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Bücherschau des Tages vom 02.07.2009


Dritte Klasse


Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz und Zeit. Täglich ab 14 Uhr.
02.07.2009. Große Sogwirkung übt die Geschichte eines Sadomaso-Pärchen in Ryu Murakamis Roman "Piercing" auf die NZZ aus. Allen, die an der Schule verzweifeln, ob Lehrer oder Schüler, legt die Zeit wärmstens Daniel Pennacs "Schulkummer" ans Herz. Die FR folgt den unsentimental geschilderten Familientragödien in Jonathan Coes Roman "Der Regen, bevor er fällt". Überzeugend findet die FAZ Ursula Biermanns Buch "Der Alte stirbt doch sowieso" über alltäglichen Skandal im medizinischen Umgang mit älteren Menschen.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

'Der Alte stirbt doch sowieso'.
Der alltägliche Skandal im Medizinbetrieb
Cover: 'Der Alte stirbt doch sowieso'Herder Verlag, Freiburg 2009, ISBN 9783451296482, Kartoniert, 198 Seiten, 17,95 EUR

Ungenaue Diagnosen, falsche Therapie, oberflächliche Behandlung, die Liste ist lang: Ältere Menschen werden in der Medizin zunehmend Opfer einer skandalösen Diskriminierung, sie erhalten längst nicht immer die gleichen medizinischen Leistungen wie jüngere Patienten. Und die Politik überlegt sogar, wie pflegerische Leistungen für Alte weiter reduziert werden können. Ursula Biermann deckt die alltäglichen Missstände im deutschen Gesundheitssystem auf, lässt Betroffene zu Wort kommen und zeigt Möglichkeiten und Wege, wie eine Verbesserung der Situation zu erreichen wäre.

Der Morgen nach dem großen Feuer.
Erzählungen
Cover: Der Morgen nach dem großen FeuerSteidl Verlag, Göttingen 2009, ISBN 9783865218803, Gebunden, 160 Seiten, 16,00 EUR

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Am Morgen nach dem großen Feuer hat die kleine Maeve ihren großen Auftritt: Aufgeregt schwirrt sie los und gibt in der Nachbarschaft zum besten, was sie über den Brand der Autowerkstatt aufgeschnappt hat. Das Mädchen genießt den kurzen Ruhm und - vielleicht zum ersten Mal - das Glück, eine Geschichte erzählen zu können. Sieben autobiografische Erzählungen bilden den Auftakt des neuen Buchs der irisch-amerikanischen Schriftstellerin Maeve Brennan: Brennan skizziert ihre Kindheit und Jugend im Dublin der zwanziger und dreißiger Jahre. Dort spielen auch die weiteren Erzählungen des Bandes, in denen die Autorin genüßlich ihre Mitmenschen aufs Korn nimmt: die unwillige Braut, die ihr Leben vergeudet, die machthungrige Toilettenfrau, die unversehens in ihre Schranken gewiesen wird, die Möchtegern-Künstler, die wider alle Vernunft an ihren Träumen festhalten.

Das unklassische Bild.
Von Tizian bis Constable und Turner
Cover: Das unklassische BildC.H. Beck Verlag, München 2009, ISBN 9783406582462, Gebunden, 341 Seiten, 29,90 EUR

Mit 134 Farb- u. S/W-Abbildungen. Seit der Renaissance und bis ins 19. Jahrhundert beanspruchte das sogenannte klassische Bild seine Vorrangstellung. Es sollte Ideen zum Ausdruck bringen, die letztlich immateriell waren. Ebenfalls seit der Renaissance gab es jedoch eine zweite Tradition, die sich an der sinnlichen Erscheinung der Dinge orientierte. Werner Busch stellt diese Geschichte des unklassischen Bildes zum ersten Mal zusammenhängend dar. Während beim klassischen Bild die Linie dominiert, ist das unklassische von der Farbe beherrscht. Sucht das klassische Bild seine Vollendung, so ist das unklassische prinzipiell unabschließbar. Erzählt das klassische Bild oft eine Geschichte, die von einem Text (etwa der Bibel) vorgegeben ist, so beruft sich das unklassische Bild auf die Natur und ihre Phänomene. Nachdem die Renaissance das klassische Bild definiert hatte, wurde es über Jahrhunderte von den mächtigen Akademien und unzähligen Traktaten gepredigt. Das unklassische Bild hingegen fand nie vergleichbare öffentliche Fürsprecher. Dabei hat es die abendländische Kunst seit Tizian begleitet, in Caravaggio und Rembrandt, in Constable und Turner prominente Protagonisten gefunden und in der Druckgrafik zu wichtigen Innovationen geführt. Mit seiner Gegengeschichte der neuzeitlichen Kunst macht Werner Busch sichtbar, welche Möglichkeiten eine Kunst abseits der offiziellen Doktrin hatte und wie sie die Kunst der Moderne vorbereitete.

Zum Wiedersehen der Sterne.
Romane
Cover: Zum Wiedersehen der SterneClaassen Verlag, Berlin 2009, ISBN 9783546004398, Gebunden, 250 Seiten, 19,90 EUR

Aus dem Amerikanischen von Volker Oldenburg. Was ist Glück? Ein Gefühl von Heimat, Freundschaft, Familie, Liebe? Es sind Geschichten, die den Äthiopier Sepha Stephanos in der neuen, noch immer fremden Heimat am Leben halten - die Romane, mit denen er in seinem kleinen Laden den Tag verbringt, die Erzählungen seiner Freunde, Afrikaner wie er, die Erinnerungen an das Land, das er verlassen hat. Seit Sepha vor siebzehn Jahren fliehen musste, hat er in den USA keine Wurzeln geschlagen. Er hat den Kampf beinahe aufgegeben, als er neue Nachbarn bekommt. Die Freundschaft zu dem klugen, lesehungrigen Mädchen Naomi bringt plötzlich Leben in Sephas Alltag, die Liebe zu ihrer Mutter Judith, einer weißen Professorin, schenkt ihm die Hoffnung, dass es doch noch so etwas wie Glück für ihn geben könnte. In seinem Debüt erzählt der junge äthiopisch-amerikanische Autor Dinaw Mengestu von einem Schicksal, wie es in den Zeiten der globalen Flüchtlingsströme alltäglich ist - von Wurzellosigkeit, Sehnsucht und dem Funken Hoffnung, der immer wieder aufblitzt.

Frankfurter Rundschau

Der Regen, bevor er fällt.
Roman
Cover: Der Regen, bevor er fälltDeutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2009, ISBN 9783421043672, Gebunden, 298 Seiten, 18,95 EUR

Aus dem Englischen von Andreas Gressmann. Eine Handvoll Fotos und ein Stapel selbst besprochener Tonbänder, das ist Rosamonds Vermächtnis an Imogen, die blinde Enkelin ihrer Cousine Beatrix. Auf den Bändern erzählt Rosamond die Familiengeschichte und findet nach und nach Worte für jenes Unglück, das zu Imogens Erblindung führte.

Neue Zürcher Zeitung

Piercing.
Roman
Cover: PiercingLiebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2009, ISBN 9783935890595, Gebunden, 174 Seiten, 16,90 EUR

Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. In einer schlaflosen Nacht steht der junge Grafikdesigner Kawashima schweißgebadet an der Wiege seiner neugeborenen Tochter und wird von dem nahezu unkontrollierbaren Verlangen getrieben, mit dem Eispickel, den er fest umschlossen hält, ihren zarten weißen Hals entlangzustreichen. Es sind die alten Dämonen, die ihn heimsuchen. Vor Jahren hatte er ihnen schon einmal nachgegeben und seine damalige Geliebte niedergestochen. Um seine Familie vor sich zu schützen, zieht sich Kawashima in ein Hotel zurück und beschließt, eine junge Prostituierte anzuheuern und sie anstatt des Kindes zu töten. Doch die zierliche Chiaki mit ihrer makellos blassen Haut ist nur vermeintlich ein leichtes Opfer, denn auch sie hat ihre Dämonen, die sie quälen und bis zum Äußersten treiben ...

Süddeutsche Zeitung

Die kubanische Revolution.
und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer
Cover: Die kubanische RevolutionSuhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 9783518125595, Broschiert, 219 Seiten, 10,00 EUR

Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Ob New York, Rom, Wien oder Berlin - immer wenn der Kubaner Jose Manuel Prieto von einem Taxifahrer gefragt wird, woher er denn sei, hört er ein begeistertes "Ah, Fidel Castro!" Wie kommt es zu diesem vital strahlenden Bild der kubanischen Revolution und Fidel Castros? Hat die Wirklichkeit nicht längst alles Triumphale abgeschabt? In sehr persönlichen, nicht eifernden, eher schmerzvollen kleinen Schritten rekapituliert Jose Manuel Prieto Momente der Kindheit, als Politik keine Sache des Urteils war, sichtet die öffentlichen und die intimeren Aspekte Kubas. Dabei meißelt er keine Eindeutigkeiten heraus, er schildert die Dinge vielmehr als unausweichlich komplex und ambivalent.

Der Raub der Mona Lisa.
Die wahre Geschichte des größten Kunstdiebstahls
Cover: Der Raub der Mona LisaFackelträger Verlag, Köln 2009, ISBN 9783771643706, Gebunden, 256 Seiten, 22,95 EUR

Aus dem Englischen von Dieter Kuhaupt. Paris, 21. August 1911: Während die ganze Stadt unter einer Hitzewelle stöhnt, geschieht im Louvre das Unfassbare die Mona Lisa verschwindet. Ebenso unfassbar: Es vergehen vierundzwanzig Stunden, bevor die Abwesenheit der berühmtesten Dame des Hauses bemerkt wird. Rita A. Scotti spürt dem geheimnisvollsten und aufsehenerregendsten Kunstraub in der Geschichte des Louvre nach. Was haben der Lyriker Guillaume Apollinaire und Pablo Picasso mit dem Verbrechen zu tun? Welche Spuren verfolgt die französische Polizei, die bei diesem Fall erstmals mit den neuesten kriminalistischen Methoden wie der Erfassung der Fingerabdrücke arbeitet? Steckt der mysteriöse Marquis de Valfierno hinter dem Verbrechen, der seit Wochen mit Kopien des berühmten Bildes in der Welt herumreist? Ihr Verschwinden machte die Mona Lisa zum bekanntesten Gesicht der Welt: Tausende Menschen pilgerten in den Louvre, legten Blumen nieder vor einem leeren Fleck an der Wand, trauerten wie für eine Tote. Bis das Gemälde zwei Jahre später ebenso plötzlich wieder auftauchte, wie es verschwunden war.

Die Tageszeitung

Heute leider keine Kritiken!

Die Welt

Heute leider keine Kritiken!

Die Zeit

Radtouren in Deutschland.
Cover: Radtouren in DeutschlandKompass-Karten, Rum - Innsbruck 2009, ISBN 9783850260879, Broschiert, 383 Seiten, 14,95 EUR

Mit zahlreichen Farbfotos, Übersichtskarten, Skizzen und Höhenprofil. 180 Radtourenvorschläge, zwischen 10 und 70 km lang, verteilt auf 23 Großregionen, führen zu Deutschlands schönsten Ecken. Ob steil bergauf, gemütlich der Ebene entlang oder mit der ganzen Familie - die Auswahl bietet für jeden Geschmack die perfekte Tour. Mit der CD lässt sich jede Tour auf ein Blatt Papier ausdrucken oder auf Pocket-PCs überspielen.

Keine Kunst.
Erzählung
Cover: Keine KunstBerlin Verlag, Berlin 2009, ISBN 9783827008152, Gebunden, 252 Seiten, 22,00 EUR

Aus dem Ungarischen von Terezia Mora. 1985 hatte Esterhazy in den "Hilfsverben des Herzens" vom Sterben seiner Mutter erzählt. Jetzt erweckt er sie wieder zum Leben. Fast jeden Tag sieht er sie, während er diese Erzählung schreibt, sie essen zu Mittag, reden. Und er erfährt neue Geschichten - über die fünfziger Jahre, über die Fußball-"Wundermannschaft" von Bern, ihre Freundschaft mit den Fußballgöttern Hidekuti und Puskas, der ihr den Hof machte und dem es 1951 gelang, die Familie vor der Deportation zu bewahren. "Fußball ist ihr ganzes Leben, die Welt setzte sich im Kopf meiner Mutter aus den Vierecken des Fußballplatzes zusammen." Auf diesem Spielfeld lässt der Ich-Erzähler die uns bekannten Figuren aus seiner Familiengeschichte, Vater, Mutter, die Geschwister, auflaufen, aber in neuer Formation. Und wenn die Mutter ihm am Schluss den Text ihrer Todesanzeige diktiert hat, verlässt die Sprache das Spielfeld.

Für diese Nacht.
Roman
Cover: Für diese NachtSuhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 9783518420546, Gebunden, 230 Seiten, 22,80 EUR

Aus dem Spanischen von Svenja Becker. Eine Hafenstadt im Bürgerkrieg, die Sache ist entschieden, in dieser Nacht wird abgerechnet. Einem, der verloren hat, folgt Onetti auf seiner Suche nach einem Schlupfloch. Noch während er darauf aus ist, die eigene Haut zu retten, sieht er sich genötigt, die Tochter eines früheren politischen Gefährten und jetzigen Widersachers vor dem sicheren Tod zu bewahren. Und ein anderer, der ihm auf den Fersen ist und sich als Sieger wähnt, muß erkennen, daß er das Spiel nicht bis zum letzten Zug durchschaut.

Schulkummer.
Cover: SchulkummerKiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2009, ISBN 9783462040722, Gebunden, 288 Seiten, 18,95 EUR

Aus dem Französischen von Eveline Passet. Er war selbst ein schlechter Schüler, einer von denen, die wie versteinert und mit dumpfem Hirn vor einem leeren Blatt sitzen oder auf Fragen mit Clownerien reagieren. Dennoch schafft Daniel Pennac schließlich das Abitur und wird - Lehrer. Aber er wird ein Lehrer, der diese Verletzungen und Demütigungen nie vergessen hat und der weiß, was es bedeutet, eine Niete zu sein. Und was es für diese Niete bedeutet, liebevolle Lehrer zu finden, die Verständnis haben und die Blockaden im Kopf lösen. Er erzählt von seiner eigenen Schulzeit und von den Stunden, die er später als Lehrer gibt, von seinen zum Teil ungewöhnlichen Methoden, um bei seinen Schülern Begeisterung fürs Lernen zu wecken.

Der Wert der Menschenwürde.
Cover: Der Wert der MenschenwürdeFerdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2009, ISBN 9783506767158, Kartoniert, 248 Seiten, 24,90 EUR

Mit Beiträgen von Herbert Schnädelbach, Ludger Honnefelder, Franz Josef Wetz, Wolfgang Vögele, Thilo Rensmann, Hermann Barth, Johann S. Ach, Bernhard H.F. Taureck, Corinna Mieth, Hermann-Josef Große-Kracht, Torsten Meireis, Dieter Birnbacher, Eberhard Schockenhoff, Reinhold Bernhardt und Gerhard Kruip. Dass die Würde des Menschen unantastbar sei, steht in Artikel 1 des Grundgesetzes. Wie aber viele Diskussionen der letzten Jahre belegen, sind damit keineswegs alle Fragen beantwortet. Muss denn nicht dieses Fundament unserer Verfassung und unserer moralischen Orientierungen selbst begründet werden? Wie weit reicht die Menschenwürde auch bis zu menschlichen Stammzellen wenige Tage nach der Befruchtung? Haben nicht auch Tiere eine Würde? Gibt es nicht doch Fälle, in denen die Menschenwürde zurückstehen muss hinter anderen Werten, etwa denen der Selbstbestimmung und der Sicherheit? Die Vielfalt der Werte erfordert oft Abwägungsprozesse, während die Menschenwürde als absolutes Prinzip gilt, das sich nicht mit anderen verrechnen lässt. Oder ist Würde doch nur ein Wert unter anderen? Schließlich stellt sich die Frage, ob das Prinzip der Menschenwürde Allgemeingültigkeit besitzt oder charakteristisch ist nur für unsere westliche, aus dem Christentum hervorgegangene Zivilisation. Das sind einige der Probleme, die Philosophen, Theologen, Sozialethiker und Juristen in diesem Sammelband erörtern.

Schubart.
Der unbürgerliche Bürger
Cover: SchubartDie Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2009, ISBN 9783821845982, Gebunden, 419 Seiten, 32,00 EUR

Mit Abbildungen. Christian Friedrich Daniel Schubart, geboren 1739, gestorben 1791: ein virtuoser Orgelspieler, ein genialer Stegreifdichter, vor allem aber ein großer Journalist. Sein "Volkston" ist keine Volkstümlichkeit von oben herab, sondern eine Verweigerung von arroganter Distanz. Schubart will die Provinz, das flache Land, die bildungsärmeren Schichten für den sich anbahnenden politischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Aufbruch öffnen. Seine "Deutsche Chronik" wird von Schiller und Hölderlin ebenso gelesen wie von Wirten, Friseuren, Bauern, Handwerksburschen und Bediensteten. Für die Pressefreiheiten, die er sich herausnahm, büßte er mit einer zehnjährigen Haft ohne Anklage und Urteil. Danach blieben ihm nur noch vier Jahre. Das hat die Biografie des Mannes vom Hohenasperg vor sein Werk geschoben. Das Buch von Bernd Jürgen Warneken führt beides wieder zusammen: Sie zeigt einen eigensinnigen Aufklärer, der die bürgerliche Emanzipation mit "Wucht und Wärme" (Hermann Hesse) vorantreibt, das bürgerliche Habitusideal jedoch bewusst verfehlt. Resigniert schrieb in seinem Todesjahr die Zensurbehörde, der Schubarts "freie Schreibart" von Anfang an missfallen hat: "Allein - sein Ton gefiel dem Publico."

Deutschlandfunk

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Deutschlandfunk Kultur

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