
Bücherschau des Tages vom 05.01.2017
Bildschriften auf der Höhlenwand der Nacht
Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz, Zeit und Welt. Täglich ab 14 Uhr.05.01.2017. FAZ und SZ nähern sich dem neuen Walser: Die FAZ bleibt kühl, die SZ muss lachen. Die Welt begutachtet mit Kommissar Kluftinger drei Leichen auf dem Himmelhorn. Die Zeit stellt sich mit Klaus von Stosch der "Herausforderung Islam" und feiert die Prosaminiaturen von Botho Strauss.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Das Menschengeschlecht.

Diaphanes Verlag, Zürich 2016,
ISBN
9783037346327, Kartoniert, 476
Seiten,
14,95
EUR
Aus dem Französischen von Eugen Helmlé. Als Mitglied einer Widerstandsgruppe von der Gestapo im Juni 1944 in Paris gefangen genommen, wurde Robert Antelme nach Fresnes, in das Arbeitslager Gandersheim und schließlich in einem jener Güterzüge, in denen die Gefangenen kurz vor Kriegsende wochenlang und unter schrecklichen Qualen durch Deutschland transportiert wurden, in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Nach der Befreiung durch die Mithilfe François Mitterrands - Mitglied der gleichen Widerstandszelle wie Antelme und mittlerweile zuständig für Kriegsgefangene im Kabinett de Gaulles - nach Paris gebracht, überlebte er nach einem viele Monate dauernden, leidvollen Prozess körperlicher Rekonvaleszenz.
Sein Bericht "Das Menschengeschlecht" gehört zu den bedeutendsten, unmittelbar nach dem Krieg verfassten Zeugnissen. Antelme beschreibt darin die von den Nationalsozialisten systematisch herbeigeführte Vernichtung durch Zwangsarbeit und Aushungern, die auf eine vollständige Entmenschlichung zielende Lagerordnung, die geschürte gegenseitige Erniedrigung der Gefangenen, aber auch deren Solidarität. Antelmes Buch genießt nicht zuletzt wegen seiner außergewöhnlichen literarischen Qualität eine ähnliche Popularität wie die Bücher Primo Levis.
Der König von Europa.
Roman

Septime Verlag, Wien 2016,
ISBN
9783902711496, Gebunden, 670
Seiten,
26,00
EUR
Aus dem Norwegischen von Alexander Riha. Alf I. Veber entschließt sich, das neue Jahrtausend abgeschieden in den Bergen zu begrüßen. Ein Nullpunkt, und ein Höhepunkt: Als er nur knapp einen Schneesturm überlebt, will er sein Leben neu ausrichten. Er reist nach London, um seine große Liebe wiederzufinden, muss aber erkennen, dass seine Hoffnungen falsch waren. Er kehrt der Zivilisation den Rücken und taucht in den urbanen Dschungel ein, getrieben vom Wunsch, das große Muster im Chaos aufzudecken, er beginnt durch die Abenteuer seiner Vergangenheit zu verstehen, warum er an diesem Ort und zu dieser Zeit angekommen ist. Hier in Europa: einem kulturellen Schmelztiegel. Auf Europa: einem von vielen Jupitermonden. Im Untergrund findet er eine neue Liebe - doch um die Queen of Jupiter zu erobern, muss er selbst ein König ohne Land werden.
"Der König von Europa" ist ein Kompendium der postmodernen Zeit, ein Roman über verbrannte Brücken und neue Möglichkeiten. Über die entscheidenden Begegnungen, die einen immer weiterführen - die fesselnde Geschichte, der andere Mensch oder die unvergessliche Reise. Jan Kjærstad beschreibt eine Hauptfigur, die verzweifelt versucht, die Prozesse zu beeinflussen.
Statt etwas oder Der letzte Rank.
Roman

Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2017,
ISBN
9783498073923, Gebunden, 176
Seiten,
16,95
EUR
"Mit der Unwahrheit ein Glückskunstwerk zu schaffen, das ist die menschliche Fähigkeit überhaupt." Wer sagt das? Seine Frau nennt ihn mal Memle, mal Otto, mal Bert, er versucht zu erkennen, wie aus Erfahrungen Gedanken werden. Den Widerstreit von Interessen hat er hinter sich gelassen, Gegner und Feinde auch, sein Wesenswunsch ist, sich herauszuhalten, zu schweigen, zu verstummen. Am liebsten starrt er auf eine leere, musterlose Wand, sie bringt die Unruhe in seinem Kopf zur Ruhe. "Mir geht es ein bisschen zu gut", sagt er sich dann, "zu träumen genügt".
"Statt etwas oder Der letzte Rank" ist ein Roman, in dem es in jedem Satz ums Ganze geht - von größter Intensität und Kraft der Empfindung, unvorhersehbar und schön. Ein verwobenes Gebilde, auch wenn es seine Verwobenheit nicht zeigen will oder sogar versteckt.
Frankfurter Rundschau
Heute leider keine Kritiken!
Neue Zürcher Zeitung
Heute leider keine Kritiken!
Süddeutsche Zeitung
1933 war ein schlimmes Jahr.
Roman

Blumenbar Verlag, Berlin 2016,
ISBN
9783351050313, Gebunden, 144
Seiten,
16,00
EUR
Aus dem Amerikanischen von Alex Capus. "Fante war mein Gott." Charles Bukowski. "1933 war ein schlimmes Jahr" ist die Geschichte eines persönlichen und eines Klassenkampfes in der Zeit der großen Wirtschaftskrise: Ein Roman über die Jugend und ihre Auflösung im Erwachsenenleben.
Gefangen in einer Kleinstadt am Fuß der Rocky Mountains in den dreißiger Jahren, wünscht sich der 17-jährige Dominic Molise nichts mehr, als ein Baseball-Star zu werden. Die großen Siege, die große Anerkennung, die große Liebe. Aber er kämpft stattdessen mit der italienischen Herkunft seiner Eltern und dem Druck, im Familienbetrieb mitzuarbeiten. Ziegelsteine zu stapeln ist nichts für ihn. Sein Vater hingegen versucht ihn vor dem unausweichlichen Scheitern zu bewahren und zu überzeugen, statt des Baseballschlägers doch lieber eine Maurerkelle in die Hand zu nehmen. Seine Mutter weiß sich nicht besser zu helfen, als zu beten. Aber Dominic hört nicht auf zu träumen.
George.
(ab 12 Jahre)

Fischer KJB, Frankfurt am Main 2016,
ISBN
9783737340328, Gebunden, 208
Seiten,
14,99
EUR
Aus dem Englischen von Alexandra Ernst. George ist zehn Jahre alt, geht in die vierte Klasse, liebt die Farbe Rosa und liest heimlich Mädchenzeitschriften, die sie vor ihrer Mutter und ihrem großen Bruder versteckt. Jeder denkt, dass George ein Junge ist. Fast verzweifelt sie daran. Denn sie ist ein Mädchen! Bisher hat sie sich noch nicht getraut, mit jemandem darüber zu sprechen. Noch nicht einmal ihre beste Freundin Kelly weiß davon. Aber dann wird in der Schule ein Theaterstück aufgeführt. Und George will die weibliche Hauptrolle spielen, um allen zu zeigen, wer sie ist. Als George und Kelly zusammen für die Aufführung proben, erzählt George Kelly ihr größtes Geheimnis. Kelly macht George Mut, zu sich selbst zu stehen.
Merjem.
(Ab 10 Jahre)

Jacoby und Stuart Verlag, Berlin 2016,
ISBN
9783946593058, Gebunden, 208
Seiten,
14,95
EUR
Legal - Illegal
Merjem erzählt von Abschiebung und Asyl in Form einer Krimi- und Freundschaftsgeschichte. Als der 12-jährige Linus vom Hausmeister seiner Schule dazu verdonnert wird, ein Graffiti zu übermalen, stößt er in der winterkalten Umkleide des Tennisplatzes auf Merjem, ein Mädchen aus seiner Klasse, das sich dort versteckt hat und sehr verschreckt wirkt. Gemeinsam mit seiner Klassenkameradin Dana findet er heraus, dass Merjems Eltern nach Albanien abgeschoben worden sind. Merjem selbst konnte sich der Abschiebung jedoch entziehen und wird nun von der Polizei gesucht. Linus und Dana beschließen, Merjem zu helfen und geraten dabei in gefährliche
Situationen, vor allem, als sie den kriminellen Machenschaften des fiesen Hausmeisters auf die Spur kommen …
Statt etwas oder Der letzte Rank.
Roman

Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2017,
ISBN
9783498073923, Gebunden, 176
Seiten,
16,95
EUR
"Mit der Unwahrheit ein Glückskunstwerk zu schaffen, das ist die menschliche Fähigkeit überhaupt." Wer sagt das? Seine Frau nennt ihn mal Memle, mal Otto, mal Bert, er versucht zu erkennen, wie aus Erfahrungen Gedanken werden. Den Widerstreit von Interessen hat er hinter sich gelassen, Gegner und Feinde auch, sein Wesenswunsch ist, sich herauszuhalten, zu schweigen, zu verstummen. Am liebsten starrt er auf eine leere, musterlose Wand, sie bringt die Unruhe in seinem Kopf zur Ruhe. "Mir geht es ein bisschen zu gut", sagt er sich dann, "zu träumen genügt".
"Statt etwas oder Der letzte Rank" ist ein Roman, in dem es in jedem Satz ums Ganze geht - von größter Intensität und Kraft der Empfindung, unvorhersehbar und schön. Ein verwobenes Gebilde, auch wenn es seine Verwobenheit nicht zeigen will oder sogar versteckt.
Die Tageszeitung
Heute leider keine Kritiken!
Die Welt
Himmelhorn.
Kluftingers neuer Fall

Droemer Knaur Verlag, München 2016,
ISBN
9783426199398, Gebunden, 496
Seiten,
19,99
EUR
Sein neunter Fall führt den Kult-Kommissar Kluftinger in die Allgäuer Alpen, genauer gesagt auf das Himmelhorn, einen der gefährlichsten Berge des Allgäus. Natürlich liebt Klufti die Berge - wenn sie kässpatzenförmig auf seinem Teller aufragen. Doch der neueste Streich von Gesundheitsfetischist Langhammer befördert den Kommissar samt E-Bike tief in die Allgäuer Alpen, wo die beiden prompt auf drei Leichen stoßen: ein bekannter Dokumentarfilmer und zwei einheimische Bergführer, die einen Film über die Erstbesteigung des Himmelhorns drehen wollten. Wie es scheint, waren sie dem als äußerst gefährlich geltenden Gipfel nicht gewachsen. Die Ermittlungen im Umfeld der Toten führt Klufti in sehr abgelegene Alpentäler und zu deren starrköpfigen Bewohnern, die noch wortkarger sind als er.
Die Zeit
Hier bin ich.
Roman

Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2016,
ISBN
9783462048773, Gebunden, 688
Seiten,
26,00
EUR
Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Julia und Jacob Bloch, die mit ihren drei heranwachsenden Söhnen in Washington, D.C. wohnen, haben ein Problem. Genauer gesagt, sie haben viele Probleme: Jacobs hochbetagter Großvater soll ins Altersheim, will aber nicht, ihr ältester Sohn droht von der Schule zu fliegen, dabei wollen sie in ein paar Wochen seine Bar Mizwa feiern.
Geplant ist ein großes Familienfest, zu dem auch die Verwandtschaft aus Israel anreist, was die angespannte Stimmung im Hause Bloch weiter anheizt. Und dann macht Julia eine Entdeckung, die alles infrage stellt, ihre Ehe, ihre gemeinsamen Werte, die Zukunft der Familie … Während sich die häusliche Krise zuspitzt, dräut am Horizont ein globales Desaster: Ein katastrophales Erdbeben im Nahen Osten führt zu einem gewaltigen internationalen politischen Konflikt, der auch die Familie Bloch im Kern trifft.
Für immer.
Peter Kurzeck erzählt sein Schreiben. 1 CD

Suppose Verlag, Berlin 2016,
ISBN
9783863850142, CD, 18,00
EUR
1 CD, 71 Minuten. Mitarbeit und Regie: Klaus Sander. Gesprochen von Peter Kurzeck. Klaus Sander zur CD: "Die vorliegenden Aufnahmen entstanden im April 2007 in der Küche einer leerstehenden Altbauwohnung in Köln. Sie stammen aus dem gleichen Interview, sind Teil des Materials, aus dem auch 'Ein Sommer, der bleibt' montiert wurde. Bevor Peter Kurzeck mir 'das Dorf seiner Kindheit' erzählte, fragte ich ihn nach seinem gegenwärtigen Schreiballtag in seiner Wahlheimat Uzès, der kleinen Stadt im Süden Frankreichs, in der er seit vielen Jahren lebte, ohne wirklich Französisch zu sprechen; nach den Anfängen seines Schreibens, dem Schreiben unter Alkoholeinfluss, der Motivation zu schreiben und immer weiter zu schreiben, seinem Schreibdrang und Schreibzwang, nach Erinnern und Vergänglichkeit. Solange man erzählt, stirbt man nicht."
Herausforderung Islam.
Christliche Annäherungen

Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2016,
ISBN
9783506784940, Kartoniert, 208
Seiten,
24,90
EUR
Gehört der Islam zu Europa? Wie soll sich der Westen zum Islam verhalten? Nicht nur der Westen, auch die christliche Theologie tut sich schwer mit dem Islam. Sie schwankt zwischen einem rein religionskundlichen Blick von außen und einer sich rechtfertigenden Abwehrhaltung, die im Grunde nur die Überlegenheit des eigenen Glaubens beweisen will.Beide Alternativen sind verfehlt. Christliche Theologie ist vielmehr aufgerufen, ehrlich herauszufinden, ob und unter welchen Bedingungen sie den muslimischen Glauben würdigen kann, ohne ihre eigenen Wahrheiten zu verraten. Wie und unter welchen Umständen kann beispielsweise die Rezitation des Korans auch aus christlicher Sicht als Wort Gottes verstanden werden, und können auch Christen in Muhammed einen Menschen sehen, der in den Spuren der Propheten wandelt? Das vorliegende Buch will genau das leisten: Eine christliche Würdigung des Islams, die gerade die Verschiedenheit beider Religionen als Wert zu entdecken vermag. Es möchte so zu einer Begegnung mit dem Islam einladen, die nicht nur Verstehen, sondern Liebe will - einer Begegnung, die uns hilft, uns selbst im Anderen neu zu entdecken und tiefer zu verstehen.
Oniritti - Höhlenbilder.

Carl Hanser Verlag, München 2016,
ISBN
9783446254022, Gebunden, 288
Seiten,
22,00
EUR
Oben die helle Welt, unten das Dunkel: Schon auf dem Weg durch die Stadt gibt es überall Höhleneingänge, auf dem Weg der Liebe, auf dem Weg der Gerechtigkeit, auf dem Weg des Spiels. Wer lebt, der lebt mit Bildern, mit Geschichten, die sich wieder aus Bildern zusammensetzen. Mann und Frau ein Leben lang auf der Suche nach sich selbst. Die Bilder, die Botho Strauß entwirft, die Szenen die er erzählt, sind Graffiti aus der Tiefe des Traums. Und wie im Traum erkennt der Leser in dem, was so rätselhaft erscheint, ganz plötzlich sein eigenes Gesicht. Botho Strauß erkundet unsere gegenwärtige und alte Bilderwelt, entziffert die Schrift auf den Höhlenwänden der Nacht.
Deutschlandfunk
Heute leider keine Kritiken!
Deutschlandfunk Kultur
Heute leider keine Kritiken!