
Bücherschau des Tages vom 01.07.2010
Kulturlose Knechte
Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz und Zeit. Täglich ab 14 Uhr.01.07.2010. Feine britische Untertreibung findet die FR in James Barries Abenteuerroman "Kleiner weißer Vogel". Die FAZ blättert angeregt in einem Band über neues afrikanisches Kino. Die SZ liest Reportagen Ryszard Kapuscinskis aus dem Polen der 60er Jahre. Die Zeit erklärt nach Lektüre von Domenico Losurdos großer Nietzsche-Biografie: ex Italia lux.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Reise nach Unterkralowitz.
Roman

Limbus Verlag, Hohenems 2009,
ISBN
9783902534293, Gebunden, 188
Seiten,
18,90
EUR
Reise nach Unterkralowitz beschreibt ein Familienpanorama über vier Generationen hinweg. Warum der Großvater überhaupt für den Kaiser Franz Joseph in den Krieg gezogen ist; warum der Vater unter den Nazis plötzlich unabkömmlich war und sich dennoch nie bei der NSDAP eingeschrieben hat; wie der Sohn sich auf die Suche nach seiner eigenen Vergangenheit im Osten macht und mit seinem kleinen Kind nach Unterkralowitz aufbricht, um etwas zu finden, das er in seiner anderen Heimat Wien nicht finden kann. Begleitet werden die beiden von Erinnerungen an die Schatten ihrer Vorväter und von anderen skurillen Verwicklungen einer ganz normal verrückten Familie.
Neues afrikanisches Kino.
Ästhetik und Politik. Betrachtungen

Prestel Verlag, München 2010,
ISBN
9783791343433, Kartoniert, 319
Seiten,
24,95
EUR
Herausgegeben von Doris Hegner und Bernd M. Scherer im Auftrag vom Haus der Kulturen der Welt, Berlin. Mit 20 Schwarz-Weiß- und 40 Farbabbildungen. Der Autor Manthia Diawara zeigt, welch aufregende Entwicklung sich seit den 1990er Jahren im afrikanischen Kino vollzieht. Im Fokus des essayistisch gehaltenen Textes stehen die neue Filmsprache, die Produktionsweisen, die Filmindustrie und der Trend weg vom Nationalismus und sozialen Realismus. Textbeiträge von Filmemachern, Produzenten und Filmwissenschaftlern sowie Porträts der dreißig wichtigsten afrikanischen Regisseure und ihrer Filme spiegeln die aktuellen Trends des afrikanischen Films.
Der späte Kant.
Für ein anderes Gesetz der Erde

Wallstein Verlag, Göttingen 2010,
ISBN
9783835305991, Gebunden, 348
Seiten,
39,90
EUR
Aus dem Amerikanischen von Thomas Schestag. Peter Fenves rekonstruiert zum ersten Mal Kants nachkritische Schriften als philosophische und politische Projekte eigenen Rechts. Er erläutert, wie präzise Kant die These vom "radikal Bösen" konzipiert, entfaltet und verkompliziert - eine These, die zum Ausgangspunkt des gesamten Spätwerks avanciert. Ebenso untersucht der amerikanische Literaturwissenschaftler Kants Antithese des "radikal Bösen", der zufolge die Menschen auf der Erde nur existieren, um einer anderen Art oder Rasse von Menschen den Weg zu ebnen. Demzufolge hätten die Menschen nicht das Recht, die Erde für sich zu beanspruchen und unter sich aufzuteilen; eher bereiteten sie den Globus für dessen legitime Eigner vor. Mit dieser These wird Immanuel Kant zum Wegbereiter einer modernen "Geo-Ethik".
Muhammad Ali.
Leben, Werk, Wirkung

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783518182451, Taschenbuch, 145
Seiten,
8,90
EUR
Mit Fotografien. Nicht zufällig hat man Cassius Clay alias Muhammad Ali als "fünften Beatle" bezeichnet. Zusammen mit den Liverpooler Musikern stellte er sich an die Spitze jener sozialen und kulturellen Umbruchbewegung, die alle westlichen Länder in den Sechzigern erschüttern sollte. Seine Kombination aus Trotz und Witz veränderte den Sound der Zeit. Gleichermaßen eloquent und unverfroren, immer angriffslustig und mit einem schier unerschöpflichen Repertoire an Ausdrucksformen, brachte sich Ali als erster Popstar des Sports auf die internationale Bühne, um dort ethnische, religiöse und politische Tabus leichthändig zu verhandeln.
Das erotische Talent meines Vaters.
Roman

C.H. Beck Verlag, München 2010,
ISBN
9783406598371, Gebunden, 190
Seiten,
18,95
EUR
Ist es ein vom Wunsch nach Nähe angeregter Wochenendausflug zum Vater oder ein Kontrollbesuch? Als der Sohn, der Icherzähler in Björn Kerns neuem Roman, aus Berlin an den Bodensee kommt, um nach längerer Zeit einmal wieder nach dem Vater zu sehen, holt dieser ihn nicht vom Zug ab. Vergessen, verschusselt, egal? Der Vater Jakob, hoch in den Sechzigern, aber von fast schon erschreckender Virilität, durchtrainiert und mit einer beeindruckenden schwarzen Lockenpracht gesegnet, stellt den Sohn, der als Pfleger arbeitet, vor nicht wenige Rätsel. Welche Rolle spielen die beiden Frauen, die den Vater zu belagern scheinen und von denen er sich angeblich belästigt fühlt, tatsächlich? Was finden sie an ihm und was am Sohn? Wieso ist der Vater so fit und wo treibt er sich eigentlich nachts herum? Nimmt er gar Drogen?
Frankfurter Rundschau
Kapitalistischer Realismus.
Von der Kunstaktion zur Gesellschaftskritik

Campus Verlag, Frankfurt am Main - New York 2010,
ISBN
9783593391823, Kartoniert, 300
Seiten,
29,90
EUR
Herausgegeben von Sighard Neckel. "Leben mit Pop - eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus": Unter diesem Motto veranstalteten die Künstler Gerhard Richter und Konrad Lueg 1963 ein Happening in einem Düsseldorfer Möbelhaus. Der "kapitalistische Realismus" wollte die Konsum- und Lebensgewohnheiten der Nachkriegszeit ästhetisch entlarven. Der Band nimmt das Motto der damaligen Kunstaktion auf, um in gesellschaftskritischer Absicht ähnliche Fragen zu stellen. Wie sieht die Realität des Kapitalismus heute aus, seitdem dieser in alle Verästelungen des Lebens Eingang gefunden hat? Es geht um die Paradoxien, die entstehen, wenn der Kapitalismus Kultur und Lebensstil wird; aber auch um seine Bruchstellen und Grenzen in Kunst und Arbeit, Ökonomie und Moral, Alltag und Subjektivität. Mit Beiträgen von Ulrich Bröckling, Diedrich Diederichsen, Georg Franck, Isabelle Graw, Rahel Jaeggi, Cornelia Klinger, Birgit Mahnkopf, Robert Misik und anderen.
Kleiner weißer Vogel.
Abenteuer im Kensington Park

Gollenstein Verlag, Merzig 2010,
ISBN
9783938823569, Gebunden, 300
Seiten,
22,90
EUR
Herausgeben und aus dem Englischen von Michael Klein. Mit zahlreichen Abbildungen. Zum 150. Geburtstag des Autors von "Peter Pan", James Matthew Barrie, erscheint erstmals in deutscher Übersetzung dessen Werk "The little white bird". Der Roman geht zurück auf die Bekanntschaft Barries mit der Familie Llewelyn-Davies, deren Kinder, insbesondere der Sohn George, den Autor dazu angeregt haben. Der vereinsamte Captain W. befreundet sich mit dem Jungen David und erfindet mit ihm fantasievolle Abenteuer im Kensington Park, unter anderem über einen Jungen namens Peter Pan, der einmal als Klassiker in die Weltliteratur eingehen wird.
Neue Zürcher Zeitung
Der Anthologist.
Roman

C.H. Beck Verlag, München 2010,
ISBN
9783406598432, Gebunden, 256
Seiten,
19,95
EUR
Aus dem Amerikanischen von Matthias Göritz und Uda Strätling. Paul Chowder - der "Anthologist" - kommt nicht so richtig in die Gänge. Er ist ein Lyriker, der ab und zu mal ein Gedicht veröffentlicht hat und gerade an der Einleitung zu einer neuen Lyrik-Anthologie sitzt. Sein Erfolg hält sich bislang in Grenzen, seine Freundin Roz hat ihn erst kürzlich verlassen, und gleichzeitig denkt er an die großen Dichter der Vergangenheit, die weitaus Schlimmeres erdulden mussten und sich daher zu Recht beklagen durften. Allerdings hat er angekündigt, eine Reihe von wunderbaren Geheimnissen, Tipps und Tricks über die Poesie zu verraten, und da sieht es so aus, als würde die Einleitung etwas länger werden, als er eigentlich gedacht hatte. Was sich nun entspinnt, ist eine außerordentlich unterhaltsame und faszinierende Liebesgeschichte über die Poesie: von Tennyson, Swinburne und Yeats bis zu den Modernen und der Redaktion des "New Yorker".
Alfred Döblin. Meine Adresse ist: Saargemünd.
Spurensuche in einer Grenzregion

Gollenstein Verlag, Merzig 2009,
ISBN
9783938823552, Gebunden, 200
Seiten,
21,90
EUR
Herausgegeben von Ralph Schock. Mit Abbildungen. Das Lesebuch versammelt Briefe und Texte Döblins, die mit der Gegend an Saar und Blies zu tun haben: aus der Zeit als Militärarzt in Saargemünd und Hagenau (1915-1918), seine (weitgehend unveröffentlichte) Korrespondenz mit dem befreundeten Schriftsteller Anton Betzner (1946-1953), seine Erzählung "Das Gespenst vom Ritthof" und seine Saarbrücker Europa-Rede von 1952.
Süddeutsche Zeitung
Der Redaktionsbriefwechsel der Hallischen, Deutschen und Deutsch-Französischen Jahrbücher .
(1837 - 1844)

Akademie Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783050045139, Gebunden, 1650
Seiten,
298,00
EUR
Drei Bände. Die Edition dokumentiert den gesamten überlieferten Briefwechsel der Redaktion der "Hallischen Jahrbücher für deutsche Kunst und Wissenschaft", der "Deutschen Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst" und der "Deutsch-Französischen Jahrbücher" - vorwiegend Briefe von und an Arnold Ruge. Sie enthält in kritischer, kommentierter Edition 1.222 Briefe, die chronologisch von der ersten Erwähnung der "Hallischen Jahrbücher" im August 1837 bis zum endgültigen Ende der "Deutsch-Französischen Jahrbücher" im März 1844 reichen.
Ein Paradies für Ethnografen.
Polnische Geschichten

Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010,
ISBN
9783821858371, Gebunden, 176
Seiten,
16,95
EUR
Aus dem Polnischen von Martin Pollack und Renate Schmidgall. Eine Zeitreise in die Jahre nach dem Krieg: Ryszard Kapuscinskis literarische Reportagen über sein Heimatland Polen - und das Verhältnis zu Deutschland. Es ist der 11. September 1961, Montag. Zwei Frauen fliehen aus einem Altersheim in Szczytwo, Mutter und Tochter, Augusta und Margot. Sie kaufen zwei Fahrkarten und fahren mit der Bahn durch die schöne Landschaft der Masuren. Ihr Ziel ist Taubus, besser gesagt, das ehemalige Taubus, das jetzt Olecko heißt. Zwei Frauen, grau, erschöpft, entschlossen. Sie wollen ihr Haus am Ringplatz in Taubus zurück, sagen sie, weil Polen doch jetzt wieder deutsch sei. Die Helden in Kapuscinskis Reportagen, die in Wahrheit immer auch Erzählungen sind, sind kleine Leute: Umsiedler, die das Schicksal von einem Ende Polens an das andere geworfen hat, Menschen auf der Suche nach Arbeit und besseren Löhnen, deutsche Frauen, die sich nach Kriegsende nicht mehr zurechtfinden. Die große Politik bleibt ausgesperrt, stattdessen belauscht Kapuscinski die Gespräche und findet die Geschichten, in denen die Wirklichkeit jener Zeit - der fünfziger und sechziger Jahre in Polen - aufscheint.
Die Tageszeitung
Heute leider keine Kritiken!
Die Welt
Heute leider keine Kritiken!
Die Zeit
Harald Fricke: Texte 1990-2007.

Merve Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783883962801, Broschiert, 160
Seiten,
14,00
EUR
Herausgegeben und mit Nachworten versehen von Bettina Allamoda, Jens Balzer, Detlef Kuhlbrodt und Cord Riechelmann. Der vorliegende Band versammelt ausgewählte Texte von Harald Fricke, der uns als Autor sowie Kulturredakteur der taz (aber auch manchmal: Kurator, DJ und Musiker) über zwei Jahrzehnte mit genauen, unmittelbaren Beobachtungen zu Kunst, Musik, Film, Pop, Architektur, Mode und deren Politiken versorgt hat.
Die Erdbeeren von Antons Mutter.
Roman

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010,
ISBN
9783100300645, Gebunden, 174
Seiten,
17,95
EUR
Anton ist Arzt in Kreuzberg, mit Sorge sieht er, wie seine Mutter in seinem Heimatort in der niedersächsischen Provinz gegen eine schnell fortschreitende Demenz kämpft. Jedes Jahr schickt sie ihm und seinen Freunden Alix und Bernd Erdbeermarmelade nach Berlin. Die Erdbeeren wachsen auf dem "Acker", wie sie ihren Garten nennt, den sie ihr Leben lang mit Liebe gepflegt hat. Aber in diesem Frühsommer vergisst sie, die Ableger auszupflanzen Anton muss erkennen, wie seine Mutter Stück für Stück verloren geht, und mit jeder ihrer Niederlagen verschwindet ein Teil seiner eigenen Existenz: Das vertraute Land der Kindheit. Dann trifft er Lydia und findet nach Jahren des Alleinseins eine Zukunft, in der Liebe möglich zu sein scheint. Aber Lydia bringt eine Vergangenheit mit, die in beider Leben mit Vehemenz einbricht.
Nietzsche, der aristokratische Rebell.
Intellektuelle Biografie und kritische Bilanz

Argument Verlag, Hamburg 2009,
ISBN
9783886193387, Gebunden, 1061
Seiten,
98,00
EUR
Herausgegeben und mit einer Einführung von Jan Rehmann. Aus dem Italienischen von Erdmute Brielmayer. 2 Bände: "Die Kritik der Revolution von den jüdischen Propheten bis zum Sozialismus" und "Nietzsche und die antidemokratische Reaktion, Politik und theoretischer Überschuss". Domenico Losurdo entwickelt entlang der Formel des "radikalen Aristokratismus" einen Leitfaden zur detaillierten Recherche durch Friedrich Nietzsches Werk, Leben und Umfeld. Am Ende der Analyse sämtlicher Bücher, Briefe und Traktate steht ein neues Nietzsche-Bild: der Philosoph, eingewoben in die Diskurse seiner Zeit, als Verfechter einer aristokratischen Reaktion, als Kämpfer gegen Demokratie, Sozialismus und Gleichheitsbestrebungen.
Losurdos Untersuchung durchbricht eine unfruchtbare Frontstellung, die die Nietzsche-Forschung beherrscht: auf der einen Seite eine "Hermeneutik der Unschuld", die die brutalsten Stellungnahmen des Philosophen als kunstvolle, tiefsinnige Metaphern verstehen will, auf der anderen Seite ein von Lukacs geprägtes Paradigma, das Nietzsche dem "Irrationalismus" zuordnet und als unmittelbaren geistigen Vorläufer des NS-Staats behandelt. Der Bann einer solchen Entgegensetzung wird mithilfe einer komparativen Analyse ideologischer Prozesse gebrochen. Indem Losurdo die Philosophie Nietzsches im historischen Kontext des späten 19. Jahrhunderts untersucht, wird ein ideologisches Geflecht sichtbar, das Nietzsche als Teil einer gesamteuropäischen Bewegung zur Abwehr und Überwindung der Französischen Revolution und des von ihr eingeleiteten Revolutionszyklus zeigt.
Dein Gesicht morgen.
Band 3: Gift und Schatten und Abschied. Roman

Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2010,
ISBN
9783608937169, Gebunden, 727
Seiten,
29,90
EUR
Aus dem Spanischen von Elke Wehr und Luis Ruby. Jaime Deza arbeitet für eine Sondereinheit des britischen Geheimdienstes, darauf spezialisiert, die Gesichter seiner Mitmenschen zu dechiffrieren, um daraus ihr Handeln vorherzusagen. Er kehrt von London nach Madrid zurück, um die eigene Familie zu beschützen und dabei auszuspionieren. Und er muss entdecken, dass uns Gewalt und Verrat, selbst an den Nächsten, eingeimpft sind wie ein Gift.
Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen, das muss gar nicht lange dauern.
Erzählungen

Piper Verlag, München 2010,
ISBN
9783492053747, Gebunden, 186
Seiten,
16,95
EUR
Da ist die vermeintlich glückliche junge Frau, die von der Feststellung einer alten Chinesin verblüfft wird: "Ihre Schönheit schlummert in Ihrem Gesicht. Sie haben nur vergessen, wo sie ist." Da ist die verzweifelt fantasievolle Zugbegleiterin, die sich wünscht, neben ihren Reisenden einzuschlafen. Oder die Verzagtheit zweier Kinder, deren Mutter eines Tages einfach ins Krankenhaus verschwindet. Ob alles wieder gut wird? Ob sie wieder zu sich zurück finden? Trauer, Liebe, Schmerz und Nähe: Tiefenscharf und mit großer Empathie leuchtet Annette Pehnt unseren Alltag aus und entdeckt den Ausnahmezustand im Normalen. Jede ihrer Erzählungen sucht Worte für unsere Sprachlosigkeit und erzählt von den Momenten unseres Lebens, die uns zu Menschen machen.
Die Rückkehr des Meisters.
Keynes für das 21. Jahrhundert

Antje Kunstmann Verlag, München 2009,
ISBN
9783888976476, Gebunden, 299
Seiten,
19,90
EUR
Aus dem Englischen von T. Pfeiffer. Wie ein entfesselter Kapitalismus das weltweite Wirtschaftssystem beschädigen, wenn nicht gar ruinieren kann, war gerade zu besichtigen. Aber gibt es zu diesem System überhaupt Alternativen, und wie sehen sie aus? Der Wirtschaftstheoretiker John Maynard Keynes (1883 - 1946) hat schon vor einem halben Jahrhundert darüber nachgedacht, und seine Analysen sind heute aktueller denn je. Sein berühmter Ausspruch: "Auf lange Sicht sind wir alle tot" zielt auf realitätsferne ökonomische Modelle, die unser Denken bestimmen und zu verheerendem Handeln führen. Keynes Wirtschaftstheorie allerdings war nie ganz tot, selbst in Zeiten blinder Marktgläubigkeit blieben seine Ideen unterschwellig präsent. Denn die Grundgedanken seiner "Allgemeinen Theorie" zielen auf den Kern allen Wirtschaftens: "Niemand kennt die Zukunft." Darauf gründet Keynes Überzeugung von der "fundamentalen Unsicherheit" der globalen Finanzmärkte. Mit mathematischen Formeln wird man sie nicht in den Griff kriegen. Wirtschaftskrisen sind nicht die große Ausnahme, sondern Teil der Marktwirtschaft. Wenn man den Markt aber sich selbst überlässt, können sie lange anhalten.
Deutschlandfunk
Heute leider keine Kritiken!
Deutschlandfunk Kultur
Heute leider keine Kritiken!