16.07.2014. Die NZZ beklagt mit Linda Przybyszewski den Niedergang der amerikanischen Damenmode. Die London Review of Books bewundert Fassbinder im Bayern-München-T-Shirt. In der FR erklärt Matti Rönka, wie man als Autor in Finnland überlebt. Die taz sucht Dieter.
Film, 16.07.2014
Michael Bays vierter Transformers-Film quält die Filmkritiker: Dies ist "nicht nur der längste und teuerste, sondern auch der
hirnrissigste Teil" der Reihe,
ächzt Jörg Wunder im
Tagesspiegel, in der
taz ist Barbara Schweizerhof nur noch
frustriert und Bert Rebhandl gruselt sich in der
FAZ vor einem "
Ungetüm aus der Datenschleuder". Nur Christian Schlüter
freut sich in der
Berliner Zeitung wie ein Schneekönig über all den
Blechschaden ringsum.

Ein
Fundstück im Blog der
London Review of Books:
Fassbinder, der Fußballfan. Ian Penman ist hin und weg: "One of the best things about the image of Fassbinder in his Bayern T-shirt is
the look on his face: our famed debauchee and grumpy pessimist looks like a little boy who got exactly what he wanted for Christmas, looks almost embarrassed by how happy he is. One of the main characters in "Veronika Voss" is a
sports reporter, detained at an important Bayern game during a crucial moment in the narrative (which concerns his doomed affair with a glamorous but ailing German movie star). Is there the outline of a
mischievous self-portrait here?"
Besprochen werden
Hayao Miyazakis Anime "Wenn der Wind sich hebt" (
Welt,
SZ) und die Ausstellung "Der Stachel des Skorpions" auf der
Mathildenhöhe in Darmstadt, für die zahlreiche Künstler Szenen aus
Luis Buñuels gotteslästerlichem
Klassiker "Das Goldene Zeitalter" nachgestellt haben (
FAZ).
Kunst, 16.07.2014
Juliane Metzker
unterhält sich in der
taz mit dem syrischen Exil-Künstler
Tammam Azzam. Thomas Steinfeld macht für die
SZ auf dem Kreuzweg von Varese einen Abstecher zur
Villa des Bildhauers und Malers
Lodovico Pogliaghi.
Besprochen werden ein Bildband mit Fotografien von
Jane &
Serge Gainsbourg (
FR), eine Ausstellung über den Thurgauer
August Künzler, der Anfang der 30er Jahre nach Tansania auswanderte, im Alten Zeughaus in Frauenfeld (
NZZ), eine als Wanderausstellung konzipierte Hommage "Danube Revisited" an die Fotografien
Inge Morath (
Zeit)
, die Installation "bios (torah)" im
Jüdischen Museum Berlin (
taz) und die Ausstellung "Nofretete - tête-à-tête" im
Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München (
FAZ).
Literatur, 16.07.2014
Im
FR-Gespräch mit Sylvia Staude
hebt der finnische Krimiautor (und Nachrichtenmoderator)
Matti Rönka zum Loblied auf die berufliche Flexibiliät in seinem Heimatland an, die auch dringend nötig ist, will man auf so einem kleinen literarischen Markt bestehen: Insbesondere der Nachwuchs ist das
Job-Hopping gewohnt. "Jetzt sind sie Journalist, dann gehen sie ins Marketing, schreiben für eine Weile Werbesprüche. Dann verfassen sie eine Kurzgeschichte. Dann machen sie einen Film. Dann zeichnen sie Cartoons. Sie denken nicht mehr:
das ist wertvoll, das weniger, das ist von großem Wert."
Nach Katja Kullmann
gestern im
Freitag gratuliert nun Ambros Waibel dem 1987 verstorbenen
Jörg Fauser in der
taz zum 70. Geburtstag. Dessen Hang zum Außenseitertum findet er bis heute sehr beeindruckend: "Das Uncoole an Fauser war, dass er, als er es ab 1968 und folgend wollte, nicht dazugehören konnte zu den Coolen und Schönen seiner Generation. Das Uncoole war, dass er sich dieser Zurückweisung nicht durch die demütige Flucht ins Privatleben, in den Suff oder in den Reiseteil entzog, sondern darauf
beharrte, ein
Schriftsteller zu sein."
Besprochen werden
Patrick Devilles Roman "Pest & Cholera (
NZZ),
Elisabeth Åsbrinks Buch "Und im Wienerwald stehen noch immer die Bäume" (
NZZ),
Navid Kermanis Roman "Große Liebe" (
NZZ),
Gregor Sanders "Was gewesen wäre" (
Zeit),
Pat Barkers "Tobys Zimmer" (
Berliner Zeitung),
Ulrike Draesners Roman "Sieben Sprünge vom Rand der Welt" (
Berliner Zeitung)
und
Olivier Rolins "Ein Löwenjäger" (
FAZ).
Design, 16.07.2014

Andrea Köhler beklagt mit der amerikanischen Historikerin
Linda Przybyszewski, deren Buch
"The Lost Art of Dress" (Basic Books) sie gerade gelesen hat, den Niedergang der
amerikanischen Damenmode. Heute kleiden sich alle wie Teenager, aber in den zwanziger Jahren war das noch anders, da gab es
professionelle Hilfe für die neue berufstätige Frau,
lernt Köhler: "Im Jahr 1923 wurde dem Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten ein nationales "Bureau of Home Economics" hinzugefügt, das sich auch der angemessenen und ökonomisch sinnvollen Kleidung widmete. Die "Art of Dress" wurde landesweit an den Schulen und Universitäten als eigenes Unterrichtsfach eingeführt und von den
Dress Doctors - Frauen aus allen professionellen Sparten - mit derselben Ernsthaftigkeit gelehrt wie Algebra oder Chemie. Ihr Motto: Nicht Geldmittel, sondern
Kenntnisse und Geschicklichkeit sind der Schlüssel zu einer schönen Garderobe. Und eine Kleidung, die der Bewegung nicht hinderlich ist! Enge Röcke und unkomfortable Schnitte waren tabu, ebenso das unausrottbare Malaise der Frauenmode bis auf den heutigen Tag - Schuhe, in denen man keine zwei Meter weit laufen kann."

Im
Interview mit Grace Bello vom Blog
The Hairpin erklärt Linda Przybyszewski etwas genauer, was diese Mode für erwachsene Frauen auszeichnete: "Es ist seltsam, aber ab Mitte der dreißiger Jahre - also während der großen Depressionen - waren die
Tageskleider wundervoll. Die Taille saß nicht mehr auf der Hüfte, wie noch in den Zwanzigern. Das stand den meisten Frauen eh nicht. In den Dreißigern saß die Taille wieder auf natürlicher Höhe. Damals konzentrierte sich das Interesse auf
den Halsausschnitt, so dass die Oberteile vieler dieser Kleider kreative und originelle Kragen haben. Sogar
die Ärmel und die Schnitte waren interessant. ... Davon könnten wir heute noch eine Menge lernen." (Es gab sogar Schnittmuster für
austauschbare Krägen, sogenannte Dickeys,
mehr hier.
Bild: Kleiderschnitt von McCall aus dem Jahr 1932 mit verschiedenen Ausschnitten)
Musik, 16.07.2014
Bei einem Auftritt von
Stevie Wonder beim North Sea Jazz Festival in Rotterdam
lernt Maurice Summer von der
Berliner Zeitung, "wie
konsequent politisch künstlerisches Engagement heute sein kann, ja sein muss, ohne auch nur einen Moment in Bono-Vox-Profilierungswahn zu kippen ... Und
es groovt absolut fantastisch!"
Besprochen werden das neue Album von
Peter Plate (
Berliner Zeitung) und die neue CD von
Morrissey (
Welt,
Standard).
Al Yankovich jemand?
Tacky
Bühne, 16.07.2014

(
Bild: Dieter-Roth-Projekt "Hirnbonbon", © Conny Mirbach)
In dem auf Tagebuchtexten von
Dieter Roth basierenden, am
Schauspiel Stuttgart aufgeführten Stück "Hirnbonbon", in dem sieben Inkarnationen des Autors miteinander im Clinch liegen,
hat sich auch Judith Engel von der
taz sehr bald sehr prächtig verirrt: "
Jeder Dieter sucht Dieter und findet stattdessen Diederich, Friederich, Frieder, Fritz, Friedbert, aber nie Frieden. Es ist ein
Sichverlaufen in den Worten und ihren Bedeutungen. Die Verzweiflung darüber wird spürbar und existenziell." Zuvor
hatte bereits die
Nachtkritik das Stück besprochen.
In der
Nachtkritik stellt Sophie Diesselhorst das
Zentrum für politische Schönheit vor: "Sie selbst nennen sich Theatermacher; wobei das Theater für sie ganz klar der Sphäre der Kunst angehört. Gar nicht mögen sie es, wenn sie als Aktivisten bezeichnet werden. "Das kommt aus diesem Missverständnis, dass man meint, die reale Politik dürfe nicht auch Kunst sein", erläutert André Leipold. "Schönes Beispiel: Der
Kniefall von Willy Brandt.""
Besprochen werden eine Mannheimer Aufführung von
Mozarts Oper "Mitridate" (
FR),
Peter Eötvös" Oper "Der goldene Drache" in Frankfurt (
SZ) und
Michael Lerchenbergs bei den
Luisenburg-Festspielen aufgeführte Inszenierung von
Karl Schönherrs "Glaube und Heimat" (
SZ)
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