15.04.2014. Der Tagesspiegel lernt auf dem Monte Verità, wie negativ das Wort "Utopie" für Schriftsteller mit osteuropäischer Biografie besetzt ist. Die Presse wundert sich, wie gemütlich es sich Musiker heute in Berlin machen. Die HuffPo.fr erzählt, dass amerikanisch-muslimische Schauspieler im Netz für eine eigene Filmproduktionsgesellschaft Geld sammeln, um nicht immer nur Bösewichter spielen zu müssen. In der SZ erklärt der Möbeldesigner Konstantin Grcic, warum er nur ein punktuelles Ausbrechen in die Zukunft interessant findet.
Literatur, 15.04.2014
Wie negativ besetzt das Wort "
Utopie" ist, hat Rüdiger Schaper jetzt beim
Literaturfestival Eventi Letterari Monte Verità in Ascona erlebt. Das Festivel stand unter dem Motto "Utopien und Dämonen". Von Utopien, das wurde schnell klar, wollten die Schriftsteller mit osteuropäischer Biografie nichts wissen,
schreibt er im
Tagesspiegel: "Das Wort ist ideologisch verdorben.
Herta Müller, die Nobelpreisträgerin, lässt nur das Adjektiv gelten - utopisch. Also: Etwas funktioniert nicht."
Péter Nádas sieht es genau so, er sagt: "'Von Utopien bin ich geheilt, für immer. Leider.'
Durs Grünbein verbrachte seine Kindheit in Hellerau, der Künstlerkolonie bei Dresden, einer utopischen Gründung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch zwischen Hellerau und dem Monte Verità waren Fäden geknüpft. Grünbein hat das Graue aller Realität in seinen frühen Poemen über die DDR schlagend beschrieben. Er empfindet Utopie als 'Planung von
Verlust, von Einschränkung,
Umerziehung, Gewalt.'"
In der
NZZ berichtet Barbara Villiger Heilig von dem Festival.
Außerdem: Der amerikanische Krimiautor
Dennis Lehane plaudert im
Interview mit der
Welt über seinen neuen Roman "In der Nacht", den
Neid der Kollegen (auch dieser Roman soll von Hollywood verfilmt werden) und die Grundlagen des Geschichtenerzählens. Und in einem großen Artikel für die
SZ erinnert Ursula Pia Jauch an die vor 250 Jahren verstorbene Autorin Jeanne-Antoinette d'Étiolles-Poisson, kurz:
Madame de Pompadour.
Besprochen wird unter anderem
Dorothee Elmigers Roman "Schlafgänger" (
NZZ).
Kunst, 15.04.2014
Für die
SZ hat Felix Stephan die Berliner kunsthistorische Tagung "Image Operations" besucht, bei der es um
Bildpolitik im öffentlichen Diskurs ging. In der
FAZ bringt Reinhard Pabst Hintergründe zur Entstehung von
August Sanders ikonischer
Fotografie "Jungbauern".
Besprochen werden die große
Ai-
Weiwei-Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau (
Freitag),
Ulla von Brandenburgs Ausstellung "Drinnen ist nicht Draußen" im
Kunstverein Hannover (
taz), eine Ausstellung alter Handschriften im
Jüdischen Museum Berlin ("überaus kostbar, von enormer historischer Bedeutung und von
überwältigender Schönheit"
meint Irene Bazinger in der
Berliner Zeitung), die
Arkadien-Ausstellung im
Kupferstichkabinett in Berlin (
Tagesspiegel), eine Ausstellung von
Farbfotografien aus dem Ersten Weltkrieg im
Willy-Brandt-Haus in Berlin (
Tagesspiegel) und die beiden Londoner Ausstellungen "The First Georgians" in der
Queen's Gallery und "William Kent. Designing Georgian Britain" im
Victoria & Albert Museum (
FAZ).
Film, 15.04.2014
Auf Hollywood, Bollywood und Lollywood wird bald möglicherweise
Halalywood folgen,
berichtet die französische Ausgabe der
Huffington Post. Die amerikanischen Schauspieler und Comedians
Omar Regan und
Baba Ali sammeln derzeit über die Internetplattform Kickstart Geld für eine
muslimische Filmproduktionsgesellschaft, weil sie es satt hätten, Muslime in Filmen immer nur als Terroristen und Bösewichter zu sehen. "Es gibt über eine Milliarde Moslems auf der Welt und keinen, der sich für unsere Sache einsetzt und
unsere Geschichten erzählt", erklärt Regan in einem
Video. Regan und Ali reihten sich mit ihrem Projekt ein in eine neue islamisch-künstlerische Szene wie das britische Musiklabel
Awakening Records oder die Bewegung
Mipsterz, in der sich muslimische Hipster tummeln.
Im
Tagesspiegel berichtet Claudia Lenssen vom
Internationalen Frauenfilmfestival in Köln, wo in diesem Jahr schwerpunktmäßig ein Blick ins
türkische Kino von Frauen geworfen wurde: "Die meisten von ihnen leben in Istanbul, kennen einander von den dortigen Festivals und Netzwerken und arbeiten als Drehbuchautorinnen und in anderen Filmberufen, um ihren eigenen Projekten nachgehen zu können. Das
Land im Umbruch, zerrissen zwischen rücksichtslos durchgesetzter Moderne und patriarchal dominierten Traditionen, ist das stärkste Leitmotiv, das Dokumentar- und Spielfilme miteinander verbindet. Die Frauenfiguren sind oft mit dem Verlust, d. h. der Migration oder Bindungsflucht ihrer Männer konfrontiert." In der
FAZ berichtet Carolin Weidner.
Besprochen wird
Pawel Pawlikowskis "Ida" (
Zeit).
Musik, 15.04.2014
Samir H.Köck
berichtet in der
Presse leicht ungläubig über die international besetzte Folkband
Mighty Oaks, deren Mitglieder
total entspannt in Berlin leben: "'Wir sind sehr glücklich da', sagen sie unisono, 'es war die richtige Entscheidung. Die Infrastruktur ist perfekt und der Lebensstandard viel höher als in den USA oder in Großbritannien.' Drei, die Anfang zwanzig sind, preisen
die Gemütlichkeit von Berlin: Das hätte es früher nicht gegeben. Nicht in der nach dem Zweiten Weltkrieg geteilten Stadt. Berlin, das war ein Synonym für nervöse Lebensumstände. Der nur zart psychedelisch gewürzte Folk der Mighty Oaks wirbt von dieser Tradition unbeeindruckt für das
Ländlich-Beschauliche. Schon das Booklet, das die Band an idyllischen Seen und auf sanften Berghügeln zeigt, lässt keinen Zweifel über die gut entwickelte
Harmoniesucht dieser jungen Leute."
Weiteres: Kai Luehrs-Kaiser
gratuliert in der
Welt dem britischen Dirigenten
Sir Neville Marriner zum Neunzigsten. Die
FAZ dokumentiert
Jörg Widmanns Laudatio auf
Eleonore Büning, die Musikredakteurin der Zeitung, die gerade mit dem Musikpreis des Heidelberger Frühlings ausgezeichnet wurde: "Sie gestattet sich immer eine eigene Meinung, ist darin absolut frei".
Besprochen werden das neue Album der
Afghan Whigs (
Standard),
Jan Jelineks Remix von Stücken des Underground-Elektromusikers
James DIN A4 (
taz, hier gibt es einige
Hörproben),
Chet Fakers neues Album "Built on Glass" (
Zeit), das Berliner Konzert von
Marteria (
Tagesspiegel) und ein Konzert des Jazzsängers
Gregory Porter (
Tagesspiegel).
Bühne, 15.04.2014
Besprochen werden
Alexander Simons Inszenierung von
Iwan Wyrypajews "Betrunkene" am
Hamburger Thalia (in der
Nachtkritik sehnt sich Katrin Ullmann selbst sehr verzweifelt nach
mehr Alkohol im Blut),
Frank Abts am
Deutschen Theater Berlin aufgeführte "Geschichten von hier IV: Was uns bleibt", Deutsches Theater Berlin, Christine Wahl (
Tagesspiegel,
taz), die von
Simon Rattle dirigierte Aufführung von "Manon Lescaut" bei den Osterfestspielen Baden-Baen (
Tagesspiegel,
NZZ),
Karin Henkels Bühnenadaption von
Lars von Triers "Dogville" (
taz,
FR,
Welt, SZ),
Daniela Löffners Inszenierung von
Peter Stamms "Agnes" in der Schiffbau-Box des Schauspielhauses Zürich (
NZZ), der von
Sasha Waltz inszenierte "Tannhäuser" in Berlin (
NZZ).
Design, 15.04.2014
Jörg Häntzschel besucht für die SZ die
Weilheimer Ausstellung der von
Konstantin Grcic gestalteten Möbel. Außerdem hat er sich mit dem Designer unterhalten. Auf die Frage, wie der für seine abstrakte Gestaltung bekannte Grcic das Production Design eines Science-Fiction-Films gestalten würde, antwortet dieser: "Dieses
durchgestaltete Zukunftsbild hat mich nie interessiert. Was wir machen, ist eher ein punktuelles Ausbrechen nach vorn. Wie hätte es vor zehn Jahren hier ausgesehen? Genau wie heute! Nur dieses schwarze Ding (zeigt auf das iPhone): Wir hätten nicht gewusst, was das ist. In zehn Jahren sitzen wir wahrscheinlich immer noch hier. Nur liegt dann dort ein
anderes seltsames Gerät."