Efeu - Die Kulturrundschau
Peng!, knallt die Guillotine
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06.01.2023. Die taz staunt, wie Iggy Pop sich auch heute noch im amorphen Bereich zwischen Aggression und Komik durchschlägt. Eher zwischen Aggression und Zärtlichkeit verortet Monopol das Werk des finnischen Künstlers Markus Copper. Die NZZ verzweifelt beim Blick auf die Jahresbestsellerlisten: populärer Realismus und moralische Erpressungsversuche, wohin das Auge blickt. Der Tagesspiegel würdigt die iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti, die im Gefängnis saß, weil sie sich ohne Kopftuch zeigte.
9punkt - Die Debattenrundschau
vom
06.01.2023
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Musik
Gleich zu Beginn seines neuen Albums "Every Loser" bilanziert Iggy Pop die Tatsachen aus dem Süden des Körpers: "Got a dick and 2 balls, that's more than you all". Mit soviel unbekümmerter Virilität beeindruckt er tazler Robert Mießner durchaus: Herr "Pop schlägt sich durch im amorphen Bereich zwischen Aggression und Komik. ... Atmosphärisch dockt die Musik an eine Großtat wie dem 1979 erschienenen 'New Values' an, wobei das Pendel auf 'Every Loser' in Richtung eines Humors ausschlägt, der Ernst macht." Das Album bietet "Wutmusik. Niemand allein hat übrigens ein Anrecht auf Wut, von daher geht 'Every Loser' als ein sehr demokratisches Album durch. Ein Song wie 'Frenzy' steht in einer langen Tradition einer in der Rockmusik unverzichtbaren Fertigkeit, der des Fluchens und des Zeterns, und das nicht zum Selbstzweck."
Außerdem: Hanspeter Künzler stellt in der NZZ das Onlineprojekt "Bring your Own Hammer" vor, bei dem sich irische Musiker mit der Geschichte ihres Landes auseinandersetzen. Elmar Krekeler macht sich in der Welt kurz Gedanken zur Mandoline, die eben als Instrument des Jahres ausgerufen wurde. Oliver Tepel schreibt in der taz einen Nachruf auf den Popstar Alan Rankine.
Besprochen werden eine Box mit frühen Aufnahmen von Manfred Maurenbrecher (Tsp), Unthanks' Album "Sorrows Away" (taz), Caitlin Roses Album "Cazimi" (FR) und das Konzert zum 40. Jubiläum der Deutsch-Skandinavischen Jugend-Philharmonie (Tsp),
In der Frankfurter Pop-Anthologie schreibt Gisela Trahms über Tom Waits' "Jockey Full of Bourbon".
Außerdem: Hanspeter Künzler stellt in der NZZ das Onlineprojekt "Bring your Own Hammer" vor, bei dem sich irische Musiker mit der Geschichte ihres Landes auseinandersetzen. Elmar Krekeler macht sich in der Welt kurz Gedanken zur Mandoline, die eben als Instrument des Jahres ausgerufen wurde. Oliver Tepel schreibt in der taz einen Nachruf auf den Popstar Alan Rankine.
Besprochen werden eine Box mit frühen Aufnahmen von Manfred Maurenbrecher (Tsp), Unthanks' Album "Sorrows Away" (taz), Caitlin Roses Album "Cazimi" (FR) und das Konzert zum 40. Jubiläum der Deutsch-Skandinavischen Jugend-Philharmonie (Tsp),
In der Frankfurter Pop-Anthologie schreibt Gisela Trahms über Tom Waits' "Jockey Full of Bourbon".
Literatur
Paul Jandl verzweifelt in der NZZ beim Blick auf die Jahresbestsellerlisten: Erbaulichkeiten aller Art und Krimi-Mainstream soweit das Auge reicht. Auch im etwas literarisch etwas verdienteren, von gesellschaftspolitischen Themen angereicherten Segment findet sich fast nichts als "populärer Realismus", wie aktuell ja auch eine vielbesprochene Studie von Moritz Baßler heißt. "Die Literatur kommt heute mit moralischen Erpressungsversuchen daher, auf die wir uns bisweilen willig einlassen. Die Welt ist ja tatsächlich schlecht. Sie müsste besser werden. Aber Romane, die die Welt verbessern wollen, sind oft ziemlich schlechte Romane. Man muss das sagen dürfen. Es schreiben gerade auch ziemlich viele gute Menschen Geschichten über ihr eigenes Leben oder über das Leben ihrer Familien. Großeltern-, Väter- und Müttergeschichten boomen. Das meiste an diesen Autofiktionen wird wahr sein, aber wahr ist auch: Literatur dieser Art macht den Leser, zumal den professionellen, hilflos: Wie dem Autor sagen, dass er seine Erinnerungen, seine Traumata, das, was ihn angeblich ausmacht, ruhig etwas ambitionierter hätte beschreiben können?"
Weitere Artikel: Sergei Gerasimow schreibt in der NZZ weiter Kriegstagebuch aus Charkiw. Christian Schröder (Tsp) und Gina Thomas (FAZ) schreiben Nachrufe auf die Schriftstellerin Fay Weldon.
Besprochen werden unter anderem Linn Penelope Micklitz' "Abraum, schilfern" (FR), Roland Barthes' "Proust. Aufsätze und Notizen" (Zeit) und Margarete Susmans "Gesammelte Schriften" (FAZ).
Weitere Artikel: Sergei Gerasimow schreibt in der NZZ weiter Kriegstagebuch aus Charkiw. Christian Schröder (Tsp) und Gina Thomas (FAZ) schreiben Nachrufe auf die Schriftstellerin Fay Weldon.
Besprochen werden unter anderem Linn Penelope Micklitz' "Abraum, schilfern" (FR), Roland Barthes' "Proust. Aufsätze und Notizen" (Zeit) und Margarete Susmans "Gesammelte Schriften" (FAZ).
Film
Dass die iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti gegen Kaution aus ihrer Haft in Iran entlassen wurde, meldeten wir bereits gestern kurz. Das Regime hatte sie hinter Gitter gebracht, weil sie es gewagt hatte, sich auf Instagram ohne Kopftuch auf einer iranischen Straße zu zeigen. Auf ihren Entlassungsfotos zeigt sie erneut kein Kopftuch - oder nur ein loses. "Vor der Macht der Bilder hat das Regime offenbar Angst", kommentiert Christiane Peitz im Tagesspiegel. "Das zeigt sich etwa daran, dass Alidoostis jüngster, in Cannes uraufgeführter Film, 'Leila's Brothers' von Saeed Roustayi, im Iran nicht gezeigt werden darf. ... Klassenfragen, soziale Spannungen, das Patriarchat, Gleichstellung und öffentliche Präsenz der Frauen: Die Filme der jetzt 38-jährigen Schauspielerin verhandeln genau diese, im Iran zunehmend brisanten Themen. ... Den Regime Change dort braucht es nicht zuletzt deshalb, damit sie weiter und wieder drehen können, so wie sie wollen: Alidoosti und Haghighi genauso wie die Goldbären-Gewinner Jafar Panahi und Mohammed Rasoulof, die seit Juli unschuldig im Ewin-Gefängnis sitzen."
Weitere Artikel: Schauspieler wie Tom Cruise, die ihre Stunts selbst umsetzen, wirken auf das Publikum faszinierend und dies umso mehr da heute "ganze Kinogenres von digitalen Spezialeffekten leben", erklärt uns Marion Löhndorf in der NZZ. Besprochen werden Cyril Schäublins "Unruh" (Perlentaucher, mehr dazu bereits hier), Mikhäel Hers' "Passagiere der Nacht" mit Charlotte Gainsbourg (Tsp, mehr dazu hier), Martin McDonaghs als Oscarfavorit gehandelter Film "The Banshees of Inisherin" (Welt, mehr dazu hier), Rian Johnsons Netflix-Krimi "Glass Onion" (NZZ, unsere Kritik) und die auf Sky gezeigte Serie "Interview with the Vampire" (taz).
Weitere Artikel: Schauspieler wie Tom Cruise, die ihre Stunts selbst umsetzen, wirken auf das Publikum faszinierend und dies umso mehr da heute "ganze Kinogenres von digitalen Spezialeffekten leben", erklärt uns Marion Löhndorf in der NZZ. Besprochen werden Cyril Schäublins "Unruh" (Perlentaucher, mehr dazu bereits hier), Mikhäel Hers' "Passagiere der Nacht" mit Charlotte Gainsbourg (Tsp, mehr dazu hier), Martin McDonaghs als Oscarfavorit gehandelter Film "The Banshees of Inisherin" (Welt, mehr dazu hier), Rian Johnsons Netflix-Krimi "Glass Onion" (NZZ, unsere Kritik) und die auf Sky gezeigte Serie "Interview with the Vampire" (taz).
Bühne
In der NZZ schreibt Ueli Bernays zum Neunzigsten des Schauspielers Emil Steinberger. Besprochen werden Michael Gubenkos Adaption von Bettina Wilperts Roman "Nichts, was uns passiert" am Theater Trier (nachtkritik) sowie Saverio Mercadantes "Francesca da Rimini" und Gaetano Donizettis "Don Pasquale" bei den Festspielen in Erl (FR).
Kunst


Besprochen werden außerdem eine Retrospektive der indischen Fotografin Dayanita Singh in der Münchener Villa Stuck (taz) und die Ausstellung der Fotografin Candida Höfer im Kunstmuseum Liechtenstein und der Hilti Art Foundation (FAZ).
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