
Bücherschau des Tages vom 04.09.2008
Arbeitseinsamkeit
Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz und Zeit. Täglich ab 14 Uhr.04.09.2008. Als literarische Sensation feiert die FAZ den Migranten-Roman "Das Herz der Leopardenkinder" des in Berlin lebenden französisch-kongolesischen Autors Wilfried N'Sondes. Die Zeit singt eine Hymne auf die grandiose Joan Didion und ihre Essays "Wir erzählen uns Geschichten, um zu leben". Die FR attestiert Markus Orths' Roman "Das Zimmermädchen" eine ganz und gar beunruhigende Qualität. Ein bisschen zu redselig findet die SZ den letzten Band von Sven Regeners Trilogie um Herrn Lehmann "Der kleine Bruder", aber natürlich sehr Berlin 1980.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Einmal Exil und zurück.

Steidl Verlag, Göttingen 2008,
ISBN
9783865216656, Gebunden, 284
Seiten,
16,00
EUR
Wenn Erich Loest, der Chronist, auf die deutsche Vergangenheit zurückblickt, behält er die Gegenwart stets im Auge. In seinen Reden und Essays der letzten Jahre bringt Loest deutlich zur Sprache, was zu sagen ist über sein Deutschland, sein Sachsen, sein Leipzig. Er fasst die Gedenkkultur hart an, plädiert für das Fusionieren ostdeutscher Bundesländer und beklagt das intellektuelle Ausbluten seiner Heimatstadt. Farbig wie immer und ganz aus eigenem Erleben gespeist, spricht Erich Loest von guten und schlechten Traditionen, von Gemeinsinn und der Notwendigkeit, sich weiterhin einzumischen.
Das Herz der Leopardenkinder.
Roman

Antje Kunstmann Verlag, München 2008,
ISBN
9783888975226, Gebunden, 125
Seiten,
14,90
EUR
Aus dem Französischen von Brigitte Große. "Wer bist du? Wo kommst du her? Warst du gut in der Schule? Wie ist dein Land?" Ein Roman, der den Erfahrungen einer neuen Generation von Migranten eine literarische Stimme gibt. Zusammengeschlagen und eines Verbrechens angeklagt, an das er sich kaum erinnert, findet sich ein junger Farbiger auf einer Polizeiwache wieder. In der Verlassenheit und tiefsten Erniedrigung einer Gefängniszelle überfällt ihn eine Flut von Erinnerungen: an Mireille und die leidenschaftliche Liebe zu ihr; die hellhäutige Mireille, die ihn verlassen hat, an Kamel, der zum Fanatiker geworden ist. Und immer wieder werden die Stimmen der Ahnen lebendig, die ein Afrika beschwören, das für die an der Bruchlinie zweier Kulturen aufgewachsenen "Leopardenkinder" nur noch ein ferner Mythos ist. Wilfried N'Sonde erzählt von einer zärtlichen, verzweifelten Liebe und gibt zugleich der Geschichte und den Problemen seiner Generation eine neue Stimme.
Frankfurter Rundschau
Das Zimmermädchen.
Roman

Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2008,
ISBN
9783895610998, Gebunden, 137
Seiten,
16,90
EUR
Lynn Zapatek putzt im Hotel Eden, und sie putzt gründlich. Wo andere Zimmermädchen nichts mehr sehen, fängt es bei Lynn erst an. Immer länger bleibt sie in den Zimmern, gebannt von allem, was sie dort sieht und findet: Zettel, Bücher, Kulturbeutel, Medikamente. Zunächst ist Lynn noch vorsichtig, dann wird sie immer dreister. Sie beschnuppert nicht nur die fremden Kleider, sie zieht sie auch an. An einem Dienstag hört sie den Schlüssel im Schlüsselloch und ihr bleibt nur ein einziger Zufluchtsort: Lynn kriecht unters Bett und verbringt die Nacht dort. Mit dem Gast über ihr. Von nun an liegt sie jeden Dienstag unter den Betten der Gäste und lauscht auf das, was über ihr geschieht. Das Zimmermädchen ist die intime Geschichte einer Suchenden, die wissen will, wie den Menschen gelingt, was ihr selbst so schwerfällt - das Leben.
Neue Zürcher Zeitung
Perfektionierung des Menschen.

Walter de Gruyter Verlag, Berlin 2007,
ISBN
9783110195606, Kartoniert, 176
Seiten,
19,95
EUR
Sollen Menschen ihre "normalen" Eigenschaften verbessern und so die menschliche Natur neu gestalten? Die Forschung sucht etwa nach Präparaten, die das Gedächtnis verbessern, das Leben verlängern und Gefühle verändern können. Tierversuche sind bereits erfolgreich. Führt die Befreiung von allen Grenzen von Körper und Geist in eine Katastrophe oder erwarten uns neue Chancen? Das Buch soll die Perfektionierung des Menschen leicht verständlich und philosophisch anspruchsvoll hinterfragen. Dabei werden soziale Folgen von "Enhancement" ebenso thematisiert wie die Gefahren für das Individuum. Droht uns eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ungeahnten Ausmaßes oder kann Enhancement gerade dazu dienen, Ungleichheiten der natürlichen Lotterie auszugleichen?
Die Box.
Dunkelkammergeschichten

Steidl Verlag, Göttingen 2008,
ISBN
9783865217714, Gebunden, 217
Seiten,
18,00
EUR
Mit zehn Zeichnungen. Eigentlich ist es eine altmodische Kastenkamera, wie man sie früher Jugendlichen zum Geburtstag schenkte. Aber mit der Agfa-Box der alten Marie hat es etwas Besonderes auf sich: Seit sie in Berlin Krieg und Feuerstürme überdauert hat, blickt sie vorwärts und rückwärts. Genauer gesagt: Die mit ihr geknipsten Aufnahmen zeigen Zukünftiges und Vergangenes, zeigen bei einem Stapellauf den tragischen Untergang des Schiffes oder am Wohnzimmertisch eine Männerrunde aus uralten Zeiten. Lara entdeckt auf einem Schnappschuß das Pferd, das sie sich wünscht, Nana sieht sich mit Mutter und Vater, die getrennt leben, vereint auf dem Kettenkarussell durch die Lüfte sausen. "Mariechens Wünsch-dir-was-Box" sagen die Kinder. Marie ist Fotografin. Sie besitzt eine Leica, auch eine Hasselblad. Aber wenn der Schriftstellerfreund auf Motivsuche für seine Bücher "Knips mal, Mariechen" sagt, arbeitet sie nur mit der Box. So schreiben die Box und der Schriftsteller ihre wahren und ihre Dunkelkammergeschichten. Jahre später sitzen die acht Kinder, die nun erwachsen sind, zusammen und erinnern sich - achtstimmig, jedoch widersprüchlich, freundlich, kritisch und manchmal anklagend an den "Alten" und seine "starken" Frauen, ihre Mütter, an ihre von Marie und ihrer "Zauberbox" begleitete Kindheit.
Der Nebel von gestern.
Roman

Unionsverlag, Zürich 2008,
ISBN
9783293003880, Gebunden, 368
Seiten,
19,90
EUR
Aus dem Kubanischen Spanisch von Hans-Joachim Hartstein. Not macht erfinderisch. Auch Mario Conde, der sich als Antiquar durchs Leben schlägt - kein schlechtes Geschäft in Zeiten, in denen viele Kubaner ihre Bücher zu Geld machen müssen. Eines Tages stößt Conde auf eine außerordentlich wertvolle, seit vierzig Jahren vergessene Bibliothek. All seine Geldsorgen scheinen mit einem Schlag gelöst. Doch dann entdeckt er zwischen den bibliophilen Kostbarkeiten eine Zeitschrift aus den Fünfzigerjahren mit dem Porträt der Bolero-Sängerin Violeta del Rio. Ihr Bild und die einzige Schallplatte, die sie vor ihrem rätselhaften Tod aufgenommen hat, verzaubern ihn. Er macht sich auf die Suche nach ihr und dringt vor in das Havanna von gestern, zu den letzten Zeugen jener wilden Jahre, in die Welt der Boleros, der Mafia und der Spielhöllen, aber auch in das zerfallende, melancholische Havanna der Gegenwart.
Süddeutsche Zeitung
Zeit-Reisen. Historische Schlesien-Ansichten aus der Graphiksammlung Haselbach.
Podroze w csasie. Dawne widoki Slaska na grafikach z kolekcji Haselbach
Herder Institut, Marburg 2007,
ISBN
9783879693375, Gebunden, 320
Seiten,
25,00
EUR
Mit 192 farbigen Fotos. Herausgegeben von Dietmar Popp, Ulrike Lorenz und Jerzy Ilkosz. Schlesien - alte Kulturlandschaft und europäisches Erbe. Fasziniert von der kulturellen Energie, die über Jahrhunderte von seiner Heimat im heutigen Polen ausging, erwarb Albrecht Haselbach (1892 - 1979), Brauereibesitzer in Namslau, Anfang der 1940er Jahre eine einzigartige Sammlung von über 4.000 Kupferstichen, Radierungen, Lithografien, Zeichnungen und Aquarellen. Die im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg und im Schlesischen Museum zu Görlitz aufbewahrten Sammlungsbestände wurden jetzt erstmals im Rahmen einer deutsch-polnischen Kooperation mit dem Herder-Institut in Marburg und dem Architekturmuseum in Breslau vollständig dokumentiert und digital zusammengeführt.
Der kleine Bruder.
Roman

Eichborn Verlag, Berlin 2008,
ISBN
9783821807447, Gebunden, 284
Seiten,
19,95
EUR
Berlin-Kreuzberg, November 1980: Im Schatten der Mauer gedeiht ein Paralleluniversum voller Künstler, Hausbesetzer, Kneipenbesitzer, Kneipenbesucher, Hunde und Punks. Bier, Standpunkte, Reden, Verräterschweine - alles ist da. Nur eins fehlt: jemand, der alles mal richtig durchdenkt - Frank Lehmann aus Bremen. Nachdem seine WG dort vom Gesundheitsamt geschlossen wurde, das Zimmer bei seinen Eltern zum Fernseherreparieren benötigt wird und er nach kühnem Ausbruch aus dem Wehrdienst noch keinen Plan hat, fährt er erst mal nach Berlin - zu seinem großen Bruder Manni, der dort als Künstler lebt und eine große Nummer ist. Dachte er. Doch Manni ist weg. Weder sein Vermieter Erwin Kächele noch dessen Nichte Chrissie oder sein Mitbewohner Karl haben eine Ahnung, wo Manni steckt. Außerdem nennen sie ihn nicht Manni, sondern Freddie. Und haben sofort eine konkrete Idee davon, was Frank zu tun hat: Anstelle seines Bruders an einem kurzfristig anberaumten Krisenplenum teilnehmen. Damit beginnt eine lange Nacht, in der Frank Lehmann lernt, dass in einer Welt, in der alle Künstler sein wollen, nichts notwendigerweise das ist, als das es erscheint, und in der er mehr über seinen Bruder erfährt, als er wissen will, aber nie das, wonach er fragt. Und mit einer Nacht ist es nicht getan, denn wie sagt Karl, der Typ, den Frank auf Anhieb nicht mag und der sein bester Freund werden wird:"Das ist wie in der Geisterbahn. Jetzt sind alle eingestiegen, und der Bügel geht runter, und dann müssen das auch alle bis zu Ende mitmachen ..."
Tierphilosophie zur Einführung.

Junius Verlag, Hamburg 2008,
ISBN
9783885066514, Kartoniert, 232
Seiten,
14,90
EUR
Was unterscheidet Mensch und Tier? Denken Tiere? Haben Tiere Rechte? Das sind die drei zentralen Fragen der Tierphilosophie. Die vorliegende Einführung konzentriert sich auf die ersten beiden Fragen und entwirft zum ersten Mal einen Ansatz, in dem Tiere konsequent zum Ausgangspunkt philosophischer Reflexion werden. Tiere sind denkende Wesen, und der Mensch ist schon als Tier ein denkendes Wesen. Allerdings unterscheidet er sich dadurch vom Tier, dass er eine kulturelle Welt hervorgebracht hat, die ihn weit über das tierliche Bewusstsein hinausblicken lässt. Ausgehend von neuen Untersuchungen aus der Verhaltensforschung zu Affen, Krähen und anderen Tieren und den Überlegungen von Philosophen wie Descartes, Darwin, Davidson, Dretske oder Derrida spannt dieser Band ein Panorama des Nachdenkens über Tiere auf, das auch den Blick auf den Menschen verändert.
Die Tageszeitung
Heute leider keine Kritiken!
Die Welt
Heute leider keine Kritiken!
Die Zeit
Hesmats Flucht.
Eine wahre Geschichte aus Afghanistan (Ab 12 Jahre)

cbj Verlag, München 2008,
ISBN
9783570305492, Broschiert, 285
Seiten,
7,95
EUR
Die Geschichte von der Flucht eines Jungen aus Afghanistan. Weil seine Mutter gestorben ist und sein Vater umgebracht wurde, hat Hesmat keine andere Wahl, als seine Heimat zu verlassen. Zu Fuß geht es über den Hindukusch, weiter mit dem Zug nach Moskau und von dort in den Westen. Er landet immer wieder in Gefängnissen, er wird bestohlen, gequält und misshandelt. Manchmal ist er kurz davor, aufzugeben. Aber der Traum von einem besseren Leben treibt ihn weiter. Basierend auf den Erlebnissen eines afghanischen Jungen, der heute in einem österreichischen SOS-Kinderdorf lebt. Mit einer kurzen »Geschichte Afghanistans« im Anhang.
Wir erzählen uns Geschichten, um zu leben.

Claassen Verlag, Berlin 2008,
ISBN
9783546004091, Gebunden, 302
Seiten,
22,90
EUR
Aus dem Amerikanischen von Antje Ravic Strubel. Joan Didion erzählt von den Leitfiguren des American Dream wie Howard Hughes, Joan Baez oder John Wayne, vom Glanz Hollywoods und der Einsamkeit von Alcatraz, von der Aufbruchsstimmung der sechziger Jahre und der Ernüchterung, die ihr folgte. Im Mittelpunkt steht stets der amerikanische Traum, die Vision von einer besseren Welt, geprägt von Glück, Freiheit und Wohlstand - ein Traum, der auch im Scheitern nichts von seiner Faszinationskraft eingebüßt hat.
Willensfreiheit und rechtliche Schuld.
Eine strafrechtsphilosophische Untersuchung

Nomos Verlag, Baden-Baden 2008,
ISBN
9783832932046, Kartoniert, 137
Seiten,
28,00
EUR
Paranoid Park.
(Ab 14 Jahre)

Beltz und Gelberg Verlag, Weinheim 2008,
ISBN
9783407810397, Gebunden, 178
Seiten,
12,90
EUR
Aus dem Englischen von Heike Brandt. "Paranoid Park" ist eine illegal aufgebaute Skateranlage in Portland, Oregon, und sie trägt ihren Namen nicht ohne Grund: Der Streetpark ist das Reich jener, die das Leben hart gemacht hat. Es gibt keine Regeln und keinen Besitzer, es herrscht die Anarchie der Asphaltpiraten und wer zu weich ist, der schiebt Paranoia. Als "Skater" den Park betritt, wird er in einen Kampf verwickelt, an dessen abruptem Ende ein Toter zurückbleibt. Ein Unfall. Vielleicht Notwehr. Niemand hat Schuld. Oder doch? Panik. Flucht. Schlaflose Nächte. Sich jemandem anvertrauen wollen. Aber es siegt die Sprachlosigkeit. Der Gedanke: Vielleicht werde ich nicht geschnappt. Schweigen. Bis Unschuld zu Mitschuld wird und die Frage, wie damit umgehen, eine brisante Eigendynamik entwickelt.
Die einsamen Frauen.
Roman

Claassen Verlag, Berlin 2008,
ISBN
9783546004381, Gebunden, 206
Seiten,
19,90
EUR
Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Mit einem Nachwort von Maike Albath und zwei Briefen von Italo Calvino. Aus Rom kehrt Clelia in ihre Heimatstadt Turin zurück, die sie vor siebzehn Jahren verlassen hat. Aus dem ehrgeizigen Mädchen ist eine erfolgreiche Frau geworden. Sie hat in der Modebranche Karriere gemacht und verspürt kein Bedürfnis, sich zu binden. Kaum angekommen, erlebt sie den Selbstmordversuch einer Tochter aus reichem Hause mit. Die junge Rosetta wird für Clelia zum Spiegelbild ihrer selbst, sie möchte die Gründe für die Verzweiflung des Mädchens herausfinden. War es Liebeskummer? Oder Lebensüberdruss? Oder die eng begrenzte Rolle, die das elegante Turin seinen Töchtern aufzwingt und die schon Clelia in die Flucht getrieben hat? Bestürzend modern liest sich der 1949 erschienene Roman. Cesare Pavese zieht die Bilanz eines Frauenlebens zwischen Beruf und Familie und lotet erbarmungslos die Grenzen menschlicher Freiheit aus. Das Nachwort der Literaturkritikerin Maike Albath führt ein in Leben und Werk des großen Schriftstellers.
Georg und der Drache.
Ab 3 Jahre.

Moritz Verlag, Frankfurt/M. 2008,
ISBN
9783895651977, Gebunden, 32
Seiten,
12,80
EUR
Aus dem Englischen von Markus Weber. Dieses Bilderbuch erzählt die aufregende Geschichte eines Drachen, der höher fliegt als die Wolken und schneller als jeder Vogel, der mit seinem Schwanz Burgmauern einstürzen lassen und mit seinem Atem Wälder niederbrennen kann. Aber dieser Drache hat ein Geheimnis: Er fürchtet sich vor Mäusen! Zu dumm, dass just an jenem Tag, als er eine Prinzessin entführt hat, der Mäuserich Georg in die Nachbarhöhle einzieht und gleich bei ihm anklopft, um nach einem Stückchen Zucker für seinen Tee zu fragen. Dem Drachen bleibt nur die Flucht.
Deutschlandfunk
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Deutschlandfunk Kultur
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