Caravaggio und die Grenzen des Darstellbaren" die Caravaggios Bildinszenierungen nach Ansicht der Rezensenten höchst gelungen mit den damaligen
Theaterpraktiken vergleicht.