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Bücherschau des Tages vom 07.10.2016


Das Lächeln eines fröhlichen Leichnams


Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz, Zeit und Welt. Täglich ab 14 Uhr.
07.10.2016. Eine Karriere im Spannungsfeld zwischen Kunst, Idelogie und Rassenverfolgung macht Eva Riegler in ihrer Biografie über die Sopranistin Frida Leider sichtbar, staunt die NZZ. Mit Vergnügen liest sie außerdem den Gedichtband "Helios Transport" von Klaus Merz. Alex Ginos Jugendbuch "George" über einen Zehnjährigen, der sich als Mädchen fühlt, öffnet Augen und Herzen, versichert die SZ. Und die FAZ arbeitet mit Büchern von Jens Westemeier und Ottmar Ette den Fall Hans Robert Jauß auf.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Hoch hinaus!.
Wege und Hütten in den Alpen
Cover: Hoch hinaus!Böhlau Verlag, Wien 2016, ISBN 9783412502034, Gebunden, 674 Seiten, 49,99 EUR

Das Hütten- und Wegenetz in den Alpen entstand innerhalb weniger Jahrzehnte. Es war Voraussetzung und Anreiz zugleich für die starke Zunahme des Bergtourismus, der sich mit der Gründung der alpinen Vereine eine organisatorische Basis schuf. In den Ostalpen trugen der Deutsche und Österreichische Alpenverein den Hauptanteil dieser Entwicklung. Das Buch nimmt die Wege und Hütten als Zeugnisse der Natur- und Alpenbegeisterung in den Blick. Sie geben Auskunft darüber, welche Ziele die Mitglieder mit dem Besuch der Alpen verbanden, wie sie sich in den Bergen bewegten und welchen Grundhaltungen sie sich verpflichtet fühlten. Gleichzeitig erzählen sie davon, wie die Vereine sich mit der einheimischen Bevölkerung, den rasant steigenden Gästezahlen und dem wirtschaftlichen Druck auseinandersetzen mussten. Heute stehen Anforderungen von Umwelt- und Denkmalschutz sowie Auseinandersetzungen um eine zeitgemäße Architektursprache im Fokus.

Der Fall Jauss.
Wege des verstehens in eine Zukunft der Philologie
Cover: Der Fall JaussKadmos Kulturverlag, Berlin 2016, ISBN 9783865993274, Gebunden, 160 Seiten, 19,90 EUR

Hans Robert Jauss (1921-1997), seit 1966 Professor der Universität Konstanz, gilt als einer der bedeutendsten Literaturwissenschaftler Deutschlands der Nachkriegszeit. Er begründete die Rezeptionsästhetik, die später als "Konstanzer Schule" bezeichnet wurde. Seit der Literaturwissenschaftler Earl Jeffrey Richards 1995 zum ersten Mal auf die SS-Mitgliedschaft von Hans Robert Jauss hinwies, entbrannte eine Debatte, die nicht abebben sollte. Der französische Philologe Maurice Olender machte in Jauss' Äußerung ein signifikantes "Schweigen einer Generation" aus. Vor diesem Hintergrund dient die Publikation von Ottmar Ette der Diskussion von Fragen wie: Wie ist Jauss' Verhalten zu verstehen? Sind Leben und Werk getrennt zu betrachten? Oder gibt es doch einen Zusammenhang zwischen Jauss' Leben und seiner Rezeptionstheorie? Warum wird das Leben von Hans Robert Jauss in Deutschland erst so spät zum Thema, während es in Frankreich und den USA längst diskutiert worden war?

Hans Robert Jauß.
Jugend, Krieg und Internierung
Cover: Hans Robert JaußKonstanz University Press, Konstanz 2016, ISBN 9783862530823, Gebunden, 367 Seiten, 29,90 EUR

Er war Literaturwissenschaftler, Romanist, Mitbegründer der Forschungsgruppe "Poetik und Hermeneutik" - und hochdekoriertes Mitglied der Waffen-SS: Hans Robert Jauß. Jens Westemeier arbeitet die Vergangenheit dieses ebenso prominenten wie ambivalenten deutschen Wissenschaftlers auf, der sein Fach im 20. Jahrhundert geprägt hat wie kein zweiter.

Frankfurter Rundschau

George.
(ab 12 Jahre)
Cover: GeorgeFischer KJB, Frankfurt am Main 2016, ISBN 9783737340328, Gebunden, 208 Seiten, 14,99 EUR

Aus dem Englischen von Alexandra Ernst. George ist zehn Jahre alt, geht in die vierte Klasse, liebt die Farbe Rosa und liest heimlich Mädchenzeitschriften, die sie vor ihrer Mutter und ihrem großen Bruder versteckt. Jeder denkt, dass George ein Junge ist. Fast verzweifelt sie daran. Denn sie ist ein Mädchen! Bisher hat sie sich noch nicht getraut, mit jemandem darüber zu sprechen. Noch nicht einmal ihre beste Freundin Kelly weiß davon. Aber dann wird in der Schule ein Theaterstück aufgeführt. Und George will die weibliche Hauptrolle spielen, um allen zu zeigen, wer sie ist. Als George und Kelly zusammen für die Aufführung proben, erzählt George Kelly ihr größtes Geheimnis. Kelly macht George Mut, zu sich selbst zu stehen.

Neue Zürcher Zeitung

Helios Transport.
Gedichte
Cover: Helios TransportHaymon Verlag, Innsbruck 2016, ISBN 9783709972724, Gebunden, 80 Seiten, 16,90 EUR

"Gedichte sind Denk-/fortsätze. Über das/Bedachte hinaus" Klaus Merz ist ein Verdichter der Sprache und des Lebens. Häufig kreisen seine Texte um unscheinbare Bilder und Szenen, beiläufige Beobachtungen und Erinnerungsfetzen. Doch jedem dieser Momente gewinnt Klaus Merz neue Facetten ab, in jedem seiner Gedichte verwandelt sich die Welt um ein kleines Stück. Vorsorge Zum Alterskapital unserer Liebe, Liebste zählt auch: Dass wir einander manches nicht ersparen.

Frida Leider .
Sängerin im Zwiespalt ihrer Zeit
Cover: Frida Leider Georg Olms Verlag, Hildesheim 2016, ISBN 9783487085791, Gebunden, 269 Seiten, 22,00 EUR

Die hochdramatische Sopranistin Frida Leider (1888-1975) wurde neben ihren Triumphen mit Verdi- und Mozartrollen als "die" Brünnhilde, "die" Isolde ihrer Zeit gefeiert, ob in Berlin, London, Chicago, New York, Mailand, Paris oder Bayreuth. Die erste Biografie über die Sängerin stützt sich auf umfangreiche Archivrecherchen und geht auf Frida Leiders herausragende gesangliche Fähigkeiten ebenso ein wie auf die Problematik der Kunstausübung im totalitären NS-Regime. Frida Leider sang mit internationalem Erfolg unter Dirigenten wie Wilhelm Furtwängler, Erich Kleiber, Bruno Walter und Sir Thomas Beecham. In Bayreuth, dem kulturellen Aushängeschild der Nationalsozialisten, saßen Hitler, Goebbels und Göring im Festspielhaus. Während die Sängerin ihr Publikum durch ihre vertiefte Darstellung der Wagnerschen Rollen erschütterte und das Werk künstlerisch-geistig ausdeutete, instrumentalisierte der "Führer", der sich mit Wagners Werk, Leben und Denken identifizierte, lediglich das "heldenhafte Volkstum" des Komponisten, das in sein Weltbild passte. Als "jüdisch Versippte" ließ Bayreuth Leider schließlich fallen, ihre Karriere zerbrach.

Süddeutsche Zeitung

Eine Naturgeschichte der menschlichen Moral.
Cover: Eine Naturgeschichte der menschlichen MoralSuhrkamp Verlag, Berlin 2016, ISBN 9783518586952, Gebunden, 282 Seiten, 32,00 EUR

Aus dem Englischen von Jürgen Schröder. Die Evolution des menschlichen Moralbewusstseins gehört zu den großen Rätseln der Wissenschaft. Es hat die Phantasie von Generationen von Forschern beflügelt, zahlreiche Theorien liegen auf dem Tisch, aber die Frage "Woher kommt die Moral?" ist nach wie vor offen. Gestützt auf jahrzehntelange empirische Forschungen, rekonstruiert Michael Tomasello die Entstehung des einzigartigen menschlichen Sinns für Werte und Normen als einen zweistufigen Prozess. Dieser beginnt vor einigen hunderttausend Jahren, als die frühen Menschen gemeinsame Sache machen mussten, um zu überleben; und er endet beim modernen, ultrakooperativen homo sapiens sapiens, der beides besitzt: eine Moralität der zweiten Person, die unseren Umgang mit dem je einzelnen Gegenüber prägt, und eine gruppenbezogene "objektive" Moral, die sagt, was hier bei "uns" als gut oder gerecht gilt. In der Tradition von Mead, Kohlberg und Piaget zeigt Tomasello außerdem, wie sich die individuelle Moralentwicklung in einer bereits normengesättigten Welt vollzieht.

Die Tageszeitung

Heute leider keine Kritiken!

Die Welt

Der Unfall in der Rue Bisson.
Kriminalroman
Cover: Der Unfall in der Rue BissonEdition Nautilus, Hamburg 2016, ISBN 9783960540182, Taschenbuch, 224 Seiten, 16,00 EUR

Ein betrunkener Fahrer, Regen, eine alte Straße mit wassergefüllten Spurrillen. In der Rue Bisson hat es einen tödlichen Autounfall gegeben. Doch war es wirklich ein Unfall? Warum ist Michel Descombes so schnell gefahren, als sei er auf der Flucht? Lieutenant Ohayon beginnt, im Freundeskreis des Fahrers zu ermitteln. Diese Leute gehören zu den Gewinnern im aufstrebenden Fleurville: Sie treffen sich regelmäßig zu Sport und Drinks im Lacombe, dem exklusivsten Club der Stadt. Sie arbeiten als Makler, Versicherer, Psychiater, eine hat ein Tonstudio. Ganz offenbar die typische aufstrebende Schickeria, aber was wissen sie selbst über sich, über einander, und was davon geben sie preis? Und was bereitet Alain Chartier, dem besten Freund des Toten, solche Sorgen, dass sein Leben aus der Spur zu geraten scheint wie Michels Auto? Einige Leute aus dem Kreis scheinen sofort verdächtig, aber schon bald ist nichts mehr so, wie es zuerst schien in diesem Gespinst aus Spekulationen, aus Freundschaftsdiensten und Angst vor Gesichtsverlust, in dem sich selbst Ohayons Intuition zu verheddern droht. Und der allwissende Erzähler ist zwar kommentierfreudig, aber eher unzuverlässig.

Die Zeit

Heute leider keine Kritiken!

Deutschlandfunk

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Deutschlandfunk Kultur

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