
Bücherschau des Tages vom 23.06.2020
Mythen in Tüten
Notizen zu den Buchkritiken des Tages aus FAZ, FR, NZZ, SZ, taz, Zeit, Welt, DLF und DLF Kultur. Täglich ab 14 Uhr.23.06.2020. Die FAZ begibt sich mit Kassia St. Clair auf eine faszinierende Reise in die Welt der Stoffe, verkriecht sich mit Sayaka Murata im „Seidenraupenzimmer“ und folgt gebannt Alain Blottieres Baptiste, der von islamistischen Nomaden entführt wurde. Die SZ liest mit angehaltenem Atem die von Zora Neale Hurston in den Zwanzigern gesammelten Zeugnisse von Nachfahren afrikanischer Sklaven. taz und Dlf-Kultur vergnügen sich mit Iris Hanika in New York auf Beyoncés Partys. Und der Dlf bangt mit Colm Toibins „testosteronreduziertem“ Orest im „Haus der Namen“.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wie Baptiste starb.
Roman

Lenos Verlag, Basel 2019,
ISBN
9783857874956, Gebunden, 202
Seiten,
22,00
EUR
Aus dem Französischen von Margret Millischer. Sie waren auf einem Wüstentrip - Baptiste, seine Eltern und seine zwei kleinen Brüder -, als sie von einer Gruppe Dschihadisten entführt wurden. Nach Wochen der Gefangenschaft hat Baptiste als Einziger die Freiheit wiedererlangt. In einer hartnäckigen Befragung versucht ein Ermittler, ihm Einzelheiten aus der Zeit seiner Geiselhaft zu entlocken. Nur widerwillig lässt sich der Junge darauf ein, und es scheint zunächst, als habe er vieles verdrängt. Doch Stück für Stück enthüllt sein Gedächtnis, was ihm während seiner Gefangenschaft widerfuhr. Er ist überzeugt, nicht mehr Baptiste zu sein, sondern den Namen eines Wüstenfuchses zu tragen: Yumai. Alain Blottière versteht es, den Leser immer tiefer in die Mäander von Baptistes Erinnerung zu ziehen, bis schließlich eine bittere Wahrheit sichtbar wird. In starkem, geradezu paradoxem Kontrast dazu steht die betörende Schönheit der Wüste, wie sie der Junge auch erlebt hat, ihre Magie, die ihm aller Angst und Gewalt zum Trotz Zuversicht gab.
"Der General muss weg!".
Siegfried Buback, die RAF und der Staat

Osburg Verlag, Hamburg 2019,
ISBN
9783955102111, Gebunden, 404
Seiten,
26,00
EUR
Mit 15 Abbildungen. Am Gründonnerstag 1977 wird Generalbundesanwalt Siegfried Buback in Karlsruhe ermordet, mit ihm sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Justizbeamte Georg Wurster. 2007 wird seinem Sohn Michael Buback zugetragen, dass für das Attentat die Falschen verurteilt wurden. 2008 fasst Michael Buback seine damaligen Rechercheergebnisse in dem Buch "Der zweite Tod meines Vaters" zusammen. Diese führen 2010 zum Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, in dem das frühere RAF-Mitglied Verena Becker wegen dreifachen Mordes angeklagt wird. "Der General muss weg!" ist das akribische, erschütternde Protokoll der Verhandlungen vor dem OLG Stuttgart - aus der Feder von Michael Buback und seiner Ehefrau Elisabeth, beide Nebenkläger des Verfahrens. In diesem bestätigt sich, dass Verena Becker, die letztlich 2012 nur wegen Beihilfe verurteilt wird, geheime Informantin des Verfassungsschutzes gewesen ist. Mehr noch als das Ergebnis ist es der Verlauf der Verhandlungen, der die beklemmende Frage aufwirft: Wie weit geht der Staat in der Verteidigung seiner Interessen?
Späte Korrektur.
Die Prozesse gegen John Demjanjuk

Wallstein Verlag, Göttingen 2020,
ISBN
9783835335950, Gebunden, 297
Seiten,
38,00
EUR
Aus dem Amerikanischen von Felix Kurz. Die fundierte Analyse des Verfahrens gegen einen NS-Täter, der zwischen 1987 und 2011 in drei Staaten vor Gericht stand.Im Auftrag von Harper`s Magazine kam der amerikanische Rechtswissenschaftler Lawrence Douglas im Herbst 2009 nach Deutschland, um über den Prozess gegen John Demjanjuk zu berichten, der wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 27.900 Fällen angeklagt war. Als "Hilfswilliger" der SS hatte der inzwischen 89-jährige gebürtige Ukrainer zwischen 1942 und 1945 in mehreren nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern Dienst getan. Lawrence Douglas schildert den Prozess gegen Demjanjuk vor dem Landgericht München II als Höhepunkt einer mehr als drei Jahrzehnte dauernden juristischen Auseinandersetzung: Der einstige "Trawniki" Iwan Demjanjuk hatte bereits in Israel und in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestanden und war im Mai 2009 nach Deutschland ausgeliefert worden. Mit seiner Analyse der drei Prozesse gibt Douglas Antworten auf drängende Fragen, die nationale und internationale Strafgerichtshöfe seit den Nürnberger Prozessen beschäftigen. Lawrence R. Douglas plädiert für eine (inter-)national starke Justiz, die frühere Fehler erkennt und korrigiert.
Fake Facts.
Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen

Quadriga Verlag, Köln 2020,
ISBN
9783869950952, Gebunden, 352
Seiten,
19,90
EUR
Corona ist eine Erfindung der Pharmaindustrie! Menschen, die daran erkranken, müssen so für ihre Sünden büßen! Oder: Das Virus wurde in chinesischen Geheimlaboren gezüchtet! Verschwörungstheorien verbreiten sich nicht nur im Netz wie Lauffeuer und sind schon lange kein Randphänomen mehr. Katharina Nocun und Pia Lamberty beschreiben, wie sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft durch Verschwörungstheorien radikalisieren und die Demokratie als Ganzes ablehnen.Welche Rolle spielen neue Medien in diesem Prozess? Wie schnell wird jeder von uns zu einem Verschwörungstheoretiker? Und wie können wir verdrehte Fakten aufdecken und uns vor Meinungsmache schützen? Aus dem Inhalt:"Fake News und Verschwörungserzählungen, darin waren sich Experten weltweit einig, haben sich direkt zu Beginn der COVID-19-Pandemie ähnlich rasant verbreitet wie das Virus selbst. Bereits im Februar 2020 warnte der Generaldirektor der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, dass die Welt es nicht nur mit einer Pandemie, sondern auch mit einer "Infodemie" zu tun habe. Viele der Mythen, die weltweit Verbreitung fanden, kreisten um die Idee, dass es sich bei dem Virus um eine Biowaffe handele, die angeblich in einem Labor, dem Wuhan Institute of Virology, hergestellt worden sei. Einige Medien zitierten noch im Januar 2020 "Experten", die darüber spekulierten, ob das Virus das Produkt eines chinesischen Biowaffenexperiments sein könnte. Im Netz kursierten zahllose Verschwörungserzählungen, die sich mit dem neuartigen Coronavirus befassten. In YouTube-Videos und Blogs wurde etwa verbreitet, Microsoft-Gründer Bill Gates sei für die Pandemie verantwortlich. Einige Verschwörungsideologen mutmaßten zudem, es hätte bei der COVID-19 Pandemie keine Todesopfer gegeben und bei den Angehörigen und ehemals Erkrankten, die in der Presse zu sehen waren, handele es sich allesamt um bezahlte Schauspieler. Eine solche Haltung kann gefährliche Konsequenzen haben. Wer meint, dass das Virus nicht gefährlicher sei als eine Erkältung, hält sich nicht an empfohlene Maßnahmen. So gefährdet man nicht nur sich selbst, sondern wird auch zum Risiko für andere.
Das gedoppelte Museum.
Erfolge, Bedürfnisse und Herausvorderungen der digitalen Museumserweiterung für Museen, ihre Täger und Partner

Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2019,
ISBN
9783960987550, Kartoniert, 88
Seiten,
8,00
EUR
Digitalisierung ist in aller Munde, Museen sind es auch. Der Verfasser geht auf der Grundlage jahrzehntelanger praktischer Erfahrung mit dem Themenkomplex der Frage nach, wie sich diesbezüglich Erreichtes zum Erreichbaren verhält, und er stellt dar, wo und warum es Rückstände gibt. Er thematisiert beispielsweise, worauf der Fokus zu richten sein wird, wer an der Digitalisierung von Kulturgut mitwirken muss, warum Museumsgut schwerer zu digitalisieren ist als Bibliotheks- oder Archivbestände, inwieweit die rechtlichen, thematischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für die digitale Präsenz der Museen im Netz gegeben sind, und er setzt sich mit den Außen(an)sichten auseinander: Ist das Museum ein Bilderlieferant, eine Forschungseinrichtung, ein Bildungsort oder alles und noch viel mehr? Er zeigt, dass Museen für die Digitalisierung offen sind, einige Partner haben und weitere Unterstützung brauchen. Diese Analyse von Bedarf und Lösungswegen kann und will den breiten Diskurs konkretisieren.
Das Seidenraupenzimmer.
Roman

Aufbau Verlag, Berlin 2020,
ISBN
9783351037932, Gebunden, 256
Seiten,
20,00
EUR
Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe. Der neue Roman von Japans Erfolgsautorin Sayaka Murata erzählt die Geschichte zweier Außenseiter, Natsuki und ihr Cousin Yu, die sich jung verlieben und gemeinsam gegen eine Welt verbünden, die ihnen beileibe nicht nur Gutes will. Im alten Farmhaus der Familie, in dem früher die Seidenraupen ihren Dienst verrichteten, sind sie glücklich, denn sie sind beieinander. 20 Jahre später geht Natsuki an diesen Ort zurück ...
Die Welt der Stoffe.

Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2020,
ISBN
9783455006414, Gebunden, 416
Seiten,
26,00
EUR
Aus dem Englischen von Marion Hertle. Alles über das, was wir auf unserer Haut tragen - eine einzigartige Geschichte der Stoffe. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Stoffe herstellt - ohne sie wäre die menschliche Entwicklung nicht denkbar. Kassia St Clair erzählt von Hanf, Leinen, oder der Entdeckung der Seide, von den Wikinger-Segeln aus Schafswolle, und dem Weltraumanzug Neil Armstrongs, den er nicht auszuziehen brauchte, wenn er auf die Toilette musste. Sie zeigt die Bedeutung von Kleidung für die lokale Wirtschaft und den lokalen Handel, für gesellschaftliche Normen und menschliche Höchstleistungen, die ohne Kunstfasern nicht möglich wären.Von den Binden der Mumien im alten Ägypten, über die anrüchigen Seidenkleider Kaiser Neros bis hin zum Schwimmanzug aus Polyurethan, der es Paul Biedermann ermöglichte, Michael Phelps zu schlagen: Kassia St Clair verwebt Geschichten rund um Natur- und Kunstfasern zu einer alternativen Menschheitsgeschichte.
Frankfurter Rundschau
Einrede gegen die Mobilität / Der Anfang vom Ende des Automobils / Einrede gegen Plastik.
Essays

Verlag Das kulturelle Gedächtnis, Berlin 2020,
ISBN
9783946990390, Gebunden, 96
Seiten,
12,00
EUR
Mit einem Vorwort von Jürgen Trittin. Was sind die gesellschaftlichen und ökologischen Kosten unbeschränkter Mobilität? Ist es wirklich von Vorteil, wenn alle überallhin fahren können? Ist der Individualverkehr mit dem Auto ein Segen oder nicht doch ein Irrweg der Menschheit? Und wäre das Leben der Menschheit ohne Plastik nicht nur viel schöner, sondern auch sinnvoller?Fragen, die nicht nur Fridays for Future umtreiben, sondern zu den drängendsten unserer Tage gehören - Jürgen Dahl beantwortete sie vor fast 50 Jahren bereits grundlegend. Hätte man auf Dahl gehört, ginge es dem Planeten und der Menschheit besser. Jürgen Trittin erläutert in seinem Vorwort, woran es damals beim besten Willen zur Umsetzung hakte und was man heute besser machen kann.
Neue Zürcher Zeitung
Heute leider keine Kritiken!
Süddeutsche Zeitung
Barracoon.
Die Geschichte des letzten amerikanischen Sklaven

Penguin Verlag, München 2020,
ISBN
9783328601302, Gebunden, 224
Seiten,
20,00
EUR
Aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring. "Barracoon" erzählt die wahre Geschichte von Oluale Kossola, auch Cudjo Lewis genannt, der 1860 auf dem letzten Sklavenschiff nach Nordamerika verschleppt wurde. Die afroamerikanische Autorin Zora Neale Hurston befragte 1927 den damals 86-Jährigen über sein Leben: seine Jugend im heutigen Benin, die Gefangennahme und Unterbringung in den sogenannten "Barracoons", den Baracken, in die zu verkaufende Sklaven eingesperrt wurden, über seine Zeit als Sklave in Alabama, seine Freilassung und seine anschließende Suche nach den eigenen Wurzeln und einer Identität in den rassistisch geprägten USA.
Die Tageszeitung
Echos Kammern.
Roman

Droschl Verlag, Graz 2020,
ISBN
9783990590560, Gebunden, 240
Seiten,
22,00
EUR
Zu Beginn von Iris Hanikas neuem Roman gelangen wir mit Sophonisbe, einer nicht mehr ganz jungen Dichterin, die wirklich so heißt, nach New York. So tollkühn der Roman anhebt - schon am zweiten Tag befinden wir uns auf einem Empfang bei Beyoncé -, so unnachahmlich katapultiert er uns dorthin, wo die Aufgabe des modernen Dichters liegt: eine neue, ganz andere Sprache zu finden für die Gegenwart, das Glück, das Wesentliche … für alles. Es geht um das Leben in den Städten (in der Mitte des Buches kehren wir nach Berlin zurück, das gerade in Gefahr steht, ebenso vom Geld plattgewalzt zu werden wie New York), es geht aber auch um einen späten Liebeswahn, der jedoch, anders als in der Jugend, nicht in den Abgrund führt, sondern nur die letzte Hürde vor der Befreiung von den Zumutungen des Triebs ist, worauf man sich den Freuden des Alters hingeben kann.
Gesellschaftsspiele.
Politisches Theater heute

Alexander Verlag, Berlin 2020,
ISBN
9783895815133, Kartoniert, 164
Seiten,
15,00
EUR
Während sich das Theater in den letzten Jahren stark politisiert hat, wächst auch die Kritik an zu viel Botschaft, zu viel Moral, zu viel Diversität. Gesellschaftsspiele ist ein Plädoyer für einen starken Begriff des Politischen. Und für ein Theater, das Missstände nicht nurspiegelt, sondern aktiv Teil gesellschaftlicher Veränderung sein will. Gesellschaftsspiele zeigt, warum und in welcher Vielfalt Theater heute in verschiedenen Teilen der Welt nicht nur in seinenInhalten, sondern auch in seiner Form politisch ist. Anhand zahlreicher Beispiele aus darstellender, bildender und aktivistischer Kunst (von Brecht über Christoph Schlingensief, Milo Rau, Zentrum für Politische Schönheit, Lotte van den Berg, Public Movement, Gintersdorfer/Klaßen, Jonas Staal,Mierle Laderman Ukeles bis Pussy Riot u.v.a.) untersucht Florian Malzacher ein Theater, das im Spannungsfeld von Repräsentation und Partizipation spielerisch und ernsthaft zugleich auf seine eigenen, spezifischen Möglichkeiten setzt.
Die Welt
Heute leider keine Kritiken!
Die Zeit
Heute leider keine Kritiken!
Deutschlandfunk
Danach.
Über Ehe und Trennung

Suhrkamp Verlag, Berlin 2020,
ISBN
9783518429143, Gebunden, 187
Seiten,
22,00
EUR
Aus dem Englischen von Eva Bonné. Rachel Cusk hat ein zutiefst persönliches und hochpolitisches Buch geschrieben - einen skandalträchtigen Bericht über die gewaltigen Folgen und Nebenwirkungen ihrer eigenen Trennung. Sie erzählt von der heiklen Entscheidung, direkt nach der Geburt der Töchter als Schriftstellerin weiterzuarbeiten, während ihr Mann, zuvor erfolgreicher Anwalt, Töchter und Haushalt übernimmt. Eine unkonventionelle Konstellation, schwierige Umstände, dann die Krise, bald darauf die Trennung. Schonungslos geht sie dabei mit sich ins Gericht, spricht über die eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten.
Haus der Namen.
Roman

Carl Hanser Verlag, München 2020,
ISBN
9783446261815, Gebunden, 288
Seiten,
24,00
EUR
Aus dem Englischen von Ditte und Giovanni Bandini. Im geheimnisvollen Haus der Namen findet Orestes Zuflucht vor dem neuen Mann seiner Mutter. Diese hat nach der Opferung ihrer Tochter ihren Ehemann ermordet. Deswegen wird sie nun von ihrem Sohn Orestes und seiner Schwester Elektra angefeindet. Es beginnt ein blutiges Rachespiel zwischen Mutter, Tochter und zurückgekehrtem Sohn. Immer tiefer gerät Orestes zwischen die Fronten. Und dann ist da noch seine Liebe zu Leandros, die ihn vor eine Zerreißprobe stellt.
Deutschlandfunk Kultur
Echos Kammern.
Roman

Droschl Verlag, Graz 2020,
ISBN
9783990590560, Gebunden, 240
Seiten,
22,00
EUR
Zu Beginn von Iris Hanikas neuem Roman gelangen wir mit Sophonisbe, einer nicht mehr ganz jungen Dichterin, die wirklich so heißt, nach New York. So tollkühn der Roman anhebt - schon am zweiten Tag befinden wir uns auf einem Empfang bei Beyoncé -, so unnachahmlich katapultiert er uns dorthin, wo die Aufgabe des modernen Dichters liegt: eine neue, ganz andere Sprache zu finden für die Gegenwart, das Glück, das Wesentliche … für alles. Es geht um das Leben in den Städten (in der Mitte des Buches kehren wir nach Berlin zurück, das gerade in Gefahr steht, ebenso vom Geld plattgewalzt zu werden wie New York), es geht aber auch um einen späten Liebeswahn, der jedoch, anders als in der Jugend, nicht in den Abgrund führt, sondern nur die letzte Hürde vor der Befreiung von den Zumutungen des Triebs ist, worauf man sich den Freuden des Alters hingeben kann.
Die Brücke über den Fluss.

Aufbau Verlag, Berlin 2020,
ISBN
9783351034603, Gebunden, 208
Seiten,
22,00
EUR
Aus dem Russischen von Alfred Frank. Die bewegende Familiengeschichte eines UnbeugsamenZypkins Familie floh 1941 vor den Nazis von Minsk bis zum Ural. Die zurückgebliebenen Verwandten kamen im Ghetto um. Jahre später erkundet er, assoziativ und in Zeitüberblendungen ähnlich wie W. G. Sebald, die verlorenen Territorien und sein früheres Ich. Seine Sätze verweben Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerung und Wünsche, Ekel und Zartheit. Sie kommen der Wirklichkeit so schmerzlich nahe, wie es nur dem gelingen kann, der zum Chronisten einer unmöglichen Zeit wird und dem jahrzehntelang nichts anderes bleibt, als für die Schublade zu schreiben - und der doch nicht aufhören kann.Erstmals auf Deutsch - ein Buch gegen das Vergessen der großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts.