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Bücherschau des Tages vom 02.05.2011


Anarchisches Spiel


Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz und Zeit. Täglich ab 14 Uhr.
02.05.2011. In der SZ feiert der Kunsthistoriker Horst Bredekamp das Buch "Der Ursprung der Schönheit" des Evolutionsbiologen Josef H. Reichholf als großes Werk - über Freiheit und Gerechtigkeit. Die FAZ empfiehlt noch einmal nachdrücklich Jan Karskis "Bericht an die Welt" sowie Thomas Webers Studie "Hitlers erster Krieg".

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Das Schweigen des Jan Karski.
Roman
Cover: Das Schweigen des Jan KarskiRowohlt Verlag, Reinbek 2011, ISBN 9783498030070, Gebunden, 188 Seiten, 18,95 EUR

Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. Jan Karski, Kurier des polnischen Widerstands, sollte der Welt berichten, was er über die Judenvernichtung wusste. Doch niemand mochte seine Botschaft hören. Der Mann, der "den Holocaust stoppen wollte", versank nach dem Krieg lange in Schweigen. Yannick Haenel gibt Karski nun eine fiktive, eigene, berührende Stimme. Zweimal wurde Jan Karski ins Warschauer Ghetto eingeschleust, denn er sollte als Kurier des polnischen Widerstands der Welt von dem Mord an den Juden berichten. Mit diesem Auftrag reiste er nach England und Amerika,traf sogar Präsident Roosevelt. Die polnische Exilregierung forderte von den Alliierten zu handeln. Doch warum haben sie es nicht getan? Diese Frage quält Jan Karski sein Leben lang, und die Antworten, die er findet, lassen ihn nach dem Krieg in Schweigen versinken. In seinem ungewöhnlich konstruierten und in Frankreich heftig umstrittenen Roman mischt der Autor Erinnerung, Geschichte und Fiktion. Nach der Beschreibung von Karskis Auftritt in dem Film "Shoah" von Claude Lanzmann versetzt sich Haenel in Ichform in Karski und gibt in einem inneren Monolog den Alliierten eine Mitschuld an der Ermordung der Juden.

Mein Bericht an die Welt.
Geschichte eines Staates im Untergrund
Cover: Mein Bericht an die WeltAntje Kunstmann Verlag, München 2011, ISBN 9783888977053, Gebunden, 620 Seiten, 28,00 EUR

Aus dem englischen Originaltext und der französischen Neuausgabe von 2010 übersetzt von Franka Reinhart und Ursel Schäfer. Herausgegeben von Celine Gervais-Francelle. Dass Jan Karski, eine der zentralen Figuren des polnischen Widerstands, die Alliierten schon 1942/43 mit der Realität des Holocaust konfrontierte, hat ihm in Israel einen Platz unter den "Gerechten" eingetragen. Sein Lebensbericht "Story of a Secret State", 1944 unmittelbar unter dem Eindruck der Ereignisse geschrieben, wurde in den USA zu einem Sensationserfolg. Danach schienen Autor und Buch verschollen, bis Claude Lanzmann den herausragenden Zeitzeugen für seinen Film "Shoah" interviewte. Heute wird Jan Karski neu entdeckt, und erstmals liegen seine außergewöhnlichen Memoiren auf Deutsch vor ein Dokument allerersten Ranges, Zeitgeschichte, die sich wie ein Kriminalroman liest. Als Hitler Polen überfällt, flieht der junge Offizier mit der zerschlagenen Armee gen Osten und läuft den Sowjets in die Arme, die ihn an die Deutschen ausliefern. Damit beginnt die abenteuerliche Odyssee Karskis durch ein Europa in Krieg und Aufruhr. In tollkühner Flucht schlägt er sich zur polnischen Untergrundbewegung durch, wird rasch mit wichtigen Missionen betraut. Jüdische Partisanen schleusen ihn heimlich ins Warschauer Ghetto und ein Konzentrationslager, wo er Augenzeuge der Judenvernichtung wird. Karski gerät in die Fänge der Gestapo, wird gefoltert, flieht erneut. Seine wichtigste Mission als Kurier für den Widerstand führt ihn schließlich 1942 quer durch Nazi-Deutschland nach England und Amerika, um Anthony Eden und Roosevelt persönlich Bericht zu erstatten.

Der Elefantenfuß.
Roman
Cover: Der ElefantenfußLimbus Verlag, Innsbruck 2011, ISBN 9783902534439, Gebunden, 187 Seiten, 19,80 EUR

Juni 2011, die Geisterstadt Pripjat in der Ukraine. 1986 ist hier ein Reaktor explodiert und hat über 4000 Quadratkilometer in ein totes Gebiet verwandelt. Es gibt verseuchten Wald, verstrahlte Gebäude. Und einige Menschen. Phillipe und Soraya suchen Gott, Henry sucht wilde Tiere, Oleg, Gennadi und Artjom sind nur zum Vergnügen hier, Alexander und Igor haben nichts mehr zu verlieren. Ihre Wege kreuzen sich und jedes Leben nimmt plötzlich einen ganz anderen Verlauf. Keiner geht aus der Zone, wie er gekommen ist.

Knastmauke.
Das Schicksal von politischen Häftlingen der DDR nach der deutschen Wiedervereinigung
Cover: KnastmaukePsychosozial Verlag, Gießen 2011, ISBN 9783837920949, Gebunden, 472 Seiten, 32,90 EUR

Was ist aus den etwa 200.000 politischen Gefangenen der DDR geworden? Sibylle Plogstedt hat 25 von ihnen aufgesucht und festgestellt, dass die Helden und Heldinnen von einst heute in Armut leben. In der DDR haben sie Berufsverbot, Haft und psychische Folter in Kauf genommen. Gegenwärtig muss fast die Hälfte von ihnen mit weniger als 1.000 Euro im Monat auskommen, Frauen sogar mit noch weniger. Etwa 13 Prozent der politischen Häftlinge beziehen Hartz IV. Obendrein sind sie belastet durch psychische Traumata bis hin zu Suizidversuchen.

Hitlers erster Krieg.
Der Gefreite Hitler im Weltkrieg - Mythos und Wahrheit
Cover: Hitlers erster KriegPropyläen Verlag, Berlin 2011, ISBN 9783549074053, Gebunden, 586 Seiten, 24,99 EUR

Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. So unterschiedlich Hitlers Biografen sein Leben deuten in einem sind sich alle einig: Die Fronterlebnisse im Ersten Weltkrieg waren entscheidend für seinen späteren Aufstieg. Hitler selbst hatte sich zum tapferen Frontsoldaten stilisiert, dessen Freiwilligen-Regiment, eine verschworene Kampfgemeinschaft, den Keim der späteren NS-Bewegung bildete. Diese Darstellung wurde von der NS-Propaganda verbreitet und von späteren Biografen (u.a. Fest und Kershaw) weitgehend übernommen. In seinem Buch zerstört der Historiker Thomas Weber diesen Mythos. Anhand nie ausgewerteter Akten des sogenannten List-Regiments, in dem Hitler diente, zeichnet Weber ein ganz anderes Bild: Hitler war keineswegs der mutige Soldat an vorderster Front, sondern als Meldegänger meist weit hinter den Frontlinien tätig. Das Regiment war keine homogene Einheit, sondern bestand aus Rekruten unterschiedlichster Anschauungen. Kaum einer trat nach dem Krieg der NSDAP bei, viele standen dem späteren NS-Regime kritisch gegenüber. Doch die Nationalsozialisten unterdrückten alle Berichte, die ihrem Propagandabild widersprachen. Regimentskameraden, die sich kritisch über Hitler äußerten, landeten in Gestapohaft. Nicht zuletzt kann Weber zeigen, dass Hitler ebenso orientierungslos aus dem Krieg herauskam, wie er hineingegangen war. Erst infolge der revolutionären Unruhen 1918/19 haben sich seine späteren politischen Ansichten geschärft.

Frankfurter Rundschau

Heute leider keine Kritiken!

Neue Zürcher Zeitung

Heute leider keine Kritiken!

Süddeutsche Zeitung

Rechtsextremismus in Ostdeutschland.
Demokratie und Rechtsextremismus im ländlichen Raum
Cover: Rechtsextremismus in OstdeutschlandWochenschau Verlag, Schwalbach 2010, ISBN 9783899745788, Gebunden, 480 Seiten, 26,80 EUR

Wie können demokratische Kräfte mit dem Phänomen des Rechtsextremismus angemessen umgehen? Diese Frage stellen sich die Herausgeber und Autoren dieses neuen Bandes und zwar in Bezug auf den Ort, an dem die konkrete Auseinandersetzung von Demokraten mit Rechtsextremen stattfindet. In drei exemplarischen Regionalstudien aus Mecklenburg-Vorpommern zeigen die Autoren, dass sich die untersuchten Orte zunächst durchgehend gegen die weitere Ausbreitung rechtsextremer Bestrebungen engagieren. Dabei fällt auf, dass es vielfach am praktischen Umgang mit radikalen und extremistischen Kräften fehlt und gerade im ländlichen Raum viele Unsicherheiten bestehen.

Heile Welten.
Rechter Alltag in Deutschland
Cover: Heile WeltenCarl Hanser Verlag, München 2011, ISBN 9783446235786, Kartoniert, 223 Seiten, 15,90 EUR

Rechtsradikale erkennt man längst nicht mehr nur an Springerstiefeln und kahlrasierten Schädeln. Die Rechte hat ein neues Gesicht: Sie sitzen im Elternbeirat, kaufen Gemüse aus der Region und nennen ihren Sohn Siegfried. Astrid Geisler und Christoph Schultheis haben in einer Subkultur in Deutschlands Gesellschaft recherchiert, die sich nach außen bürgerlich gibt, aber im Innern für Nationalismus und Antisemitismus kämpft. Sie gewinnt Anhänger, die sich von der Politik im Stich gelassen fühlen: in der Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut, in ihren Ressentiments, die sie gegen Ausländer hegen. Hier lauert eine versteckte Gefahr.

Der Ursprung der Schönheit.
Darwins größtes Dilemma
Cover: Der Ursprung der SchönheitC.H. Beck Verlag, München 2011, ISBN 9783406587139, Gebunden, 304 Seiten, 19,95 EUR

Schönheit, so meinte man lange zu wissen, habe in der Evolution nichts zu suchen, sei bestenfalls schmückende Zutat oder Handicap beim Kampf ums Überleben. Heute wissen wir: Schönheit ist nicht nur "Äußerlichkeit", sondern verweist auf ein inneres Potential. Weit davon entfernt, lediglich Anpassung zu sein, ist sie ein echter Ausdruck von Individualität. In seinem neuen Buch zeigt der Evolutionsbiologe Josef H. Reichholf, wie eng die natürliche mit der sexuellen Auslese zusammenhängt, bei der Attraktivität die entscheidende Rolle spielt. Seine Schlussfolgerung: Schönheit und Schönheitsempfinden haben klare biologische Funktionen. Schon Tieren müssen wir Ästhetik zubilligen. Und auch die Rolle, die sie in der Evolution des Menschen spielt, bedarf einer radikalen Neubewertung. Die Kunst, so hat der französische Filmemacher François Truffaut einmal gesagt, bestehe darin, mit schönen Frauen schöne Dinge zu tun. Sollte er damit auch die Grundlagen des Ästhetischen beim Menschen beschrieben haben?

Die Tageszeitung

Heute leider keine Kritiken!

Die Welt

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Die Zeit

Heute leider keine Kritiken!

Deutschlandfunk

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Deutschlandfunk Kultur

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