Nimmt"s, wie"s kommt: Joaquin Phoenix in "Inherent Vice". Bild: Warner.Vorneweg nichts zur Berlinale, sondern ein Hinweis auf
Paul Thomas Andersons adäquat labyrinthische Verfilmung von
Thomas Pynchons Roman "Inherent Vice", die mit ihrer lässig bekifften Art die Filmkritik bezirzt. Beispielsweise Ekkehard Knörer von der
taz, der sich ganz und gar auf den Flow dieses Hippie-Films
einlässt, der wie ein
Geisterhaus funktioniert, "in dem jeder Gang irgendwohin führt, auf einen weiteren Abweg, vielleicht gar ins Zentrum, das dann aber auch wieder nur eine Klapse in den Outskirts gewesen sein wird (...) Guter Rat ist also billig: Auf Auflösung gar nicht hoffen, oder wissen, dass alle Auflösung Schall und Rauch ist.
Alles einfach nehmen,
wie"
s kommt." Auch Verena Lueken (
FAZ) ist von diesem Film sehr angetan, der sich "spielerisch, fast spöttisch noch einmal ans
Kino der Siebziger [anlehnt]". Fritz Göttler (SZ) beobachtet in dem Film "
die Geburt des Film Noirs aus dem Slapstick". Weitere Besprechungen bringen
Tagesspiegel,
kritiken.de und
critic.de.
Wim Wenders, "Every Thing Will be Fine"
Und damit Überblende zur
Berlinale am Potsdamer Platz, wo gestern
Wim Wenders", mit
James Franco prominent besetztes 3D-Drama "Everything will be Fine" Weltpremiere feierte. Fein fanden den Film am Ende doch nicht alle: Zwar ist der Regisseur hier "ganz bei sich", freut sich Susan Vahabzadeh in der SZ und lässt sich von ihm gern "in eine
magische Welt" entführen. In der
Welt spottet Jan Küveler: "Im Grunde hat Wenders einen Horrorfilm gedreht - wie die elegantesten Rezepte einen Martini empfehlen: mit
so wenig Wermut wie möglich." In der taz
knirscht Ekkehard Knörer mit den Zähnen: "Das Drehbuch (..) ist so
hanebüchen, als hätte es ein Fünfzehnjähriger mit der Ambition zu äußerstem Tiefsinn verfasst: Trauer, Schuld, Vergebung,
Schriftstellerkrise." Und im
Perlentaucher wittert Nikolaus Perneczky den Geruch von Moleskine-Notizbüchern.
Für Andreas Kilb (
FAZ) kristalliert sich nach Wenders" Film eine thematische Konstante aus dem Wettbewerb heraus: Dieser zeige auffallend oft "
reumütige Männer auf Sinnsuche". In der
taz porträtiert Barbara Schweizerhof den vom Festival zudem mit einer Hommage geehrten Regisseur, über den zuvor auch schon Thierry Chervel beim
Perlentaucher schrieb.
In
Malgorzata Szumowskas Wettbewerbsfilm "Body" beobachtet Dietmar Dath (
FAZ) die Genese eines neuen Genres, nämlich "des Gespensterfilms, in dem die Menschen spuken und
das Gespenst aus Menschenangst wegbleibt". Thekla Dannenberg (
Perlentaucher)
bezeugt lediglich verpasste Möglichkeiten: Gut gefällen hätte ihr das schon, wenn die Regisseurin "ihren
ökofeministischen Film über die körperlichen Grenzen von Leben und Tod ernsthaft durchgezogen hätte, mit all den am Ende doch nur angedeuteten
Zumutungen von Alterserotik, spirituellen Sitzungen und Schrei-Therapien!"
Kommen nun endlich die
deutschen Qualitätsserien? Auf der Berlinale begeisterte man sich jedenfalls sehr für
"Blochin" und
"Deutschland 83" (in der
FAZ von Michael Hanfeld vorgestellt). Doch Carolin Ströbele (
ZeitOnline)
geht da nicht völlig mit: Im Endeffekt bedienen beide Serien sattsam etablierte Genres. "Aber eine
Serie über Pegida oder die Verbrechensserie des
NSU aus Deutschland? Derzeit
kaum vorstellbar." In der
Welt geht Elmar Krekeler aufs Ganze und guckt
elf Stunden Serien aus aller Welt.
Weiteres zur Berlinale im Überblick: In der
NZZ zieht Susanne Ostwald eine "überaus
erfreuliche Zwischenbilanz" des Filmfestivals. Alle weiteren heutigen
taz-Texte zum Festival
hier.Cargo schickt weiter munter
SMS vom Festival. Stets einen schnellen Klick wert ist der mehrfach täglich aktualisierte
Kritikerspiegel von
critic.de. Vom Festival berichten online außerdem u.a.
Filmgazette,
Tagesspiegel,
Berliner Zeitung,
FAZ,
SZ,
Das Filter und
kino-zeit.de. Und der
Perlentaucher ist selbstverständlich
ebenfalls vor Ort.
Abseits der Berlinale werden die
BDSM-
Romanze "Fifty Shades of Grey" nach dem gleichnamigen
Roman (
Berliner Zeitung)
und die ersten beiden Folgen des "
Breaking Bad"-Spin-Offs "Better Call Saul" (
taz,
FAZ) besprochen.

In der
SZ staunt Peter Richter darüber, wie interessant die New Yorker Retrospektive für
On Kawara im New Yorker
Guggenheim-Museum geraten ist, selbst dann noch, wenn man Kawaras
Datumsbilder vor sich hat: "Wer gedacht hatte, dass er auch eine große Anzahl von diesen Datumsbildern relativ zügig abschreiten könnte, fand sich auf einmal
stundenlang darübergebeugt." Im
Guardian erklärt Jason Farago den
Hintergrund dieser Bilder (mit vielen Beispielfotos) und
schreibt: "Everyday or epic? Cosmic or mundane? Kawara"s date paintings are both - a perpetual abstraction, but also a
system of self-portraits; a calendar, but also a diary; dates, but also days. It"s that indeterminacy, that
constant oscillation between the quotidian and the universal, that gives his reticent art such force." (
Bild: On Kawara: JAN. 4, 1966, New York"s traffic strike. From Today, 1966-2013. Foto: Courtesy David Zwirner, New York/London)
Weiteres: Birgit Rieger
bringt Hintergründe zum von
Florian Ebner kuratierten deutschen Pavillon der Biennale in Venedig. Rose-Maria Gropp (
FAZ)
gratuliert Konrad Klapheck zum 80. Geburtstag.
Besprochen werden
Heidi und
Hans-
Jürgen Kochs Bildband "Buffalo Ballad" (
FR), eine Ausstellung zur Sammeltätigkeit der Stiftung
Kunst Heute im
Kunstmuseum Bern (
NZZ)
und eine Ausstellung im
Musée des Beaux-Arts in Mons von
Van Goghs ersten künstlerischen Gehversuchen (
FAZ).
Der Neubau von Hiroshi Sugimoto (links) neben dem alten Art-déco-Gebäude des Teien-Kunstmuseums in Tokio. (Bild: Teien Museum)In der
NZZ stellt Ulf Meyer den neuen Anbau des
Teien Kunstmuseums in Tokio vor. Entworfen hat ihn der Fotograf und Architekt
Hiroshi Sugimoto: "Sugimoto tritt erst seit einigen Jahren als Architekt auf, nachdem er 2008 sein "New Material Research Laboratory" genanntes Architekturbüro gegründet hat. Im Hinblick auf die Architekturbiennale von 2014 in Venedig verwirklichte er auf der Insel San Giorgio Maggiore ein elegantes,
gläsernes Teehaus. Dennoch hält Sugimoto, der über ein erstaunliches Gespür für die Raumkunst verfügt, fest: "Ich habe nicht die Absicht, mich mit Architekten zu messen. Ich
bin Künstler. Der Unterschied zwischen Kunst und Architektur ist die Funktion. Architektur muss funktionieren. Kunst nicht. Doch viele Architekten suchen heute nach künstlerischen Formen für ihre Gebäude, die dadurch
ihre Funktion verlieren.""
Ganz hervorragend findet Daniel Gerhardt (
ZeitOnline) den subversiven, ziemlich links stehenden Deutschrap des Duos "
Zugezogen Maskulin", das gerade sein neues Album "Alles brennt!" auf den Markt gebracht hat. Und dieses,
meint der Kritiker, ist schlicht auf der Höhe der Zeit: "Musikalisch ist es noch weiter: Trap-Rap-Einflüsse aus den US-amerikanischen Südstaaten stehen neben
Konfetti-
Techno. EDM-Abstürze folgen auf dreckige Kanye-West-Fanfaren, ein bisschen
Kriegsgeballer geht immer. Selbst die Trash- und Kitschverliebtheit von Hypnagogic-Pop-Künstlerinnen wie
Fatima Al Qadiri hat sich eingeschlichen. "Zugezogen Maskulin" befinden sich damit in einem durchaus interessanten Zwiespalt:
Ironie ist ihr Feind und liebstes Stilmittel zugleich."
Weiteres: Curt Cuisine (
Skug)
führt durch
neue Jazz-
Releases. Auf
VAN erörtert Julian Tompkin das Verhältnis zwischen klassischer Musik und
Heavy Metal. Max Nyffeler (
FAZ) berichtet vom
Eclat-
Festival in Stuttgart. Besprochen wird die neue CD von
Sleater-Kinney (
Welt).