
Bücherschau des Tages vom 10.10.2018
Durchgehaltener Moll-Ton
Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz, Zeit und Welt. Täglich ab 14 Uhr.10.10.2018. Die FAZ blickt mit Delphine de Vigans Roman "Loyalitäten" in den Abgrund einer dysfunktionalen Familie. Die NZZ fröstelt angesichts der Kälte der Schweiz gegenüber Gastarbeitern in den 60ern, wie sie Vincenzo Todisco in "Das Eidechsenkind" beschreibt. Die FR lässt sich mit Adolf Endlers "Kleinem kaukasischen Divan" beglückt nach Georgien entführen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Der Sinn des Denkens.

Ullstein Verlag, Berlin 2018,
ISBN
9783550081934, Gebunden, 368
Seiten,
20,00
EUR
Das Denken ist vielleicht der wahre Hauptbegriff der Philosophie. Insbesondere Platon und Aristoteles haben sie als das Nachdenken über das Nachdenken definiert. Unser menschliches Denken ist einer unserer Sinne und damit unüberwindbar an biologische Bedingungen gebunden. Das lässt sich zwar nicht nachbauen. Dennoch sind wir in bestimmter Hinsicht selber eine Form der künstlichen Intelligenz. Denn unser geistiges Vermögen entsteht historisch und kulturell aus dem Bild, das wir uns von uns selber und von unserer Umgebung machen. Oder ist das ganze Universum vielleicht nur eine Simulation?
Loyalitäten.
Roman

DuMont Verlag, Köln 2018,
ISBN
9783832183592, Gebunden, 176
Seiten,
20,00
EUR
Aus dem Französischen von Doris Heinemann. Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène besorgniserregende Veränderungen an ihm festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt. Der Junge funktioniert und kümmert sich um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. Um ihren Sohn müssen sie sich keine Sorgen machen. Doch Théo trinkt heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Eines Tages wird ihn der Alkohol ganz aufsaugen, das weiß Théo. Doch wer sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es tun, wie aber soll das gehen, ohne dass er die Eltern verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, allerdings ist Théo sein einziger Freund. Und einen Freund verrät man nicht. Außerdem würde er damit auch demjenigen in den Rücken fallen, der den Minderjährigen den Alkohol besorgt. Und der ist es, der das gefährliche Spiel in dem schneebedeckten Park vorschlägt, bei dem Théo bewusst den eigenen Tod in Kauf nimmt.
Frankfurter Rundschau
Kleiner kaukasischer Divan.
Von Georgien erzählen

Wallstein Verlag, Göttingen 2018,
ISBN
9783835332638, Gebunden, 276
Seiten,
22,00
EUR
Herausgegeben von Brigitte Endler. Ein sehr persönlicher Reisebericht über Georgien, der über Menschen, Geschichte und Poesie dieses Landes Auskunft gibt. Und dazu: eine Zusammenstellung von georgischen Gedichten aus acht Jahrhunderten, übersetzt von Adolf Endler.
"Zwei Versuche, über Georgien zu erzählen" ist ein poetischer Reisebericht von Adolf Endler, der 1976 erstmals erschienen ist. Gemeinsam mit dem Schriftstellerkollegen Rainer Kirsch war Endler für mehrere Monate nach Georgien eingeladen, um die Poesie des Landes und auch deren lebende Vertreter kennenzulernen und ins Deutsche zu übersetzen. Es gab initiierte offizielle Treffen, aber je länger die beiden deutschen Dichter vor Ort waren, umso genauer und tiefer lernten sie die realen Verhältnisse vor Ort kennen, umso mehr erfuhren sie im privaten Rahmen von Kollegen aus Georgien, die den Mächtigen "unerwünscht" waren. Herausgekommen ist eine umfangreiche Anthologie: "Georgische Poesie aus acht Jahrhunderten", die in den siebziger Jahren in zwei Auflagen erschien.
Beide Bücher, der Reisebericht und die Gedichte aus der Anthologie inklusive einem erhellenden Aufsatz Endlers über ältere georgische Poesie, sind hier vereint. Hinzugefügt wurde ein unveröffentlichter Essay über den Dichter Grigol Robakidse, der seinerzeit der DDR-Zensur zum Opfer gefallen war, weil der Name Robakidse wegen seiner zeitweiligen Nähe zum Nationalsozialismus nicht genannt werden durfte.
Endler hat die Texte dieses Buches kurz vor seinem Tod noch selbst überarbeitet und für eine Veröffentlichung zusammengestellt; sie haben eine erstaunliche Frische bewahrt.
Neue Zürcher Zeitung
Welt ohne Geist.
Wie das Silicon Valley freies Denken und Selbstbestimmung bedroht

Karl Blessing Verlag, München 2018,
ISBN
9783896675767, Kartoniert, 288
Seiten,
18,00
EUR
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Neubauer. Im digitalen Zeitalter erlebt die Welt eine beispiellose Renaissance der Monopole. Ihre Macht erlaubt es einigen wenigen Big-Tech-Unternehmen, nicht nur Konkurrenz um ihre Produkte auszustechen. Sie ist inzwischen so groß, dass Internetkonzerne wie Google, Apple, Amazon und Facebook drauf und dran sind, die Ideologie ihrer Gründer und Führer, die Vision des Silicon Valley von der Alles-Maschine, zu vollenden.
Franklin Foers Welt ohne Geist beschreibt die Geschichte der Digitalisierung, von Alan Turing und Stewart Brand bis Jeff Bezos und Larry Page, und ihre Folgen: Im Schaufenster des Silicon Valley mögen Pluralismus und Individualität liegen, doch was wir uns erkaufen, sind Konformität, Desinformation, Privatisierung von Wissen und die Abschaffung der Privatsphäre. Selbstbestimmung, mahnt Foer, ist ohne einen freien Geist unmöglich. Wenn wir das Schaffen von Kultur, von Gedanken- und Diskussionsräumen dem Silicon Valley überantworten, befördern wir nicht unsere Existenz und das Gemeinwohl - wir befördern die Bilanzen der Konzerne und die Macht der Maschine.
Das Eidechsenkind.
Roman

Rotpunktverlag, Zürich 2018,
ISBN
9783858697837, Gebunden, 216
Seiten,
24,00
EUR
Lucertola - das Eidechsenkind - ist in Italien daheim und im Gastland zu Hause. Hier muss es sich verstecken: unter der Kredenz, im Schrank, unter dem Sofa. In Ripa hingegen jagt der Junge wie alle Kinder den Wespen nach, gleitet von einer Umarmung in die andere. Dort, bei Nonna Assunta, wo ein Haus darauf wartet, fertig gebaut zu werden.
Hier im Gastland geht der Vater Tag für Tag auf den Bau, die Mutter in die Fabrik - das Eidechsenkind lässt Stunden und Tage verstreichen. Es vermisst die Wohnung mit seinen Schritten, hört die Nachbarinnen um Mehl bitten, die Kinder im Hof Fangen spielen, sieht die Stiefel des Padrone, der gerne zum Abendessen kommt und lange bleibt.
Bis es sich eines Tages zu heimlichen Streifzügen ins Treppenhaus hinauswagt, in andere Wohnungen, wo niemand die Gegenwart des Eidechsenkindes auch nur ahnt. Aus der Sicht eines Kinds erzählt Vincenzo Todisco in diesem Roman von einem klandestinen Schicksal in einem belebten Wohnhaus, von kindlichem Einfallsreichtum und heimlicher Freundschaft.
Süddeutsche Zeitung
Jena 1800.
Die Republik der freien Geister

Siedler Verlag, München 2018,
ISBN
9783827501059, Gebunden, 256
Seiten,
22,00
EUR
Jena 1800: Mit den Ideen der Französischen Revolution geraten nicht nur die politischen Verhältnisse in Europa ins Wanken. Eine ganze Generation von jungen Dichtern und Philosophen beschließt, die Welt neu zu denken. Die führenden Köpfe - darunter die Brüder Schlegel mit ihren Frauen, der Philosoph Schelling und der Dichter Novalis - treffen sich in der thüringischen Universitätsstadt an der Saale, um eine "Republik der freien Geister" zu errichten. Sie stellen nicht nur gesellschaftliche Traditionen in Frage, sie revolutionieren mit ihrem Blick auf das Individuum und die Natur zugleich auch unser Verständnis von Freiheit und Wirklichkeit - bis heute. Farbig und leidenschaftlich erzählt Peter Neumann von dieser ungewöhnlichen Denkerkommune, die nicht weniger vorbereitete als den geistigen Aufbruch in die Moderne.
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