
Bücherschau des Tages vom 05.01.2011
Wer zu spät siegt, hat auch verloren
Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz und Zeit. Täglich ab 14 Uhr.05.01.2011. So detailliert und so spannend wie Bertrand Patenaud in "Trotzki" hat noch nie niemand über die Ermordung des Weltrevolutionärs geschrieben, lobt Gerd Koenen in der FAZ. In der Zeit huldigt Peter Sloterdijk Hermann Scheer und seinem "EnergEthischen Imperativ". Die SZ bewundert, wie E.L. Doctorow in "Homer und Langley" von den mit der Welt hadernden Brüdern Collyer erzählt. Und die FR liest mit Vergügen Hans Magnus Enzensbergers Anekdoten aus dem Kulturbetrieb "Meine Lieblingsflops".
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Michelangelo.
Der Bildhauer

Deutscher Kunstverlag, München 2010,
ISBN
9783422070141, Gebunden, 320
Seiten,
148,00
EUR
Fotografien von Aurelio Amendola. Aus dem Italienischen von ven Petra Kaiser und Martina Kemper. Die überragenden Fotografien von Aurelio Amendola setzen einige der bekanntesten Skulpturen der Welt in ein neues Licht und laden zu ihrer Neuentdeckung ein. In Ergänzung dazu führt Cristina Acidini Luchinat Neugierige an die Bildhauerkunst Michelangelos heran, sie bietet aber auch neue Interpretationen für einige seiner Werke.
Der verlorene Vater.

Edition Büchergilde, Frankfurt am Main 2010,
ISBN
9783940111760, Gebunden, 239
Seiten,
19,90
EUR
Aus dem Englischen von Susann Urban. Neun Geschichten über einen Mann, der von Haiti in die Vereinigten Staaten ausgewandert ist - angeblich auf der Flucht vor dem Duvalier-Regime, von dem er verfolgt und gefoltert wurde. Äußeres Zeichen dieses Schicksals ist eine lange Narbe. Erst im Erwachsenenalter erfährt seine in New York geborene Tochter, dass ihr Vater keineswegs Opfer, sondern Täter war, ein Mann, der alle Finessen des Folterns beherrschte, der das Leben unzähliger Menschen zerstörte. Die einzelnen in sich abgeschlossenen Kapitel zeichnen das Bild der haitianischen Gesellschaft zwischen Armut, Willkürherrschaft, Flucht und Auswanderung. Es kommen Menschen zu Wort, denen das Leben unter der paradiesischen Sonne Haitis zur Hölle wurde.
Trotzki.
Der verratene Revolutionär

Propyläen Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783549073773, Gebunden, 432
Seiten,
24,95
EUR
Aus dem Amerikanischen von Stephan Gebauer. Dem Kampf für den "wahren" Kommunismus widmete Leo Trotzki sein Leben. Schon als Jugendlicher schloss er sich den Revolutionären an, entwickelte später die Theorie der permanenten Revolution und begründete die straff organisierte Rote Armee. Ein atemloses Leben, immer an vorderster Front und mit vollem Risiko. Wie sein Rivale Stalin ließ er Widersacher ohne Umschweife aus dem Weg räumen und wurde dennoch nach seiner Verbannung aus der Sowjetunion zum Idol einer ganzen Generation. Um seine letzten Jahre ranken sich viele Legenden. Vor allem die Zeit in Mexiko, wo er eine Affäre mit der Malerin Frida Kahlo begann, sorgte für Aufsehen. Dem Stanford-Historiker Bertrand M. Patenaude ist auf Basis neuer Quellen ein sehr persönliches Porträt einer der kontroversesten Figuren des 20. Jahrhunderts gelungen.
Frankfurter Rundschau
Meine Lieblingsflops.
Gefolgt von einem Ideen-Magazin

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783518422113, Gebunden, 241
Seiten,
19,90
EUR
In diesem Schwarzbuch nimmt Enzensberger ein Thema ins Visier, das viele Künstlerkollegen scheuen, den Misserfolg: "Wenigen Erfahrungen verdanke ich so viel; ich behaupte sogar, dass mir meine Flops im Lauf der Zeit geradezu ans Herz gewachsen sind. Sie gewähren Einblick in die Produktionsbedingungen, Manieren und Usancen des Kulturbetriebs und helfen dem Ahnungslosen, die Fallstricke, Minenfelder und Selbstschussanlagen einzuschätzen, mit denen er auf diesem Terrain zu rechnen hat."
Oh diese Mädchen.

Edition Splitter, Bielefeld 2010,
ISBN
9783940864505, Gebunden, 144
Seiten,
19,80
EUR
Aus dem Französischen von Tanja Krämling. Chloe wächst bei einer alleinerziehenden, karriereorientierten Mutter auf, die kaum Zeit für sie hat. Leila lebt mit vielen Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen. Agnes hat gutbetuchte Eltern, doch niemand ist wichtiger für sie als ihr Kindermädchen. Drei grundverschiedene Verhältnisse, drei völlig verschiedene Mädchen, doch das Leben wird Chloe, Leila und Agnes zusammenführen. Sie überwinden alle Unterschiede, teilen ihre Träume und ihre guten wie schlechten Erfahrungen. "Oh, diese Mädchen!", das ist die Geschichte einer großen Freundschaft im Paris der Gegenwart. Emmanuel Lepage und Sophie Michel begleiten diese drei Mädchen von ihrer Geburt bis ans Ende ihrer Jugend.
Neue Zürcher Zeitung
Der vierte Kontinent.
Wie eine Karte die Welt veränderte

Berlin Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783827007322, Gebunden, 527
Seiten,
39,90
EUR
Aus dem Amerikanischen von Klaus Binder und Bernd Leineweber. Über viele Jahrhunderte glaubten die Europäer, die Welt bestünde aus drei Teilen: Europa, Afrika und Asien. Stets vermuteten sie aber auch die Existenz eines vierten Weltteils. Doch dieser blieb unerreichbar, abgetrennt von einem riesigen Ozean, geheimnisvoll und mythisch. Bis zum Jahr 1507, als der deutsche Kartograph Martin Waldseemüller den vierten Kontinent erstmals in einer Karte einzeichnete. Er war den Berichten Amerigo Vespuccis gefolgt, der wenige Jahre zuvor die Ostküste Südamerikas erkundet hatte. Ihm zu Ehren hielt Waldseemüller den Namen "America" auf der Karte fest. Toby Lester schildert die Geschichte der Entstehung und Wiederentdeckung dieses einzigartigen Dokuments und erweckt dabei Stück für Stück das in ihm verborgene Weltwissen zum Leben.
Verfassungspatriotismus.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783518126127, Taschenbuch, 155
Seiten,
12,00
EUR
Dolf Sternberger und Jürgen Habermas entwickelten das Konzept des Verfassungspatriotismus als Antwort auf die Situation der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg: Als alle Formen des kulturell oder ethnisch motivierten Patriotismus diskreditiert waren, plädierten sie für die rationale Identifikation mit den universellen Werten und Prinzipien des Grundgesetzes. Ist diese Form des Patriotismus in der postnationalen Konstellation, in der Nationalstaaten durch Migration kulturell vielfältiger werden und in der politische Kompetenzen auf supranationale Staatenverbände wie die Europäische Union übergehen, in der Lage, Solidarität und kollektive Identifikation zu stiften? Dieser Frage geht Jan-Werner Müller in seiner ideengeschichtlichen Rekonstruktion nach.
Süddeutsche Zeitung
Die Figur des Dritten.
Ein kulturwissenschaftliches Paradigma

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783518295717, Broschiert, 328
Seiten,
13,00
EUR
Herausgegeben von Eva Eßlinger, Tobias Schlechtriemen, Doris Schweitzer, Alexander Zorn. Auf der Bühne der Epistemologie kommt es im 20. Jahrhundert zu einer signifikanten Umbesetzung. Ins Rampenlicht der Theoriebildung tritt eine Gestalt, die bis dahin weitgehend zu einer Existenz off stage verurteilt war: die Figur des Dritten. Seither tummelt sich eine Vielzahl von zuvor eher randständigen Akteuren in den kulturwissenschaftlichen Theorien: Boten, Cyborgs, Parasiten, Rivalen, Trickster. Prominent wird der/die/das Dritte jedoch nicht allein in solchen Verkörperungen, sondern auch als theoretische Figuration: Kategorien wie third space, Hybridität oder drittes Geschlecht deuten auf eine neuartige Sensibilität für die Problematik von Grenzziehung und Unterscheidung.
Homer & Langley.
Roman

Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2010,
ISBN
9783462042986, Gebunden, 224
Seiten,
18,95
EUR
Aus dem Amerikanischen von Gertraude Krueger. Homer, der Erzähler des Romans, ist blind und hochsensibel, Langley, der ältere der beiden, durch seine Erlebnisse in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs verrückt oder zum Genie geworden. Die beiden ziehen sich in ihr Elternhaus zurück. Dort versammeln sie Bücher, Musikinstrumente, Möbel, sogar ein Ford Model T, und horten in immer größeren Stapeln sämtliche täglich gekauften Zeitungen, die Langley für sein Großprojekt - die Herstellung einer ewig aktuellen Zeitung - benötigt. Während sich die beiden immer mehr abschotten, kommt das Jahrhundert zu ihnen ins Haus: Menschen aus allen Epochen, Prostituierte, Gangster, Jazzmusiker, Polizisten, Hippies; es gibt Liebesgeschichten, politische Kämpfe und technische Errungenschaften. Aber gibt es wirklich einen Fortschritt? Oder wiederholt sich alles nur in anderer Form?
Die Tageszeitung
Heute leider keine Kritiken!
Die Welt
Heute leider keine Kritiken!
Die Zeit
Ein französischer Roman.

Piper Verlag, München 2010,
ISBN
9783492054140, Gebunden, 320
Seiten,
19,95
EUR
Aus dem Französischen von Brigitte Große. Als Frederic Beigbeder vor etwa zwei Jahren auf offener Straße beim Koksen erwischt wurde, war das für die gesamte Pariser Kulturszene ein gefundenes Fressen. Für ihn selbst entwickelten sich die darauf folgenden 48 Stunden U-Haft zum Anlass, sein Leben einer Generalinspektion zu unterziehen. Beigbeder versucht, zunächst vergeblich, sich an seine Kindheit zu erinnern. Erst, als er auch die Geschichte seiner Großeltern und Eltern ausleuchtet, formieren sich in seinem Kopf allmählich wieder Bilder. Entstanden ist auf diese Weise ein Buch, das in seiner Beschreibung der Umbrüche und Entwicklungen der letzten 50 Jahre, der gesellschaftspolitischen Revolution, die unsere Generation definiert hat, weit über eine private Geschichte hinausreicht.
Das Nachleben der Bilder.
Kunstgeschichte und Phantomzeit nach Aby Warburg

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010,
ISBN
9783518585535, Gebunden, 646
Seiten,
44,90
EUR
Aus dem Französischen von Michael Bischoff. Wie kann man ein Bild verstehen? Indem man die Erinnerung und das Gedächtnis befragt, die in einem Bild am Werk sind, das "Nachleben", so die Antwort Georges Didi-Hubermans. Im Anschluss an diesen aus seiner Sicht zu Unrecht aufgegebenen Begriff Aby Warburgs nähert sich Didi-Huberman dem Phantomcharakter der Bilder, ihrer Fähigkeit zu spukhafter Wiederkehr. Aby Warburg hat das "Nachleben" der Bilder als erster zum zentralen Motiv seiner anthropologischen Erforschung der westlichen Kunst gemacht. In seiner meisterhaften Studie untersucht Didi-Huberman dieses Motiv im Hinblick auf seine Logik, seine Quellen und seine philosophischen Hintergrundannahmen. Indem er Warburg mit Jacob Burckhardt, Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud ins Gespräch bringt, wirft er einen faszinierenden Blick auf das paradoxe Leben der Bilder zwischen Zeitgebundenheit und Ewigkeit.
Anständig essen.
Ein Selbstversuch

Galiani Verlag Berlin, Berlin 2011,
ISBN
9783869710280, Gebunden, 335
Seiten,
19,95
EUR
Karen Duve gehörte nicht eben zur Gesundheitsfraktion. Bratwürstchen und Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen wie Schokolade und Curryketchup in 1-L-Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen, der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt - nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen Duve nach der "Grillhähnchenpfanne für 2,99" griff. Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben der "Grillhähnchenpfanne" vor ihrer Schockfrostung wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich vor der Tief kühltruhe schnell grundlegende Fragen: Darf man Tiere eigentlich essen? Und wenn Tiere nicht, warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche Empathie, und warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere Gewohnheiten zu ändern?
Die Kuh ist kein Klimakiller.
Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können

Metropolis Verlag, Marburg 2010,
ISBN
9783895188206, Kartoniert, 186
Seiten,
18,00
EUR
Vor zehn Jahren wurde der erste BSE-Fall in Deutschland öffentlich. Aus diesem Anlass widmet sich Anita Idel den Rindern. Die Kuh als Klimakiller: Diese griffige Alliteration gehört längst zum allgemeinen Klimawissen, vermutlich, weil es einleuchtend und lustig klingt, dass Kühe rülpsen und diese Rülpser das Klima gefährden. Denn dabei entweicht Methan, und das ist 25 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Rinder tragen also erheblich zur globalen Erderwärmung bei, so die Schlussfolgerung. Und so wird das Abgas aus der Kuh zum Argument zur Entlastung der persönlichen Klimabilanz: Wenn Kühe so gefährlich sind fürs Klima, kann ja jede und jeder ruhig weiter Autofahren! Aber das ist nur ein Halbwissen, das von den eigentlichen Problemverursachern ablenkt, erklärt die Berliner Tierärztin Anita Idel in ihrem Buch. Darin zeigt sie, dass nicht die Kuh das Weltklima gefährdet, sondern die industrialisierte Landwirtschaft.
Der energEthische Imperativ.
100% jetzt: Wie der vollständige Wechsel zu erneuerbaren Energien zu realisieren ist

Antje Kunstmann Verlag, München 2010,
ISBN
9783888976834, Gebunden, 270
Seiten,
19,90
EUR
Nie war eine Inventur der Energiedebatte nötiger als heute. Über wohlfeilen Sympathiebekundungen für erneuerbare Energien, über der Diskussion um "Jahr hundertprojekte" wie Desertec und "Brückentechnologien" droht das wahre Ziel aus den Augen zu geraten: 100% jetzt. Eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien ist möglich. Wer sie nicht unverzüglich in Angriff nimmt, handelt unverantwortlich und beschwört neue Krisen herauf. Beschleunigung ist daher das Kernthema von Her mann Scheers neuem Buch. Der streitbare Politiker und international renommierte Solarexperte leuchtet hinter den Scheinkonsens, der auch Teile der Umwelt bewegung erfasst hat. Er zeigt die wahren Konfliktlinien auf, nennt die Bremser und Blockierer beim Namen. Vor allem aber bietet Scheer eine realistische Bilanz der verschiedenen Konzepte nach ihren unterschiedlichen Wirkungen und Erfolgsaussichten.
Allmen und die Libellen.
Roman

Diogenes Verlag, Zürich 2010,
ISBN
9783257067774, Gebunden, 197
Seiten,
18,90
EUR
Allmen, eleganter Lebemann und Feingeist, ist über die Jahre finanziell in die Bredouille geraten. Fünf zauberhafte Jugendstil-Schalen bringen ihn und sein Faktotum Carlos auf eine Geschäftsidee: eine Firma für die Wiederbeschaffung von schönen Dingen. Die Geburt eines ungewöhnlichen Ermittlerduos und der Start einer neuen Krimiserie.
Deutschlandfunk
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Deutschlandfunk Kultur
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